Heilige Maura und Timotheus Märtyrer

Christus sitzt in der Mitte, Löwe und Stier zu seinen Füßen

Heiligenkalender

3. Mai

Die heiligen Maura und Timotheus Märtyrer

(Allzureichende Gnade)

Da Konstantinopel noch nicht von den Türken eingenommen war, schloß der große Palast des Kaisers Justinian eine eigene Kirche in sich zu Ehren des heiligen Ehepaares Timotheus und Maura, und jährlich wurde am 3. Mai ihr Fest hoch gefeiert. Was man in der ältesten Urkunde insbesondere in Betreff der hl. Maura findet, ist Folgendes: Zur Zeit der Christenverfolgung, welche Kaiser Diokletian ausgeschrieben hatte, wurde in Ägypten auch ein Mann, namens Timotheus, seines Glaubens wegen vor Gericht geführt. Nachdem verschiedene Martern vergeblich an ihm versucht worden waren, um ihn zum Abfall zu bringen, so wollte man auf eine neue Weise es versuchen. Timotheus hatte sich nämlich kaum drei Wochen vorher mit einer jungen Frau verehelicht; sie hieß Maura. Der heidnische Statthalter ließ nun diese kommen und befahl ihr, sich auf das Schönste zu kleiden und dann zu ihrem Gatten in das Gefängnis zu gehen und ihn zu bereden, daß er den Göttern opfere, damit sie nicht in so jungen Jahren schon eine Witwe werde. Sie machte auch diesen Versuch, indem sie eben noch ganz weltlich gesinnt war. Timotheus aber ermahnte sie dann höchst eindringlich, sie möge die Eitelkeiten dieser Welt aufgeben, und mit ihm kommen, den schönen Kampf für den Glauben zu kämpfen, dann werden ihnen dafür auch ihre Sünden verziehen. Dieser Zuspruch wirkte wohl auf die junge Frau, allein sie fand die nötige Kraft nicht in sich; und als Timotheus sie aufforderte zu dem Statthalter zu gehen und mutig ihre christliche Gesinnung auszusprechen, sagte sie selbst: „Ich fürchte, wenn ich den Statthalter in seinem Zorn erblicke und die Größe der Qualen, daß ich nicht stark genug bin, die Marter zu übernehmen“; sie war nämlich noch sehr jung, erst siebzehn Jahre alt.

Bevor ich nun weiter erzähle, möge jeder Leser sich besinnen, ob er nicht auch schon manchmal einen ganz gleichen Seelenzustand gehabt hat, wie Maura. Du hast gewiß schon manchmal etwas gelesen oder in der Predigt gehört, oder dein Gewissen hat dich von selbst dazu aufgefordert, du sollest ein gutes Werk tun, dies oder jenes dir angewöhnen, eine Leidenschaft oder schlimme Gewohnheit ablegen usw. Du hast deutlich eingesehen, daß solches Pflicht und Gottes Wille sei; du hast aber auch deutlich gefühlt, daß du die Kraft nicht in dir habest dem nachzukommen, wozu es dich innerlich auffordert. Deshalb hassen manche Menschen jedes gute Beispiel oder heilsame Ermahnung; weil nämlich dadurch ihr Gewissen aufgeweckt wird und sie sich aufgefordert fühlen, zugleich aber meinen, sie seien zu schwach dazu: so entsteht nur ein Zwiespalt, Unruhe und widerwärtiger Gemütszustand daraus, ohne daß sie sich ändern. In der Geschichte der hl. Maura magst du nun lernen, wo der Mensch in seiner Schwäche hinlängliche und überflüssige Kraft zu allem Guten findet, wenn er sich nur in festem Glauben und in ernstlichem Gebet dorthin wendet. Was dir Gott an Pflicht und Leiden auferlegt, ist eine Kleinigkeit gegen das, was das jungeWeib Maura bestanden hat. Und magst du selbst auch noch so schwach sein, so ist dir dieselbe Hilfe, die allzu reichende Gnade des allmächtigen Gottes angeboten, wenn du nur ernstlich danach langest und ringest in ernstlichem, ausdauerndem Gebet.

Timotheus ermahnte nun sein zaghaftes junges Weib, sie möge entschlossen auf den Herrn Jesus Christus vertrauen, diese werde bewirken, daß sie ganz leicht die Marter, womit der Statthalter sie schrecken wolle, ertrage. Dann betete Timotheus: „Du aber, o Gott aller Gnade, bist den drei Jünglingen im Feuerofen zu Hilfe gekommen, und hast den Daniel nicht nur in der Löwengrube beschützt, sondern dem einen Propheten auch noch durch den andern Propheten (Habakuk) Speise gereicht. Blicke nun herab auf deine Dienerin Maura; der du uns zur Ehe verbunden hast, trenne uns jetzt nicht in diesem Kampf von der heiligsten Schar deiner Märtyrer, sondern verleihe uns, ich bitte dich, daß wir mit Geduld das Leiden und selbst den Tod um deinetwillen aushalten, damit der Widersacher beschämt werde, wenn er uns nicht von der Eintracht abbringen kann, welche wir haben in unserem Herrn Jesus Christus!“

Auf dieses Gebet stand Maura vom heiligen Geist erfaßt auf, ging zum Statthalter und erklärte ihm mit aller Entschiedenheit, daß sie nun auch durch keine Versprechungen sich mehr vom Heiland abwendig machen werde lassen. Da alles weitere Zureden von Seite des Statthalters ganz vergeblich war, so befahl dieser in seinem Zorn ihr die Haare vom Kopf zu reißen. Nachdem dieses geschehen war, sprach er: „Sieh`, dein Haar ist jetzt ausgerissen, erspare dir durch Nachgiebigkeit die übrigen vielen und schweren Martern, welche dir noch bestimmt sind.“ – Maura sprach: „Jetzt weiß ich, o Statthalter, daß Christus jene Sünde von mir genommen und verziehen hat, welche ich auf dein Zureden begangen habe; du hast nun selbst mir die Haare wegreißen lassen, welche ich geschmückt hatte, um meinen Ehegatten zum Abfall zu verleiten.“

Noch wütender geworden durch diese Antwort befahl der Statthalter, ihr alle Finger abzuschneiden und hinweg zu werfen. Hierauf erwiderte Maura: „Auch dafür danke ich dir, daß du mir die Finger abschneiden lassest, womit ich die Zierden der Eitelkeit mir zurecht gemacht habe. Dies war eine andere Sünde von mir, du aber bewirkst durch deinen Befehl, daß ich sie abbüße und Vergebung finde.“ – Voll Bewunderung sprach ein Umstehender: „Maura, stark und tapfer, wie iste es dir zu Mut, da du deine abgeschnittenen Finger ansiehst?“ Maura erwiderte: „Nicht viel anders, als wenn man im Garten das Kraut von den Wurzeln abschneidet.“

Der Statthalter ruhte aber noch nicht; wie vom Satan geblendet und gespornt, meinte er immer noch, er könne und müsse diese Christin zum Abfall bringen. Er sprach nun zu ihr: „Laß deine Hoffnung auf Christus fahren und opfere jetzt den Göttern.“ -Maura erwiderte: „Ich opfere nicht; mein herr wird mich schon schützen.“ – Der Statthalter sagte: „Wenn du nicht opferst, so werde ich dir feurige Kohlen in den Mund stecken lassen.“ – Maura erwiderte: „Als der Prophet Jesaias den Herrn auf seinem himmlischen Thron erblickte, und sich selbst anklagte, daß er ein Mann unreinen Mundes sei, flog zu ihm einer der Seraphim und berührte seinen Mund mit einer feurigen Kohle, und seine Sünde und Schuld war dadurch gesühnt. So magst du mir jetzt auch den Mund mit feurigen Kohlen füllen lassen, damit alle Sünden getilgt werden, welche ich durch die Zunge und die Lippen begangen habe.“

Es ist nicht erzählt, ob der Statthalter seine Drohung wirklich vollführte; aber er ließ ein Gefäß voll Schwefel und Pech bringen, um Maura damit brennen zu lassen. Diese Quälerei kam nun selbst dem zuschauenden Volk zu grausam vor; die Leute riefen: „Hör` einmal auf, stets neue Qualen auszusinnen, und gar gegen ein Mädchen!“ – Maura aber wandte sich zu den Zuschauern und sprach: „Bekümmert euch um eure Geschäfte; ich bedarf eurer Fürsprache nicht; denn Gott ist mein Helfer.“ – Da sich Maura auch durch die Flamme des brennenden Schwefels nicht abwendig machen ließ, so befahl nun der Statthalter, daß Maura mit ihrem Mann, eines dem andern gegenüber, gekreuzigt werde. Da nun beide auf den Richtplatz hinaus geführt wurden, lief die Mutter der hl. Maura auf sie zu, umfaßte sie und schrie: „Meine Tochter, willst du so deine Mutter verlassen? Was soll denn aus deinem Schmuck und deinem Gold und Silber und all` deinen Habseligkeiten werden, wenn du nicht mehr lebst?“ – Dem weltlich gesinnten Weib gab Maura die evangelische Antwort: „Das Gold, o Mutter, geht zu Grunde, und die Kleider verzehren die Motten, die Schönheit der Gestalt aber verwelkt mit dem Alter und der Zeit; hingegen die Krone Jesu Christi ist unverwelklich in Ewigkeit.“ Mit diesen Worten riß sie sich von der Mutter los und ging auf das Kreuz zu.

Hierauf wurden Beide gekreuzigt; da Beide mehrere Tage am Kreuz hingen, bis sie starben, so munterte Maura selbst noch ihren Mann auf zu Mut und Standhaftigkeit, wie er früher sie dazu aufgemuntert hatte. Beide starben an demselben Tag. –
aus: Alban Stolz, Legende oder der christliche Sternhimmel, Bd. 2 April bis Juni, 1872, S.160 – S. 163

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