Heiligenkalender
1. Februar
Der heilige Ignatius von Antiochien
Von seiner Jugend- und Bildungsgeschichte ist nur so viel gewiß, daß er ein Schüler des hl. Apostels Johannes war, von demselben zum Priester geweiht und später vom Apostel-Fürsten Petrus selbst zum Bischof von Antiochia in Syrien erhoben wurde. Die ausgezeichnete Liebe und Hochschätzung, womit die Christen in Asien und Europa den Bischof Ignatius verehrten, ist der schönste Beweis, mit welcher Treue, Weisheit und Opferwilligkeit er sein Hirtenamt verwaltet hat.
In der Verfolgung des Kaisers Domitian (94-96) führte er wie ein kundiger und furchtloser Steuermann das Schifflein seiner Kirche durch die tobenden Stürme; er hatte die Freude, seine Mühe und Sorge gesegnet zu sehen, so daß seine Schäflein fest im Glauben ausharrten, und viele für denselben den Martertod erlitten. Nur einen Schmerz hatte er, daß er selbst nicht gewürdigt wurde, für Christus auf der Folter sterben zu dürfen; doch bald sollte sich sein Herzenswunsch erfüllen.
Kaiser Trajan, berauscht von den glücklichen Siegen über die Dacier und Scythen, fand es mit dem Glanz seiner Herrschermacht unverträglich, daß die Christen nicht auch den Staatsgöttern huldigten, und befahl ihnen bei Todesstrafe, daß sie denselben opfern. In dem Feldzug wider die Parther kam er selbst nach Antiochia und hörte von der wunderbaren Tätigkeit des dortigen Bischofs. Sogleich ließ er ihm sich vorführen und donnerte ihn an: „Bist du jener böse Dämon (Teufel), der es wagt, meinen Befehlen zu trotzen und meine Untertanen ins Verderben zu locken?“ Ignatius antwortete mit freundlicher Offenheit: „Niemand nennt den Theophorus – so hieß sein Beiname – einen bösen Dämon, weil die bösen Geistern vor den Dienern Gottes fliehen; wenn du aber meinst, daß ich den bösen Dämonen feindlich gesinnt sei, so gestehe ich gerne, daß ich es bin; denn weil ich Christum, den König des Himmels, für mich habe, vernichte ich ihre bösen Anschläge.“ Trajan: „Wer ist denn Theophorus (Gottesträger)?“ Ignatius: „Derjenige, welcher Christum im Herzen trägt.“ Trajan: „Meinst du, wir tragen nicht auch im Herzen unsere Götter, welche das Weltall regieren und uns die Feinde besiegen helfen?“ Ignatius: „Ach, du irrst Kaiser, wenn du deine Götzenbilder für Götter hältst; es gibt nur Einen Gott, der Himmel und Erde und Alles erschaffen hat, und nur Einen Jesus Christus, des Vaters eingeborenen Sohn, der zum Heil der Welt sein Leben geopfert hat.“ Trajan: „Meinst du den, der unter Pontius Pilatus gekreuzigt wurde?“ Ignatius: „Ja, dieser ist es, der durch seine Tod die Sünde und mit ihr den Urheber der Sünde, die bösen Geister, besiegte und sie denen untertänig machte, welche Ihn im Herzen tragen.“ Trajan: „Du trägst also den Gekreuzigten in dir?“ Ignatius: „Ja; denn es steht geschrieben: Ich will in ihnen wohnen und unter ihnen wandeln!“ Trajan: „Wir befehlen, daß Ignatius, der den Gekreuzigten in sich zu tragen behauptet, in Ketten nach Rom geführt und dort zur Belustigung des Volkes von den wilden Tieren verzehrt werde.“ Kein zum Tode Verurteilter hätte seine Begnadigung mit solcher Freude begrüßt, wie Ignatius sein schreckliches Todesurteil. „Ich danke Dir, o Herr!“ jubelte er, „daß Du mir eine solche Liebe zu Dir gegeben und Ketten wie dem Apostel Paulus verliehen hast!“
Bewacht von zehn Soldaten, die ihn mit erfinderischer Bosheit mißhandelten, trat der greise Bischof, nachdem er vierzig Jahre seine geliebte Herde, geweidet, die langwierige Reise an. Nur zwei Diakone durften ihn begleiten. In Smyrna küßten der hl. Bischof Polykarp, sein Jugendfreund, und die Abgesandten vieler Christen-Gemeinden ehrfurchtsvoll seine Ketten; er gab ihnen briefliche Belehrungen und Ermunterungen an ihre Gemeinden mit, von denen wir jetzt noch sieben besitzen, welche ein kostbares Zeugnis der katholischen Glaubenseinheit sind. Dort vernahm er auch, daß die Christen zu Rom Versuche machen wollten, durch Bitten und Bestechungen u. dgl. ihm die Freiheit zu erwirken. In den rührendsten Ausdrücken schrieb er ihnen, sie möchten dies nicht tun und gestatten, „daß die Zähne der wilden Tiere ihn zermalmen, und er als ein Brot Christi erfunden werde.“
Als Ignatius zu Ostia bei Rom landete, standen die römischen Christen schon zu seiner Begrüßung bereit. Sogleich beschwor er sie auf`s eifrigste bei ihrer Bruderliebe, ihn nicht zurück zu halten von der heiß gewünschten Martyrkrone, und betete mit ihnen, Gott wolle sich der Kirche erbarmen, der Verfolgung ein Ende machen und die Gläubigen in einträchtiger Liebe erhalten. Am 20. Dezember 107, gerade am letzten Tag der Tierkämpfe, traf er in Rom ein, weshalb er sofort ins Amphitheater geführt wurde. Trompetenschall lenkte die Aufmerksamkeit der ungeheuren Volksmenge auf den Eintretenden, und aller Augen bewunderten neugierig den erhabenen Greis, wie er, mit Friede und Freude im Angesicht, festen Schrittes in die Mitte der Arena trat und dort zum Gebet nieder kniete. Zwei Löwen, dem Zwinger entlassen, verzehrten im Nu seinen Leib bis auf die härteren Knochen; diese wurden von seinen Begleitern aufgehoben, in kostbare Leinwand eingewickelt, nach Antiochia übertragen und in der dortigen Kirche von den Gläubigen hoch verehrt. Alle Jahre wurde das Gedächtnis seines Todes festlich gefeiert zur Erneuerung der fortwährenden Gemeinschaft mit dem Verklärten. –
aus: Otto Bitschnau OSB, Das Leben der Heiligen Gottes, 1881, S. 79 – S. 81