Unterricht von der christlichen Hoffnung

Über die christlichen Hoffnung

„Ich gebe mein Leben für meine Schafe.“ (Joh. 10,15)

Was ist die christliche Hoffnung?

Sie ist das vertrauensvolle Verlangen, zu der ewigen Seligkeit zu gelangen durch die von Gott gegebenen Mittel.

Worin besteht die ewige Seligkeit?

In der klaren Anschauung Gottes, in welcher die Seele alles vollkommen erkennt, Gott vollkommen liebt und mit einer Freude erfüllt wird, die man sich hienieden nicht vorstellen kann, deren Vorgeschmack jedoch der Gute schon hier oft verkostet.

Welches sind die zur Erlangung der ewigen Seligkeit notwendigen Mittel?

Es sind die heiligen Sakramente und das Gebet, wodurch wir die uns notwendige heiligmachende und wirksame Gnade Gottes erlangen. Mit dieser Gnade müssen wir eifrig mitwirken, d. h. die Gebote halten; denn obschon Gott uns erschaffen hat ohne uns, so will Er uns doch nicht selig machen ohne uns, d. h. ohne unsere Mitwirkung. (Hl. Augustinus) Nur der treue und fleißige Knecht, der sein Talent angewendet hat, wird in die Freude des Herrn eingehen. Zur Seligkeit verhelfen uns auch alle natürlichen und übernatürlichen Gaben und Gnaden Gottes, wenn wir sie recht anwenden.

Wie muss die christliche Hoffnung beschaffen sein?

Sie muss 1) wohl geordnet sein, d. h. so, daß unser Verlangen zuerst auf das Endziel, die ewige Seligkeit geht, und dann auf die Mittel hierzu, und zwar zuerst wieder auf die notwendigen geistigen (die geistigen Güter) und dann erst auf die möglicherweise nützlichen Mittel (die zeitlichen Güter); 2) wirksam sein, d. h. so, daß das Verlangen nach der Seligkeit auch unsern Willen bewegt, die von Gott gestellten Bedingungen zu erfüllen.

Was soll uns zur christlichen Hoffnung bewegen?

1) Die Güte und Barmherzigkeit Gottes, der uns von Ewigkeit her geliebt hat, weit mehr als eine Mutter ihr Kind lieben kann, der uns sogar seinen eingeborenen Sohn geschenkt hat, damit wir durch dessen Tod das Leben erhalten. Sollte wohl dieser so erbarmungsvolle Gott, der sogar seines Sohnes um unseretwillen nicht geschont hat, den Himmel und die Mittel, dahin zu gelangen, uns versagen?

2) Die Treue Gottes in seinen Verheißungen. Er hat uns die Seligkeit versprochen und oft und deutlich erklärt, daß Er alle Menschen selig machen wolle. Gott ist aber nicht wie die Menschen, die heute ja, morgen nein sagen, sondern die ewige und unveränderliche Wahrheit und Treue selbst. Sollten wir also die Seligkeit nicht sicher hoffen dürfen?

3) Die Allmacht Gottes, vermöge welcher Er an der Ausführung seines Vorhabens von niemand gehindert werden kann. Denn wenn wir auf einen reichen, mächtigen Mann hoffen, der uns seine Hilfe zusagt, um wie viel mehr müssen wir auf Gott, der alles vermag und von niemand gehindert werden kann, unsere Hoffnung setzen?

Wie versündigt man sich gegen die christliche Hoffnung?

1) Durch ungeordnetes Verlangen nach dem Irdischen und durch Sorglosigkeit in Bezug auf das ewige Ziel; 2) durch Zaghaftigkeit und gänzliche Verzweiflung; 3) Durch Versuchung Gottes und Vermessenheit, d. h. wenn man von Gott unmögliche Dinge erwartet oder gar vermessentlich auf Gottes Barmherzigkeit sündigt.

Wann soll man die christliche Hoffnung erwecken?

1) Sobald man die Vernunftjahre erreicht hat und gehörig unterrichtet ist; 2) vor dem Empfang der heiligen Sakramente; 3) zur Zeit der Trübsal, schwerer Anfechtungen wider die Hoffnung und in der Stunde des Todes; 4) auch sonst öfters im Leben. Wäre es nicht pflichtvergessen, wenn wir, Bürger des Himmels, nie an den Himmel dächten?

Gebet.
Mit herzlicher Danksagung loben und preisen wir deinen heiligen Namen, o Du guter und getreuer Hirte Jesus Christus! Daß Du ohne unser Verdienst uns zu deinen Schäflein angenommen, durch deinen Tod aus der Gewalt des höllischen Feindes errettet und wieder in deinen Schafstall gebracht hast. Erhalte uns gnädig in demselben und führe auch alle noch Irrenden dorthin. Sende uns eifrige getreue Seelsorger, welche uns mit gutem Beispiel voran gehen und mit reiner, unverfälschter Lehre uns weiden, bis wir mit deiner Gnade zu der ewigen Weide im Himmel gelangen mögen. Amen. –
in: Leonhard Goffine, Ord. Praem.; Unterrichts- und Erbauungsbuch oder Katholische Handpostille, 1885, S. 276 – S. 277

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