Heiligenkalender
4. Juni
Der heilige Franz Caracciolo Ordensstifter
Die ungerechten Vorwürfe, die boshaften Beschimpfungen und die irrtümlichen Bestrebungen, womit die deutschen Reformatoren das katholische Priestertum herab zu würdigen und zu vernichten sich abmüdeten, leitete die göttliche Weisheit und Barmherzigkeit wunderbar zum Besten der Gläubigen. Denn die lüge und Verleumdung, womit die Ketzer ihren Abfall und Haß beschönigten, entflammte den Eifer der treuen Priester, diese Verleumder zu widerlegen und zu beschämen durch Gründung von Vereinen und Anstalten, in denen sich die Würde und Fruchtbarkeit des katholischen Priestertums als einer göttlichen Einsetzung in lichtvollerSchönheit entfaltete. Ein ausgezeichnetes Verdienst um dieses erhabene Werk hat sich erworben der hl. Franz Caracciolo, welcher zu St. Maria in den Abruzzen am 13. Oktober 1563 geboren und auf den Namen Ascanius getauft worden war.
Er war der Sohn einer sehr vornehmen Familie. Seine frommen Eltern strengten sich an, mit dem Reichtum ihrer Gottesliebe und ihrer Glücksgüter die ausgezeichneten Anlagen des Geistes und Herzens ihres Kindes für die Ehre des Allerhöchsten auszubilden. Der kleine Ascanius belohnte ihre Mühe durch unerwartete Fortschritte in der Wissenschaft und Tugend. Die Glut seiner Andacht zu Jesus im heiligen Altarsakrament und die Innigkeit seiner Liebe zu Maria, der reinsten Jungfrau, nährte und bewahrte er dadurch, daß er seinen Leib und seine Sinne in sehr strenger Zucht hielt, durch sein zartes Wohlwollen gegen die Armen, denen er immer das Beste seines Besitzes gab, und durch seine empfindliche Schamhaftigkeit, die kein unreines Wort in seiner Gegenwart duldete.
Eine tödliche Krankheit reifte in dem zweiundzwanzig Jahre alten Ascanius den Entschluss und erwirkte ihm auch die Zustimmung der Eltern, im heiligen Priesterstand sich Gott und dem Seelenheil der Mitmenschen ganz zu widmen. Mit Auszeichnung vollendete er das Studium der Theologie und schloß sich als junger Priester eine Verein frommer Amtsbrüder an, welche sich angelegentlichst mit der Bekehrung gefangener Verbrecher befaßten und die zum Tode Verurteilten auf ihrem letzten Gang begleiteten.
Doch die weise Vorsehung fügte es, daß er ein vorzüglicher Teilnehmer an der Stiftung einer neuen Genossenschaft wurde.
Johann Augustin Adorno, ein sehr vornehmer Genuese, der lange dem sinnlichen Wohlleben gefrönt hatte, tat aufrichtige Buße und wurde 1588 Priester. Um andere von den bittern Erfahrungen, die er gemacht, zurückzuhalten, entwarf er den Plan zu einem Priesterverein, welcher mit dem tätigen auch das beschauliche Leben verbinden sollte. Er beriet sich hierüber mit Fabricius Caracciolo, einem Stiftsherrn in Neapel, und beide wollten einen gewissen, nicht weiter bekannten Ascanius Caracciolo als Dritten für ihren Plan gewinnen. Aber durch Zufall, oder richtiger, durch göttliche Fügung fiel der Brief in die Hand unseres Heiligen. Dieser dankte Gott für diesen Zufall und verbündete sich mit ihnen.
Um aber ihr Vorhaben nochmals vor Gott ernstlich zu überlegen und seinen Segen auf dasselbe herab zu flehen, zogen sich diese drei in die Stille des Camaldulenser-Klosters in Neapel zurück und verharrten dort vierzig Tage in Gebet und Fasten. Als sie Gottes Zustimmung erhalten zu haben glaubten, legten sie den Entwurf ihrer Ordensregel dem Oberhaupt der heiligen Kirche vor. Der Papst Sixtus V. empfing sie huldvoll und genehmigte nach sorgfältiger Prüfung ihr Institut am 1. Juni 1588 unter dem Titel „die regulierten Kleriker mindern Ordens“. Mit heiliger Freude und gar mühevoller Arbeit gründeten sie nun ihr erstes Kloster zu Neapel und feierten ihren Einzug in dasselbe am 9. April 1589. Den drei Gelübden der Armut, der Keuschheit und des Gehorsams fügten sie das weitere bei, daß kein Mitglied des Ordens ein Amt in demselben oder eine kirchliche Würde suchen dürfe; doch blieb es jedem frei gestellt, ohne spezielle Erlaubnis der Obern zu strengerem und beschaulichem Leben sich in eine Einsiedelei zurück zu ziehen, deren mehrere in der Nähe eines jeden Klosters erstellt wurden. Sie erforschen täglich zweimal das Gewissen, halten wöchentlich viermal Abstinenz und andere Abtötungen und beschäftigen sich mit der Seelsorge in Spitälern, Gefängnissen, Schulen und auf Missionen.
Dieser Orden breitete sich schnell, aber nicht ohne schwere Kämpfe und Leiden über Italien, Spanien und Portugal aus. Unser Ascansius hatte den Ordensnamen Franz erhalten und wurde nach dem Tode des Adorno zum Generalobern erwählt. Erstaunlich war sein segensreicher Eifer, mit dem er dieses Amtes waltete; erstaunlich seine stille Demut, mit der er zu Hause die niedrigsten Dienste verrichtete und auf den Gassen Almosen bettelte; erstaunlich seine sanfte Geduld, mit der er die härtesten Verleumdungen ertrug und seine Feinde liebte; erstaunlich seine Weisheit und Klugheit, mit der er die Ehre Gottes zu fördern und Seelen für die Tugend zu gewinnen verstand. Deshalb wurde er allenthalben nur „der ehrwürdige Vater Prediger der Liebe Gottes“ genannt. In seinem Herzen flammte das Feuer der innigsten Andacht zu Jesus im Tabernakel; er gründete in seinem Orden die ewige Anbetung: Täglich wurde eine Stunde gemeinsam das hochheiligste Sakrament angebetet und dann noch eine Stunde lang von jedem Mitglied allein. Täglich auch ging er am Morgen in den Beichtstuhl und wurde nie müde, den reumütigen und Trost bedürftigen Sündern, die mit rührendem Zutrauen ihn aufsuchten, ihre Wunden zu heilen.
Nachdem er seinen Orden weit ausgebreitet und durch seine rastlose Tätigkeit zu hoher Blüte gefördert hatte, legte er – aus Spanien zurückkehrend – sein Amt nieder und wallfahrtete nach Loretto. Dort erfreute ihn Gott mit der Offenbarung seines nahen Todes, auf den er schon lange mit heißer Sehnsucht wartete. Kaum war er im Kloster des hl. Philipp Neri zu Agnona eingekehrt, da warf ihn ein heftiges Fieber auf das Sterbebett. In den furchtbarsten Schmerzen diktierte er mit der Ruhe eines Helden einen herrlichen Brief an seine Mitbrüder. Die Innigkeit, mit der er die heiligen Sakramente empfing, die hl. Namen Jesus und Maria aussprach, und die ihn Besuchenden zum Vertrauen auf die Wunden des göttlichen Erlösers ermahnte, machte auf Alle einen wunderbaren Eindruck. Er starb am 4. Juni 1608; sein Grab verherrlichten viele Wunder; Papst Klemens XIV. sprach ihn selig; wegen der eingetretenen Kriegszeiten vollzog erst Pius VII. seine Heiligsprechung am 24. März 1807. –
aus: Otto Bitschnau OSB, Das Leben der Heiligen Gottes, 1881, S. 427-428