Lexikon für Theologie und Kirche
Stichwort: Todesstrafe
Todesstrafe, die gewaltsame Zerstörung des Lebens eines Verbrechers durch Vollstreckung eines von der Obrigkeit gefällten Todesurteils. Daß die höchste Staatsgewalt das Recht dazu hat, ist im Alten Bund wiederholt ausgesprochen, im neuen Testament stillschweigend anerkannt und von der kirchlichen Tradition ebenso festgehalten worden (vgl. Denzinger n. 425) wie vom allgemeinen Rechtsbewusstsein und von der Übung der Völker. Die Verhängung der Todesstrafe erscheint wesentlich als ein Akt der Notwehr der Gesellschaft gegenüber dem Verbrecher, unterliegt daher auch den Beschränkungen der Notwehr. Die Staatsgewalt wird sie tatsächlich nur insoweit anwenden dürfen, als sie zum wirksamen Schutz des Gemeinwesens notwendig erscheint. In Zeiten, da die Unschädlichmachung der Verbrecher ob mangelhaften Gefängniswesens anders schwer möglich war, machte man von der Todesstrafe weitgehend Gebrauch, selbst bei Eigentums-Delikten, und verschärfte sie zur Abschreckung mit verschiedenen Quälereien des Verbrechers; ihr Vollzug war öffentlich. So in der Carolina. Allmählich trat die Freiheitsstrafe in den Vordergrund. Cesare Beccaria (Dei delitti e delle pene, Neapel 1764) war der erste grundsätzliche Bekämpfer der Todesstrafe. Er hat unzählige Nachfolger gefunden, so daß die Todesstrafe in vielen Staaten abgeschafft oder wenigstens nicht mehr vollzogen wurde. Der Haupteinwand gegen die Todesstrafe ist die Unmöglichkeit, einen Rechtsirrtum wieder gut zu machen. Sie muss jedenfalls dazu führen, daß die Todesstrafe nur bei voller Klärung des Tatbestandes, also z. B. nicht bei Indizien-Beweisen, ausgesprochen und vollzogen wird. –
Die Kirche war bestrebt, Kleriker von der Fällung und Vollziehung der Todesstrafe fern zu halten; sie verbot ihnen, daran unmittelbar mitzuwirken (29,30 C. 23 q. 8; 5,9 X 3,50), und bezeichnete die Mitwirkung als Weihehindernis (irregularitas ex defectu lenitatis). Wurden Häretiker zum Tode verurteilt, so überlieferte man sie zum Vollzug der Strafe immer dem weltlichen Arm. Geistliche Landesherren blieb es allerdings gestattet, durch ihre Richter Todesurteile fällen und vollziehen zu lassen. –
aus: Michael Buchberger, Lexikon für Theologie und Kirche, Bd. X, 1938, S. 194 – S. 195