Heiligenkalender
2. August
Heiliger Alphons Maria von Liguori, Kirchenlehrer
Alphons Maria, zu Neapel 1696 geboren, war der Sohn des hochadeligen österreichischen Hauptmanns von Liguori und der tugendreichen Anna Cavalieri und wohl die schönste Zierde des achtzehnten Jahrhunderts. An seiner Wiege sprach der hl. Franz von Hieronymo die prophetischen Worte: „Dieses Kind wird lang leben, Bischof werden und Großes für die Ehre Gottes vollbringen.“
Wie treu der Knabe die Lehren seiner frommen Mutter befolgte, bewies er bei einem Spiel, in welchem er gewann. Als der Verlierende erbittert ihn des Betruges beschuldigte, gab ihm Alphons das Geldstück zurück und sprach mit Entrüstung: „Wie glaubt ihr, dass man die Majestät Gottes wegen einer so elenden Münze beleidigen könne!“ Sogleich eilte er davon, zog, das Muttergottesbild, welches er am Halse trug, hervor und betete.
Während der Studienjahre schien er die meiste Zeit dem Gebet obzuliegen, indem er regelmäßig dem Gottesdienst beiwohnte, jede Woche kommunizierte und täglich vor dem heiligen Altarsakrament lange verweilte; dennoch machte er so glänzende Fortschritte, daß er, erst siebzehn Jahre alt, schon Doktor der Rechte und ein gesuchter Advokat war. Dem Wunsch der Eltern gemäß durfte er sich dem gesellschaftlichen Leben nicht entziehen und erregte dort durch sein anmutiges Wesen, sein feines Benehmen, vor allem aber durch seine Frömmigkeit großes Aufsehen.
Bekannt war sein engelgleicher Wandel; nie fehlte er bei öffentlichen Andachten; rührend war seine kindliche Liebe zu Maria, die er nur „die liebe Mutter“ nannte; nie ging er aus, ohne sie um ihren Segen zu bitten: nie kam er heim, ohne sie in ihrem Bild zu grüßen; nie fing er ein wichtigeres Geschäft an, ohne ihre Hilfe anzurufen, und bei jedem Stundenschlag unterbrach er die Arbeit, und betete ein „Gegrüßet seist du, Maria“, und er tat dies so einfach, so natürlich so innig, dass ihn Fremde oft mit staunender Ehrfurcht bewunderten.
Hochgestellte Männer suchten seine Freundschaft, vornehme Familien wünschten ihn durch eine eheliche Verbindung an sich zu fesseln, und der Vater schwelgte schon in der süßen Hoffnung, dass die Prinzessin Theresia, die Tochter des Fürsten Pressiccio, seine Schwiegertochter werden würde, als plötzlich alles sich änderte.
Alphons hatte einen Prozess übernommen, sich von der Gerechtigkeit der Sache überzeugt und ihn sehr fleißig studiert. Am Gerichtstag sprach er mit solcher Klarheit, dass ihm alle Beifall klatschten. Da machte ihn sein Gegner auf ein einziges Wort aufmerksam, das er übersehen hatte; aber gerade dieses Wort änderte den ganzen Sachverhalt. Alphons bekannte seinen Irrtum und verließ mit dem Rufe: „O du trügerische Welt, jetzt kenne ich dich – lieber der letzte Diener in der Kirche, als der erste Herr im Gericht“ – den Saal für immer.
Entschlossen, sich ganz Gott zu weihen, wollte er in den Priesterstand eintreten; aber der Vater und die Verwandten protestierten dagegen mit aller Macht; doch Alphons blieb Sieger und in seiner festen Erklärung: „Gott ruft mich, ich muss gehorchen“, empfing er die Tonsur und den Talar. Die ihm verlobte Fürstin folgte seinem Beispiel und wurde Klosterfrau. Als der Vater ihn im geistlichen Kleide sah, sprach er ein ganzes Jahr kein Wort mehr mit ihm.
Alphons studierte mit Eifer Theologie, versah an der Pfarrkirche den Meßnerdienst, erklärte Sonntags den Kindern den Katechismus und verfasste fürs Volk geistliche Lieder. Der „vornehme Pöbel“ Neapels spottete über ihn, er aber freute sich, der Advokat der Sache Gottes zu werden, empfing – 30 Jahre alt – die Priesterweihe und schloss sich einigen Geistlichen an, welche Volksmissionen hielten.
Seine Predigten, ausgezeichnet durch klare Einfachheit und inniger Herzlichkeit, hörte das Volk aus allen Ständen in großer Menge und mit lebhaftem Interesse an; und was er auf der Kanzel gesät, das pflegte und begoss er unermüdlich im Beichtstuhl. Eines Abends trieb die Neugier auch den Vater in die Kirche, in welcher Alphons predigte; derselbe wurde so mächtig ergriffen, dass er laut ausrief: „Durch meinen Sohn erst habe ich Gott richtig kennengelernt!“ Zu Hause dann umarmte er ihn in aufrichtiger Reue, dass er sich seinem Beruf zum geistlichen Stande widersetzt habe.
Alphons erkannte bald die traurige Verwahrlosung des Volkes in religiöser Beziehung, besonders auf dem Lande und fühlte in sich den Drang, einen Priesterverein zu stiften, um geistliche Hilfe zu bringen. Unter Gebet, Fasten, Bußübungen, Rathalten mit Bischöfen und gelehrten Männern gedieh dieser Gedanke zur Reife. Als er aber mit der Ausführung begann, erhoben sich Berge von Hindernissen, besonders von Seiten des Vaters, der mit Bitten und Tränen ihn beschwor, dass er ihn doch in seinen alten Tagen nicht verlasse.
Aber Alphons blieb Sieger, indem er vor dem Vater niederkniete, ihm das Kruzifix vorhielt und sprach: „Siehe, der ruft mich zu seinem Werk, ich muss es unternehmen, Gott helfe dir und mir.“ Dann riss er sich los – der letzte und schmerzlichste Kampf hatte drei Stunden gedauert.
Nun bezog er 1732 mit zehn Priestern und drei Laienbrüdern zu Scala ein gar ärmliches Haus, um Missionen für „das verlassenste Volk“ zu halten. Allein bald ermüdete der gute Wille seiner Gefährten und sie verließen ihn bis auf zwei. Das war ein harter Schlag für den Heiligen; die Gegner spotteten wieder wie früher: „Sparen Sie doch die eitle Mühe, Gott bedarf Ihrer Dienste nicht.“ Er antwortete voll Ruhe: „Ja wohl, Gott braucht mich nicht; aber ich brauche Ihn, und Er wird mir beistehen.“
Der Herr belohnte sein Vertrauen und führte ihm fromme Priester zu in solcher Anzahl, dass er die Missionen fortsetzen und zwei neue Häuser gründen konnte. Er nannte diesen Verein „Kongregation des heiligsten Erlösers“, stellte ihn unter den Schutz der seligsten Jungfrau, gab ihm eine feste Regel und erhielt die kirchliche Bestätigung von Papst Benedikt XIV. im Jahre 1749. Großartig leuchteten nun vor der staunenden Welt die Erfolge des neuen Ordens, dessen Seele Alphons dreißig Jahre lang mit unglaublicher Umsicht und Tätigkeit blieb.
Da gefiel es Gott, ihm zu den Mühen eines Ordensobern noch die Bürde eines Kirchenfürsten hinzuzufügen. Papst Klemens XIII. ernannte ihn zum Bischof von St. Agatha. Mit tiefem Schmerz nahm Alphons Abschied von den Brüdern und ergriff den Hirtenstab. Er durchreiste ohne Rast und Ruhe seine Diözese, predigte überall, leitete die Bildung der Geistlichen, verfasste theologische Werke, verwaltete die Oberleitung seines Ordens und – fand noch Zeit, täglich mit seinen Hausgenossen das Morgen- und Abendgebet und den heiligen Rosenkranz zu beten.
Unter solchen Anstrengungen, unter der Last der Jahre und schweren körperlichen Leiden brachen seine Kräfte zusammen. Zwei Päpste nacheinander hat er inständig um Enthebung von dem bischöflichen Amt; aber Klemens XIII. antwortete ihm: „Ihr Name und Ruf genügt, um Ihr Bistum zu regieren“, und Klemens XIV.: „Ein einziges Gebet auf dem Krankenlager wird Ihren Gläubigen mehr nützen, als zehn Rundreisen durch die Diözese.“
Alphons ergab sich in den heiligen Willen Gottes und tat noch in seinen Schmerzen, was möglich war. Er bestieg noch manchmal die Kanzel, und sein Anblick war schon eine Predigt, die alle Herzen rührte und alle Augen mit Tränen füllte: er arbeitete fort – im Bett liegend, bis endlich Pius VI. seine Bitten erhörte und dem fast achtzigjährigen Greise den Hirtenstab abnahm.
Voll Jubel eilte er in das Missionshaus nach Nocera, wo er noch zwölf Jahre für den Orden tätig war; aber es waren leidenvolle Jahre. Zuerst wurde er von starken Zweifeln wider den heiligen Glauben geplagt; Tag und Nacht weinte er vor Furcht, in der Ungnade Gottes zu sein. Ein nicht geringeres Leiden bereitete ihm ein verräterischer Mitbruder, welcher eine verderbliche Zwietracht im Orden stiftete, so dass Alphons von den meisten Mitbrüdern verlassen, vom Papst selbst misskannt und im ganzen Land verlästert wurde.
Der Satan machte das Maß der Leiden voll, indem er ihm vorstellte, er sei die alleinige Schuld an all` diesen Übeln im Orden. Doch Marias Fürbitte befreite ihn, und Gott selbst gab ihm die Verheißung, dass vollkommener Friede seinen Orden wieder glücklich und blühend machen werde.
Vom Jahre 1784 an konnte er die Zelle nicht mehr verlassen; er war fast ganz blind und gehörlos und konnte nicht mehr im Bett liegen. Tag und Nacht saß er im Lehnstuhl, das herabgesunkene Haupt auf ein eigenes Tischchen gestützt – ein Bild des Jammers, aber auch des Friedens mit Gott. Viele Leute kamen, nur um den heiligen Dulder zu sehen und an seiner Geduld sich zu erbauen. Endlich kündete ein Fieber die nahe Todesstunde an. Als man ihm die heilige Wegzehrung reichte, lispelte er mit verklärtem Angesicht: „Das ist meine Hoffnung“ und – verschied am 1. August 1787.
Papst Gregor XVI. hat ihn 1839 feierlich unter die „Heiligen“ und Pius IX. 1871 unter die „Kirchenlehrer“ aufgenommen. Des Heiligen zahlreiche Schriften, von der kirchlichen Autorität gut geheißen, sind ein kostbarer Schatz für Gelehrte und Ungelehrte. –
aus: Otto Bitschnau OSB, Das Leben der Heiligen Gottes, 1881, S. 574 – S. 576
siehe auch den Beitrag auf katholischglauben.online: