Heiligenkalender
12. Februar
Fest der heiligen sieben Stifter des Servitenordens
Stiftung des Ordens der Diener Mariens – Servitenorden
Leben der sieben Heiligen auf dem Berg Senari
Die sieben heiligen Väter lebten unter ihrem heiligen Obern Bonfilius still und verborgen auf dem Berg Senari nur für Gott und das Heil der Seelen. Sie hatten schon beim Beginn ihrer Bekehrung beschlossen, jeden, der um Aufnahme in ihre Gesellschaft nachsuchen würde, zurück zu weisen, und keinen Orden zu bilden. Allein Gott fügte es anders. Er wollte der Mutter seines göttlichen Sohnes Jesus zu Ehren einen Orden in der Kirche entstehen lassen, der sichs zur besonderen Aufgabe mache, Maria zu loben, zu verherrlichen und ihrer bitteren Schmerzen zu gedenken, die sie um Jesu willen und zum Heil der Welt geduldet hat, und dessen Mitglieder ihre Ehre darin setzen, Diener Mariens zu heißen und zu sein.
Während die sieben heiligen Väter in tiefster Verborgenheit auf dem Berg Senari die strengste Buße übten, kam der Kardinal Gulafried von Chatillon als päpstlicher Legat nach Florenz, ein Mann von großer Gelehrsamkeit und hoher Frömmigkeit. Auch er hörte von dem heiligen Leben der sieben Väter auf dem Berg Senari. –
Kardinal Gulafried und Bischof Ardingus besuchen die Heiligen
Er wollte sie selbst sehen und bestieg daher mit dem Bischof Ardingus den Berg. Er staunte über das Andacht-Erweckende des Ortes und überrascht bei der Strenge der Buße, doch im Antlitz der sieben Einsiedler den Ausdruck heiliger Freude und himmlischer Ruhe zu sehen, beschloss er, einige Tage zu verweilen, um die Art ihrer Lebensweise zu erforschen. – Mit Staunen gewahrte er ihre groben Gewande, ihre schlechten Speisen, ihre kalte Ruhestätte. Mit Schauer sah er, wie einige ganze Tage und Nächte in den finsteren Höhlen, entfernt von jedem menschlichen Zuspruch, in tiefer Betrachtung, auf dem felsigen Boden kniend, mit der Stirne die Erde berührend, verweilten, wie andere, nicht zufrieden mit dem tief ins Fleisch dringenden Bußgürtel, ihren Leib noch blutig geißelten, wie sie ihrem Körper fast jede Nahrung versagten, nur mit bitteren Kräutern ihn nährend; wie sie oft Wochenlange auf ihren Knien im Gebet lagen, und sich oft blutig ritzten an den wilden Dorngesträuchen des Waldes. Kurz, er beobachtete an ihnen die strengste Buße und hielt es für Pflicht, hier mit seiner Vollmacht einzuschreiten, damit die frommen Väter nicht der allzu großen Strenge erlägen.
Er besprach sich hierüber zuerst mit dem Bischof und rief dann die sieben Väter zu sich. Zuerst belobte er ihren Eifer, mit welchem sie der Welt entsagt hätten, um Gott und der hl. Jungfrau zu dienen. Alsdann aber ermahnte er sie väterlich, von dieser zu großen Selbstpeinigung, welche Gott nicht verlange, abzulassen, und befahl ihnen, kraft seiner Vollmacht ihre Bußwerke zu mildern.
Die heiligen Väter, schmerzlich berührt, ihren lieb gewordenen Lebenswandel aufgeben zu müssen, warfen sich zum Zeichen ihres Gehorsams dem Kardinal zu Füßen, und baten ihn inständig, er möchte ihnen eine Regel vorschreiben, nach der sie leben können. – Bischof Ardingus aber ermahnte sie, im vertrauensvollen Gebet den heiligen Geist um Erleuchtung anzuflehen, der nicht ermangeln werde, ihnen die rechte Art und Weise einzugeben, wie sie ihr Leben einrichten, und welcher Regel sie folgen sollten, um sicheren Schritts den Weg zur Vollkommenheit zu wandeln. Bei dieser Gelegenheit drückte der fromme Bischof seine Verwunderung aus, daß die sieben Väter keinen in ihre Gesellschaft aufnehmen, der darum bitte, und setzte bei, daß die christliche Liebe sie verpflichte, jene, die vom Geist der Buße und von Verlangen nach Vollkommenheit getrieben, zu ihnen kämen, um mit ihnen gemeinschaftlich ein heiliges Leben zu führen, brüderlich aufzunehmen. Er sagte ihnen, daß die Menge derjenigen, welche den Berg besteigen, um in ihre Gesellschaft aufgenommen zu werden, ein Zeichen sei, daß Gott es haben wolle, daß ihre Gesellschaft sich vermehre. Doch, um den Willen Gottes sicher zu erkennen, sollten sie sich an ihre mächtige Schutzfrau Maria wenden, die gewiß nicht ermangeln werde, ihre Bitte vor Gottes Thron zu bringen.
Darauf versicherte der Kardinal die sieben Väter seiner immer währenden Liebe und verließ mit dem Bischof den Senari-Berg.
Gott erhört auf wunderbare Weise die Gebete
Fünf Jahre waren verflossen, seit die frommen Väter sich auf den Berg zurück gezogen hatten. Sie zweifelten nicht, daß es von Gott dem frommen Bischof eingegeben worden, sich zu ermahnen, auch andere in ihre Genossenschaft aufzunehmen, und seinem Rat folgend, wandten sie sich auch im vertrauensvollen Gebet zu der Mutter des Erlösers, damit auf ihre mächtige Fürbitte der Wille Gottes ihnen deutlicher kund werde. Und sieh! Wunderbar ward ihr Gebet erhört! –
Am Morgen des dritten Fastensonntages des Jahres 1239 am 27. Februar, zur strengsten Winterszeit, grünte auf jenem kalten Berg auf einmal ein Weinberg, den sie beiläufig ein Jahr zuvor gepflanzt hatten, und brachte die herrlichsten Reben, mit reifen Trauben behangen, hervor, und der ganze Platz war mit blühenden Blumen und Bäumen besetzt. Als sie beim Aufgang der Sonne dieses wunderbare Ereignis, das ihnen mitten in der Rauheit des Winters das Schöne und Liebliche des Frühlings, Sommers und Herbstes vor Augen stellte, entdeckten, ward ihr Herz vom innigsten Dank gegen die Güte des Herrn erfüllt, und mit den heißesten Bitten zur Königin des Himmels, auf deren Fürsprache der Allmächtige sie so hoher Gnade gewürdigt, flehten sie auch um die Erkenntnis dieses wunderbaren Ereignisses.
Bischof Ardingus erklärt den Heiligen das geschehene Wunder
Unterdessen schickte Bonfilius einen der Brüder nach Florenz zum Bischof Ardingus, ihm das Vorgefallene getreulich zu berichten. Erstaunt über das Gehörte, bewunderte auch er die allmächtige Hand des Herrn, und versicherte sie, daß der blühende Weinberg nichts anderes bedeute, als was er früher ihnen geraten, sie sollten jene in ihre Gesellschaft aufnehmen, welche darum nachsuchten, damit auch sie schöne Früchte im Weinberg des Herrn trügen. Um aber noch deutlicher den Willen des Herrn zu erkennen, so werde er sein Gebet um Erleuchtung zum Himmel senden. Wohlgefällig nahm der Herr das Gebet seines frommen Dieners auf, und würdigte ihn in der folgenden Nacht einer himmlischen Erscheinung. Voll innerer Freude eilte er gleich am nächsten Morgen auf den Senari-Berg, den versammelten Vätern die Erscheinung mitzuteilen, und sprach zu ihnen folgende Worte: „Im Herrn geliebte Söhne! Befreit nun euer Herz von jedem Zweifel. Zu eurem Trost sollt ihr wissen, daß auch ich in verflossener Nacht im Traumgesicht einen Weinstock in sieben Äste geteilt sah, und von jedem sproßten sieben Zweige hervor, mit den schönsten Blättern und herrlichsten Früchten beladen, und die Mutter des Herrn versicherte mich, daß dieser Weinstock noch mehr sich ausbreiten solle. Wenn wir nun, geliebte Söhne, jenen von mir im Traum gesehenen Weinstock mit jenem, den ihr hier in der Einsamkeit blühen und Trauben hervor bringen saht, vergleichen und den wahrhaften Sinn beider Erscheinungen erforschen wollen, so kann man nicht leugnen, es wären dies eben so viele klare Beweise des Willens Gottes, daß auch andere mit euch sich vereinen und unter eurer Anleitung und Führung den Weg des Heiles wandeln sollen; denn nie oder höchst selten geschieht in den heiligen Büchern von den Weinreben Erwähnung, wo nicht die Verbreitung und Erhöhung des Glaubens und der Kirche oder die Vermehrung der Gläubigen angezeigt würde. Dies fordert auch von euch die seligste Jungfrau, die nicht zufrieden mit den Dienst, den ihr ihr widmet, die Zahl ihrer Diener vermehrt wissen will… Nehmt nun Mitglieder auf, gründet Häuser, damit durch eure Mitwirkung der Name der seligsten Jungfrau verherrlicht werde. Dies ist der Sinn des von mir und euch gesehenen Wienbergs; dies sei der Gegenstand eurer Sorge und des Eifers von eurer Seite und von der Seite des Ordens, den ihr gründen sollt und dem ich den glücklichsten Fortgang wünsche und meinen vollkommenen Beistand verspreche. Die Gnade und der Segen des dreieinigen Gottes bleibe immer bei euch!“
Wunderbare Erscheinung der seligsten Jungfrau Maria
Auf diese Worte des frommen, Gott begeisterten Bischofs erklärten die seligen Väter mit Freuden, der Stimme Gottes und ihres frommen Oberhirten willigen Gehorsam zu leisten. Einstimmig beschlossen sie nun, am Ostersonntag mit der Aufnahme in ihre Gesellschaft zu beginnen. Da sie aber wohl wußten, daß nur von dem Segen des Herrn ein glücklicher Anfang und ein noch glücklicherer Fortgang abhänge, so nahmen sie sich vor, die letzten drei Tage der heiligen Fastenzeit im inbrünstigen Gebet zu verharren, und dieselben gänzlich der Betrachtung des bitteren Leidens und Sterbens Jesu Christi und der Schmerzen der göttlichen Mutter zu weihen.
Als sie nun am Karfreitag, der im Jahr 1239 auf den 25. März fiel, mit der wärmsten Andachtsglut den Tod Christi und die Schmerzen Mariens betrachteten, wurden sie einer neuen, wunderbaren Erscheinung der seligsten Jungfrau gewürdigt. –
In unbeschreiblicher Schönheit, umflossen von himmlischer Klarheit, glänzender als die Sonne, erschien sie neuerdings ihren Dienern, umgeben von Scharen von Engeln, von denen einige die Geheimnisse und Werkzeuge des Leidens Christi, andere aber schwarze Kleider in den Händen trugen. Einer hielt ein offenes Buch, enthaltend die Regel des heiligen Augustin; ein anderer hatte in der rechten Hand den mit goldenen Buchstaben geschriebenen Titel – „Diener Mariens“, in der linken schwang er einen grünen Palmzweig. Die seligste Jungfrau selbst reichte ihnen ein Trauerkleid und lud sie ein, dasselbe aus ihren Händen zu empfangen. – Es war das schwarze Skapulier.
Während die seligen Väter, in süßer Verzückung hingerissen, die Königin des Himmels verehrten, hörten sie folgende Worte aus ihrem Mund: „Da bin ich, meine auserwählten Diener, euch in euern wiederholten Bitten zu trösten. Da seht die Kleidung, die ich euch gebe, sie künftighin zu tragen. Die Trauerfarbe derselben soll beständig das Andenken an jene Schmerzen in euch erwecken, die ich am heutigen Tage bei dem Kreuzestod meines eingebornen Sohnes fühlte. Die Regel Augustins sei die Richtschnur eures Lebens, und die Palme, die ihr hier seht, verkünde euch die Herrlichkeit, die im Himmel euer wartet, wenn ihr als meine wahren, getreuen Diener auf Erden leben werdet.“
Noch in der nämlichen Nacht erhielt auch der Bischof Ardingus in einer Erscheinung von der Himmelskönigin den Auftrag, ihre Diener mit jenem Kleid zu versehen, das sie ihnen gezeigt habe.
Ordensstiftung und Ordenskleid
Kaum waren die Osterfeiertage vorüber, begab sich der Bischof auf den Senari-Berg. Er hörte voll heiliger Freude der Erzählung der sieben Seligen zu, erkannte gleich den inneren Zusammenhang beider Erscheinungen, und sprach unter Tränen der Rührung: „Was zaudern wir noch, meine Söhne! Euch, die öfters schon die Zunge der Säuglinge „Diener Mariens“ nannte, bestätigt Maria neuerdings als ihre Diener; sie ließ euch das Kleid sehen, das ihr tragen sollt, und ihr vernahmt dessen Bedeutung; sie gab euch die Regel des hl. Augustin zur Richtschnur eures Lebenswandels, und ließ euch schon die Siegespalme der ewigen Herrlichkeit schauen. Ich wüßte nicht, was Maria, als zärtliche Mutter, für euch noch hätte tun können. Wohlan denn, legt ab die alten Kleider und zieht jene an, mit welchen eure mächtige Schutzfrau euch bekleidet sehen will. Ihr werdet zwar dadurch Teilnehmer ihrer Schmerzen, die sie auf Erden empfand, aber glücklich werdet ihr auch einstens Teil an ihrer Herrlichkeit im Himmel nehmen.“
Sogleich wurde der Tag der Einkleidung bestimmt. Aus den Händen des Bischofs Ardingus erhielten sie das neue Ordenskleid. Bei dieser Feierlichkeit veränderten einige der Väter ihre Namen, andere behielten sie bei. Von allen Seiten strömten ihnen Genossen zu, welche um Aufnahme in den Orden baten. Unter diesen befand sich auch ihr frommer Seelenführer Pater Pogibonzi, der später der dritte Ordensgeneral wurde. Der Bischof von Siena begehrte Mitglieder von der Gesellschaft der seligen Väter. Der selige Alexius mit dem Bruder Viktor zog dahin und erbaute ein Kloster, welches nachher sehr berühmt wurde; auch andere Städte verlangten nach den Dienern Mariens. Im Jahre 1237 legten endlich die seligen Väter die feierlichen Ordensgelübde in die Hände des Bischofs Ardingus ab, der ihnen darauf, wie es die Regel vorschrieb, befahl, sich einen Oberen zu wählen.
Sogleich wurde der selige Bonfilius, der bisher die Brüder geleitet, zum obersten Vorstand erwählt. Endlich gab ihnen der Bischof den Rat, sich zu Priestern weihen zu lassen und gab ihnen die Vollmacht, in seinem Bistum Kirchen und Klöster zu errichten, und mit dem schwarzen Skapulier jeden, der es verlange, zu bekleiden.
Zur Danksagung für alle, durch Hilfe der göttlichen Mutter Maria erhaltenen Gnaden verordneten nun die Stifter des Ordens, daß beim Brevier-Gebet vor jeder der einzelnen Tagzeiten, sowie auch vor der heiligen Messe das „Ave Maria“ und zum Schluss das „Salve Regina“ gebetet werde, ebenfalls machten sie das tägliche Gebet der marianischen Tagzeiten und des „Psalmenkranzes“ (ein Gebet, bestehend aus 5 Psalmen, wovon jeder mit einem Buchstaben des heiligen Namens Mariä anfängt), dem ganzen Orden zur Pflicht, wie es auch bis auf den heutigen Tag im Servitenorden beobachtet wird. –
aus: Georg Ott, Marianum Legende von den lieben Heiligen, Erster Teil, 1869, Sp. 439 – Sp. 44
Fortsetzung: Päpstliche Bestätigung des Servitenordens