Die Päpste der Katakomben
Hl. Evaristus (regierte von 101-109?)
Das 2. Jahrhundert
Das erste Jahrhundert des Heiles hatte unter Blut und Verfolgung seinen Anfang genommen. Schon in der Beschneidung vergoss der Heiland sein Blut als Kind. Mit diesem vermischten die unschuldigen Kinder das ihre und erkauften sich die Krone des Martyriums. Und wie unter Blut und Verfolgung das erste Jahrhundert begonnen, so endete es auch und übermachte das gleiche Erbe dem zweiten. Daß vor allen den Päpsten der blutige Kreuzweg beschieden war, darf uns nicht wundern: Wer es auf die Herde abgesehen hat, vergreift sich zuerst am Hirten.
Alle Päpste dieses Jahrhunderts werden als Märtyrer bezeichnet. Wenn es sich auch nicht von allen geschichtlich nachweisen lässt, daß sie unter den Zähnen der wilden Tiere oder unter dem Schwert der Henker ihr Leben verloren, so hatte doch jeder genug Verfolgung und Gefahren auszustehen, um den Namen eines Märtyrers zu verdienen. Auch von den Männern, die in diesem Jahrhundert den Stuhl Petri einnahmen, wissen wir blutwenig, von einzelnen nur den Namen. Die schriftlichen Dokumente sind im Laufe der Zeit und infolge der gewaltigen Umwälzungen verloren gegangen oder wurden absichtlich von den Feinden unseres Glaubens vernichtet. Übrigens hielt man damals mehr auf das Tun als auf das Schreiben. Man dachte, die guten Taten gehen nicht verloren, wenn sie auch kein schriftliches Monument verewigt. Zudem mussten die Christen mit Aufzeichnungen behutsam sein, damit durch dieselben den Verfolgern nicht Gelegenheit geboten wurde, neue Opfer zu entdecken.
Hl. Evaristus (101-109?)
Nach Klemens folgte Evaristus. Die Zeitdauer seiner Regierung lässt sich nicht genau bestimmen. Immerhin hatte er einige Jahre den Stuhl Petri während der Herrschaft des römischen Kaisers Trajan inne. Trajan war sonst ein guter Herrscher, aber für den Götzendienst, auf dem, wie er meinte, das Wohl des Staates ruhe, eingenommen. Daher ließ er die Christen, weil sie die römischen Staats-Gottheiten nicht anbeten und ehren wollten, verfolgen. So kam es, daß unter ihm die dritte große Christenverfolgung ausbrach. Zahlreiche Christen wurden in allen Teilen des römischen Reiches das Opfer der heidnischen Grausamkeit.
Besonders berühmt ist der Martertod des hl. Ignatius, Bischofs von Antiochien. Über denselben besitzen wir noch genauen Bericht, wie ihn die Begleiter des Heiligen aufgezeichnet haben. Ignatius war ein Apostelschüler und hatte den Herrn gesehen, ja er soll einer alten Legende zufolge jenes Knäblein gewesen sein, welches der Heiland in die Mitte der um den Vorrang streitenden Jünger gestellt hatte, mit dem Bedeuten, sie würden nicht in den Himmel eingehen, wenn sie nicht wie die Kinder werden. Großes Ansehen genoss dieser Bischof im ganzen Morgenland. Er hatte in Eifer und Treue seine Kirche nahezu vierzig Jahre regiert und war hochbetagt, als er unter Trajan zum Tode verurteilt wurde… –
aus: Andreas Hamerle C.Ss.R., Geschichte der Päpste, I. Band, 1907, S. 95 – S. 96