Lexikon für Theologie und Kirche
Stichwort: Albigenser
Albigenser, mittelalterliche Häretiker, benannt nach der Stadt Albi. Neben Waldensern bezeichnete man so vornehmlich die von diesem aber scharf zu unterscheidenden und nur durch den gemeinsamen Haß gegen die Kirche geeinten Katharer, von denen hier nur die Rede ist. Die Albigenser sind Neu-Manichäer, weil sie jedenfalls sachlich mit den Manichäern verwandt sind, wahrscheinlich auch historisch zusammenhängen durch die Paulizianer und Bogumilen, deren Lehren sich nach Westen verbreiteten und besonders in der Languedoc, begünstigt vom Adel, Wurzel faßten.
I. Lehre: Die Albigenser vertraten den alten manichäischen Dualismus, daß die Geister von einem guten Gott, die Materie von einem bösen geschaffen sei. Christus sei nur ein Engel gewesen mit einem Scheinkörper, habe nur die Mission gehabt, die Menschen zu belehren, daß eine göttliche Seele ihren unreinen Körper bewohne. Damit habe erst der Kult des wahren Gottes begonnen; die Synagoge habe nur den Kult Satans gepflegt, der noch fortdauere in der katholischen Kirche. Um die Befreiung der Seele aus dem Gefängnis des schlechten Körpers zu beschleunigen, griffen manche zum Selbstmord oder ließen sich verhungern (Endura). Das Reich des Satans sei aber nur auf der Erde beschränkt, eine Hölle gebe es nicht. Die noch nicht ganz gereinigten Seelen hätten auf der Erde durch Vereinigung mit neuen Körpern, bisweilen einem tierischen, zu büßen (Seelenwanderung). Geleugnet wurde eine Auferstehung des Fleisches. Nur der himmlische Körper werde mit Gott vereint. Die Gefahr für die Kirche war um so größer, als die Albigenser in schärfstem Gegensatz zur kirchlichen Lehre von den Sakramenten standen und durch die Ablehnung des Eides, der Todesurteile, durch Herabsetzung der Ehe und des Kindersegens die soziale Ordnung ins Wanken brachten. Ihre Leiter, die Vollkommenen, (perfecti), gewannen durch Nachbildung der Hierarchie und strenge Aszese großen Einfluß auf das Volk, den der verweltlichte Klerus in Südfrankreich damals verloren hatte. Allerdings waren zur strengen Aszese, zur Enthaltung von Fleisch, Eigentum und Ehe, nur die meist gemeinsam lebenden Vollkommenen verpflichtet, die durch Händeauflegung die Geistestaufe (consolamentum) erhalten hatten, während die gewöhnlichen Gläubigen (credentes) gemächlicher leben konnten, auch äußerlich oft bei der katholischen Kirche blieben und nur auf dem Totenbett die Geistestaufe empfingen (die Verpflichtung dazu hieß convenensa).
II. Albigenserkriege. Die schon im 12. Jahrhundert gemachten Versuche zur friedlichen Beseitigung der um sich greifenden Häresie waren vergeblich und selbst die Missionstätigkeit des hl. Dominikus ohne größere Erfolge gewesen. Die Albigenser begannen sich katholischer Kirchen zu bemächtigen; der päpstliche Legat Peter von Castelnau wurde 15.1.1208 ermordet. Da rief Innozenz III. Zum Kreuzzug gegen die Albigenser auf. Zum Legaten dafür ernannte er den Abt von Cîteaux Arnaldus Amalrici, nachher Erzbischof von Narbonne. Unter Anrichtung eines furchtbaren Blutbades wurde Béziers (1209) genommen, ebenso Narbonne. Deren Gebiete erhielt Simon de Montfort, der auch zum Führer des Kreuzzuges ernannt wurde, aber bald unter Zurückstellung der religiösen Ziele um Erweiterung seiner politischen Macht kämpfte. König Peter II von Aragonien wollte vermitteln; Innozenz III war geneigt, ihn zu unterstützen, aber die Kreuzfahrer und der französische Klerus gingen nicht darauf ein. Simon schlug beu Muret 1213 den König Peter und Graf Raimund VI von Toulouse und suchte sich der Besitzungen Raimunds zu bemächtigen. Nach Simons Tod trat an seine Stelle das französische Königtum, das sich die Nachfolge des Grafen von Toulouse 1229 sicherte. Damit hatten die Albigenserkriege ein Ende. Die völlige Ausrottung der Häresie übernahm die Inquisition.
aus: Michael Buchberger, Lexikon für Theologie und Kirche, Bd. I, 1930, S. 218-220