Die Päpste und das Zeitalter der Revolutionen
Einleitung
Sie regierten vom Jahre 1655 – 1914 und heißen:
Alexander VII. 1655-1667
Klemens IX. 1667-1669
Klemens X. 1670-1676
Innozenz XI. 1676-1689
Alexander VIII. 1689-1691
Innozenz XII. 1691-1700
Klemens XI. 1700-1721
Innozenz XIII. 1721-1724
Benedikt XIII. 1724-1730
Klemens XII. 1730-1740
Benedikt XIV. 1740-1758
Klemens XIII. 1758-1769
Klemens XIV. 1769-1774
Pius VI. 1775-1799
Pius VII. 1800-1823
Leo XII. 1823-1829
Pius VIII. 1829-1830
Gregor XVI. 1831-1846
Pius IX. 1846-1878
Leo XIII. 1878-1903
Hl. Pius X. 1903-1914
Einst sagte Jesus zu seinen Jüngern: „Hütet euch vor den falschen Propheten, die in Schafskleidern zu euch kommen, inwendig aber reißende Wölfe sind. Ihr werdet sie an ihren Früchten erkennen. Sammelt man wohl Trauben von den Dornen oder Feigen von den Disteln? Der gute Baum kann nicht schlechte und der schlechte Baum kann nicht gute Früchte bringen.“
Die Wahrheit dieser Worte bestätigt die Vernunft und Erfahrung. Die oberste Gewalt in der Kirche ist von Jesus Christus selbst den Päpsten verliehen worden. Die Protestanten haben sich aber gegen dieselbe aufgelehnt. Ist es aber erlaubt, gegen diese von Gott selbst gestiftete Gewalt sich zu empören, so kann es kein kein Unrecht sein, wenn man sich auch gegen die weltliche Gewalt auflehnt, sagten mit Recht die Männer der Revolution.
Noch klarer werden wir erkennen, daß aus der Auflehnung gegen die kirchliche Gewalt die Revolution hervorging, wenn wir die Geschichte zu Rate ziehen. England sah im Jahre 1648 die erste Revolution. Das englische Volk war das erste, welches seinem König Heinrich I. die Krone vom Haupte riß, ihn wie einen Verbrecher fesselte, zum Tode verurteilte und dem Henker überlieferte. Zu derselben Zeit wurde die katholische Religion in England im Blut erstickt, und die Macht des Papstes vollkommen gebrochen. Feinde der katholischen Kirche erklärten auch die königliche Würde für unnütz, lästig und gefährlich der Freiheit, Sicherheit und dem Wohl des Volkes. Ein Anhänger der Irrlehre, mit Namen Cromwell bemächtigte sich der obersten Gewalt im englischen Reich.
Damit aber kein Zweifel besteht, daß die Katholiken und die katholische Religion, Rom und der Papst an jener Revolution keinen Anteil hatten, verfolgten die Königsmörder auf das schrecklichste die wenigen Katholiken, welche die früheren Verfolgungen überlebt hatten.
Das Elend, welches die Revolutionen anrichteten, wird noch vermehrt durch die Kriege, welche sie begleiten. Wir könnten daher die letzten Jahrhunderte dieser Geschichte auch das Zeitalter der Kriege nennen, weil ein Krieg dem andern die Hand gereicht hat. Der Anblick dieser Leiden und dieser schlimmen Folgen veranlaßten den Geschichtsschreiber Menzel, auszurufen: „Auf der Höhe der geschichtlichen Betrachtung sieht man jetzt die europäische Menschheit vom Christentum, das wie ein Berg im Sonnenglanz aus der Sündflut sich erhob, wieder herabsteigen in die alte Finsternis des Heidentums und Judentums. Dieser weltbekannte Rückschritt der europäischen Menschheit ist dasselbe, was alle neuen Heiden und Juden jetzt Fortschritt nennen.“
Revolutionen und blutige Kriege, Rückschritt auf dem Gebiet der schönen Künste und Wissenschaften, Kampf zwischen Armut und Reichtum, eine große Unordnung in allen Ländern, das sind sind die Früchte, welche die Auflehnung der Welt gebracht hat. Daß die Auflehnung gegen die von Jesus Christus dem Papst verliehene Macht zu keinem guten Ziele führen und keine guten Folgen haben kann, haben wohl gesinnte und denkende Protestanten selbst eingesehen und deswegen die Gemeinschaft mit ihren Glaubensgenossen verlassen.
„Ein schlechter Baum kann nicht gute, und ein guter Baum nicht schlechte Früchte bringen.“ Während am Baume der Auflehnung Früchte reifen, die äußerst bitter schmeckten, brachte die von den Päpsten geleitete und gehütete Kirche die herrlichsten Früchte hervor. Wir können im Zeitalter der Revolutionen auf die Kirche hinweisen und sagen: „Sehet, wie sie Gutes wirkt. Sie muss darum auch selbst gut sein!“ Aus ihrer Mitte geht das Wunder der Nächstenliebe, der heilige Vinzenz von Paul, hervor. Vinzenz von Paul ist es gewesen, der die „Barmherzigen Schwestern“, die heute noch der Welt unendliche Dienste leisten, der Kirche gegeben hat. Sie begeben sich aus christlicher Liebe in die Lazarette, Krankenhäuser und Spitäler, um dort den Kranken und Armen zu dienen. Sie eilen, wenn ein Krieg ausbricht, auf die Schlachtfelder, um die verwundeten Krieger zu pflegen. Juden, Türken und Heiden, ja selbst die ärgsten Feinde der Kirche sind genötigt, diese Engel im Fleische zu bewundern.
Dies ist aber nicht die einzige Frucht am Baume der Kirche in den letzten zweihundert Jahren. Es entstand in dieser Zeit auch der strenge Orden der Trappisten, Ordensleute, die ein wahres Büßerleben führen.
Noch eine andere herrliche Blüte brachte die Kirche in der Zeit hervor. Der heilige Alphons Maria von Liguori gründete den Orden der Redemptoristen, die sich zur Aufgabe setzten, dem Volke zu predigen und es zur Frömmigkeit und Tugend anzuleiten. Der Orden der Redemptoristen füllte auch nach Möglichkeit die Lücke aus, welche durch die Aufhebung des Jesuiten-Ordens entstand. Was die Redemptoristen den Erwachsenen, das waren die Schulbrüder und Schulschwestern für die Jugend. Alle diese Orden und Vereine hat Gott seiner heiligen Kirche in dem Zeitalter der Revolutionen gegeben, auf daß sie den wahren Glauben und die wahre Frömmigkeit im katholischen Volk pflegen und erhalten. Während sich im Lager der Feinde der Päpste die ärgste Verwirrung täglich steigert, wächst das Glaubens-Bewusstsein und die Liebe zu Gott bei den Katholiken.
Nach dieser Einleitung wollen wir die Päpste kennen lernen, welche in dieser Zeit regierten. Die, welche in Rom die irdischen Überreste des Papstes Innozenz X. in das Grab gelegt hatten, begruben mit ihm die alte christliche Staatenordnung in Europa. Kurz, vor dem Tode dieses Papstes war in Deutschland der sogenannte westfälische Friede geschlossen worden, ein Friede, der die christlichen Grundlagen, auf denen Europa aufgebaut war, erschütterte. Durch jenen Vertrag hat man es ausgesprochen, daß es für kein Unrecht mehr gelte, wenn sich jemand gegen die Statthalter Jesu Christi empört. Damit hat man die alte Ordnung begraben und die Revolution feierlich anerkannt.
65 Kardinäle umstanden den Sarg, der den Leichnam des verstorbenen Papstes umschloß. In dieser bis dahin unerhörten Anzahl traten sie in das Wahlzimmer, um der Kirche einen Hirten, der Christenheit einen heiligen Vater zu geben.
Am 7. April des Jahres 1655 ward der Kardinalpriester Fabio Chigi von den Kardinälen zum Papst gewählt. Es war eine besondere Fügung Gottes, daß jener Chigi die Zeit der Revolution als Papst eröffnen sollte, der als Gesandter beim Abschluss des westfälischen Friedens in Deutschland war und im Namen des Papstes Innozenz X. gegen das geschehene Unrecht protestierte. Dieser Umstand erklärt uns auch, warum besonders Frankreich mit dieser Wahl unzufrieden war.
Zum Papst gewählt, nahm er auf den Wunsch der Kardinäle den Namen Alexander VII. an. –
aus: Chrysostomus Stangl, kath. Weltpriester, Die Statthalter Jesu Christi auf Erden, 1907, S. 659 – S. 663