Heiliger Vinzenz von Paul Ordensstifter

Jesus Christus mit seinen Heiligen, die ihm Verehrung zollen und ihn anbeten

Heiligenkalender

19. Juli

Der heilige Vinzenz besucht ein Nonnen geleitetes Waisenhaus; er hält ein Baby in der Hand, von einer Nonne assistiert, eine andere Nonne gibt einem kleinen Mädchen zu trinken; im Hintergrund sind weitere Nonnen und Kinder zu sehen

Der heilige Vinzenz von Paul Ordensstifter

Während der Calvinismus in Frankreich Gräuel auf Gräuel häufte, Bürgerblut in Strömen vergoß und namenloses Elend verursachte, hütete Vinzenz, ein armer Bauernknabe, – geboren 1576 – im Süden dieses Landes die kleine Herde seines Vaters. In der Nähe des rauhen Weideplatzes stand eine alte Muttergottes-Kapelle; hier kniete Vinzenz so gerne im Gebet, hier sang er mit heller Stimme fromme Lieder, hier wand er Kränze für dieHimmelskönigin. Seiner vorzüglichen Fähigkeiten wegen durfte er trotz seiner Armut studieren, und empfing im Jahre 1600 die Priesterweihe. Nun führte die göttliche Vorsehung den jungen Priester auf die Hochschule der läuternden Trübsale.

Vinzenz musste wegen einer Erbschaft nach Marseille reisen, das Schiff aber wurde von Seeräubern nach Tunis in Afrika geführt und er als Sklave an einen französischen Renegaten (einen zum Islam Abgefallenen) verkauft. Dieser legte ihm Ketten an und schickte ihn auf sein Pachtgut zu harter Arbeit. Vinzenz beugte sich mit froher Geduld unter das Joch und tröstete wundersam seine Mitsklaven durch schöne Erzählungen von Jesus Christus, durch Singen frommer Lieder und durch priesterliche Zusprüche.

Als nach einiger Zeit Zelna, eine Frau des Herrn, auf`s Pachtgut kam, Alles in bester Ordnung fand, und vom Felde her lieblich singen hörte, fragte sie überrascht, wer da so gute Ordnung führe? Sie erhielt zur Antwort: „Seit der Christ Vinzenz hier ist, der so schön singt, geht Alles vortrefflich.“ Vinzenz musste der Frau seine Lieder vorsingen, und sie hörte ihm zu mit Tränen der Rührung; er sprach zu ihr von der Lehre und Liebe Jesu Christi, und sie – beredete ihren Mann, mit Vinzenz heimlich nach Frankreich zu entfliehen und dort im Glauben an Christus zu leben. Ein kleines Schiff trug sie nach Frankreich, den Renegaten und seine Frau in die Mutterarme der heiligen Kirche; Vinzenz kam nach Paris als Hauslehrer in die durch Adel, Reichtum und Frömmigkeit ausgezeichnete Familie Gondy. Der Graf war General der Galeeren. Die Gräfin übergab Vinzenz ihre drei Söhne mit den schönen Worten: „Ich wünsche mehr, daß meine Kinder Heilige im Himmel werden, als große Herren auf Erden.“

Auf den vielen Landgütern, welche diese Familie besaß, lernte er die religiöse Unwissenheit, die sittliche Verkommenheit und das trostlose Elend des Landvolkes bedauern und benützte alle frei Zeit, allein Volksmission zu halten, welche Gott wunderbar segnete.
Als die jungen Grafen die Universität bezogen, konnte Vinzenz auf Bitten des Kardinals Berulle die verwahrloste Pfarrei Chatillon übernehmen, welcher er in kurzer Zeit ein ganz neues Leben einhauchte. Doch die edle Gräfin Gondy ruhte nicht, bis er wieder nach Paris kam und dort die „Kongregation der Lazaristen“ stiftete, welche nur den niederen Volksklassen Missionen halten sollten; dieselbe wurde von Papst Urban VIII. genehmigt und leistete Wunderbares in drei Weltteilen bis heute.

Durch den Grafen Gondy lernte Vinzenz die unterirdischen, feuchten, schmutzigen Verliese kennen, in denen die schweren Verbrecher vor ihrer Abführung auf die Galeeren eingesperrt, in tierischer Rohheit und grimmiger Gotteslästerung Himmel und Erde verfluchten. Mit blutendem Herzen strengte er alle Kräfte und Mittel an, um ihr Elend zu erleichtern, sie in einem Hause unterzubringen, sie durch die heiligen Sakramente mit Gott und mit sich auszusöhnen und so wieder zu Menschen zu machen. Der Erfolg übertraf so sehr alle Erwartung, daß König Ludwig XIII. Vinzenz zum Almosenier und zum geistlichen Oberaufseher der Galeeren Frankreichs ernannte.

Sogleich reiste er nach Marseille, um dort die Galeeren-Sträflinge zu besuchen: er fand sie mehr Teufeln als Menschen ähnlich: jedes Wort von Gott und Religion machte sie wütend. Aber seine erfinderische Güte ermüdete nicht, bis sie gezähmt und für den Trost der heiligen Religion empfänglich waren. Einen Verzweifelnden rettete er dadurch, daß er ihm mit Erlaubnis des Aufsehers die Ketten abnahm und sich selbst anlegte, um als Ersatzmann die Strafzeit auszuhalten. Graf Gondy, beunruhigt über das lange Ausbleiben des Vinzenz, fand ihn dort in Ketten und führte ihn im Triumph nach Paris. – Hier stiftete Vinzenz den viel bewunderten Orden der „Barmherzigen Schwestern“; er gab ihnen eine Regel ohne lebenslängliche Gelübde mit der Erklärung: „Zu Klöstern weihe ich euch an die Straßen der Städte und die Spitäler der Armen und Kranken, zur Klausur die Furcht Gottes, zum Gitter den Gehorsam, zum Schleier die Sittsamkeit.“

Ein anderes Werk seiner Liebe war das große Findelhaus, von wohltätigen Damen unterhalten, in welchem gegenwärtig noch über zehntausend Waisenkinder Pflege und Erziehung genießen. Er gründete mehrere Häuser für Priester-Exerzitien, das Magdalena-Kloster für gefallene Frauenspersonen, ein Institut für ungeratene Jünglinge, eine Anstalt für Wahnsinnige, die Genossenschaft „der Jungfrauen des heiligen Kreuzes“ für den religiösen und häuslichen Unterricht der weiblichen Jugend, den Verein „der Töchter der Vorsehung“ für Mädchen in hilfloser und gefährdeter Lage, ein sehr großes Spital für Paris und in Burgund eine Gesellschaft für die Verbreitung des Glaubens… Um die Verwüstungen des Krieges und das Elend der Hungersnot zu mildern, verteilte er in zwanzig Jahren an Almosen vierzehn Millionen Silbergulden.

In diesem Meere von Sorgen war Vinzenz noch der Seelenführer der vornehmsten Familien in Paris, der Ratgeber der Fürsten und Bischöfe, der Leiter der Priester-Konferenzen, der Bekämpfer des Calvinismus, „Staatsrat in geistlichen Angelegenheiten“; mit allen großen Männern der Christenheit stand er in Briefwechsel und leitete im Auftrag des hl. Franz von Sales den Orden von Maria-Heimsuchung in Frankreich. Man begreift kaum, wie ein Mann eine so ungeheure Arbeit bewältigen, täglich noch mehrere Stunden dem Gebet widmen und der Selbstheiligung so eifrig obliegen konnte.

Nur durch ein Wunder brachte er sein kostbares Leben auf fünfundachtzig Jahre, da seine Gesundheit schon in Afrika schwer gelitten hatte, da zahllose Nächte kein Schlaf ihn erquickte, offene Wunden an den Füßen Jahre lang an ihm zehrten, ein hartnäckiges Wechselfieber ihn quälte und zuletzt nur noch eine Krücke ihn stützte. Als ihn ein Mitbruder auf den nahenden Tod aufmerksam machte, lächelte er und sprach: „Seit achtzehn Jahren habe ich jeden Abend so vorbereitet, als müßte ich in der Nachtsterben.“ Der Todesengel löschte dieses Licht der heiligen Kirche aus am 27. September 1660. Ganz Paris begleitete die teure Leiche in die St-Lazarus-Kirche; sein Herz – das so wunderbar liebende – wurde in ein silbernes Gefäß gelegt und sein Name von Papst Klemens XII. 1737 in das Verzeichnis der Heiligen eingeschrieben. –
aus: Otto Bitschnau OSB, Das Leben der Heiligen Gottes, 1881, S. 541 – S. 542

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