Lexikon für Theologie und Kirche
Stichwort: Innozenz VIII.
Innozenz VIII., 29.8.1484 bis 25.7.1492, Giambattista Cibo, * 1432 zu Genua, studierte in Padua und Rom, trat in den Dienst des Kardinals Calandrini wurde 1466 Bischov von Savona, 1472 v. Molfetta, 1473 Kardinal, 1476 Statthalter in Rom, hielt treu zu den Rovere, ließ sich auch als Papst von Kardinal Giuliano della Rovere (Julius II.) leiten,, dem er vornehmlich seine Wahl verdankte. Trotz Friedensliebe musste er gegen Ferrante von Neapel wegen kirchlicher Übergriffe und Verweigerung des Lehenszinses einen Krieg führen, der unglücklich verlief. Nach dem Friedensschluss 1486 erhoben sich neue Zerwürfnisse, da Ferrante die Friedensbedingungen nicht hielt. 1489 erfolgte seine Bannung und Absetzung. Aber wegen der Ansprüche Karls VIII. Von Frankreich auf Neapel kam es 1492 zur Einigung mit Innozenz; eine Enkelin des Papstes wurde mit einem Oheim Ferrantes vermählt. Schon vorher hatte Innozenz sein Bündnis mit den Medici durch Vermählung seines Sohnes Franceschetto mit der Tochter des Lorenzo Medici gefestigt; es war unerhört, daß ein Papst seinen Sohn legitimierte und im päpstlichen Palast ihm die Hochzeit einrichtete. Für Kirchenreform war von Innozenz nichts zu erwarten; in Rom gaben sich die Kardinäle Borja, Orsini, Sanseverino, Sforza, Riario, Balue einem verschwenderischen, verweltlichten Treiben hin. Innozenz ernannte einen unehelichen Sohn seines Bruders und den erst 13jährigen Giovani Medici (Leo X.) zu Kardinälen. Der Ruf nach Reform (Savonarola) verhallte ungehört. Gegen die Türkengefahr geschah außer der Entsendung von Kreuzzugs-Predigern (Peraudi in Deutschland) wenig; Innozenz ließ sich sogar für die Verwahrung des Prinzen Dschem vom Sultan Bajazet II. jährlich hohe Summen zahlen. Seine berüchtigte Hexenbulle „Summis desiderantes affectibus“ v. 5.12.1484 besitzt zwar keinen dogmatischen Charakter und veranlaßte die Hexenverfolgungen nicht, hat aber diesen traurigen Wahn erheblich gefördert. Gegen die Waldenser ging innozenz energisch vor; 1487 verurteilte er 900 Sätze des Mirandola. Innozenz sprach sich für die Rechte Heinrichs VII. Tudor auf den englischen Thron aus. Wegen ständiger Finanznot tat er weniger für Kunst und Wissenschaft als andere Renaissance-Päpste. –
aus: Michael Buchberger, Lexikon für Theologie und Kirche, Bd. V, 1933, Sp. 415
Papst Innozenz VIII. und das Hexenwesen
Innozenz VIII. wird von den Gegnern der katholischen Kirche vielfach als der Urheber der Hexengerichte wegen der von ihm (1484) erlassenen Bulle angeklagt. Zu allen Zeiten hat der Glaube geherrscht an einen Einfluss der Geisterwelt auf die sichtbare Schöpfung, das lehrt die Geschichte. Zu allen Zeiten wurden auch Versuche gemacht, mit derselben sich in Verbindung zu setzen, um gewisse Erfolge zu erzielen. Daher rühren die verschiedenen Formen der Zauberei, der Geheimkunst, der Magie. Ob nun eine solche Verbindung wirklich stattgefunden, ist Sache der näheren Untersuchung und Prüfung. (siehe den Beitrag: Hexen) Mit dem einseitigen Betreiben der altklassischen Studien fand auch die heidnische Gesinnung und der heidnische Aberglaube wieder weitere Verbreitung. Da dem Papst berichtet wurde, daß in Deutschland der Unfug der Zauberei und damit der Glaubens-Abfall drohe, beauftragte Innozenz in der erwähnten Bulle die Inquisitoren, welche über die Reinheit des Glaubens zu wachen hatten, auch bezüglich dieser Ausschreitungen zu untersuchen und gegen die der Zauberei Beschuldigten vorzugehen. Es wurde damit nichts Neues eingeführt; der Papst stellte nur fest, daß die Inquisitoren bezüglich der Zauberei ihres Amtes zu walten hätten. Die Hexenprozesse mit ihren Grausamkeiten treten erst später auf und weit mehr bei den Protestanten als bei den Katholiken. Der Protestantismus gab dem Hexenwahn besondere Nahrung durch seine Lehre, daß der Mensch ganz unter der Gewalt des Teufels stehe. Gerade Martin Luther und seine gleich gearteten Schüler sahen überall das Walten des Satans und förderten dadurch mächtig den Glauben an Hexereien. Ein protestantischer Prediger bezeugte 1784, daß noch zu seiner Zeit in Norddeutschland mehr vom Teufel als von Christus gepredigt wurde. Nachdem der Hexenwahn bei den Protestanten epidemisch geworden war, brach er sich auch in katholischen Gegenden Bahn, namentlich in denen, wo der Protestantismus starke Wurzeln gefaßt hatte. In Italien fanden die wenigsten Hexenprozesse statt, nur in den südlichen Tälern der Alpen und in Venedig kamen einzelne vor. Unsterbliches Verdienst um die Menschheit hatte sich der Jesuit Friedrich von Spee durch seine Schrift „Cautio criminalis“ erworben, in der er das Unbegründete der Hexenprozesse nachwies, während sein protestantischer Zeitgenosse Carpzow († 1666) dieselben leidenschaftlich verteidigte. –
aus: P. Andreas Hamerle C.Ss.R., Geschichte der Päpste III. Band, 1907, S. 518 – S. 519