Luther und der Papst

Luther und der Papst – Luther als Zeuge für den Glaubensprimat des Papstes

Luther und der Papst: Luther als Mönch, von Lucas Cranach dem Älteren porträtiert

… In Kraft dieser apostolischen Vollmacht verdammte Leo X. die Lehrsätze Martin Luthers, – der anfangs keineswegs gegen das Glaubensrecht Petri in seinen Nachfolgern protestierte, sondern dasselbe überaus feierlich anerkannte, bis Leidenschaft ihn dahin trieb, daß er sich selbst als unfehlbar proklamierte, weil der Papst wider ihn definierte.

In seinem Schreiben nämlich, an den Papst, erklärt Luther feierlich:

„Heiliger Vater! zu Deinen Füßen hingeworfen, opfere ich mich Dir mit allem, was ich bin und habe; belebe, töte, rufe, widerrufe, bestätige, verwerfe, wie es Dir gefällt; Deine Stimme werde ich als die Stimme des in Dir vorstehenden und redenden Christus anerkennen etc.“ –

Dem päpstlichen Legaten beteuerte er im Beisein anderer: „Ich erkläre, daß ich die römische Kirche in all meinen gegenwärtigen, vergangenen und zukünftigen Worten und Taten verehren und ihr folgen will. – Sollte ich je was anderes gesagt haben, so soll es als nicht gesagt betrachtet sein.“ – „Protestor“, – so protestierte damals der Coryphäus der Protestanten, „protestor, me colere et sequi Romanum Ecclesiam in omnibus meis dictis et factis, praesentibus, praeteritis et futuris. Quodsi quid aliter dictum fuerit, pro nom dicto habere et haberi volo.“

Was mögen sich Protestanten denken, wenn sie Luther auf diese Weise reden hören, und es nicht leugnen können, daß Luther so geredet?

In seiner „Resolutio propositionum“, vom Jahre 1519 und anderorts, (Opp. Jenens. tom. V.) beweist Luther den Primat Petri, wo er ganz nach katholischer Weise aus den Schriftstellen: „Tu es Petrus etc.“ und aus der Tradition argumentiert und behauptet: „Die ganze Welt ist darin eins, daß die Amtsgewalt des Papstes durch diese Schriftstellen begründet werde.“

Erst als seine Lieblingssätze vom Papst verdammt waren, kam der Blitz der Erleuchtung in seinen Kopf. Nun gab es mit einem Mal nichts Fluchwürdigeres, als den Papst, und alles was dessen ist. Nun hatte er mit einem Mal die Überzeugung, das Papsttum sei das Reich Babylons, und die Macht des starken Jägers Nimrod (De cap. Babyl. vom Jahr 1520); der Papst selbst sei der Antichrist. – Indes, so heftig die Leidenschaft wogte, die ihn so reden hieß, war sie doch nicht im Stande, für ruhigere Stunden sein besseres Wissen und Gewissen ganz zu verdrängen. –

Elf Jahre, nach begonnener Protestation, konnte er nicht umhin, noch also zu bekennen: „Wir bekennen, daß unter dem Papsttum viel christliches Gute, ja alles christliche Gute sei, und daselbst hergekommen sei zu uns; nämlich wir bekennen, daß im Papsttum die rechte heilige Schrift sei, rechte Taufe, rechtes Sakrament des Altars, rechte Schlüssel zur Vergebung der Sünden, rechtes Predigtamt, rechter Katechismus. Ich sage, daß unter dem Papst die wahre Christenheit ist, ja der rechte Ausbund der Christenheit, so muss sie wahrlich Christi Leib und Blut sein etc.“

Im Jahr 1532 sagt er in seiner Schrift gegen die Sakraments-Schwärmer:

„Das Zeugnis der ganzen heiligen, christlichen Kirche, wenn wir schon nichts weiter hätten, soll uns allein genug sein; denn es ist gefährlich und erschrecklich, etwas zu hören oder zu glauben, wider das einträchtige Zeugnis der ganzen hl. Christlichen Kirche, so von Anfang her, über fünfzehnhundert Jahre, in aller Welt einträchtig gehalten hat! – Wer nun zweifelt, der verdammt nicht allein die ganze hl.christliche Kirche als eine verdammte Ketzerin, sondern auch Christus selbst, mit allen Aposteln und Propheten, die den Artikel: „Ich glaube eine hl. christliche Kirche“, gegründet haben; und gewaltig bezeugt Christus: „Sieh ich bin bei euch bis an das Ende der Welt“; und Paulus: „Die Kirche Gottes ist eine Säule und Grundfeste der Wahrheit.“ –

Gott kann nicht lügen, „also auch die Kirche nicht irren.“ – So Luther im Jahr 1532. Als es aber darauf ankam, sich dem Urteil des apostolische Stuhles zu unterwerfen, und seinen eigenen Irrtümern abzuschwören, da rief er: „Es kümmert uns nicht, wenn die Päpste schreien: ‚die Kirche, die Kirche, – die Väter, die Väter!‘ – Propheten und Apostel haben sich geirrt; – durch Christi Wort richten wir die Kirche und Apostel.“ – Sic?!

Ja nicht einmal dabei vermochte dieser Gefallene stehen zu bleiben, sondern gedrängt durch das Gewicht der absoluten Notwendigkeit, ein unfehlbares Richteramt im Reich Gottes anzuerkennen, und den schon nicht mehr anerkennend, zu dessen Füßen geworfen, er früher Christi Stimme zu vernehmen, beteuerte, wagte er es, seine eigen Unfehlbarkeit als Glaubensnorm zu proklamieren. „Ich kümmere mich nicht“, schrie Luther, als ihm Christi Wort deutlich entgegen gehalten wurde, zum Beweis der Notwendigkeit, sich dem Ausspruch der Kirche und ihres Oberhauptes zu fügen, – „ich kümmere mich nicht um Sechshundert Schrifttexte!“ – Hört Protestanten! – Luther kümmert sich selbst nicht um sechshundert Schrifttexte! – und doch soll sie statt dem Glaubenswort des Statthalters Christi Glaubensnorm sein? –

Was hatte denn also Luther endlich für ein Glaubensprinzip aufgefunden? – Sein eigenes Wort ist es! – „Meine Worte – sagt er – sind Christi Worte, mein Mund ist Christi Mund, – ich bin gewiss, daß ich nicht irren kann.“ – „Wem da scheint, daß ich gegen den Gebrauch der Kirche, gegen den Ausspruch der Väter gelehrt habe, der soll wissen, daß ich mich um das alles nicht kümmere.“ – Sic?!

Bis dahin also muss man kommen, wenn man das Apostolat des Statthalters Christi zu verwerfen wagt! Welch ein merkwürdiger Zeuge ist somit Luther für den Glaubensprimat Petri und seine durchgreifende Notwendigkeit zur Festhaltung des wahren Sinnes der hl. Schrift und des ganzen geoffenbarten Wortes! Daß die Anerkennung dessen der Glaube der katholischen Kirche sei, hatten mit Luther das ganze Heer protestantischer Wortführer und Autoren stets begriffen und den Rechtgläubigen stets, obwohl mit gleichem Unrecht, zum Vorwurf gemacht.

Selbst der Name Papst, als gleichsinnig mit Katholik, der von der Zeit des Protestantismus herstammt, und bei Protestanten, als vermeintliches Schmähwort der Katholiken, so beliebt ist, was beweist er anderes, als daß sie genau den Unterschied zwischen sich und den Rechtgläubigen der Kirche fühlen, deren Glaubensfels und Schutz Petrus, in der Person des Papstes ist, während es für Luther und die Seinen die pure, allen Irrtümern preisgegebene Vernunft ist. Sie mögen uns „Papisten“ nennen, sie erinnern uns dadurch an unsere Rechtgläubigkeit, in Folge jenes Kanons der Orthodoxie des großen hl. Ambrosius: „Wo Petrus ist, da ist die Kirche.“ –
aus: F. X. Weninger SJ, Die Unfehlbarkeit des Papstes als Lehrer der Kirche, 1869, S. 241 – S. 246

siehe auch den Beitrag: Das Lehransehen des Papstes und Folgebeiträge

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