Freiheit und Knechtschaft
Papst Silvester II. (regierte von 999 bis 1003)
Erster französischer Papst
Sein Wirken vor der Papstwahl
Sein ursprünglicher Name ist Gerbert. Er war in der Auvergne (Frankreich) von armen Eltern geboren. Nach deren frühzeitigem Tod nahmen sich die Mönche des Geraldusklosters in Aurillac des verwaisten Knaben an und bildeten ihn in allen damals in den Klöstern gelehrten Wissenschaften aus. Der lebhafte Knabe tat sich ebenso sehr durch eine große Fassungsgabe, wie durch einen unstillbaren Wissensdurst hervor. Dieser Wissenstrieb brachte ihn nicht bloß mit den gelehrtesten Männern Frankreichs in Verbindung, sondern trieb ihn auch nach den Niederlanden, Italien und selbst nach Spanien zu den Mauren, die damals vorzüglich die Naturwissenschaften, Mathematik, Medizin und Philosophie betrieben.
Gerbert wurde als ein Wunder der Gelehrsamkeit damaliger Zeit gepriesen. Er verfasste in mehreren Wissenszweigen verschiedene Schriften und war der erste, der den arabischen Zahlen statt der lateinischen im christlichen Europa Eingang verschaffte. Wegen seiner stupenden Gelehrsamkeit stand er bei dem Volk im Verdacht eines Schwarzkünstlers und Zauberers.
Er leitete hierauf einige Zeit die Domschule von Reims; später ernannte ihn Otto II. zum Abt von Bobbio. Jedoch nach kurzer Zeit kehrte er wieder nach Reims zurück, wo er unter großem Zulauf von Schülern aus nah und fern die verschiedensten Wissenschaften lehrte. Der Erzbischof Adalberto bestimmte ihn zu seinem Nachfolger. Doch König Hugo brachte es dahin, dass Arnulf auf den erzbischöflichen Stuhl erhoben wurde. Da aber dieser wegen angeblicher Untreue gegen den König widerrechtlich abgesetzt wurde, fiel die Wahl zum Erzbischof auf Gerbert.
Der Papst entschied jedoch gegen ihn und mit Recht, da Hugo nicht das Recht hatte, einen Bischof abzusetzen, selbst wenn dieser gefehlt hätte. Dieses Recht steht keinem König, sondern nur dem Papst zu. Es hatte daher der Papst eine doppelte Pflicht, so vorzugehen, einmal um die Autorität der Kirche zu wahren und dann, um den Bischof ins einem Recht zu schützen. Dieser Entscheid brachte Gerbert mit Rom in Konflikt.
Sein Benehmen war in der Angelegenheit nicht einwandfrei. Der Ehrgeiz und die Einbildung, dass ihm unrecht geschehen sei, brachten ihn in eine schiefe Stellung zum Oberhaupt der Kirche. Das Erzbistum Reims blieb ihm versagt, dafür aber entschädigte ihn Gregorius V. dadurch, dass er ihn zum Erzbischof von Ravenna ernannte. In dieser Eigenschaft versammelte er seine Suffragan-Bischöfe zu einer Synode, auf welcher er durch strenge Verordnungen den Klerus zu reformieren bemüht war.
Nach dem Tode Gregorius V. wurde er auf Wunsch des Kaisers Otto III., an dessen Hof er auch einige Zeit geweilt hatte, als der erste Franzose zum Papst gewählt und nahm den Namen Silvester an. –
aus: Andreas Hamerle C.Ss.R., Geschichte der Päpste, II. Band, 1907, S. 318 – S. 319
Warum der Papstname Silvester II.
Nach dem Tode Papst Gregors V. wurde nun der Kardinalpriester Gerbert, vom Kaiser bestens empfohlen, am 2. April des Jahres 999 als erster französischer Papst zum obersten Hirten der Christenheit erwählt.
Wahrscheinlich fand er eine Ähnlichkeit zwischen seiner Zeit und jener, in der der heilige Silvester I. regierte. Dieser hatte in Konstantin einen treuen Freund auf dem weltlichen Thron. Silvester II. hatte einen solchen in seinem Schüler König Otto III. Der erste Papst dieses Namens führte die Kirche aus dem Dunkel der Katakomben auf die öffentliche Weltbühne, Silvester II. aber sah sich berufen, die Kirche aus den Fesseln zu erlösen, in welche die Zeitverhältnisse sie gebracht hatten.
Kaiser und Papst trugen sich mit weltumfassenden Plänen. Rom sollte die Hauptstadt der Welt werden, das ganze Abendland unter kirchlicher und kaiserlicher Oberhoheit stehen, um sich dann mit aller Kraft gegen die Mohammedaner zu wenden. Aber alle diese hohen Pläne wurden mit dem Tode der beiden Männer zu Grabe getragen.
Silvester ist auch darin seinem Vorgänger dieses Namens ähnlich geworden, dass er unter allen Päpsten zuerst den Gedanken angeregt hat, Jerusalem aus der Macht der Türken zu befreien, wohin es unter Papst Theodorus I. durch die Saumseligkeit der griechischen Kaiser gekommen war. Das ganze Morgenland seufzte noch immer unter dem Druck der Türkenherrschaft. Die den Christen so teuren Stätten Palästinas, das Ziel zahlreicher Wallfahrer, litten unter einer empörenden Entweihung der Ungläubigen, welche die frommen Pilger und einheimischen Christen oft grausam behandelten. Erschüttert durch dieses Unglück wandte sich Papst Silvester an den Kaiser und alle christlichen Fürsten in einem im Jahr 1000 erlassenen feierlichen Aufruf zur Befreiung des heiligen Landes.
Seine Worte fanden begeisterten Widerhall in den Herzen der Abendländer. Aus Pisa gingen bald darauf Schiffe nach dem Morgenland ab; allein es war der von der göttlichen Vorsehung bestimmte Tag zur Befreiung des heiligen Landes noch nicht angebrochen. Es sollte noch fast ein Jahrhundert vergehen, bis das in feindliche Lager geteilte Abendland zu gemeinsamer Tat sich vereinigte, dessen Frucht die Kreuzzüge wurden.
Die Bekehrung der Ungarn
Glücklicher war der Papst in der Bekehrung der Ungarn zum Christentum. Der dortige Fürst Stephan II. der Heilige, der mit Gisela, der Schwester Kaiser Heinrichs II. vermählt war, unterstützte den Papst in der kräftigsten Weise. Dafür verlieh ihm der heilige Vater durch ein Schreiben vom 27. März des Jahres 1000 die Königskrone und errichtete im gleichen Jahr in Ungarn das Erzbistum Gran, dem zehn andere Bistümer untergeordnet wurden. Der König selbst baute fünf Benediktiner-Klöster, ließ Geistliche aus Deutschland und Böhmen in sein Land kommen, Kirchen errichten und sorgte für pünktliche Erhebung der kirchlichen Abgaben.
Um den Neubekehrten die Verbindung mit der übrigen christlichen Welt zu erleichtern und große Wallfahrten zu fördern, stiftete der heilige König klösterliche Hospize für Ungarn zu Jerusalem, Rom, Ravenna und Konstantinopel. Auch ordnete er eine Gesandtschaft an den Papst ab, um ihm seine Ehrfurcht zu bezeugen und die Bestätigung seiner kirchlichen Einrichtungen zu erlangen. Papst Silvester zeichnete den eifrigen Fürsten mit dem Ehrentitel eines apostolischen Königs aus und schickte ihm ein goldenes Kreuz und seine sehr kostbare Krone (Die Krone des heiligen Stephan). –
aus: Chrysostomus Stangl, kath. Weltpriester, Die Statthalter Jesu Christi auf Erden, 1907, S. 370 – S. 372
Reformatorische Tätigkeiten
Als Papst entfaltete er eine eifrige reformatorische Tätigkeit, wie er sie schon als Erzbischof begonnen hatte. Namentlich trat er gegen die Simone und den unordentlichen Wandel der Priester energisch auf, so dass er ein treuer Nachfolger seines Vorgängers, wie auch ein würdiger Vorläufer Gregorius VII. geworden ist. Den früheren Fehler machte er dadurch gut, dass er seinen Rivalen um das Erzbistum Reims in dieser Würde bestätigte und ihm Ring und Stab schickte.
Den König Robert brachte er endlich dahin, dass er die sündhafte Verbindung aufgab und sich von Bertha trennte. (Hamerle, S. 319)
Zwei denkwürdige Einrichtungen rief Papst Silvester ins Leben. Er bestimmte den Tag nach Allerheiligen zum Gedächtnistag für die armen Seelen, um so die triumphierende und leidende Kirche in Erinnerung der Christen zu vereinigen. Ferner kündigte er im Jahr 1000 ein großes Jubiläum und verleih dazu reiche Ablässe.
Wie mehrere seiner Vorgänger, erfuhr auch Papst Silvester die Übergriffe der Grafen von Tuskulum und den Wankelmut der Römer, welche sich gegen den Kaiser empörten, während er in Rom weilte. Ende Oktober des Jahres 1000 kam nämlich Otto III. nach Rom und wohnte dort einer vom Papst im Februar 1001 gehaltenen Kirchenversammlung bei. Bald mussten jedoch der Papst und der Kaiser die aufrührerische Stadt verlassen (1), konnten aber noch eine zweite Kirchenversammlung in Todi bei Spoleto im Dezember desselben Jahres veranstalten.
Zwar wurde dadurch die Empörung gedämpft, allein der bitterste Schlag traf den Papst am 23. Januar des Jahres 1002. Ein unerwarteter Tod entriss ihm den Schüler, den Freund, die Stütze des Alters, Kaiser Otto III., in einem Alter von kaum zweiundzwanzig Jahren.
(1) Otto III. kam selbst dabei in äußerste Lebensgefahr und musste mit dem Papst fliehen. Ehe er aber an dem treulosen Volk Rache nehmen konnte, rief ihn der Tod im 22. Jahr seines Lebens ab.
Papst Silvester folgte ihm am 12. Mai des nächsten Jahres in die Ewigkeit nach, worauf der päpstliche Stuhl abermals in Abhängigkeit der römischen Adelsparteien geriet.
Mit diesen beiden großen Männern sank auch die schöne Hoffnung ins Grab, die heiligen Stätten im Gelobten Land bald aus der Gewalt der Ungläubigen befreit zu sehen. Seine irdische Ruhestätte fand der Papst in der Kirche des Lateran, wo ihm sein dritter Nachfolger Sergius IV. eine herrliche Grabschrift verfasste. (Stangl, S. 372)
Zu seiner wissenschaftlichen Tätigkeit siehe: Wikipedia Stichwort Silvester II.
Bildquellen
- Silvester_II._papa: wikimedia