Äußere Mission der katholischen Kirche

Die äußere Mission der katholischen Kirche

Die Mission ist so alt wie die Kirche selbst

Gründe für die Mission

Jesus Christus der erste Missionar

Mission, Aussendung christlicher Lehrer (Missionare) zur Verbreitung des Christentums, ist so alt als die Kirche selbst, die auf dem Prinzip der Mission beruht; sie ist Lebensgesetz wie Lebensbedingung der Kirche. Letztere ist ja nichts Anders als eine von Gott ausgehende Sendung an die einzelnen Menschen, wie an ganze Nationen, um jenes heilige Feuer des wahren Glaubens und der christlichen Liebe, welches der Weltheiland auf die Erde gebracht, einer stets gesteigerten Seelenzahl beizubringen und anzufachen. Der Stifter der Kirche selbst, Jesus Christus, war der erste Missionar, der große Gesandte Gottes (Hebr. 3,1), und wie ihn der Vater gesandt hat, so sandte er seine Jünger (Joh. 20,21) und gründete das Apostolat als den Kanal, durch welchen seine Lehre und seine Gnadenschätze den Menschen mitgeteilt werden. Als Apostel, d.i. als Missionare des Glaubens (Röm. 1,5), sollten sie hinausgehen in alle Welt und lehren alle Völker (Matth. 5,14) und sollten so den rührenden Wunsch des Heilandes in Erfüllung bringen: „daß Alle Eins seien“ (vgl. Joh. 17,18-21). Gehorsam diesem Auftrag ihres göttlichen Meisters, haben die Apostel und deren Nachfolger den Samen des Evangeliums unter allen Völkern ausgestreut, und bis auf den heutigen Tag hat die lehrende Kirche diesen Beruf als selbstverständliche Pflicht erfüllt.

Das gegründete Gottesreich erhalten und ausbauen

Mit der Bekehrung der Völker, die noch in Finsternis und Todesschatten sitzen, ist aber der wesentliche Beruf der Kirche noch nicht erfüllt; sie soll auch das bereits begründete Gottesreich auf Erden erhalten und im Innern immer herrlicher ausbauen. Deshalb sehen wir in der ganzen Geschichte der Kirche mit der grundlegenden stets auch die erhaltende, ausbauende und leitende Tätigkeit wesentlich mit einander verbunden, nur daß in dem einen Zeitraum mehr diese, in einem mehr andern mehr jene Tätigkeit hervortritt und in ihren Ergebnissen die innere Herrlichkeit der Kirche offenbart. Aus der erhaltenden Tätigkeit der Kirche geht aber eine zweite Art der Missionstätigkeit hervor. Der christliche Glaube sollte, wie Papst Urban VIII. in der (…) Bulle des Propaganda-Seminars vom Jahre 1627 sagt, „nicht bloß in jene Gegenden dringen, welche teils durch räumliche Entfernung, teils durch die barbarische Wildheit ihrer Bewohner von der übrigen Gesellschaft getrennt waren und noch nie das Licht desselben empfangen hatten, sondern selbst in jene Länder vordringen, denen ehedem der Glanz des Evangeliums geleuchtet hatte, die aber wieder durch die Finsternisse der Häresie eingehüllt oder durch die Einbrüche der Heiden verwüstet worden sind, so daß sich in ihnen nur noch spärliche Überreste des Christentums erhalten haben.“

Die Missionierung zur Wiedergewinnung der Abgefallenen

Die Kirche kann und darf nie gleichgültig dagegen sein, wenn solche, welche ihr schon angehört haben und auf welche sie durch die Taufe ein unveräußerliches Recht erlangt hat, von ihrem Gehorsam sich entfernen und in ihrer Abtrünnigkeit vom gepflanzten Lebensbaum verloren gehen. Daraus entspringt die Missions-Tätigkeit zur Wiedergewinnung der von der Kirche getrennten Sekten und Religions-Parteien. Weiter geht aus der erhaltenden und ausbauenden Tätigkeit der Kirche noch eine dritte Art von Missionstätigkeit hervor. Wie der Heiland selbst verschiedene Gleichnisse es schon angedeutet, sucht sich im Laufe der Zeit auch innerhalb der christlichen Welt ein Un-Christentum und Wider-Christentum einzuschleichen, so daß einzelne, ganze Familien, Gemeinden, besondere Stände, selbst ganze Volksmassen in das Irdische versinken, religiös und moralisch herabkommen und an einem höheren, wahrhaft sittlichen Leben gänzlich verzweifeln. Da die Kirche auch dagegen nicht gleichgültig sein kann und darf, tritt an sie die weitere Aufgabe heran, dieselben aus dem Schlaf zu wecken und zu erschüttern, sowie allgemein herrschende Übelstände durch geistige und leibliche Fürsorge zu heben, den öffentlichen Geist umzustimmen und wieder einen festen Grund zur segensreichen Pastoration für die Zukunft zu legen. Diese letztgenannte Art der Missionstätigkeit begreift man unter dem Namen der „inneren“ oder „Volksmission“, weil sie an das eigene christliche Volk gerichtet ist und als außerordentliches Mittel zur Erneuerung und Auffrischung des religiös-sittlichen Lebens in den christlichen Gemeinden oder einzelnen Ständen dient. Die beiden erst genannten Arten der Missionstätigkeit unter den Abtrünnigen und besonders die unter den Heiden bezeichnet man dagegen als „äußere“ oder „auswärtige Mission“. Beide vereinigen sich, wie schon bemerkt, in demselben gemeinsamen Zweck, wie sie auch aus derselben gemeinsamen Quelle hervor gegangen sind.

Die Mission der katholischen Kirche

Die Päpste sandten Missionare

In den ersten christlichen Jahrhunderten, wo sozusagen noch die ganze Welt Missions-Land war, hatte die Kirche sich im Umfang des römischen Reiches erst ein eigenes bleibendes Gebiet zu erkämpfen, bevor an ein Missions-Wesen im heutigen Sinne gedacht werden konnte. Übrigens haben die Päpste, stets eingedenk ihres Apostolats, die ja als Nachfolger Petri den Fischerring mit den Netz auswerfenden Apostel als ihr Siegel nicht umsonst führen, von Rom, der Wiege aller Missions-Unternehmungen aus, gar bald mit apostolischer Vollmacht ausgerüstete Bischöfe und Priester nach Gegenden gesandt, wo diese erst eine Herde um sich sammeln sollten. Solche Regionar-Bischöfe sandten dann wieder andere Bischöfe und Priester aus, alles in Gemeinschaft und unter der obersten Leitung der Nachfolger des Apostelfürsten. Besonders als durch Gründung der großen Mönchsorden die zu Missions-Unternehmungen so notwendigen weiteren Arbeiter gewonnen waren, sandten die Päpste die besten Söhne dieser Orden aus, um das Licht des Glaubens weiter zu verbreiten. Die ersten waren die Benediktiner, welche Papst Gregor der Große nach Britannien und anderen Ländern sandte, und welche dort, wie in Italien, sofort auch Pflanzschulen christlicher Glaubens-Boten anlegten. Mit dem christlichen Glauben verbreiteten sie überall zugleich die Kultur des Bodens und die Pflege von Kunst und Wissenschaft. Mit den Kreuzzügen begann dann ein neuer Aufschwung des Missions-Wesens. In die von den Christen eroberten Gebiete sandten die Päpste sofort auch Glaubensboten und gründeten überall neue Bistümer oder erneuerten die untergegangenen. Mit besonderem Eifer wurde damals auch an der Wiedervereinigung der schismatischen Griechen und der verschiedenen Sekten des Orients gearbeitet, und hier wurden doch Resultate erreicht, deren Wichtigkeit erst jetzt recht klar sich herauszustellen beginnt. Freilich gingen im Orient viele Eroberungen für die Kirche wieder verloren, und auch in manchen europäischen Ländern war unterdessen das Missions-Werk etwas erlahmt; allein es erstanden auch neue Ordens-Genossenschaften, welche sich für die Verbreitung des Glaubens besonders eigneten, nämlich die Bettelorden, und durch sie begann die Mission allüberall wieder aufzublühen.

Die Franziskaner und Dominikaner als Missionare

Die Franziskaner beschlossen schon auf ihrem ersten Generalkapitel (1216), in alle Welt Missionare zu senden, „um zu heilen, was gebrochen ist, zurecht zu leiten, was in die Irre geht“, wie es in deren Instruktion heißt. Zu gleicher Zeit zogen auch die Söhne des hl. Dominikus aus, um unter den Heiden, Mohammedanern und Juden das Kreuz aufzurichten und die Schismatiker und Häretiker auf den Weg des Heils zurückzuführen (Instr. Humberti, bei Holsten, Cod. Reg. Monast IV, 153). Diese beiden Orden wirkten segensreich im Osten Europa`s und drangen selbst in Asien weit vor. Leider vereitelte hier der immer mehr vordrängende Mohammedanismus größtenteils ihre Bemühungen, und überdies verlor die Kirche durch die sog. Reformation viele ihrer Kinder auch im Abendland. Während aber hier die Nationen von der Mutterkirche abfielen und sich zu Sonder-Bekenntnissen formierten, breitete sich die Kirche mit nie da gewesener Macht in den eben entdeckten Ländern der neuen Welt aus, und in bisher ganz unbekannten Sprachen ertönte nach wenigen Jahrzehnten das Lob des Erlösers. Damals wetteiferten in den neu entdeckten Gebieten alle geistlichen Orden um den Vorzug, der Kirche die meisten Seelen gewonnen zu haben, und nun kamen zu den Augustinern, Dominikanern, Franziskanern, Kapuzinern und Karmeliten auch die Jesuiten, welche außer den drei gewöhnlichen Gelübden noch das weitere hinzufügten…

Einrichtung von Institutionen

Nachdem so das Heilsgeschäft der Missionierung eine größere Ausdehnung angenommen, faßten auch die Päpste dasselbe ernster ins Auge. Schon Gregor XIII. (1572 bis 1585) berief eine ständige Kommission von drei Kardinälen, welche für die Missions-Bedürfnisse zunächst unter den Maroniten, den Slawen, Griechen, Äthiopiern und Ägyptern zu sorgen hatte, eine Kommission, welche Klemens VIII. (1592 bis 1605) durch neue Mitglieder vermehrte und regelmäßige Sitzungen abhalten ließ. So war die Idee einer Zentralbehörde für das Missions-Werk ins Leben getreten, der Keim zur Kongregation der Propaganda gegeben; diese errichtete Gregor XV. im Jahre 1622. Denselben Eifer für die Mission bezeugte auch sein Nachfolger Urban VIII., welcher das bisher Geschaffene durch die Gründung des Kollegiums der Propaganda, welches junge Leute aus allen Ländern zu künftigen Missionaren heranbilden sollte, vervollkommnete. Auch die verschiedenen Orden stellten ihre zu Missionaren besonders ausgebildeten Priester der Propaganda stets zur Verfügung, und es ist schwer zu entscheiden, welchem auf dem damaligen Missions-Feld der Vorzug gebührt; übrigens vermag an glühendem Eifer, an hoher persönlicher Tugend, an Zahl der ausgesandten Missionare und der Märtyrer wohl kein Orden mit dem der Jesuiten einen Vergleich auszuhalten. Ebenso schwer ist es, zu unterscheiden, welche Nation des katholischen Europa am tätigsten und erfolgreichsten für die Mission gewirkt habe, da hier Italiener, Deutsche Spanier, Portugiesen und Franzosen gleichberechtigt um den Vorrangstreiten.

Missionare aus europäischen Ländern

Jedenfalls muss man aber, wenn man den ganzen Erfolg der Missions-Tätigkeit ins Auge faßt, den Spaniern im Verein mit den Deutschen einen Vorzug zuerkennen, da sie die großartigsten und dauerndsten Erfolg errungen haben. Ein großer Teil von Amerika und ein Teil Ozeaniens ist durch die Spanier und Deutschen bekehrt worden. Namentlich war es Österreich, und unter seinen Provinzen vorzüglich Böhmen, das eine unzählige Menge Missionare in die neue Welt gesendet hat, so daß die Hälfte der sämtlichen Jesuiten-Missionare in Amerika, auf den Philippinen, Marianen und Karoline aus Deutschen, namentlich aus Österreichern, bestand. Erst als die politische Loslösung Deutschlands von Spanien stattfand, und noch mehr nach Aufhebung des Jesuitenordens, wurden die französischen und italienischen Missionare vorwiegend.

Verwahrlosung der Missionen

Als dann infolge der französischen, Thron und Altar umstürzenden Revolution die Kriegsflamme in der Christenheit wütete und nicht bloß Europa erschütterte, sondern selbst die Meere störend überzog, als weiter die Kirche ihrer alten Reichtümer beraubt und so die Quellen ihrer Wohltaten erschöpft wurden, litten vor allem auch die Missionen darunter. Es wurden nicht bloß die reichen Hilfsmittel hinweg genommen, welche die Liebe der Gläubigen und der Eifer der Fürsten und Bischöfe gesammelt – selbst die Propaganda wurde zum großen Teil ihrer Einkünfte beraubt -, sondern es wurden auch die Reihen des Klerus gelichtet und durch Aufhebung des Propaganda-Seminars und der Klöster die Pflanzschulen der Missionare verödet. Das Apostolat, weit entfernt, auf neue Eroberungs-Anstalten zu sinnen, konnte nur mit großer Mühe die Stellungen behaupten, die ihm noch geblieben. Nur hie und da sah man noch einige durch Alter und Arbeit nieder gebeugte Missionare, einige dem Schwert der Verfolgung und dem Feuerstrahl der verzehrenden Sonne entkommene Greise, welche mit wehmütigen Tränen die hoffnungslose Zukunft beweinten und mit der schmerzhaften Überzeugung dem Tode entgegen sahen, daß mit ihnen die Früchte eines oft hundertjährigen Kampfes und Sieges verschwinden sollten. Unter solchen Umständen bildeten sich, nach dem auch die Zentralkommissions-Anstalt in Rom, die Propaganda, nach der Restauration des Kirchenstaates (1814) durch Pius VII., freilich nur mit außerordentlichen Opfern und Mühen, in ihren alten Stand zurückversetzt worden, in verschiedenen katholischen Ländern, in erster Linie in Frankreich, dann auch in Österreich, Bayern, Preußen (Aachen) und in der Schweiz (Einsiedeln), freiwillige Vereine, die dem Apostolat wieder die irdischen Hilfsmittel der Nächstenliebe verschaffen wollten. Auf diese Weise konnte den verwahrlosten Missionen wieder aufgeholfen, die verlassenen konnten wieder aufgenommen und überdies viele neue gegründet werden, und so konnte das Apostolat ungestört zum Segen aller Völker seines Amtes walten…

Erneuter Aufschwung der Missionen

Namentlich seit dem Pontifikat Gregors XVI. nahm das Missionswesen einen außerordentlichen Aufschwung, und der katholische Glaube drang in gar viele ihm bisher verschlossene Länder der Erde. Ein charakteristischer Zug ist das, wie schon unter Gregor XVI., so auch unter Pius IX. und noch mehr unter Leo XIII. hervor tretende Streben, nicht bloß apostolische Vikariate, sondern, wo es immer angeht, so bald als möglich feste Bischofssitze zu errichten und dadurch den jungen christlichen Gemeinden einen festen kirchlichen Halt zu geben. Ja wie in den Zeiten der Apostel und der ersten Päpste sieht man jetzt häufig wieder Bischöfe in ein Heidenland ziehen, um die Herde, welche sie weiden sollen, erst um sich zu sammeln. Schon unter Gregor XVI. wurden wohl 70 neue Bistümer und apostolische Vikariate errichtet, ebenso unter Pius IX., und Leo XIII. errichtet heute noch in jedem Jahr deren mehrere. Zum Aufschwung des Missionswesen trug auch die genauere Organisation der Propaganda-Kongregation bei, welche Pius IX. in getrennte Abteilungen sonderte, die eine für das Missionswesen der lateinischen Kirche, die andere für das der orientalischen Riten…

Die Mission unter den Juden

Gründe für die Schwierigkeit der Missionierung

Die Mission unter den Juden ist bisher, weil sie sich nicht gut in die Darstellung der Mission unter den Heiden beifügen ließ, übergangen worden, und das Nötige darüber muss hier nachgeholt werden. In den meisten urchristlichen Gemeinden von Kleinasien, Griechenland, Kreta usw. bildeten die Judenchristen den Grundstock. Mit dem Aufstand des Bar-Cochba hörte dagegen die massenhafte Zuwendung der Juden zum Christentum auf, und sie verschanzten sich von da an hinter den starken Zaun der Tradition und des Talmud, der bis zur Gegenwart eine schwer zu überschreitende Schranke zur Annahme des Christentums für sie geworden. Die Kirche hat aber die Bekehrung der Juden nie außer Augen gelassen; dies beweist schon Justinus der Märtyrer in seinem Gespräch mit dem Juden Tryphon im 2. und Tertullian mit seiner Schrift Adv. Judaeos beim Beginn des folgenden Jahrhunderts. Cassiodor nahm in seiner Psalmen-Auslegung auch Rücksicht auf die Bekehrung der Juden (vgl. Expositio in Psalm. 81, Conclusio, Ven. 1729 (Opera II,267)), und Kaiser Justinian befahl, daß die Juden in ihren Synagogen sich einer griechischen oder lateinischen Übersetzung des Urtextes bedienen, dagegen sich der haggadischen Auslegung enthalten sollten. Dies geschah aber weniger deshalb, damit sie desto eher zum Verständnis der christlichen Wahrheit gelangten, als aus politischen Motiven. Gegen gewalttätige Bekehrungen nahmen die Päpste die Juden stets in Schutz (vgl. Graetz, Geschichte der Juden V, Leipzig 1861,41).

Jüdische Proselyten – die eifrigsten Missionare

Merkwürdig ist es, daß jüdische Proselyten von jeher den eifrigsten Missionstrieb entwickelten, sei es aus Mitleid mit ihrem Volk, da sie am besten die geistige Armut und Dürre des talmudischen Judentums einsahen, sei es, daß gerade ihre Bekanntschaft mit dem Talmud und mit der Denkweise und den Sitten der Juden ihnen die Einwirkung auf ihre Brüder leicht zu machen schien. Dies zeigt sich schon im 7. Jahrhundert an dem Proselyten und Bischof Julian von Toledo (gest. 690), der gegen die Juden das Werk schrieb: De sextae aetatis comprobatione contra Judaeos. Auch Isidor von Sevilla verfaßte damals zwei Bücher, worin er die christlichen Glaubenslehren aus dem Alten Testament belegte und den Nachweis lieferte, daß das Zepter von Juda gewichen. Samuel, jüdischer Rabbi von Marokko, der 1085 zu Toledo Christ geworden, schrieb in arabischer Sprache an einen Rabbi Isaak im 1077, noch ehe er getauft war, einen Lib. De adventu Messiae, quem Judaei temere expectant (1528 zu Basel und dann mehrmals gedruckt). Eine Missionsschrift gibt es auch von Pedro Alfonso, welcher 1106 in Osca getauft wurde, sowie von seinem Zeitgenossen Samuel Jehuda. Der hl. Raimund von Pennaforte führte das Studium der hebräischen Sprache und der talmudischen Schriften in den Dominikanerorden ein, speziell zur Missions-Tätigkeit unter den Juden. De erste eigentliche Missions-Prediger war der Dominikaner Pablo Christiani, ein bekehrter Jude aus Montpellier, der besonders in Südfrankreich den Juden predigte und mit ihnen in den Synagogen disputierte.

Disputationen mit den Juden

Der literarische und mündliche Kampf mit den Rabbinen war damals überhaupt an der Tagesordnung und blieb nicht ohne Erfolg. Besonders fruchtreich war die große Disputation, welche der Gegenpapst Benedikt XIII. zu Tortosa im Jahre 1412 in 68 Sitzungen halten ließ. Dabei vertraten die gelehrtesten Rabbinen, besonders der jüdischen Dogmatiker Rabbi Joseph Albo, Verfasser des Buches der Grundlehren (Sepher Ikkarim), die jüdische Religion gegen den getauften Juden und Leibarzt Benedikts, Hieronymus a S. Fide (Josue von Lorca), und gegen Andreas Beltran. Dieser Gegenpapst, welcher stets ein lebhaftes Interesse für die Bekehrung der Juden an den Tag legte und sich selbst in Disputationen mit den Rabbinen einließ, verordnete 1415 in einer ausführlichen Bulle, unter Hinweis auf die in Aragonien eingetretenen Bekehrungen, daß die Juden jährlich dreimal die Vorträge tüchtiger christlicher Prediger über den erschienenen Messias, über die schweren Verirrungen und das harte Los ihres Volkes anzuhören gehalten sein sollten. Auch das Basler Konzil befahl in der 19. Sitzung (7. September 1434), an den Orten, wo zahlreiche Juden seien, tüchtige Prediger anzustellen und jene zum Besuch der christlichen Predigt zu zwingen.

Juden-Bekehrungen in verschiedenen Ländern

in Spanien

Der hl. Vincentius Ferrerius entwickelte wohl die größte Tätigkeit in der Juden-Bekehrung, da er in Spanien allein mehr als 20000 für das Christentum gewann. Hier besonders hatten die Juden bedeutenden Wohlstand erworben und durch ihren Wucher viele heftige Klagen hervorgerufen. Dies war nicht bloß die Veranlassung zu den Judenverfolgungen, sondern auch zu dem regen Eifer für ihre Bekehrung, weil man sie auf diese Weise unschädlich machen zu können glaubte.

in Frankreich

Weniger Eifer als in Spanien wurde in Frankreich für die Bekehrung der Juden gezeigt, ja hier trat oft eine bedenkliche Vorliebe für dieselben zu Tage. So ließ z.B. Judith, die zweite Gemahlin Ludwigs des Frommen, die Höflinge von den Juden segnen. Dagegen ließ Ludwig der Heilige 1240 eine Disputation zwischen dem Proselyten Dunin und dem Rabbi Jechiel veranstalten, infolge deren 24 Wagen jüdischer Schriften verbrannt wurden; Dunin hatte den Talmud als die Hauptquelle des Widerstands der Juden gegen das Christentum bezeichnet. Auch Nicolaus von Lyra trat in Kontrovers-Schriften gegen die Juden auf.

in Italien

In Italien, wo sich die Juden des meisten Schutzes erfreuten, waren für die Bekehrung der Juden die Päpste und verschiedene Ordens-Geistliche sehr eifrig; von letzteren brauchen bloß Alberto di Trapani, Bernardino di Feltre, Johann Capistran, der hl. Laurentius von Brindisi und Angelus Hierosolymitanus genannt zu werden. In Rom selbst, wo viele Juden zu allen Zeiten getauft wurden, war die Einrichtung getroffen, daß sie wöchentlich oder wenigstens mehrmals im Jahre in den Kirchen oder in ihren Synagogen eine christliche Predigt hören mussten; dies wurde in ganz Europa, selbst auch unter den Protestanten, bis in das vorige Jahrhundert herein nachgeahmt. Ein eigenes Institut zur Bekehrung der Juden wurde 1549 von Paul III. gegründet und von Gregor XIII. vermehrt und erweitert. Pius V. taufte selbst mehr als hundert gelehrte und reiche Juden, wobei Kardinäle und Prälaten die Patenstelle vertraten. Bei dem Konstanzer Konzil, das sich auch mit der Sache der Judenbekehrung beschäftigte, hielt der getaufte Jude Theobald, Dominikaner und Professor der Theologie, 1416 eine beifällig aufgenommene Rede, und auch der hl. Karl Borromäus, der diese Sache auf seinem Mailänder Konzil im Jahre 1565 behandelte, forderte seine Geistlichkeit zum Eifer in der Bekehrung der Juden wiederholt auf. Seit dem 16. Jahrhundert fanden dann in Italien zahlreiche Bekehrungen gerade von gelehrten und vornehmen Juden statt, und diese wirkten mit Wort und Schrift auf ihre Brüder ein.

in England

Als auch in England viele Juden das Christentum annahmen, wollte sie König Wilhelm der Rote um 1100 zwingen, wieder zum Judentum zurück zu kehren; trotz aller Drohungen blieben aber die Bekehrten standhaft. Kaum hundert Jahre später konnte dagegen der Prior Richard von Bermondsey ein Hospital für Juden, die sich bekehren wollten, errichten, und die Dominikaner in Oxford eröffneten eine ähnliche Anstalt of Converts, wie auch Heinrich III. in London ein eigenes Haus zur Aufnahme und Pflege von Proslyten errichtete. Dieses Haus war so besucht, daß bald Filialanstalten gegründet werden mussten. Während der Regierung des Königs Eduard I. wurden allein 500 Proselyten getauft, dagegen musste er aber auch im Jahre 1290 nicht weniger als 16500 Juden wegen Wuchers und Münzfälschung des Landes verweisen.

in Deutschland

In Deutschland gab es früher keine auf die Juden gerichteten Missions-Bestrebungen, wohl aber Verfolgungen und Zwangstaufen derselben. Sie suchten durch die Taufe den Verfolgungen zu entgehen, welche die Kreuzzüge, die Tatareneinfälle und der schwarze Tod über sie brachten. Die deutschen Bischöfe wie die Päpste nahmen sie in Schutz und hinderten ihre gänzliche Ausrottung (vgl. S. Herzberg-Fränkel in den Forschungen zur deutschen Geschichte, XXIII, Göttingen 1883, 157). Die bisher geschilderten Verhältnisse dauerten fort bis zur französischen Revolution, welche den Juden die Emanzipation brachte. Seither haben zwar manche Bekehrungen stattgefunden, allein da sich bekanntermaßen die Mission nicht an das jüdische Volk als solches, sondern nur an Einzelne wenden kann, gibt es immer nur Einzelbekehrungen. Wenn die Protestanten zu klagen haben, daß unter denen, welche sich zum Protestantismus bekehrten, immer auch solche sich finden, welche den Bruch mit dem Talmud nicht aus religiösen Motiven vollziehen, und deren Annahme des Christentums darum auch keine ernstliche ist, so hat die katholische Kirche diesfalls kaum eine Klage zu erheben.

Die Gebrüder Ratisbonne und Lehmann

Bekannt sind die Bekehrungen eines Drach, eines Dr. Libermann, der beiden Ratisbonne und Lehmann, eines Bauer usw. (vgl. Rosenthal, Convertitenbilder III,1). Wie Drach so machten auch die übrigen nach ihrer Aufnahme in die katholische Kirche es sich zur Aufgabe, für die Bekehrung ihrer früheren Glaubens-Genossen zu wirken. Die beiden Ratisbonne gründeten zu dem Ende Anstalten in Paris und Jerusalem, welche in großer Blüte stehen und schon manche Bekehrung herbei geführt haben. Die betreffenden Erfolge werden in der Welt weniger bemerkt, weil die männlichen wie die weiblichen Bekehrten größtenteils dem Ordensstand sich widmen. Die beiden Lehmann, die als Priester der Diözese Lyon sich von Pius IX. zur Mission unter ihren Brüdern bevollmächtigen ließen, wandten sich zur Zeit des Vatikanischen Konzils an den Papst, damit er auch die Juden zum Konzil einlade, und veröffentlichten zugleich eine Schrift „Die Messiasfrage“ (deutsch Mainz 1870). Eine Einladung erging zwar an die Juden nicht; wäre aber das Konzil fortgesetzt worden, so wären sicher bei den Beschlüssen über die Missionen auch diese nicht übergangen worden.

Die Mission unter den Mohammedanern

Missionierung ohne namhaften Erfolg

Die Mission unter den Mohammedanern ist seit deren Auftreten in der Geschichte nie vernachlässigt worden. Namentlich infolge der Kreuzzüge versuchte man die Bekenner des Islam für das Christentum zu gewinnen, So wissen wir z.B., daß Samonas, Bischof von Gaza in Palästina, der im 12. Jahrhundert lebte und von Mohammedanern getötet wurde, ein Gespräch beschrieb, das er auf einer Reise nach Emesa mit einem Mohammedaner über das Altarsakrament gehalten (gedruckt als Disceptatio cum Ahmede Saraceno super veritate corporis et sanguinis Christi in Sacramento Eucharistiae, graec. Et lat. Es F. Ducaeus, Par. 1624 und mehrmals). Der Venetianer Anastasius, Mönch im Kloster Michaelsberg bei Avranches (gest. um 1085), predigte im Auftrag Gregors VII. in Spanien den Mohammedanern das Christentum, freilich ohne namhaften Erfolg. Nach Eroberung der letzten maurischen Stadt wurde zwar hier den Mauren die Beibehaltung ihrer Religion gewährt, aber nach einer Verschwörung derselben ward ihnen nur (1498) die Wahl zwischen Auswanderung und Bekehrung gelassen. Manche ließen sich taufen, waren aber als Scheinchristen der Kirche nur um so gefährlicher; übrigens waren die Bekehrungen unter ihnen im Ganzen seltener als unter den spanischen Juden. (siehe den Beitrag: Die kirchliche Inquisition in Spanien) In den anderen Ländern, in denen die Mohammedaner die Herrschaft hatten und noch haben, war die Missions-Tätigkeit aus verschiedenen Gründen bisher fast ohne Resultat.

Gründe für die erfolglose Missionierung

Wie Kardinal Lavigerie sagt (Annalen der Glaubens-Verbreitung, Straßburg 1855, 190ff), ist der Mohammedanismus wahrhaft ein Meisterwerk des bösen Geistes. Er befriedigt gleichzeitig die höchsten Bedürfnisse wie die niedrigsten Triebe unserer Natur und fesselt so den Menschen in all seinen Seelenkräften. Durch den vom Judaismus entlehnten Glauben an einen einzigen Gott, an die Belohnung und Bestrafung im künftigen Leben, durch das Gebet und die religiöse Beschaulichkeit, die oft zur feurigen Begeisterung sich steigert, befriedigt er das Bedürfnis unserer Natur, sich zu ihrem Schöpfer als der Quelle alles höheren Lebens zu erheben; durch die Frivolität seiner Vorschriften dagegen, durch den freien Lauf, den er den zügellosen Ausschweifungen der Sinne läßt, durch das Gesetz des heiligen Krieges, der die Unterdrückung, die Plünderung, das erbarmungslose Morden aller Rajas, d.i. derer, welche dem Islam nicht huldigen, gut heißt, schlägt der Mohammedanismus seine Anhänger in Bande, welche menschlicher Weise nichts brechen kann. Soll er zerfallen, so kann dies nur aus ihm selbst kommen, d. h. infolge seiner Grundsätze, seines Schicksals-Glaubens, seines Sitten-Verderbnisses, welche überall unheilbare Trägheit, Auflösung und Tod erzeugen. Übrigens zeigen die Mohammedaner überall die gleiche zähe Anhänglichkeit an ihren Glauben und die allergeringste Übung desselben…
Nach dem bisher Angeführten sind wir wohl berechtigt zu sagen: Überall, wo der Mohammedanismus noch Herr ist, bleibt die christliche Mission ohnmächtig; jegliche Bekehrung scheint unmöglich, oder wenn je eine solche stattfindet, so werden die einzelnen Neubekehrten zur Flucht gezwungen…
… vor allem ist es die Sorge Gottes, an dem von ihm bestimmten Tage sein Werk auch in diesen Seelen zu vollenden. –
aus: Wetzer und Welte`s Kirchenlexikon, Bd. 8, 1893, Sp. 1581 – Sp. 1593

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