Die guten Hirten auf dem Stuhl Petri
Der heilige Papst Julius I. (regierte von 337-352)
Konstantin hatte für die Kirche Christi viel getan, aber wie sie nicht selten mit einem Teil ihrer Freiheit und Unabhängigkeit die Wohltaten der Fürsten bezahlen mußte, so geschah es auch hier. Als Weltbeherrscher fühlte er sich verpflichtet, sich mehr als ihm zustand in die Angelegenheiten der Kirche einzumischen. Dahin wurde er hauptsächlich durch die Schmeicheleien und Umtriebe der Arianer gebracht, die durch den weltlichen Arm sich halten wollten und die, nachdem sie dem Sohn Gottes die Anbetung entzogen, vor den irdischen Machthabern krochen. Der Irrlehrer Arius wurde, da er sich der Lehrentscheidung des Konzils von Nizäa nicht unterwerfen wollte, verbannt. Seine Anhänger, die beim Hof und über Konstantin viel vermochten, namentlich die beiden arianisch gesinnten Bischöfe Eusebius von Cäsarea und Eusebius von Nikomedien, erwirkten ihm die Erlaubnis zur Rückkehr. Den tödlichen Haß der Arianer aber hatte Athanasius zu tragen. Als Diakon war er mit seinem Bischof Alexander auf dem Konzil von Nizäa der entschiedenste Gegner des Arius und der gelehrteste Verfechter des wahren Glaubens. Im Jahr 325 wurde er Patriarch von Alexandrien. Seine Gegner brachten durch ihre Verleumdungen es dahin, daß der allzu leicht gläubige Kaiser gegen ihn eingenommen wurde und ihn nach Trier in die Verbannung schickte. Die Anhänger des Arius hatten gesiegt. Im Jahr 336 wollten die Arianer diesen Erzketzer im Triumph in die Hauptkirche von Konstantinopel einführen. Er hatte vorher vor dem Kaiser geschworen, daß er rechtgläubig sei. Konstantin entließ ihn mit den Worten: „Ist dein Glaube der rechte, so hast du gut geschworen, ist er aber gottlos, so soll dich Gott wegen dieses Schwures richten.“ Das Gottesgericht ließ nicht lange auf sich warten. Als Arius eben mit großem Gefolge durch die Stadt zog und in die Nähe des Marktplatzes kam, fühlte er sich genötigt, abseits zu gehen. Als man wegen seines längeren Verbleibens beunruhigt nach ihm sah, fand man ihn als Leiche, sein Leib war geborsten und die Eingeweide ausgeschüttet. Nicht lange nachher starb Konstantin I. der Große. Auf dem Sterbebett erst wurde er von Eusebius von Nikomedien getauft. Seinen Ruhm hatte der große Kaiser leider durch die Grausamkeit, mit der seinen Sohn aus erster Ehe, Crispus, auf die Verleumdung seiner zweiten Gemahlin, Fausta, hinrichten ließ, bemakelt. Als die Falschheit der Anklage entdeckt wurde, büßte auch die Verleumderin ihre Bosheit mit dem Tode. Sein Andenken trübte der sonst christlich gesinnte Kaiser ferner durch sein unberechtigtes Eingreifen in rein kirchliche Angelegenheiten und seine gesetzwidrige Behandlung rechtgläubiger Bischöfe.
Während diese Vorgänge sich im Orient abspielten, hatte Julius den päpstlichen Stuhl bestiegen. Er war Römer von Geburt und ein eifriger Verfechter der christlichen Wahrheit, der Rechte des Apostolischen Stuhles und der glaubenstreuen Bischöfe dem Ansturm der Arianer gegenüber. Nach dem Tode Konstantin des Großen 337 wurde zwar Athanasius zurück berufen, blieb aber dessen ungeachtet der Gegenstand der bittersten Verfolgungen. Bei den Söhnen Konstantins, die nun das Reich beherrschten, konnten seine Gegner noch viel verwegener auftreten. Er wurde von einer Versammlung arianischer Bischöfe seines Amtes entsetzt und beim Papst Julius verschiedener Verbrechen angeklagt. Papst Julius rief die streitenden Parteien vor eine Synode nach Rom. Athanasius und mehrere rechtgläubige Bischöfe erschienen, während ihre Gegner, ein ungünstiges Urteil mit Grund befürchtend, gegen das päpstliche Gericht protestierten, obschon sie früher sich an den Papst mit der Klage gewendet hatten. Julius hielt 341 dennoch die Synode in dieser Angelegenheit ab, die Athanasius frei sprach. Der Papst sandte den Anklägern ein ernstes und würdevolles Schreiben, in welchem er ihre Streitsucht, ihre Verletzung der nicänischen Beschlüsse und ihre Verfolgungswut gegen pflichttreue Bischöfe scharf tadelte. Im Bewußtsein seiner Autorität als Petri Nachfolger erklärte er: „Selbst wenn die angeklagten Bischöfe schuldig wären, wisset ihr denn nicht, daß vor gewaltsamer Absetzung nach alter Gewohnheit zuerst an uns geschrieben werden mußte, damit von (Rom) hier der Gerechtigkeit gemäß entschieden würde?“ Auch das Konzil von Sardica (343), welches auf Verlangen des Papstes zusammen berufen wurde und auf welchem Bischof Hosius wieder mit zwei römischen Priestern im Namen des Papstes den Vorsitz führte, bestätigte die Entscheidung von Nicäa, erklärte die Appellation der Bischöfe von den Entscheidungen eines Provinzial-Konzils an den Heiligen Stuhl als geltendes Recht und betonte die Notwendigkeit, daß Berichterstattungen „aus allen Provinzen seitens der Bischöfe bei dem Haupt, das heißt bei Petri Sitz, einzulaufen hätten.“ Als 346 Athanasius endlich zu seiner Herde zurück kehren konnte, gab ihm der Papst als Geleitbrief ein schönes Glückwunsch-Schreiben an die Alexandriner mit.
Julius erlebte auch noch die Freude, daß mehrere arianische Bischöfe wieder in die Kirche zurück kehrten. Sie bezeigten dem Papst für die gütige Aufnahme, die sie gefunden, ihre Dankbarkeit, da er, wie sie sagten, „mit seiner bewährten Güte und Milde sich bereit erklärt hatte, ihre Verirrung zu verzeihen.“ Bis zu seinem Tode verwaltete der Papst sein Oberhirten-Amt mit solchem Eifer, daß Stolberg mit Recht schreiben konnte: „Julius hat das Schifflein der Kirche gesteuert in stürmischer Zeit mit erleuchteter Weisheit und kräftiger Festigkeit, mit apostolischem Eifer und sanftem evangelischem Sinn. Sein Andenken wird der Kirche heilig sein, so lange sie besteht, das heißt, bis ans Ende der Tage.“ –
aus: Andreas Hamerle C.Ss.R., Geschichte der Päpste, I. Band, 1907, S. 141 -S. 143