Papst Clemens V. (regierte von 1305-1314)

Der Papst trägt das Kreuz Christi, von Christus glorreich empfangen; es zeigt das Leiden der Päpste und zugleich der Kirche

Die Päpste in Avignon

Das Pontifikat von Clemens V. (regierte von 1305 – 1314)

Nachdem wir im allgemeinen über die Verhältnisse im kommenden Zeitraum berichtet haben (siehe den Beitrag: Die Päpste in Avignon), wollen wir die in der Zeit regierenden Päpste kennen lernen. Der erste hieß: Clemens V. und war vor seiner Erwählung zum Papst zuerst Kanonikus in Bordeaux in Frankreich, wurde dann im Jahre 1295 Bischof von Cominges und im Jahre 1299 Erzbischof von Bordeaux. Als Papst Bonifaz VIII. in Rom eine Kirchenversammlung hielt, war Clemens in Soldatenkleidung nach Rom gekommen, weil es ihm infolge des Verbotes des französischen Königs unmöglich gewesen wäre, in den bischöflichen Kleidern zu reisen. Dadurch hatte er einen schönen Beweis seines Gehorsams für den Heiligen Stuhl gegeben.

Die Wahl von Clemens V. und Sitz in Avignon

Die französischen und italienischen Kardinäle, welche sich nicht einigen konnten, schlossen, um endlich der Kirche einen Papst zu geben, einen Vertrag, daß die Italiener drei Franzosen vorschlagen und die Franzosen aus diesen den Papst wählen sollten. So bestieg am 5. Juni des Jahres 1305 der Erzbischof von Bordeaux den heiligen Stuhl, der fast elf Monate lang erledigt gewesen war. Clemens stammte aus der sehr angesehenen Familie de Goth aus Billandreau in Südfrankreich und war um das Jahr 1264 geboren.

Von Perugia, wo die Wahl stattgefunden hatte, ging sogleich eine Gesandtschaft ab, um dem Erzbischof seine Erhebung anzuzeigen. Derselbe befand sich eben auf einer Reise, um die Pfarreien seiner Diözese zu visitieren. Die Gesandtschaft überreichte einen Brief von den Kardinälen, der folgende Worte enthielt: „Wir bitten, heiliger Vater, dich auf den päpstlichen Sitz zu begeben. Das Schifflein des heiligen Petrus wird vom Sturm gepeitscht und das Netz des Fischers zerreißt. Die Schönheit des Friedens ist unter den Wolken des Sturmes verschwunden. Das Eigentum der Kirche verwüstet der Krieg. Komme daher, heiliger Vater, und hilf deiner Herde!“ Diese Bitten der Kardinäle blieben aber ohne Erfolg. Papst Clemens ging nicht nach Rom. Darum wurde er am 14. November des Jahres 1305 in der Justuskirche zu Lyon gekrönt und schlug seine Residenz in der Stadt Avignon auf.

Bei dem Umzug durch die Stadt stürzte eine alte Mauer ein, wobei mehrere hoch gestellte Persönlichkeiten, unter ihnen auch der Bruder des Papstes tödlich verwundet wurden. Dem Papst selbst entfiel die päpstliche Krone, aus der ein kostbarer Edelstein verloren ging. Freilich war das nicht der einzige Edelstein, welcher in dieser Zeit der päpstlichen Krone ausgebrochen wurde.

Die Forderungen Philipp des Schönen an Clemens V.

Um Clemens ganz in seine Gewalt zu bekommen, schmeichelte der König Frankreichs dem neuen Papst auf jede Weise. Schon nach Beendigung der Krönungs-Feierlichkeiten verlangte Philipp von ihm die Verdammung des Papstes Bonifaz und bald auch die Ausrottung des Ordens der Templer, dessen reiche Besitzungen in Frankreich die Habsucht des Königs reizten.

Papst Clemens suchte Zeit zu gewinnen und den König einstweilen in anderer Weise zu befriedigen. Er ernannte unter zehn Kardinälen neun Franzosen, gab sogar den beiden abgesetzten Kardinälen aus dem Haus der Colonna ihre Plätze unter den Kardinälen wieder zurück, bewilligte dem König auf fünf Jahre einen Kirchenzehnten und legte die Schreiben des Papstes Bonifaz noch milder aus, als dieser selbst es schon getan hatte, nur um sich dem französischen Hof gefällig zu erweisen.

Damit war die Beschwerde des Königs Philipp über den Papst Bonifaz beseitigt, oder besser gesagt das Schreiben dieses Papstes von dem falschen Sinn gereinigt, den der boshafte König hinein getragen hatte.

Auch dem Bruder des Königs, Karl von Valois, erwies sich der Papst wohlwollend, indem er ihn mit Geld unterstützte, um Konstantinopel in seine Gewalt zu bekommen. Dieses Unternehmen lag dem Papst sehr am Herzen; denn er hoffte, von Konstantinopel aus Palästina wieder für die Christenheit gewinnen zu können, ein Ziel, das er unablässig mit allem Eifer, aber ohne Glück verfolgte.

Unruhen im Kirchenstaat

Die Regierung des Kirchenstaates übertrug der Papst drei Kardinälen. Aber die Unruhen hörten deshalb in Italien nicht auf. Es bekämpften sich die Adelsparteien und Bürger so daß auch die Geldsendungen aus Rom nach Avignon aufhörten. Deshalb musste der Papst Unterstützung von der französischen Geistlichkeit erbitten, was allgemeine Unzufriedenheit hervor rief.

Eine längere Krankheit des heiligen Vaters verzögerte ein neues Zusammentreffen mit dem König, der mit den ihm gegebenen Zugeständnissen noch keineswegs zufrieden war. Endlich fand eine Zusammenkunft in Poitiers im Mai des Jahres 1307 statt. Der König wiederholte hier seinen Antrag auf Einleitung eines Prozesses gegen Bonifaz VIII. Nur mit Mühe erlangte Papst Clemens das Zugeständnis, daß diese Angelegenheit ihm überlassen bleiben solle. Dennoch kam Philipp noch öfters und dringender auf seinen Antrag zurück. Der Papst erhielt erst dann etwas freie Hand, als er in andern Fragen, besonders in Verurteilung der Templer, dem König nachgab.

Klagen über den Templerorden und seine Zerschlagung

Über den Orden der Templer, der nach der Eroberung von Jerusalem durch die Kreuzfahrer gegründet wurde, waren nämlich schon seit langer Zeit von verschiedenen Seiten Klagen laut geworden. Nach dem Verlust des heiligen Landes gingen viele Ritter dieses Ordens nach Zypern, mehrere auf ihre reichen Besitzungen im Abendland, wo sie sich große Freiheiten erlaubten. Schon unter Papst Innozenz III. war über ihre ungerechtfertigten Prahlereien, über Missachtung der bischöflichen Rechte, über Hoffart und Habsucht und besonders über Zwietracht mit den Johannitern geklagt worden. Daher hatte Papst Nikolaus IV. daran gedacht, den Templerorden aufzuheben, und die Mitglieder desselben zu veranlassen, in den Orden der Johanniter einzutreten und damit ihr Vermögen diesen Orden zuzuwenden. Auch mehrere Kirchenversammlungen hatten sich in diesem Sinn ausgesprochen. König Philipp von Frankreich wollte aber nur aus Gier nach den reichen Gütern des Ordens die Beseitigung der Templer. Dies geht daraus klar hervor, daß der König das Ende einer Untersuchung, die der Papst einleiten wollte, nicht abwartete, sondern schon am 12. Oktober des Jahres 1307 den Großmeister des Templerordens nebst 140 Brüdern unvermutet gefangen nahm und die Güter der übrigen Ritter in seinen Staaten einzog. Zu demselben ungerechten wie gewalttätigen Verfahren forderte er dann auch andere europäische Fürsten auf.

Papst Clemens klagte laut über diesen Gewaltstreich gegen die Mitglieder des Templerordens und gegen die Eingriffe in die Rechte der Kirche, verlangte die Auslieferung der gefangenen Ritter und erklärte alle Verfügungen des Königs für ungültig. Dieser ließ aber heimlich über angebliche Laster der Templer Schriften verbreiten und beschuldigte den Papst selbst der Parteilichkeit und Nachlässigkeit.

In der Untersuchung gestanden viele Ritter, durch Foltern gezwungen, die schwersten Verbrechen ein, baten um Verzeihung und erhielten sie. Aber der Orden wurde aus Rücksicht auf das allgemeine Wohl aufgehoben. –
aus: Chrysostomus Stangl, kath. Weltpriester, Die Statthalter Jesu Christi auf Erden, 1907, S. 537 – S. 540

Wie später die deutschen protestantischen Fürsten vom sechzehnten Jahrhundert an das Evangelium zum Deckmantel ihrer Habsucht benützten, so musste der Eifer für die Reinheit des Glaubens und der Sitten dem habsüchtigen Franzosenkönig als Vorwand dienen, u durch die Vernichtung des Templerordens seinen Geldhunger zu stillen. Auf das Drängen des Königs hin setzte der schwache Papst Kommissionen ein, veranstaltete selbst eine Untersuchung und ließ sogar in anderen Ländern Verhöre mit Templern anstellen. Die Nachforschungen in diesen Ländern ergaben fast ohne Ausnahme für die Verfolgten günstige Resultate. In Frankreich allerdings wurden einige Geständnisse erzielt, aber sie waren durch die Folter erpreßt und wurden hernach vielfach widerrufen. Einige gestanden wohl auch frei und ungezwungen, daß von einzelnen Ordensmitgliedern Abscheulichkeiten verübt worden seien. Aber aus all den Untersuchungen erhellt, daß wohl das eine und andere Ordensmitglied verderbt war, daß jedoch die Vergehen einzelner nicht dem Orden als solchem zur Last gelegt werden können… –
aus: P. Andreas Hamerle C.Ss.R., Geschichte der Päpste III. Band, 1907, S. 471

Über diesen Prozess mit den Templern war die Angelegenheit des Papstes Bonifaz VIII. in den Hintergrund getreten. Anfangs hatten die Gegner verlangt, Bonifaz sollte aus der Reihe der rechtmäßigen Päpste gestrichen werden. Das geschah nicht, da zudem mehrere Kardinäle seine volle Unschuld verteidigten.
Während dies in Frankreich vorging, hatte Papst Clemens für die Wahl eines neuen Königs der Deutschen gewirkt. Im November des Jahres 1308 wurde Graf Heinrich von Luxemburg zum deutschen König gewählt, der durch seine ritterliche Gesinnung das Volk so zu begeistern wußte, daß sein zu früh erfolgter Tod im August des Jahres 1313 allgemeine Trauer hervorrief.

Papst Clemens bemühte sich auch mit heiligem Eifer, die Kreuzzüge zu erneuern und Asien für das Christentum zu gewinnen. Auch war er ein großer Freund der Wissenschaft und selbst sehr gelehrt. In der Nacht vom 6. Mai des Jahres 1308 brannte die Laterankirche in Rom nieder. Eifrig legten die Römer Hand an zum Wiederaufbau, auch der Papst gab große Geldsummen dazu.

Im Oktober des Jahres 1311 eröffnete der heilige Vater die 15. allgemeine Kirchenversammlung zu Vienne in Frankreich. Dort wurde besonders über drei Punkte verhandelt: Über die Angelegenheit der Templer, die Sorge für das heilige Land und die Verbesserung der kirchlichen Verhältnisse. –
aus: Chrysostomus Stangl, kath. Weltpriester, Die Statthalter Jesu Christi auf Erden, 1907, S. 540

Der Obere des Templerordens Jakob Molay wird mit zwei weiteren Templern auf dem Scheiterhaufen verbrannt

Jakob von Molay auf dem Scheiterhaufen

Von diesen Gegenständen wurde nur der erste erledigt. Da die zur Prüfung der Templer-Angelegenheiten eingesetzte Kommission der Kardinäle erklärte, die beigebrachten Beweise genügten nicht nur rechtskräftigen Aufhebung des Ordens, so hob Clemens V. am 22. März 1312 den Orden im Verwaltungswege auf und bestimmte, daß seine Güter den Johannitern zufallen sollten. Philipp verstand es jedoch, dieselben an sich zu bringen, indem er allerhand Schuldforderungen vorbrachte. Über den Großmeister und einige Haupt-Würdenträger hatte sich der Papst das Urteil selbst vorbehalten. Er beauftragte eine Kommission, die Angelegenheit zu untersuchen und ihr Urteil abzugeben. Diese verurteilte den Großmeister Jakob von Molay und drei andere Würdenträger zu lebenslänglicher Haft. Allein Philipp ließ sie noch an demselben Abend, 11. März 1314, auf einer Insel der Seine verbrennen. Nach einer Sage soll auf dem Scheiterhaufen der Großmeister das Gericht Gottesangerufen und Papst und König innerhalb Jahresfrist vor dasselbe geladen haben: Anlass zu dieser Erzählung bot wohl der baldige Tod des Papstes, welcher in eine tödliche Krankheit verfiel und am 20. April desselben Jahres (1314) starb. Auch Philipp wurde noch im selben Jahr in die Ewigkeit abberufen. Es traf diesen Frevler an Papst und Kirche schon hienieden Gottes gerechte Strafe. Er schied, erst 46 Jahre alt, von hinnen.Sein Schatz wurde geplündert und seine zahlreiche Nachkommenschaft starb bald aus (1328). Es folgte in Frankreich das Haus Valois, eine Nebenlinie der Capetinger. (siehe den Beitrag: Warum die königliche Stammlinie Valois ausstarb) –
aus: P. Andreas Hamerle C.Ss.R., Geschichte der Päpste III. Band, 1907, S. 471-472

Nach einer fast neunjährigen Regierung starb Papst Clemens am 14. April des Jahres 1314 zu Rochemaure an der Rhone, wie man sagt, voll Reue über sein Verfahren gegen die Templer. Seine Leiche samt der Kirche, in der sie ausgestellt war, verbrannte fast gänzlich. König Philipp folgte ihm sehr bald, am 29. November, in das Grab nach. Fast allgemein ersah man darin ein Gottesgericht.
Nach dem Tode Clemens V. dauerte es zwei und ein Vierteljahr, bis ein neuer Papst gewählt wurde. Der Grund lag darin, daß die italienischen Kardinäle einen Papst verlangten, der nach Rom übersiedelte, während die Franzosen darauf bestanden, der künftige Papst müsse in Avignon bleiben. (Stangl, S. 540 – S. 541)

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