Das Zeitalter der Revolutionen
Das Pontifikat von Papst Pius VIII. (regierte von 1829-1830)
Er stammt aus einer adeligen Familie der Stadt Cingoli im Bezirk Ancona, wurde am 20. November des Jahres 1761 geboren und erhielt in der heiligen Taufe den Namen Franz. In Rom studierte er kirchliches Recht. Im Jahre 1800 wurde er durch Papst Pius VII. zum Bischof von Montalto geweiht. Während Napoleon in Italien herrschte, und Papst Pius VII. im Gefängnis schmachtete, aß auch der Bischof von Montalto das Brot der Verbannung zu Mailand und dann zu Mantua. Nach der Rückkehr des Papstes Pius VII. kam der verbannte Bischof ebenfalls nach Rom; dort prophezeite ihm der heilige Vater seine Erhebung auf den Heiligen Stuhl. Er war der Liebling des Papstes Pius VII., der ihn auch zum Kardinalbischof von Frascati ernannte. Hier zeigte Bischof Franz besonders großes Wissen, innige Frömmigkeit und tiefe Demut. Seine Erhebung auf den Stuhl des heiligen Petrus erfolgte am 31. März des Jahres 1829. Als Papst zeichnete sich Pius besonders durch eine große Gewissenhaftigkeit aus. Um die kirchlichen Vorschriften nicht zu verletzen, die den Päpsten verbieten, ihre Verwandten zu begünstigen und auszuzeichnen, ließ er nicht ein Glied seiner Familie nach Rom kommen. Am Tage der Wahl schrieb er an seine Neffen einen Brief, in dem er ihnen anzeigte, daß ihn die göttliche Vorsehung auf den Heiligen Stuhl erhoben habe. Er klagte über die große Verantwortung eines Papstes und bat sie dringend um ihr Gebet. Dann empfahl er ihnen, nicht stolz und hochmütig zu sein, weil einer aus der Familie den Heiligen Stuhl bestiegen habe, und schloß den Brief mit den Worten: „Keiner von euch darf sich von seinem Posten entfernen.“ Ja, sogar auf seinem Sterbelager ließ er die Verwandten nicht vor sich kommen, sondern sprach: „Der Papst hat keine Blutsverwandten!“
Gegen die gemischten Ehen erließ der heilige Vater im Jahre 1830 ein Schreiben, in dem er erklärte: „Die Ehen zwischen Katholiken und Andersgläubigen sind gültig aber unerlaubt, weil sie eine große Gefahr für den katholischen Glauben bringen.“ (*) Die ganze Regierung dieses Papstes dauerte aber nur zwanzig Monate, ist jedoch reich an wichtigen Ereignissen. In Deutschland, Frankreich und in Italien machten die Freimaurer die äußersten Anstrengungen, um die Regierungen zu stürzen. In Irland und Belgien erkämpften aber die mutigen Katholiken glänzende Siege, so daß die Unterdrückungen des heiligen Glaubens dort rasch abnahmen. Es wurden bessere Gesetze gegeben, die es wieder möglich machten, den wahren Glauben öffentlich zu bekennen und darnach zu leben. Den Kaiser von Brasilien in Südamerika bewog der heilige Vater zur Unterdrückung des Sklavenhandels und sorgte allenthalben für die Verbesserung der Lage der Christenheit. In Paris kam im Jahre 1830 die Julirevolution und die Thronbesteigung Louis Philipps von Orleans. Papst Pius erkannte die neue Regierung an und bewirkte dadurch den Frieden in Frankreich. Dennoch mussten sich die Katholiken in Paris schwere Kränkungen gefallen lassen. Während eines Leichengottesdienstes drang eine von Fastnachts-Vergnügungen zurück kehrende Volksmenge in eine Kirche ein, warf die Kreuze um und plünderte die Kirche. Tags darauf wurde sogar der Palast des Erzbischofs erbrochen.
Der heilige Vater erkannte auch recht wohl den schlimmen Einfluß der Freimaurerei besonders für die heranwachsende Jugend und sah darin die Vorboten schwerer Stürme. Schon zogen sich die Gewitterwolken um Rom zusammen; denn die Feinde der Kirche und des Staates wollten zunächst Rom verderben, weil sie mit Recht erkannten, daß die Päpste die ersten Verteidiger der Ordnung sind. (**) Den Ausbruch des Sturmes erlebte aber der heilige Vater nicht mehr; denn seine Gesundheit brach rasch zusammen. Er verlangte noch die heiligen Sterbesakramente und starb am 30. November des Jahres 1830, in einer Zeit, in der die Umsturzpartei in Italien sich aufs neue erhob. „Die schlimmsten Tage der Revolution“, schreibt Chantrel, „schienen für Europa angebrochen zu sein, als Papst Pius gestorben war. In Frankreich gärte es, eine Empörung löste die andere ab. Es erhoben sich Irrlehren, welche auf die Zerstörung der menschlichen Gesellschaft hinarbeiteten. Deutschland, Polen, Belgien und Spanien waren in Aufregung; in Italien verbreitete sich die Revolution von Bologna aus in den Kirchenstaat und bis an die Tore Roms.“ So sah es aus, als am 14. Dezember des Jahres 1830 die Papstwahl begann. Am 2. Februar des folgenden Jahres erklärte der Kardinal Albani der versammelten Volksmenge die erfolgte Wahl mit den Worten: „Ich verkündige euch eine große Freude. Wir haben zum Papst erwählt Seine Eminenz, den Kardinal Bartholomäus Albert Capellari der den Namen Gregor XVI. angenommen hat.“ –
aus: Chrysostomus Stangl, kath. Weltpriester, Die Statthalter Jesu Christi auf Erden, 1907, S. 718 – S. 720
(*) In Bezug auf die gemischten Ehen erklärte Pius, … daß nur da, wo die katholische Erziehung aller Kinder verbürgt werde, die kirchliche Einsegung der Ehe gestattet werden solle, sonst aber der Pfarrer nur die passive Assistenz leisten dürfe. Ungeachtet diese Entgegenkommens hielt die preußische Regierung das Breve zurück und traf mit den Bischöfen ein anderes Abkommen. (siehe den Beitrag: Kölner Wirren)
(**) In Rom selbst wurde eine geheime Verschwörung entdeckt und 26 Teilnehmer verhaftet. Mehrere wurden zu Gefängnisstrafen, der Großmeister, das Haupt der Verschwörung, zum Tode verurteilt; aber Pius wandelte seine Strafe um und schenkte ihm das Leben. –
aus: Andreas Hamerle C.Ss.R., Geschichte der Päpste, III. Band, 1907, S. 612