Die selige Beatrix, Stifterin des Ordens der unbefleckten Empfängnis Mariä
Als sich die Königin Isabella mit Johann II., König von Kastilien, vermählte, nahm sie unter mehreren Damen und Fräulein die Schwester des gottseligen Grafen Amadeus, Namens Beatrix, mit sich, eine Jungfrau, die außer ihrer hohen Geburt so seltene Gaben der Schönheit, der Anmut des Leibes und Geistes hatte, daß sie Niemand ohne die größte Teilnahme ansehen konnte. In kurzer Zeit machte sie einen solchen Eindruck auf alle Höflinge, daß der ganze Hof darüber in Unruhe und Sorge kam. Die Königin Isabella war darüber so ungehalten, daß sie Beatrix in ein so enges Gemach einschließen ließ, daß sie kaum menschlich leben konnte. Da sich nun Beatrix in dieser unendlich traurigen Lage sah, nahm sie ihre Zuflucht zur Mutter der Barmherzigkeit und gelobte ihr, daß sie, wenn sie ihre Unschuld beschütze und sie aus diesem Unglück befreie, nie einen andern Gatten haben wolle als ihren geliebten Sohn, de sie in ewiger Jungfräulichkeit dienen werde.
In der folgenden Nacht zeigte sich ihr die heilige Jungfrau in einem schönen weißen Kleid unter ihrem großen blauen Mantel und versprach ihr ihren Beistand. In der Tat, nach drei Tagen befahl die Königin, sie in Freiheit zu setzen, worauf ihr dann Beatrix eröffnete, daß sie nie einen sterblichen Gemahl nehmen werde und darum Ihre Majestät untertänigst um ihren Abschied bäte. Die Königin, welche einsah, wie gefährlich ihre Schönheit für sie in der Welt werden könnte, war über diesen Entschluss sehr erfreut und erfüllte gerne ihren tugendhaften Wunsch. Beatrix begab sich nun schon nach drei Tagen in ein Kloster des heiligen Dominikus in der Stadt Toledo, wo sie vierzig volle Jahre zubrachte, ohne irgend eine weltliche Person außer die Königin und ihre Tochter zu sehen.
Sie ehrte die unbefleckte Empfängnis der heiligen Jungfrau außerordentlich und ging in ihrem Geist mit nichts Geringerem um, als einst einen Orden zu gründen, dessen besonderer Zweck sein sollte, dieses heilige Geheimnis zu ehren. Sie teilte auch ihre Absicht der Königin Isabella mit, welche ein solches Wohlgefallen daran hatte, daß sie ihr alle mögliche Unterstützung versprach, nur sollte sie angelegentlichst die Sache Gott und seiner gebenedeiten Mutter empfehlen. Beatrix tat es und gewann den Segen des Himmels für ihr Unternehmen. Auf Betreiben Isabellens approbierte Papst Innozenz VIII. den Orden unter dem Titel der unbefleckten Empfängnis.
Als die Königin die päpstlichem Briefe der Errichtung dieses neuen Ordens und insbesondere des ersten Klosters kommen ließ, wollte es das Unglück, daß derjenige, welcher sie trug, sie ins Meer fallen ließ. Aber in dem Augenblick, als dies geschah, blätterte Beatrix in den Schriften, welche sie in ihrem Zimmer hatte, und siehe, unter den Papieren befand sich der Brief des Papstes, welchen das Wasser fortgerissen hatte.
Dies erfüllte nicht bloß das Haus, sondern auch den Hof und die ganze Stadt mit Staunen, so daß der Bischof von Cadir nach dem Befehl, den der Erzbischof von Toledo deshalb gegeben, diesen Brief des Papstes feierlich in das neue Haus, welches die Königin Isabella für das neue Kloster geschenkt und eingerichtet hatte, bringen ließ. Beatrix trat also im Jahre 1484 mit zwölf Jungfrauen in dies Haus ein, um den Orden der Empfängnis zu beginnen. Die heilige Jungfrau hatte ihr das Kleid gezeigt, dessen sie sich bedienen sollte, und sie trug es selbst, als sie ihr erschienen war. Es war ein weißes Kleid, ein weißes Skapulier und ein blauer Mantel, worüber ein Bild der heiligen Jungfrau, welchen ihren Sohn auf ihren Armen hielt, und mit Sternen gekrönt und von der Sonne umgeben war. Man gab ihnen auch ein besonderes Brevier, welches außer den Sonn- und hohen Festtagen nur das Offizium der unbefleckten Empfängnis enthielt.
Zehn Tage nach der Annahme des Kleides ging Beatrix in ein besseres Leben über, indem ihr geoffenbart worden, daß sie nur so lange in diesem Leben erhalten worden sei, um eine so löbliche Absicht auszuführen. Sobald sie sie abgeschieden war, erschien sie schöner, als sie je gewesen. Und was die Schönheit ihres englischen Angesichts außerordentlich erhöhte, das war ein goldener Stern, der darüber erschien, und rings helle Strahlen, welche auf auf die Reinheit ihrer Seele schließen ließen, die diesen schönen Leib regiert hatte.
Die Väter des heiligen Dominikus verlangten dringend den Besitz ihres heiligen Leibes; allein der Erzbischof von Toledo wollte nie zugeben, daß sie von dem Ort entfernt würde, an den sie durch eine so außerordentliche Vorsehung Gottes geführt worden. Bald darauf nahmen die zwölf Schwestern die Regel der heiligen Klara durch die Leitung des Kardinals Franz Ximenes an, die sie seitdem immer behalten haben. (Dreifache Krone.) –
aus: Georg Ott, Marianum Legende von den lieben Heiligen, Erster Teil, 1869, Sp. 270 – Sp. 272