Heilige Johanna Franziska von Chantal

Jesus Christus mit seinen Heiligen, die ihm Verehrung zollen und ihn anbeten

Heiligenkalender

21. August

Die heilige Johanna von Chantal kniet in ihrem Ordensgewand vor einem heiligen Bischof, wahrscheinlich Franz von Sales, der ihr mit gehobener Hand geistliche Ratschläge gibt sowie ihr ein Büchlein überreicht; im Hintergrund ist ein Fenster mit einem Kruzifix zu sehen

Heilige Johanna Franziska von Chantal Ordensstifterin

Das außerordentliche Glück, ein Kind der katholischen Kirche zu sein, fühlt man mit neuer Süßigkeit, wenn man die Geistesgröße und sittliche Vollkommenheit betrachtet, zu welcher die hl. Johanna im Schoße dieser Kirche gelangt ist. Zu Dijon 1572 aus sehr vornehmer Familie geboren, verlor Johanna schon in der Kindheit ihre Mutter; aber ihr Vater, Benignus von Fremiot, Präsident in Burgund, ein wirklicher Edelmann von seltener Tugend, war ihr Vater und Mutter zugleich. Sie war ein bildschönes Mädchen voll Geist und Witz, voll Leben und Wissbegierde; aber auch recht folgsam, fromm und besonders anhänglich an die liebe Mutter Gottes
Auf den Wunsch des Vaters heiratete sie den Baron von Chantal, der bei König Heinrich IV. in hoher Gunst stand und fast immer an seinem Hofe war. Johanna musste deshalb die Wirtschaft des Schlosses Bourbilly besorgen.

Die erst zwanzigjährige Baronin bewährte sich als das Muster einer christlichen Hausfrau. Am Morgen war sie die Erste, am Abend die Letzte, persönlich leitete sie die Geschäfte, gab den Dienstleuten guten Lohn und wies ihnen genügend Arbeit an; sie verlangte genaue Ordnung und strenge Beobachtung der gegenseitigen Liebe; sie wohnte täglich mit ihnen in der Schlosskapelle der heiligen Messe bei, versammelte sie jeden Abend zum Gebet und begleitete sie an Sonn- und Festtagen zum Gottesdienst in die ziemlich entfernte Pfarrkirche. Dafür wurde sie von den Dienstboten wie eine Mutter geehrt und geliebt. War ihr Gemahl abwesend, so lebte sie ganz zurückgezogen, empfing und machte sehr selten Besuche, betete viel und tröstete die Armen und Kranken der ganzen Umgegend: war ihr Gemahl zu Hause, so war sie die aufmerksamste, liebenswürdigste Gattin, die jeden seiner Wünsche zu erraten wußte.

Im Jahre 1599 herrschte große Hungersnot, die Baronin öffnete ihr mildes Herz den Hungernden und stellte eine Magd eigens dazu an, den verschämten Armen die Almosen heimlich zuzuschicken. Sechs Stunden weit im Umkreise strömten alle Armen zum Schlosse Bourbilly, aber Johanna ermüdete nicht, eigenhändig Suppe und Brot auszuteilen. Die Magd klagte ihr, daß einige Unverschämte drei- und viermal des Tages Almosen holten. Johanna erwiderte lächelnd: „Das habe ich wohl bemerkt, aber ich geben ihnen allemal wieder aus Furcht vor dem gütigen Jesus, der uns ja auch nicht weg schickt mit der Verweis: Ich habe euch schon gegeben. – O, wir wären armselig daran, wenn es uns verboten wäre, Ihn öfters am Tage um seine Gnade, das Brot unserer Seele, zu bitten!“ Bald jammerte die Magd wieder: „Es ist nur noch ein Faß Mehl und ebenso viel Korn vorrätig, das reicht nicht einmal für den Bedarf im Schlosse aus!“ Johanna erwiderte sanft: „Wir dürfen die Armen nicht abweisen, teilen wir ihnen mit, solange noch etwas da ist, der liebe Gott wird weiter helfen.“ Und – das Faß wurde nicht leer sechs Monate lang, bis die Hungersnot zu Ende war.

Baron von Chantal nahm in Folge einer Krankheit seine Entlassung vom Hofdienst. Johanna wich Tag und Nacht nicht vom Bett des geliebten Kranken bis zu seiner Besserung, wo sich Beide gegenseitig das Versprechen gaben, Gott eifriger zu dienen. Als der Baron vollständig wieder hergestellt war, ging er einmal mit einem Freund auf die Jagd; unvorsichtig änderte er den Stand, der Freund hörte im Gebüsch rascheln,, schoß und – Herr von Chantal sank nieder mit dem Rufe: „Freund, ich sterbe, ich verzeihe dir von Herzen!“ So nahm Gott der treuen Gattin den heiß geliebten Gemahl, der noch allein zwischen Ihm und ihr stand, und Johanna blieb zurück als eine Witwe von neunundzwanzig Jahren mit vier Kindern, von denen das jüngste erst drei Wochen zählte.

Jetzt begann für sie der Weg des Kreuzes, dornenvoll und schmerzenreich wie für wenige Heilige; sie betrat ihn mit Heldenmut. Sie legte das Gelübde der Keuschheit ab, verschenkte ihre kostbaren Kleider und Goldstoffe an Kirchen, vereinfachte den Haushalt und widmete den Tag ihren Kindern und den Armen, den frühen Morgen und späten Abend dem betrachtenden Gebet. Nach Ablauf des Trauerjahres musste sie zum Schwiegervater nach Monthelon ziehen und dort sieben Jahre voll der inneren und äußeren Trübsale zubringen. Der alte Herr war, in Folge früherer Sünden, der Sklave seiner Haushälterin Gertrud, eines bösen Weibes, geworden, die ihre tyrannische Herrschaft auch auf Johanna und ihre Kinder ausdehnte und in ihren Quälereien täglich erfinderischer wurde. Die Heilige schwieg und rächte sich dadurch, daß sie die Kinder der Gertrud wusch, kleidete, unterrichtete und wie eine Magd bediente.
Sie hatte einen Beichtvater, der zwar ein frommer Mann war, aber ihren Geist nicht verstand, und sie mit Gebeten, Fasten, Geißeln, … überlud, ohne ihrem Herzen Trost und Frieden zu verschaffen; und sie hatte gelobt, nur seinem Rat pünktlichst zu befolgen. Alle freien Stunden widmete sie den Kranken, den elendesten am liebsten. Eine Frau, welcher der Krebs Nase, Lippen und Wangen weg gefressen hatte, pflegte sie mit bewunderungswürdiger Liebe fast vier Jahre.

Johanna wünschte sehnlichst in einen Orden zu treten und beriet darüber den hl. Franz von Sales. Dieser lud sie ein, einen Frauen-Verein unter dem Titel „Heimsuchung Mariä“ zu gründen. Die Baronin stimmte bei und beeilte sich, ihre Kinder zu versorgen, was ihr die furchtbarsten Leiden bereitete, weil die Familie sie nicht fortlassen wollte. Als endlich die Stunde des Abschieds kam, da ward ihr zartes Mutterherz grausam gemartert: die Armen, die Dienstboten, der alte Vater, all jammerten überlaut, die Kinder mit ihren rot geweinten Augen umschlangen bittend ihren Hals, das jüngste Söhnlein kniete vor sie hin, benetzte ihre Hände mit Tränen, schluchzte und legte sich zuletzt vor die Türschwelle mit den Worten: „Mutter, du musst mir auf das Herz treten, wenn du weggehen willst!“ Die gemarterte Mutter zögerte einen Augenblick, sie schaute durch ihre heißen Tränen zum Himmel und – sie schritt über ihr Kind hinweg, hinweg aus diesem vornehmen Hause in die arme Zelle eines armen Klösterleins – so groß und rein war ihre Liebe zu Gott.

Vom hl. Franz von Sales empfing im Jahre 1610 Johanna mit zwei Gefährtinnen das Ordenskleid und begann ihr Werk – die Krankenpflege – bei den Armen und Hilflosen in den Häusern der Stadt Annecy. Es fehlte ihr an Allem; aber ihr Eifer und ihre Liebe wußten Mittel zu beschaffen, um Alle zufrieden und glücklich zu machen. Die böse Welt und der Teufel legten ihr furchtbare Schwierigkeiten in den Weg; aber „das starke Weib“ blieb Siegerin. Bald schlossen sich ihr neue Gefährtinnen an, die Blüte des Adels von Frankreich und Savoyen kam mit dringenden Bittgesuchen um Aufnahme in den Orden der „Heimsuchung Mariä“, Herzoginnen und Prinzessinnen boten ihre Reichtümer an, neue Häuser der Heimsuchung zu stiften. Nach wenigen Jahren schon wirkten segensreich in verschiedenen Städten 74 Klöster. Ihre Anstrengungen, Reisen, Kämpfe, Mühen und Sorgen gingen bis ins Unglaubliche und bewältigten das scheinbar Unmögliche. Und zu all` dem war sie schwer leidend an körperlichen Gebrechen und geistigen Versuchungen; – besonders quälten sie furchtbare Glaubenszweifel und die übergroße Angst, den lieben Gott zu beleidigen. Doch sie wurde nie mutlos und sagte oft: „Unter allen Lastern, die ich verabscheue, ist die Verzweiflung das erste; der Herr will, daß unser Elend der Thron seiner Barmherzigkeit sei.“

Zu einer unbeschreiblichen Bitterkeit steigerte sich der Schmerz ihres zart liebenden Herzens, als eine Todesnachricht nach der andern aus ihrer lieben Familie eintraf, namentlich aber als ihr so hoch verehrter geistlicher Vater, der hl. Franz von Sales, starb; doch hörte Niemand sie klagen, auch nicht im Gebet zu Gott; ihr Wunsch und Verlangen war: „Herr, vernichte, schneide weg, verbrenne Alles, was nicht nach deinem heiligen Willen ist.“

Auf einer Visitationsreise befiel sie im Kloster zu Moulins ein tödliches Fieber. Im Angesicht des Todes diktierte sie noch einen Abschiedsbrief an alle ihre geistlichen Töchter, empfing die heiligen Sakramente und starb mit dem Namen „Jesus“ auf den Lippen am 13. Dezember 1641. Der überaus feierliche Leichenzug nach Annecy zeigte, wie allgemein und innig geliebt und verehrt „die Mutter von Chantal“ war. Papst Benedikt XIV. Sprach sie 1751 selig, Papst Klemens XIII. 1767 heilig und setzte ihr Fest für die ganze Kirche auf den 21. August. –
aus: Otto Bitschnau OSB, Das Leben der Heiligen Gottes, 1881, S. 617-619

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