Das Pontifikat von Papst Hadrian I. (772-795)

Der Papst trägt das Kreuz Christi, von Christus glorreich empfangen; es zeigt das Leiden der Päpste und zugleich der Kirche

Die Päpste werden unabhängige Fürsten

Das Pontifikat von Papst Hadrian I. (regierte von 772-795)

Er war Römer und von sehr vornehmer Geburt. Obwohl früh verwaist, führte er als Jüngling ein unschuldiges, strenges Leben. Mit tiefer Frömmigkeit und harter Abtötung verband er eine innige Liebe zu den Armen. Wegen seiner Tugenden, die noch durch ein freundliches Äußere erhöht wurden, stand er in allgemeiner Achtung. Das bewog Papst Paul I. ihn zum Subdiakon und Papst Stephan IV. ihn zum Diakon zu weihen. Nach dem Tode seines Vorgängers einstimmig zum Papst erwählt, machte Hadrian an demselben Tage das Unrecht gut, welches die langobardische Partei unter Paul Asiarta verübt hatte: er rief die Verbannten zurück und befreite die Gefangenen.

Als Papst wahrte und verwaltete er die weltliche Herrschaft als Grundlage für die freie Ausübung des oberhirtlichen Amtes mit derselben Klugheit und Entschiedenheit, wie seine geistliche Gewalt. Sobald Desiderius von der Wahl Hadrians vernommen, schickte er Gesandte an den neuen Papst, um ihn seiner Freundschaft zu versichern. Der Papst erwiderte, der König möge seine Freundschaft durch die Tat beweisen, bisher habe er das Gegenteil an den Tag gelegt. Hierauf warf er den Gesandten den oftmaligen Wortbruch des Königs vor und die Unbilden, die er der römischen Kirche angetan, zeigte sich aber zu Unterhandlungen sehr gerne bereit. In dem Schreiben, das Hadrian an Desiderius sandte, forderte er die der Kirche entrissenen Gebiete zurück. Der König erklärte, er werde nichts herausgeben, wenn nicht der Papst persönlich unterhandle. Er wollte ihn in seine Gewalt bekommen, um ihn gegen Karl zu missbrauchen und mit diesem zu verfeinden.

Der Papst durchschaute aber den Plan, verweigerte sein persönliches Erscheinen und beharrte bei seinen Forderungen. Da rückte Desiderius 773 mit einem Heer gegen Rom. Der Papst ermutigte die bestürzten Römer, sandte Boten zur See an Karl um Hilfe und bot alles auf, um die Stadt in Verteidigungs-Zustand zu versetzen. Zugleich sandte er drei Bischöfe dem König Desiderius entgegen, die ihm bei Strafe der Exkommunikation die Überschreitung der päpstlichen Grenzen ohne Erlaubnis des Heiligen Stuhles untersagten. Desiderius war betroffen und erstaunt, unerwartet kehrte er nach Pavia zurück. Karl wollte den Desiderius zur freiwilligen Herausgabe der dem Papst entrissenen Gebiete auf gütlichem Wege bestimmen, erreichte aber nichts. Nun brach er mit einem Heer in Italien ein, trieb die Langobarden auseinander, und nachdem er Desiderius in Pavia eingeschlossen hielt, zog er zum Osterfest 774 nach Rom, wo er die Schenkung Pippins erneuerte. Von dort zog er wieder nach Pavia, eroberte die Stadt, nahm den König gefangen und machte dem Langobardenreich ein Ende. Desiderius wurde nach Frankreich abgeführt, kam dann ins Kloster Corvey, wo er unter Übungen der Frömmigkeit und der Buße starb.

Durch den Zusammensturz des Langobardenreiches war der Papst noch lange nicht in den unbestrittenen Besitz des ihm geschenkten Gebietes gekommen. Es erhoben sich nun verschiedene kleinere Machthaber, welche auf Kosten des päpstlichen Besitzes unabhängige Fürstentümer zu gründen suchten. Von jetzt an beginnen die unglücklichen Kämpfe des Heiligen Stuhles mit den verschiedenen kleinen Fürsten und Adelsparteien, welche dem Papsttum in den folgenden Jahrhunderten zeitweilig verhängnisvoll werden sollten. Zweimal musste noch Karl unter Hadrian in Rom erscheinen zum Schutz des bedrängten Papstes und seines Besitzes. So war es Hadrian durch unermüdliche Tätigkeit und Wachsamkeit mit Hilfe des Frankenkönigs gelungen, den neuen Besitz zu sichern, so daß er als der erste und eigentliche Begründer der päpstlichen Hausmacht angesehen werden kann.

Hadrians Wirken war segensvoll für die Kirche. Fünfzig Jahre hatte der unselige Bilderstreit im Orient gedauert. Konstantin V. Kopronymus, dieser ebenso grausame als ausschweifende Bilderstürmer, war im Jahre 775 an einer Ekel erregenden Krankheit in Angst und Verzweiflung gestorben. Während seiner ganzen Regierung zeigte er sich als ein Feind Gottes und der Menschen. Wegen seiner Ausschweifungen, durch die er sich ekelhafte Krankheiten zugezogen, wie wegen seiner Grausamkeiten fühlte er sich fort und fort von Schreckbildern gepeinigt, die ihm den Schlaf raubten, wurde aber dadurch nicht gebessert. Wie er die Mönche ausrottete, ebenso war er roh gegen seine Diener, die er mit Peitschenhieben zerfleischte und nicht selten ebenso grausam gegen die Genossen seiner Ausschweifungen. Er liebte es, sich an den Qualen seiner Opfer zu weiden und ihre Peinen mit hellem Lachen mit anzusehen, indem er den bittersten Hohn mit seiner Grausamkeit verband.

Er war 56 Jahre alt, als er gegen die Bulgaren ausrückte, deren König er die Treue gebrochen hatte. Wie er kaum 15 Meilen von Konstantinopel entfernt war, ereilte ihn die Hand Gottes. Blutgeschwüre brachen an seinen beinen auf und ein den Ärzten unbekanntes Fieber verzehrte ihn. Man musste ihn auf einer Tragbahre zurück tragen, er starb aber auf dem Wege unter dem Schmerzens-Ausruf: „Ich bin lebendig einem unausstehlichen Feuer überliefert.“ In seiner Todesangst befahl der Frevler und Lästerer, die Beleidigungen, die er der heiligen Jungfrau und den Heiligen zugefügt hatte, wieder gut zu machen und die Kirchen und Reliquien in Ehren zu halten. Gleichzeitige griechische Schriftsteller vergleichen ihn mit Diokletian. –

Auf ihn folgte sein Sohn Leo IV. (775-780), der anfangs bessere Wege als sein Vater einschlug. Er duldete die Verehrung der Bilder und ehrte die Mönche; jedoch nach kurzer Zeit zeigte er sich als Bilderfeind wie sein Vater und nur sein baldiger Tod hinderte es, daß nicht eine neue Verfolgung ausbrach.

Als er am 8. September 780 dem Gottesdienst in der Sophienkirche beiwohnte, sah er eine mit herrlichen Juwelen geschmückte Krone über dem Altar, welche Kaiser Mauritius hatte anbringen lassen. Er gab Befehl, sie sofort herunter zu nehmen, setzte dieselbe sich selbst auf und trug sie so nach Hause. Alsbald aber brachen an seiner Stirne Beulen hervor, welche ein hitziges Fieber verursachten, dem er noch an demselben Tage in einem Alter von 30 Jahren erlag. Mit dem Tode Leos IV. hatte der unheilvolle Sturm gegen die Bilder sein Ende erreicht. Seine Gemahlin Irene, welche 780 bis 790 für ihren minderjährigen Sohn Konstantin VI. (780-797) die Regentschaft führte, trat mit Hadrian in Verbindung zur Herstellung der Bilderverehrung. Es wurde eine Synode nach Nicäa einberufen, zu welcher der Papst seine Legaten schickte. Sie wurde im Jahre 787 abgehalten und ist das VII. allgemeine Konzil und das zweite von Nicäa. Es waren am Schluss gegen 300 Bischöfe und Vertreter von Bischöfen anwesend und es wurde entschieden, „daß die Kreuze wie Bilder Christi und der Heiligen in den Kirchen und sonst zu gebrauchen seien; auch könne auf mancherlei Art die Verehrung der Bilder stattfinden, nie aber eine eigentliche Bilderanbetung, wogegen sich die Kirche feierlich verwahre.“ Diese Entscheidung bildet die unabänderliche Norm der katholischen Kirche bis auf den heutigen Tag.

Große Verdienste erwarb sich Hadrian um die Stadt Rom. Er legte neue Befestigungen an und besserte die alten aus, er restaurierte und schmückte Kirchen und Klöster und verwendete große Summen zur Verherrlichung des Gottesdienstes. Als im Jahre 792 eine große Überschwemmung Rom verheerte, zeigte sich Hadrian als wahrer Vater seines Volkes, indem er in einem Nachen umher fuhr, um den schwer Betroffenen geistlichen und leiblichen Trost zu spenden. Nach einem Pontifikat von 23 Jahren, das sowohl in geistlicher als in weltlicher Beziehung eines der glänzendsten war, starb Hadrian am 25. Dezember 795, tief betrauert vom Volk wie von Karl dem großen, der in ihm den Freund und Vater verehrte, welchem er eine eigene Grabschrift widmete. –
aus: Andreas Hamerle C.Ss.R., Geschichte der Päpste, I. Band, 1907, S. 238 – S. 240

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