Morgenrot einer neuen Zeit Papst Silvester I.

Der Papst trägt das Kreuz Christi, von Christus glorreich empfangen; es zeigt das Leiden der Päpste und zugleich der Kirche

 Der gute Hirte auf dem Stuhl Petri

Zeichnung des Papstes Silvester, er ist abgebildet mit Bart, mit päpstlicher Kleidung damaliger Zeit , er trägt ein dreifaches Kreuz in der rechten Hand

Morgenrot einer neuen Zeit: Papst Silvester I.

(regierte von 314-335)

Das Morgenrot einer freudigeren Zeit brach an, als Papst Miltiades sanft im Herrn entschlafen war. Er war der letzte jener heldenmäßigen Päpste, die noch in den Katakomben der Wut der Feinde getrotzt hatten. Sein Nachfolger: der heilige Silvester, ein Römer von Geburt, war der erste Papst unter der von Kaiser Konstantin der katholischen Kirche erteilten Freiheit. Das christliche Rom trat nun ungehindert in die Öffentlichkeit und hatte an Papst Silvester ein Oberhaupt, das, gefeiert in Geschichte und Legende an der Spitze einer neuen Zeit zu stehen von Gott berufen ward. Ungeachtet seines hohen Alters regierte der heilige Silvester dreiundzwanzig Jahre die Kirche Gottes, nämlich vom 31. Januar des Jahres 314 bis zum 31. Dezember des Jahres 335. Klein ist die Zahl derjenigen Päpste, welchen eine ähnlich lange Regierungszeit beschieden war.

Bei Beginn des 4. Jahrhunderts treten uns also Papst Silvester und Kaiser Konstantin entgegen. Der erstere ist der Vater aller Christen, der letztere der Herr der Welt. Papst Silvester hatte Feinde, die ihn bis auf den Tod haßten. Es waren die Arianer, die sich bemühten, diesen Papst mit allen Mitteln zu bekämpfen. Dem Kaiser waren die Christen zugetan, die Heiden aber sahen in ihm einen Feind, einen Verräter der alten, herkömmlichen Religion. Papst Silvester wurde durch Papst Marcellinus zum Priester geweiht und zeichnete sich durch seinen großen Mut während der grausamen Verfolgung des Diokletian und seiner Mitkaiser aus.

Kaiser Konstantin siegte in zwei Schlachten über seinen Gegner Licinius und schloß ihn in Nikomedien ein.

Durch das Kreuz Christi hatte Konstantin gesiegt. Doch wo war das wahre Kreuz, an dem der Welterlöser für die sündigen Menschen gestorben war? Sollte jener kostbare Altar, auf dem der göttliche Heiland das blutige Opfer seinem himmlischen Vater darbrachte, für immer den Blicken der Christen verborgen bleiben? Es geschah unter der Regierung des heiligen Papstes Silvester, daß Helena, die tugendhafte Mutter Konstantins, sich bekehrte. Von da an empfand sie ein sehnliches Verlangen, das Kreuz des Welterlösers zu finden. Helena reiste nach Jerusalem und leitete die Nachforschungen nach dem wahren Kreuz Christi. Sie ließ dort die Götzentempel hinweg räumen, den Platz reinigen und nachgraben. Und siehe da, bald fand man das Grab Christi und nicht weit davon drei Kreuze und die Aufschrift des Kreuzes Christi. Da aber diese abgerissen war, konnte man das Kreuz des Erlösers von den anderen nicht unterscheiden. Da wußte der heilige Bischof Makarius Rat. Er ließ die drei Kreuze zu einer kranken Frau bringen; kaum hatte diese das Kreuz Christi berührt, als sie vollkommen geheilt war; so wurde das wahre Kreuz Christi erkannt.

Sogleich begann Kaiser Konstantin eine prächtige Kirche an der Stelle der Kreuzigung Christi zu bauen. Das Altar kam über das heilige Grab zu stehen. Das heilige Kreuz selbst aber wurde geteilt; ein Teil blieb zu Jerusalem auf dem Kalvarienberg, ein Teil wurde nach der neuen Weltstadt, die Konstantin erbaute, nach Konstantinopel verbracht, den Rest schickte der Kaiser dem heiligen Papst Silvester. Um die kostbare Reliquie würdig aufzubewahren, baute Konstantin auf den Wunsch des Papstes in Rom eine Kreuzkirche, die in ihren Unterbauten noch heute vorhanden ist…

Papst Silvester hatte mit Umsicht und Klugheit das Christentum ins öffentliche Leben eingeführt. Von Tag zu Tag wuchs sein Einfluß. Die zahlreichen Versammlungen der Bischöfe, die Predigten, die Schriften der Kirchenlehrer verbreiteten nach allen Seiten das heilige Evangelium. Der Kaiser unterstützte mit all seiner Macht die Bemühungen des Papstes um die Ausbreitung des Christentums. Er verordnete, daß alle jene wieder in Freiheit gesetzt werden sollten, welche widerrechtlich in die Sklaverei gekommen waren. Weiter entzog er den Familienvätern das grausame Recht, ihre Kinder zu töten. Auch schaffte er die Gladiatorenspiele ab und hob die Gesetze, welche die Ehelosigkeit beeinträchtigten, auf.

So durchdrang der christliche Glaube nach und nach die ganze römische Gesetzgebung und zu gleicher Zeit das Leben des Volkes. Der heilige Papst Silvester aber war vorzugsweise an allen diesen Verdiensten beteiligt. Alsbald erhoben sich in der Stadt Rom prächtige Kirchen. Die erste war die auf dem Lateranhügel. Sie ist bis heute die Kathedrale der Päpste. Anfangs dem Heiland geweiht, stellte sie Papst Lucius II. Unter den besonderen Schutz des heiligen Johannes des Täufers.

Eines Tages sah man eine feierliche Prozession durch die Straßen Roms ziehen. Fromme Gesänge schollen hin über die sieben Hügel der ewigen Stadt. Papst Silvester und der Kaiser kamen in feierlichem Zug zu den Katakomben des Vatikans, wo der Apostelfürst Petrus begraben lag. Konstantin legte den Grundstein zu einer Kirche zu Ehren des heiligen Petrus.

In der Laterankirche befinden sich noch heute die Häupter der Apostelfürsten Petrus und Paulus; im Vatikan liegen ihre heiligen Leiber begraben. Im Lateran ist auch der Tisch aufbewahrt, auf dem der göttliche Heiland das Abendmahl feierte; bei St. Peter aber befindet sich die Lanze, mit welcher der Erlöser am Kreuz durchbohrt wurde; ferner wird dort das Schweißtuch der heiligen Veronika gezeigt.

Die dritte Kirche, welche Konstantin auf die Bitte des Papstes erbaute, ist jene des heiligen Paulus. Wir sehen daraus, wie innig die Beziehungen waren, in welchen Papst und Kaiser zueinander standen.

Nach einer mühevollen Regierung von 21 Jahren legte sich Papst Silvester auf das Sterbelager. Der sterbende Greis konnte auf ein tatenreiches Leben zurückblicken. Als Diakon und Priester diente und opferte er in den Katakomben und widerstand der Wut der Verfolgung eines Diokletian. Als Hoherpriester trug er die päpstliche Krone, als Zeichen der Freiheit der Kirche. So starb der heilige Silvester am 31. Dezember des Jahres 335 und wurde in der neu gebauten Kirche über der Priscilla-Katakombe begraben. Die Kirche, welche er ruhmvoll geleitet hatte, ehrt sein Andenken dadurch, daß sie ihn den Heiligen beizählt. Sein Fest wird am letzten Tag des Jahres, am 31 Dezember gefeiert, gleichsam als sollte der Tag uns mahnen, daß der heilige Silvester es gewesen ist, der die alte Zeit der Verfolgung des christlichen Glaubens abschloß, und die Kirche in eine neue Zeit herüber geführt hat. –
aus: Chrysostomus Stangl, kath. Weltpriester, Die Statthalter Jesu Christi auf Erden, 1907, S. 67 – S. 71

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