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Orden

Friedrich von Spee

Lexikon für Theologie und Kirche

Stichwort: Friedrich von Spee

Friedrich von Spee: zeitgenössisches Porträt

Spee, (Spe), Friedrich von, SJ, bekannt als Dichter und als Vorkämpfer gegen die Hexenverfolgung, entstammte der bald nach ihm ausgestorbenen geldernschen Adelsfamilie der Spee von Langenfeld und wurde am 25. Februar 1591 zu Kaiserswerth bei Düsseldorf als Sohn des damaligen kurkölnischen Burgvogts und Amtmanns von Kaiserswerth geboren. Seine Studien begann der reich begabte Jüngling am Jesuiten-Gymnasium zu Köln, worauf er am 28. September 1610 zu Trier in den Jesuiten-Orden eintrat. Nach zweijährigem Noviziat folgte der Kursus in der Philosophie zu Würzburg (1612-1615), dann war er von 1615-1619 zu Köln als Lehrer der Humaniora tätig. Von 1619-1620 lehrte er zu Mainz die Rhetorik, absolvierte 1620 bis 1923 eben daselbst die Theologie und wurde im letztgenannten Jahr zum Priester geweiht.

Die erste theologische Verwendung fand er zu Paderborn, indem er dort von 1623-1626 neben dem Vortrag der Philosophie auch auf der Domkanzel mit großem Erfolg tätig war. Nachdem er das dritte Probejahr zu Speyer (1626-1627) zurückgelegt hatte, führte ihn die Vorsehung nach Würzburg (1627), wo er als Beichtvater der verurteilten Opfer des Hexenwahns das ganze Elend dieser Unglücklichen kennen lernte (s. Hexen und Hexenprozess).

Er studierte das ganze Verfahren, welches bei den Hexenprozessen in Anwendung kam und gewann die Überzeugung, dass dasselbe in den wesentlichsten Punkten den Gesetzen des natürlichen und positiven Rechtes Hohn spreche. Allein der Einzelne vermochte nichts dem allgemeinen Wahn gegenüber; Friedrich v. Spee musste während seines mehrmonatlichen Aufenthaltes zu Würzburg gegen 200 „Hexen“ zum Feuertod begleiten, von denen nach seiner Überzeugung keine einzige schuldig war. Seine Vorstellungen bei den Richtern fruchteten nichts; schließlich ward ihm sogar der Besuch der Kerker untersagt. Da entschloss er sich, schriftlich gegen den Hexenwahn zu wirken, und verfasste die Cautio criminalis (siehe unten).

In den Jahren 1628 und 1629 fiel P. Spee die Aufgabe zu, Stadt und Grafschaft Peine (unweit Hildesheim) wieder für den katholischen Glauben zu gewinnen. Seiner selbstlosen Liebe und Hingabe gelang auch dieses Werk wider Erwarten schnell; nur in der Stadt Peine selbst war der Widerstand hartnäckiger. Damals erfolgte (am 29. Mai 1629) auf ihn ein Anfall zu Woltrop, bei dem er nach der gewöhnlichen Angabe meuchlerisch schwer verwundet wurde (eine Handschrift im Kölner Stadtarchiv aus dem vorigen Jahrhundert stellt nach Angabe Thonemanns dieses Ereignis mehr als eine starke Verhöhnung v. Spee`s dar).

In den Jahren 1629 und 1630 lehrte v. Spee zu Paderborn Moraltheologie und war eben daselbst 1630 und 1631 als Beichtvater tätig, worauf er (am 13. November 1631) an der neu errichteten Privatfakultät seines Ordens zu Köln den Lehrstuhl für Gewissensfälle übernahm. Dasselbe Fach versah er 1632-1635 zu Trier, wo er sich nebenher aus Herzens-Bedürfnis und Ordenspflicht eifrig der Krankenpflege widmete. Bei dieser holte er sich den Todeskeim, indem er bei der Pflege von Verwundeten aus den trierischen Kämpfen von 1635 zuletzt selbst von einem pestartigen Fieber dahingerafft wurde. Er starb am 7. August 1635 inmitten seiner Brüder und ward in der Jesuitenkirche zu Trier begraben.

Friedrich v. Spee ist eine der anziehendsten Gestalten des 17. Jahrhunderts. Von Gott mit seltenen Gaben des Geistes und Herzens ausgestattet, war er eine zartbesaitete Dichterseele, zugleich ein streng geschulter Denker und Lehrer auf den Lehrstühlen der Philosophie und Theologie, daneben aber ein musterhafter Priester und Ordensmann. Die deutsche Literatur verdankt ihm die „Trutz-Nachtigall“, eine Sammlung geistlicher Gesänge voll Andacht und Wärme, voll Kraft und Wohlklang. Den Namen des zuerst 1649 zu Köln erschienenen Büchleins erklärt der Verfasser selbst dahin, dass es „trutz Nachtigallen süß und lieblich singt und zwar aufrichtig poetisch“.

Zweck und Bedeutung seiner Lieder sei, zu zeigen, dass Gott auch in deutscher Sprache seine Poeten habe. Durch seine „Trutz-Nachtigall“ ist v. Spee ein Sänger der erhabenen Gottesminne geworden und wird als solcher stets einen Ehrenplatz in der deutschen Nationalliteratur behalten. Der größte Teil der „Trutz-Nachtigall“ (48 von 51 Liedern) war im Juni 1629 druckfertig; einige Gedichte erschienen zuerst 1638 im „Psälterlein der PP. der Sozietät Jesu“ (vgl. Bäumker, Das kathol. Deutsche Kirchenleid I, Freiburg 1886, 9). Die Gesamtausgabe besorgte aus Spee`s Nachlass der bekannte Jesuit Nakatenus; die älteste Handschrift befindet sich zu Straßburg, eine andere zu Trier (letztere ediert von Balke, in „Deutsche Dichter des 17. Jahrhunderts“ XIII, Leipzig 1879). –

Ein der „Trutz-Nachtigall“ verwandtes, während des Kölner Aufenthaltes 1632 vollendetes Prosawerk Spee`s ist das „Guldine Tugendbuch“, gleichfalls zuerst 1649 zu Köln gedruckt, eine Anleitung zur Übung der drei göttlichen Tugenden als des Inbegriffs jeglicher Vollkommenheit. In Form eines Zwiegespräches zwischen Beichtvater und Beichtkind abgefasst, macht es den Eindruck einer einfachen Unterhaltung, die aber von Herzen kommt und zu Herzen geht; hie und da sind als Wiederholung Lieder eingestreut. Eine Handschrift des „Tugendbuches“ hat die Düsseldorfer Landesbibliothek, eine andere reichhaltigere vom Jahr 1640 die Pariser Nationalbibliothek. –

Was sonst noch von ähnlichen Schriften v. Spee`s erwähnt wird, z. B. „Das immerwährende Lob Gottes“, „Die Messfackel“, waren wohl nur Abdrucke einzelner besonders originellen Kapitel des Tugendbuches. Zu bedauern ist aber, dass die Konzepte der Vorlesungen verloren gegangen sind, welche Spee über Kasuistik gehalten hat. P. Busenbaum hat dieselben nach eigener Angabe bei seiner Medulla benutzt, so dass sie dadurch indirekt auch ein Quellenwerk für den hl. Alfons bildeten. Man glaubt den Verlust direkt oder indirekt auf Rechnung des P. Nakatenus setzen zu sollen, dem auch biographische Materialien über Spee vorlagen, welche unpubliziert verschwunden sind. –

Noch bleibt das Werk Spee`s zu erwähnen, welche ihm einen Platz sichert unter den Wohltätern der Menschheit, die Cautio criminalis, die Aufdeckung aller Nichtswürdigkeiten, welche aus Dummheit und Feigheit wie aus Rache und Habsucht unter dem Vorwand, das Hexenwesen auszurotten, vielerorts verübt wurden. Friedrich v. Spee war allerdings nicht der erste, der gegen die Ungerechtigkeit der Hexenprozesse seine Stimme erhob (vgl. Janssen-Pastor, Geschichte des deutschen Volkes VIII (1894, 551ff; Riezler, Geschichte der Hexenprozesse in Bayern, Stuttgart 1896); er hatte selbst in seinem Orden schon Vorgänger an Laymann, Tanner u. a.

Auch scheinen damals speziell die Kölner Jesuiten, aus Anlass eines Hexenprozesses Henot, in dessen Verlauf der Erzbischof und mehrere Jesuiten-Patres als Genossen der Hexen denunziert wurden, gegen die Hexenverfolgung vorsichtig Partei ergriffen zu haben, indem sie 1629 Tanners Traktat (ohne den Verfasser als Jesuiten zu bezeichnen) und einige Rechtsgutachten drucken ließen. Nichtsdestoweniger war die Herausgabe der Cautio criminalis eine Heldentat, da jeder Verteidiger der Hexen Gefahr lief, selbst als Hexenmeister angeklagt zu werden (der Gedanke Spees, dass ihm der Allbarmherzige dereinst für eine jahrelange Bereitschaft zum Martyrium für die gute Sache das Fegefeuer erlassen werde, findet sich in einem der 5 bis 6 nicht mit abgedruckten Kapitel des Tugendbuches ausgesprochen).

Die Cautio criminalis erschien darum zuerst anonym zu Rinteln 1631; wahrscheinlich ist aber diese Ausgabe gar nicht in den Handel gekommen, sondern vom Orden angekauft und privatim verschickt worden. Der Druck mag in Rinteln weniger Schwierigkeiten begegnet zu sein als anderswo, da Reinking, der hessische (landesherrliche) Vizekanzler, den die Rintelner Universität mit Stolz ihren Schüler nannte, gleichfalls (Marburg 1630) ein in kräftigen Ausdrücken abgefasstes Responsum juris in processu contra sagam vom Jahre 1621 hatte drucken lassen. Dass die protestantische Universität dem Werk eines Jesuiten ihre Approbation gab, versteht sich um so leichter, wenn man bedenkt, dass Rinteln damals von kaiserlichen Generalen mit Jesuiten als Beichtvätern umgeben war.

Zwei neue Ausgaben der Cautio erschienen 1632 zu Frankfurt bzw. Köln. Das Werk, ebenso sachlich gehalten wie schonungslos die Missstände aufdeckend, verfehlte seine Wirkung nicht; selbst das Reichskammergericht nahm Notiz davon, und im Jahre 1657 erließ die Kongregation des heiligen Offiziums zu Rom eine (später der Cautio beigedruckte) Instruktion behufs Neuregelung der Hexenprozesse (s. Carena, De officio SS. Inquisitionis, Bononiae 1668, 435 aqq.), worin scharfe Kritik an dem bis dahin vielfach auf Grund des „Hexenhammers“ gebräuchlichen Verfahren geübt wird (vgl. Hinschius, Kirchenrecht VI, 1 (1897), 423ff). –
aus: Wetzer und Welte`s Kirchenlexikon, Bd. 11, 1899, Sp. 575 – Sp. 578

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Tags: Jesuiten
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