Heiligenkalender
20. Mai
Ehrwürdiger Bartholomäus Holzhauser, Ordensgründer
Zu Laugna, einem schwäbischen Dorf, einige Stunden von Augsburg, wurde er im Jahre 1613 geboren. Seine rechtschaffenen Eltern, mit vielen Kindern gesegnete Schuhmacher-Eheleute, erzogen Bartholomäus zur Frömmigkeit und Tugend. Früh schon bemerkte man an ihm eine rührende Unschuld und eine große Neigung zu Lesen. Er besuchte fleißig die eine Stunde weit entfernte Schule. Den langen beschwerlichen Weg kürzte er sich durch Beten ab. Besonders gerne betete er den Rosenkranz, weil er die Mutter Gottes überaus lieb hatte. Diese Liebe hatte ihm seine Mutter eingepflanzt, indem sie ihn schon als ganz kleines Kind der seligsten Jungfrau geweiht hatte. Elf Jahre alt ging er eines Tages wieder betend seines Weges, da sah er am Himmel ein großes leuchtendes Kreuz, das ihm wie aus glühenden Feuerspänen zusammen gesetzt schien. Zugleich mit dem Kreuz erschien ihm Jesus und Maria. Ein Strahl himmlischer Erleuchtung fiel in seine Seele. – Die Liebe zu Jesus ward nun in seinem Herzen noch flammender; die Verehrung der gebenedeiten Gottesmutter noch inniger.Er sprach immer immer nur von göttlichen Dingen, und unaufhörlich drang er in seine Eltern, ihn studieren zu lassen, denn er wolle ein geistlicher werden. – Aber seine Eltern waren arm, woher Geld zum Studieren nehmen? Doch der liebe Gott half. Bartholomäus fand in Augsburg in der Armenschule ein Unterkommen. Sein Brot aber musste er sich durch Singen vor den Türen der Bürger mit Betteln erwerben. Nicht lange war er in Augsburg, als auch ihn die damals herrschende Pest ergriff. Verlassen von jeglicher Hilfe, schleppt er sich mühsam zur heiligen Kreuzkirche, wo wundertätige heilige Hostien hoch verehrt werden. Vor der Kirchentüre wirft er sich nieder und empfiehlt sich mit heißen Tränen dem göttlichen Schutz. Mit einem Mal stürzt er, als ob ihm Jemand hinterrücks einen Streich versetzt hätte zu Boden. Wie er wieder zu sich kommt, schaut er sich um, sieht aber Niemand. Er steht auf, die Pest ist von ihm gewichen; er fühlt sich gesund. –
Durch seine Krankheit ward aber Bartholomäus an seinen Studien gehindert; er musste nach hause kehren und den Vater im Schuster-Handwerk unterstützen. Wiewohl er sich in seine traurige Lage ergab, hörte er doch nicht auf, seine Eltern zu bitten, ihm seine Studien fortsetzen zu lassen. Endlich ließen ihn die Eltern ziehen. Der arme Vater gab ihm ein Reisegeld von zwei Kreuzern, und die Mutter einen Rosenkranz, mit der Ermahnung, die allerseligste Jungfrau und den Schutzengel recht innig zu verehren und anzurufen. – Unter Beten und himmlischen Gedanken kam er nach Neuburg an der Donau, wo er gehört hatte, daß bei den Jesuiten eine Stiftung für arme Studierende sei, aber darin nur diejenigen Aufnahme fänden, welche die Musik verstehen und im Chor singen könnten.
Bartholomäus hatte nie singen gelernt. Was sollte er also tun? Er nahm seine Zuflucht zu Gott, und flehte mit heißer Inbrunst zu Maria, der Mutter aller Verlassenen, um Beistand. Nachdem er gebetet, erhob er sich und ging geradewegs in das Kosthaus der Jesuiten. In den demütigsten Worten trägt er dem Vorsteher sein Gesuch vor. Bei der Frage, ob er singen könne, wagte er es nicht zu antworten; da wurde der Chorregent herbei gerufen, um ihn zu prüfen. Derselbe legte ihm ein hartes Notenstück zum Singen vor. Bartholomäus war in größter Angst, doch vertrauend auf der lieben Mutter Gottes Hilfe, begann er zu singen, und siehe da, er besteht die Prüfung auf das Vortrefflichste. Er wird in das Kosthaus aufgenommen, gelobt und an den ersten Tisch zu den geschicktesten gesetzt. Doch, als er nach einigen Tagen wieder singen soll, verstummt er und schweigt. Es erwies sich, daß Bartholomäus nicht einmal die Anfangsgründe der Musik verstehe. Schon wollte man ihn deshalb fortschicken, doch wegen seiner frommen Einfalt und Unschuld ließ man ihn da, setzte ihn aber auf den Platz der Unwissenden. Doch bald hatte er es durch seinen Fleiß soweit gebracht, daß er den ersten Platz wieder erhielt. –
er vergaß aber seiner getreuen, gütigen Helferin nicht. Er hörte nicht auf, der Gottesmutter zu danken und sein Vertrauen auf ihren Schutz ward von Tag zu Tag größer, aber auch seine Liebe und Verehrung gegen sie immer herzlicher.
Nachdem er zu Neuburg den Schulkursus beendigt hatte, ging er nach Ingolstadt, um auf der Hochschule sich weiter auszubilden. Wiewohl auch hier während sieben Jahren mit der bittersten Armut kämpfend, erwarb er sich doch so ausgezeichnete Kenntnisse in allen geistlichen Wissenschaften, daß seine Lehrer auf den Gedanken kamen, es müsse ihm die Wissenschaft vom heiligen Geist eingegossen worden sein. – Nachdem er Doktor der Gottesgelehrsamkeit geworden, sollte er sich einen Lebensberuf wählen. – Er wußte nicht, in welch einen geistigen Orden er treten solle. – Um in seiner Wahl sicher zu gehen, beriet er sich zuvor mit seinem Beichtvater und dann wandte er sich wieder wie in allen seinen Anliegen an seine liebe Mutter Maria.
In Ingolstadt befand sich und befindet sich noch immer ein Bethaus unter dem Titel Maria vom Siege. Dieses Bethaus war der Lieblings-Aufenthalt des Bartholomäus. Hierher begab er sich täglich um 9 Uhr früh und um 4 Uhr nachmittags, um dort vor dem Gnadenbild der Lieben Frau seine Andacht zu verrichten. So oft ihm seine Studien Zeit ließen, fand er sich in dieser Kirche ein. Dort wurden ihm auch wunderbare Offenbarungen und Gesichte mitgeteilt. Häufig versteckte er sich Abends in den Kirchenstühlen und ließ sich die ganze Nacht einschließen, wo er dann bis früh Morgens im Gebet verweilte und mit wunderbarem Trost erquickt wurde. Einmal erschien ihm hier Christus, wie er in einer Kelter stehend von bösen Priestern gepreßt wurde und Blut von ihm, wie Saft von einer Traube, tropfte. Ein andersmal sah er die seligste Jungfrau in einem strahlenden Oberkleid, und einem schwarzen Unterkleid, das erstere sollte die äußere Ehre der Priester, das andere die innere Verderbnis und Unreinlichkeit bedeuten. In diese Liebfrauenkirche nun begab sich Bartholomäus, um im Gebet von Gott eine Andeutung über seinen künftigen Beruf sich zu erbitten. Er trug nämlich schon lange den Gedanken bei sich, wie wohl dem damaligen Verderbnis unter den Priestern, wodurch die heilige Kirche so viel zu leiden hatte, abgeholfen werden könnte. – Er sah voraus, daß diesem Verderbnis nur Einhalt getan werde, wenn ein Häuflein guter Priester sich miteinander über ein Leben verabredeten, aus welchem der Umgang und das Zusammenwohnen mit Personen des anderen Geschlechtes entfernt gehalten, und Geiz und Verschwendung mit den Gütern der Kirche verbannt würde. Als er nun in genanntem Bethaus am Altar der Lieben Frau, in der Absicht, eine Andeutung über seinen künftigen Beruf zu erhalten, Tag und Nacht betete und zur Mutter des guten Rates flehte, fühlte er sich zu seinem Vorhaben, eine Versammlung von frommen Weltpriestern zu stiften, mehr und mehr ermuntert und gestärkt. –
Bartholomäus war aber noch nicht Priester. Um sich nun auf den Empfang der Priesterweihe und Errichtung jenes Weltpriester-Institutes vorzubereiten, übte er sich in allen Tugenden. –
… So lebte er in seiner Jugend; mit solchen Tugenden geschmückt trat er endlich in das Heiligtum des Priestertums. Am Pfingstfest feierte er in der Kirche U. L. Frau vom Sieg in Ingolstadt seine erste heilige Messe. Nun legte er auch unter dem Beistand der Gottesmutter alsbald Hand an das Werk des Weltpriester-Instituts, zu dem er sich von Gott berufen glaubte. Er hatte die Freude, daß sich ihm mehrere würdige, fromme Pfarrer, denen er den Plan seines Institutes vorlegte, anschlossen. Im Schlaf war ihm ein großes Haus, einem Palast ähnlich, gezeigt worden, welches im wunderbaren Glanz strahlte. Dieses Haus sollte das Mutterhaus seines Instituts werden. Wo aber dieses Haus zu finden sei, wußte er nicht. Nachdem er durch Oberbayern nach Salzburg reiste, um auf Eingebung Gottes in diesem Erzstift den Sitz seines Instituts aufzuschlagen, hielt er vor allen Dingen für erforderlich, die Liebe Frau zu Altötting anzurufen. Er ging geradewegs dahin und flehte die Beschützerin seines Lebens an, daß sie bei ihrem göttlichen Sohn den Fortgang des Instituts erwirken möge. – Getrost zog er weiter. Als er sich der Stadt Tittmoning nahte und in dieselbe eintrat, sah er am Abhang eines Hügels zu seiner Verwunderung jenes Haus, das ihm im Schlaf gezeigt worden, nur der im Traum gesehene Glanz fehlte. Und wirklich wurde dieses Haus der erste Sitz seines Instituts.
Der Bischof von Chiemsee verlieh ihm nämlich ein Kanonikat in Tittmoning. Bald hatte er es durch sein schönes Beispiel dahin gebracht, daß die übrigen Kanoniker in diesem Haus mit ihm wie Brüder lebten…
Wohl hatte Bartholomäus mit mannigfachen Hindernissen zu kämpfen, aber er verlor den Mut nicht. Er setzte immer sein ganzes Vertrauen auf Maria; ihrer Mutterliebe hatte er sein Unternehmen anvertraut, unter ihren Schutz sein Institut gestellt. –
Wo er immer auf seinen Reisen eine Gnadenkirche der Lieben Frau antraf, empfahl er sich und die seinigen der Himmelskönigin. Ja er machte deshalb auch Wallfahrten nach Maria Einsiedeln und Altötting. Er hatte sich ganz dem Dienst der Gottesmutter geweiht; sie war seine Gebieterin, seine Schutzherrin, seine Mutter, der Leitstern seines Lebens.
Nichts begann er, nichts setzte er fort, was er ihr nicht empfohlen hatte, nichts liebte er, was ihr missfallen konnte. Die gleiche Liebe und Verehrung sollten die Mitglieder seines Instituts der Mutter Gottes täglich erweisen. Alle mussten schon vor ihrem Eintritt dieser Königin aller Heiligen ergeben sein; er empfahl und setzte ihnen gewisse tägliche Andachtsübungen auf, die niemals Unterbrechung leiden durften. Dahin gehörte, daß alle frühmorgens, gewaschen und gekleidet, mit der lauretanischen Litanei die Gottesmutter und den heiligen Joseph begrüßen und diese Erstlinge des Tages und der Andacht Gott durch die Hände der seligsten Jungfrau darbringen mussten…
Des Bartholomäus Eifer und seine Liebe belohnte Gott schon auf Erden mit der Gabe der Wunder und Weissagungen. Ein vom Teufel besessenes, rasendes, stummes Mädchen befreite er, indem er fünfzehn heilige Messen zu Ehren der heiligen Jungfrau in Erinnerung an die fünfzehn Geheimnisse des Rosenkranzes las und dem Mädchen dann ein Stück erbetteltes Brot zum Essen gab. – Seine Gesichte, die er vom deutschen Reich und dem Schicksal der Kirche hatte, sind äußerst merkwürdig, und beurkunden, daß der Geist des Herrn auf ihm ruhte.
Im Jahre 1655 ernannte ihn der Bischof von Würzburg zum Pfarrer von Bingen. Er hatte aber noch nicht drei Jahre dort in der Seelsorge zugebracht, als ihn ein hitziges Fieber befiel, welches ihm drei Wochen hindurch die empfindlichsten Schmerzen verursachte. Trauernd umstanden die Seinigen sein Sterbebett, er aber ermunterte sie zum Vertrauen auf Gott und die gebenedeite Jungfrau, mahnte sie für den Ruhm der Kirche und das Heil der Seelen alle Kräfte zu verwenden, ließ sich die heiligen Sterbesakramente reichen und während die umstehenden Priester in der Seelen-Anempfehlung die Worte sprachen: „Helft ihr heiligen Gottes!“ gab er seinen Geist auf am 20. Mai des Jahres 1658. Sein Leichnam ward zu Bingen in der Pfarrkirche am heiligen Kreuzaltar beigesetzt. (Lebensgeschichte und Gesichte des Barth. Holzhauser von Ludw. Clarus.) –
aus: Georg Ott, Marianum Legende von den lieben Heiligen, Erster Teil, 1869, Sp. 1232 – Sp. 1238