Lexikon für Theologie und Kirche
Stichwort: Jakob von Molay
Molay, Jacques de, letzter Großmeister des Templerordens, * um 1245 zu Molay in Burgund, im Orden seit 1265, im Orient erstmals erwähnt als Gegner der Friedenspolitik des Großmeisters Guill. De Beaujeu, 1284 und 1290 in Akko nachweisbar, wieder genannt beim Generalkapitel in Nikosia (Zypern). 1293 Templermeister in England, 1294 Großmeister. Im nächsten Jahrzehnt war Molay in Rom und Frankreich, besonders in Zypern tätig, wo das neue Zusammenleben der Johanniter und Templer Konflikte, auch mit dem König, hervor rief. Seine Aktion gegen die Sarazenen vor Tortosa mißlang infolge des Todes des Großchans. Molays Ordensreform-Versuche, von der Chronistik kritisiert, dürfen als solche zur Hebung der religiösen und militärischen Disziplin gedeutet werden. In einem Gutachten 1306 an Clemens V. sprach er sich energisch für ein passagium generale gegen den vom Papst bevorzugten Kleinkreuzzug und gegen die von Clemens gewünschte Union der beiden Orden aus. Frühjahr 1307 hielt er ein Ordenskapitel in Paris ab; im Sommer weilte er längere Zeit an der Kurie in Poitiers. Gegen die Gerüchte, die sich infolge der ungeheuerlichen Anschuldigungen des Ordensverräters Esquiu de Floyran verbreiteten, verlangte er eine Prüfung, die nicht in der von ihm gewünschten Form stattfand; dagegen wurden mit einem Schlag am 13.10.1307 alle französischen Templer, auch Molay, von König Philipp dem Schönen ins Gefängnis geworfen.
Schon am 24. Oktober verhört, gestand Molay den ersten Anklagepunkt (Bespeiung des Kreuzes) zu. Tags darauf teilte in seiner Gegenwart der Kanzler Nogaret dieses Geständnis einer großen Theologen-Versammlung mit. Im Anschluss daran wurde ein Schreiben Molays an die französischen Templer verlesen, das sie in virtute s. Obedientiae zum Geständnis auffordert, und ein zweites, worin er vom Papst die Gefangennahme aller andern Templer verlangt. Vor einer Kardinalskommission in Chinon August 1308 gesteht Molay wieder, bei einem Verhör 26.11.1309 regt er sich beim Verlesen seiner früheren Geständnisse zuerst sehr auf, will zum Papst, lehnt dann aber, gewarnt, die Verteidigung des Ordens ab. Bei dem endgültigen Urteil am 11.3.1314, das auf lebenslängliche Kerkerhaft lautet, widerruft er alle Geständnisse und erklärt laut die Unschuld des Ordens. Wenige Stunden darauf wurde der Siebzigjährige verbrannt. Die jetzt sicheren Daten seiner Geständnisse lassen Molays Persönlichkeit nicht leicht deuten. Aus seinen neuerdings bekannt gewordenen Briefen und seinen Aussagen ergibt sich, daß er ein starkes Herrscher-, aber auch Pflichtbewusstsein hatte, wohlwollend für Untergebene sorgte, rasch sich erregte und leicht verzagte. Wie weit die wohl vermutete Folter sein Vergalten beeinflußte, läßt sich nicht bestimmen; denn die Folterung wird in den gleichzeitigen Quellen behauptet und bestritten. Daß er neben Philipp dem Schönen die Hauptverantwortung an der Vernichtung des Ordens trägt, bleibt unbestreitbar. –
aus: Michael Buchberger, Lexikon für Theologie und Kirche, Bd. VII, 1935, Sp. 259 – Sp. 260
Zu denen, welche dem Tode verfielen, gehören der Großmeister Jacob von Molay und Gottfried von Charnay, Großpräzeptor der Normandie. Clemens V. behielt zu Vienne über sie und einige weitere Templer die Entscheidung sich selbst vor: er führte aber das Urteil nicht selbst aus, sondern überließ es, „da seine Zeit ganz durch andere Geschäfte in Anspruch genommen war“, auch wohl auf Drängen Philipps IV., am 22. Dezember 1313 einer aus drei Kardinälen und dem Erzbischof von Sens zusammen gesetzten Kommission, die er mit der erforderlichen Vollmacht ausstattete und zur Prüfung der früheren Verhöre und namentlich des zu Chinon vorgenommenen anwies. Die Kommission nahm diese Prüfung vielleicht gar nicht vor, oder wenn sie es tat, so fand sie die früheren Verhöre mit den in ihnen erfolgten Geständnissen ohne Weiteres als entscheidend; denn sie verlangte schließlich einfach ein Geständnis der Schuld, und dies in einer Weise, daß die Frage vor aller Welt und für alle Zukunft als gelöst gelten sollte. Am 11. März 1314 waren vor dem Portal der Kirche Notre-Dame in Paris zwei Tribünen für die päpstliche Kommission und zahlreiche Prälaten errichtet. Durch den Prévôt von Paris wurden Molay, Charney, Hugo vo Peraud, Visitator von Francien, und Gottfried von Groneville, Großpräzeptor von Poitou-Guienne, herbei geführt, und nachdem man ihnen die früheren Bekenntnisse laut vorgelesen, wurden sie zu lebenslänglicher Gefangenschaft verurteilt. Die Sache erschien den Kardinälen bereits als abgetan. Da erhob sich der Großmeister, erbat sich Stillschweigen und erklärte nach Villani (bei Muratori, Script XIII, 430), mit dessen Bericht die Darstellung in der Chronik von Cornelius Zantfliet (bei Martène et Durand, Ampliss. Collectio V, 159) im Wesentlichen übereinstimmt, daß die ihnen vorgeworfenen Häresien und Sünden nie wahr gewesen und die Ordnung ihres Hauses heilig, gerecht und katholisch sei, daß er aber selbst den Tod wohl verdiene und ihn im Frieden deswegen leiden wolle, weil er durch dir Furcht vor der Tortur und die Schmeichelworte des Papstes und des Königs von Frankreich sich habe bestimmen lassen, zu einem Teil (gegen den Orden) ein Geständnis abzulegen. (Havemann 291f. schmückte die Erklärung rhetorisch aus, und in dieser Fassung ging sie in die meisten späteren Darstellungen über…) Ähnliche Worte sprach nach dem Großmeister der Großpräzeptor der Normandie. Die Erklärungen kamen den Kommissären sehr ungelegen, und sie beschlossen, die Sache am andern Tag reiflich zu überlegen. Auf Befehl des Königs wurden aber jene beiden Templer noch am Abend desselben Tages verbrannt, und in den Flammen stehend beteuerten sie auf`s Neue die Unschuld des Ordens. Für ihre zwei Leidensgenossen blieb es bei der angekündigten Strafe ewigen Kerkers. –
Quelle: Wetzer und Welte`s Kirchenlexikon, Bd. 11, 1899, Sp. 1339 – Sp. 1340