Das Pontifikat von Papst Pius VII.

Der Papst trägt das Kreuz Christi, von Christus glorreich empfangen; es zeigt das Leiden der Päpste und zugleich der Kirche

Das Zeitalter der Revolutionen

Pontifikat von Papst Pius VII.

Das Pontifikat von Papst Pius VII. (regierte von 1800-1823)

Die Wahl von Papst Pius VII.

Mit Pius VI. hofften die Kirchenfeinde, auch das Papsttum ins Grab gelegt zu haben. Kaiser Franz II. erfüllte zum letzten Male als römisch-deutscher Kaiser die Aufgabe, Schutzherr der Kirche und des Papstes zu sein. Unter seinem Schutz vereinigten sich in Venedig, welches durch den Frieden von Campo Formio (1797) an Österreich gekommen war, 35 Kardinäle und wählten den Kardinal Gregor Barnabas Chiaramonti zum Papst als Pius VII. Geboren 1742 zu Cesena im Kirchenstaat aus einer vornehmen Familie, erbte er vom Vater den Adel, von der Mutter eine seltene Frömmigkeit. 16 Jahre alt, trat Barnabas in den Orden des hl. Benedikt. Er erhielt den Namen Gregor. Nach der Priesterweihe wurde Chiaramonti Professor und wurde von Pius VI. zum Bischof und 1785 zum Kardinal ernannt. Er behielt als Bischof, Kardinal und Papst die Einfachheit eines Mönches bei. An diesem schwachen Mann fand Napoleon I. einen unbezwinglichen Gegner seiner Gewalttaten. Der rücksichtslose Eroberer, der Fürsten und Völker zu seinen Füßen sah, und jedes Recht beugte, vermochte nichts über den wehrlosen Papst. Da, während Napoleon in Ägypten weilte, die Franzosen aus Italien vertrieben worden waren, konnte Pius VII. nach seiner Wahl von Rom und von einem Teil des Kirchenstaates Besitz ergreifen. Pius sucht nun die herrschenden Übelstände zu beseitigen, die Finanzen nach Möglichkeit zu ordnen, der durch die Franzosen eingerissenen Unsittlichkeit zu steuern, die Landwirtschaft zu heben, sowie Kunst und Wissenschaft zu fördern; doch die Ruhe dauerte nicht lange.

Der Emporkömmling Napoleon

Napoleon hatte nach seiner Rückkehr aus Ägypten die revolutionäre Regierung gestürzt und seine Wahl zum I. Konsul (1799) durchgesetzt. Er sah ein, daß ohne Religion keine Regierung für die Dauer bestehen könne und von der göttlichen Einsetzung der katholischen Kirche war er überzeugt. Daher wollte er der religiösen Unordnung in Frankreich ein Ende machen und die katholische Kirche wieder herstellen. Pius kam hoch erfreut dieser Absicht entgegen und schloß mit Napoleon (1801) ein Konkordat ab. Es fiel dem Papst überaus schwer, die hoch gespannten Forderungen des Emporkömmlings zu bewilligen, doch das allgemeine Wohl bestimmte ihn, bis an die Grenze des Möglichen zu gehen. Es sollte die Ernennung der Bischöfe in Frankreich den I. Konsul überlassen, der gegenwärtige Besitzer Besitzer geistlicher Güter nicht behelligt und die Einteilung Frankreichs in 10 Erzbistümer und in 50 Bistümer genehmigt werden. Die bisherigen Bischöfe sollen resignieren oder durch den Papst ihrer Bistümer entsetzt werden. Durch diese tief einschneidenden Bestimmungen wurden die kirchlichen Verhältnisse in Frankreich neu geordnet. Unehrlich genug erließ Napoleon eigenmächtig die sogenannten organischen Artikel, durch welche die Freiheit der Kirche noch mehr geschmälert wurde. Nahezu die Hälfte des Kirchenstaates wurde dem Papst vorenthalten und zur italienischen Republik geschlagen. Infolge des Friedens von Luneville (1801) und des Reichs-Deputations-Hauptschlusses von 1803 wurden die geistlichen Fürstentümer und Stifte in Deutschland säkularisiert, teils, um Frankreich einverleibt zu werden, teils, um deutsche Fürsten zu entschädigen, welche durch die Abtretung des linken Rheinufers an Frankreich Verluste erlitten hatten. Es waren 67 geistliche Herrschaften (Fürstbistümer und gefürstete Abteien), 209 begüterte Abteien, viele Mönchs- und Nonnenklöster mit ihrem ganzen Vermögen, welche das katholische Deutschland einbüßte. Was der westfälische Friede (1648) der Kirche noch übrig gelassen, verlor sie jetzt. Und der größte Teil dieses Raubes kam unter protestantische Herrschaft.

Napoleons Krieg gegen Papst Pius VII.

Auf die Stimme des Papstes wurde nicht gehört, um Recht und Gerechtigkeit kümmerte man sich nicht. Napoleon hatte durch seine Siege die Franzosen derart begeistert, daß er am 8. Mai 1804 zum Kaiser ausgerufen wurde. Um seiner Krone in den Augen des Volkes und der gedemütigten Fürsten eine höhere Weihe zu geben, ließ er den Papst dringend auffordern, die Krönung in Paris vorzunehmen. Nach längerer Beratung entschloss sich Pius, in der Hoffnung, dadurch das Wohl der Kirche zu fördern, diesen Kreuzweg anzutreten. Im Winter überstieg er die Alpen, überall, wohin der Weg ihn führte, vom Volk mit hoher Ehrfurcht begrüßt. In Paris konnte der Papst nur die Salbung vornehmen, nachdem der Kaiser den 60-jährigen Mann eine Stunde hatte warten lassen; die Krone setzte sich Napoleon selbst auf (2. Dezember 1804). Durch seine Leutseligkeit gewann Pius allgemeine Achtung und Verehrung; selbst Ungläubige wurden durch seine Erscheinung tief ergriffen. Man trug sich bereits mit dem Plan, den Papst in Frankreich zurück zu halten, damit er ein gefügiges Werkzeug in der Hand des Gewaltmenschen würde. Doch Pius VII. hatte schon im voraus diese Absicht vereitelt. Denn vor seiner Abreise von Rom hatte er für den Fall, als er mit Gewalt zurück gehalten würde, eine Urkunde verfaßt, durch die er auf das Papsttum Verzicht leistete. Da man mit dem einfachen Abbate Chiaramonte dann doch nichts anfangen konnte, ließ Napoleon Pius nach viermonatigem Aufenthalt (4. April 1805) von Paris abreisen. Pius VII. hatte aber weder die Beseitigung der „organischen Artikel“, noch die Zurückgabe der Legationen erreichen können. Ja, bei den bisherigen Zugeständnissen und Erpressungen hatte es noch nicht sein Bewenden. Ohne Rücksicht auf den Papst ließ Napoleon (1806) Ancona besetzen, ernannte gegen die Bestimmungen des Konkordates in Italien Bischöfe und versagte den vom Papst ernannten die Anerkennung. Napoleon hatte durch die Dreikaiser-Schlacht (2. Dezember 1805) bei Austerlitz Österreich und Rußland besiegt, Preußen im Krieg 1806/07 völlig nieder geworfen. Nun verfügte Napoleon am 21. November 1806 von Berlin aus die Kontinentalsperre gegen England. Pius sollte die Gesandten der dem Kaiser mißliebigen Regierungen nicht bei sich dulden und sogar seine Häfen den Engländern und Russen schließen, denn alle Feinde des Kaisers müssten auch des Papstes Feinde sein. Würdevoll wies Pius diese Zumutungen zurück mit der Erklärung, es vertrage sich nicht mit seiner Pflicht, einer Nation den Krieg zu erklären, die ihn nicht beleidigt habe, zumal er als Stellvertreter Christi nicht aufhören dürfte, den Frieden zu fördern.

Die Exkommunikation Napoleons durch Pius VII.

Neue Quälereien des Papstes von Seiten des siegestrunkenen Despoten folgten. Endlich erließ Napoleon am 17. Mai 1809 von Wien aus das berüchtigte Dekret, welches den Rest des Kirchenstaates dem französischen Reich einverleibte, Rom als eine kaiserliche, freie Stadt erklärte und dem Papst zwei Millionen Franken und die Paläste zusicherte. Als am 10. Juni die Kanonen der Engelsburg das Aufhören der päpstlichen Herrschaft verkündigten, unterzeichnete Pius eine feierliche Rechtsverwahrung und veröffentlichte die vorbereitete Exkommunikations-Bulle, in welcher der Bann ausgesprochen war gegen die Räuber des Erbgutes Petri, ihre Auftraggeber, Gönner, Berater und Vollstrecker. Napoleon spottete zwar über den ohnmächtigen Bann, deswegen werden seinen Soldaten nicht die Bajonette aus den Händen fallen; er hinderte aber doch, soviel er nur konnte, die Verbreitung dieser Bulle. Ungeachtet aller Verbote, davon auch nur zu reden, fand diese Bulle einen lauten Widerhall in ganz Europa und rief einen Sturm der Begeisterung für den Papst hervor. In der Nacht vom 5. auf den 6. Juli drangen die Truppen unter General Radet in den Quirinal. Radet forderte vom Papst die Verzichtleistung auf seine weltliche Herrschaft. Dieser erklärte, der Kaiser könne ihn in Stücke hauen lassen, aber nie werde er die Abtretung dessen erlangen was der römischen Kirche gehöre. Nun wurden er und Kardinal Pacca in einen geschlossenen Wagen gebracht und fort gings unter militärischer Begleitung über Florenz und Turin nach Grenoble und von dort nach Savona am Mittelmeer.

Pius VII. erkennt die Hinterlist Napoleons

Zwei und ein halbes Jahr musste sich der fromme Dulder die unwürdige Behandlung gefallen lassen.

Napoleon stand auf dem Gipfel seiner Macht von 1809 an; nur das eine schmerzte ihn, daß ihm ein männlicher Sprössling fehlte und ein solcher aus seiner Ehe mit Josefine nicht mehr zu erwarten stand. Daher ließ er durch den Senat die bisherige Ehe trennen und auch das kirchliche Gericht in Paris erklärte sie ungültig, weil die Trauung nicht gesetzmäßig stattgefunden habe. Der Papst, in dessen Bereich die Angelegenheit zur Untersuchung und Entscheidung gehörte, wurde weder gefragt, noch hatte er je die Ungültigkeit der Ehe ausgesprochen. Unterdessen wurde der Papst immer mehr bedrängt. Am 14. Jänner 1811 wurde ihm verboten, mit einem Untertan Sr. Majestät in Verkehr zu treten. Am 9. Juni 1812 erhielt der Papst Befehl zur Abreise von Savona. Verkleidet musste sich Pius auf den Weg machen…

Am 20. Juni kam er so entkräftet in Fontainebleau an, daß man für sein Leben fürchtete und er mehrere Wochen das Bett hüten musste. Durch seine Unterhändler sowie durch persönliche schlaue Unterhandlungen brachte Napoleon es endlich dahin, daß Pius einen Entwurf von 11 Artikeln unterschrieb, der die Grundlage zu einem neuen Vertrag bilden sollte, unter der Bedingung, daß die gehörig versammelten Kardinäle zustimmten (25.Jänner 1813). Kaum war Napoleon im Besitz dieses Entwurfes, so ließ er, unredlich genug, denselben als fertig abgeschlossenes Konkordat bekannt machen. Pius, die Hinterlist Napoleons erkennend, schrieb eigenhändig einen Widerruf und schickte ihn dem Kaiser zu. Napoleon kümmerte sich um den Widerruf nicht im geringsten. Aber nun sollten die Prüfungen des edlen Dulders ihr Ende finden; Gott nahm des Papstes Sache als die seinige in die Hand.

Der Triumph des Papstes

Bereits im Krieg mit Russland (1812) hatte Gott den übermütigen Eroberer gedemütigt, indem dieser sein glänzendes Heer von einer halben Million bis auf klägliche Reste einbüßte und auf einem polnischen Bauernschlitten aus dem Lande fliehen musste. Diese furchtbare Katastrophe hatte ihn noch nicht zur Besinnung gebracht. Nun erhoben sich aber die geknechteten Volker und Fürsten zu gemeinsamem Kampf gegen den unersättlichen Länderräuber, besiegten ihn in der Völkerschlacht von Leipzig (16. bis 18. Oktober 1813) und verfolgten ihn in siegreichen Gefechten über den Rhein. Wie nun sein Glücksstern erbleichte, begann er gegen den Papst nachgiebiger zu werden. Er bot ihm die Freiheit und einen Teil des Kirchenstaates an. Pius wies diese Anträge zurück und erklärte, das Erbe des hl. Petrus nur unverkürzt annehmen zu wollen. Am 10. März 1814, als Frankreich größtenteils von den Heeren der Verbündeten überschwemmt war, wurde der Papst in Freiheit gesetzt und von Soldaten bis zu den feindlichen Vorposten am Taro geleitet. Daselbst übernahm ihn der österreichische Husaren-Oberst von der französischen Eskorte. In demselben Augenblick knieten auf beiden Seiten des Flusses die französischen und österreichischen Scharen, ihrer Feindschaft vergessend, nieder und empfingen den Segen, den der Papst als liebevoller Vater den einen wie den anderen spendete. Von da gelangte Pius, von einer Ehrenwache begleitet, durch die Truppenreihen der Verbündeten in einem wahren Triumphzug nach Rom, wo er am 24. Mai 1814 seinen glänzenden Einzug hielt. Die Begeisterung der Gläubigen war unbeschreiblich, das Papsttum hatte einen herrlichen Triumph zu verzeichnen, kein Fürst hatte dem despotischenEroberer gegenüber so mutig stand gehalten, keiner aber auch so viel gelitten wie der hochherzige Pius, so daß ihm auch die akatholischen Mächte ihre Bewunderung nicht versagen konnten.

Pius VII. ein bewundernswertes Vorbild

Dem Papst wurde nun auf dem Kongress zu Wien der Kirchenstaat zurück gegeben mit Ausnahme eines Gebietsteiles am Po und der ehemaligen Besitzungen in Frankreich; ebenso erhielt er den größten Teil der Kunstschätze und Manuskripte zurück, welche die Franzosen aus Rom und aus dem Kirchenstaat geraubt hatten. Das übrige Unrecht, das die Kirche erlitten, wurde nicht wieder gut gemacht. Die geistlichen Fürstentümer und Abteien in Deutschland blieben in den weltlichen Händen, die Kirchengüter und -einkünfte wurden nicht zurück gestellt. Auch die deutsche Kaiserwürde wurde nicht wieder hergestellt. Kaiser Franz II. hatte diese Würde (1806) nieder gelegt, nachdem die süddeutschen Fürsten sich von Kaiser und Reich losgesagt hatten.

… Das erste aber, was Pius nach seiner Rückkehr aus der Gefangenschaft unternahm, war die Wiederherstellung der Gesellschaft Jesu durch die Bulle vom 8. August 1814.

Die schönsten Blätter in seinen Ruhmeskranz wand sich Pius durch sein Betragen gegen seine ehemaligen Bedränger Napoleon und dessen Familie. Er verwendete sich bei den Mächten für eine mildere Behandlung Napoleons, er schickte ihm zwei Priester und hatte den Trost, daß Napoleon sich mit der Kirche aussöhnte und nach Empfang der heiligen Sakramente starb (1821). Mitglieder seiner Familie, die anderwärts geächtet waren, fanden in Rom Asyl. Durch einen Fall zog sich Pius einen Bruch der Hüftknochen zu, an dessen Folgen er starb. Mit dem Brot der Engel gestärkt, entschlief er sanft im Herrn am 20. August 1823, ein Papst, in jeder Lebenslage ein bewunderungswertes Vorbild. –
aus: P. Andreas Hamerle C.Ss.R., Geschichte der Päpste III. Band, 1907, S. 607 – S. 611

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