Heiliger Papst Gregor I der Große

Der Papst trägt das Kreuz Christi, von Christus glorreich empfangen; es zeigt das Leiden der Päpste und zugleich der Kirche

Die Missionare auf dem Heiligen Stuhl

Der heilige Papst Gregor der Große sitzt in seiner päpstlichen Kleidung, in Gedanken versunkend, mit seinem Hirtenstab auf einem Thron, Schreibfeder und Buch in der Hand; neben ihm links sitzt ein Engel mit einer Art Panflöte

Der heilige Papst Gregor I. der Große (regierte von 590-604)

Am Ausgang dieses Jahrhunderts begegnen wir einem Papst, der wie keiner weder vor ihm noch nach ihm so Großes geleistet und einen so nachhaltigen Einfluß auf die Völker in den folgenden Jahrhunderten ausgeübt hat. Es war eine namenlos traurige Zeit, in die das Leben dieses Mannes fiel. Rom war fast nur mehr eine Ruine, Italien grauenvoll verwüstet und entvölkert, großenteils im Besitz eines rohen, der Kirche feindlichen Eroberers. Die alte Welt lag gleichsam in Todeszuckungen, die neuen Völker waren, selbst wenn sie den christlichen Namen trugen, wild und zügellos. Alles war in brodelnder Gärung. Da führte die Vorsehung einen Mann auf den Stuhl des hl. Petrus, dem selbst der bitterste Papstfeind Achtung und Ehrfurcht zollen muss, den die dankbare Nachwelt den „Großen“ nennt. Er steht vor uns im Glanz eines Heiligen, eines Apostels, eines Reformators, eines Anwaltes der Völker, eines Wohltäters der Armen, eines Kirchenlehrers.

Sorge um eigene Heiligung

Die erste Hauptsorge, die sein Leben beherrschte, war auf seine eigene Heiligung gerichtet. Entsprossen einem der ältesten und angesehensten Geschlechter Roms, erhielt er von seiner frommen Mutter Sylvia, die als Heilige verehrt wird, eine tief religiöse Erziehung. Zugleich wurde ihm eine seinem Stande gemäße wissenschaftliche Ausbildung zuteil. Noch jung an Jahren, wurde er mit dem Amt eines Prätors von Rom betraut, der ersten weltlichen Stelle der Stadt. Jedoch mit dem Tod seines Vaters gab er diese Stelle auf, gründete mit seinem großen Vermögen sechs Klöster, ein siebentes in seinem Palast in Rom, wurde selbst Mönch und führte ein Leben der Demut, des anhaltenden Gebetes und solcher Bußstrenge, daß er in der Folge an körperlicher Schwäche und Kränklichkeiten zu leiden hatte. Anspruchslosigkeit, Verkehr mit Gott, Pflichttreue beherrschten sein Leben. Nicht lange konnte Gregor sich der klösterlichen Stille erfreuen. Pelagius II. ernannte ihn zu seinem Gesandten am Hof von Konstantinopel. Er nahm einige Mönche seines Klosters mit sich und, obwohl er im kaiserlichen Palast wohnte, lebte er wie in Kloster und oblag gewissenhaft seinen frommen Übungen. Nachdem er seine schwierige Aufgabe mit großer Klugheit und Geschicklichkeit gelöst hatte, kehrte er wieder in sein Kloster nach Rom zurück.

Der heilige Gregor, noch Mönch, zum Papst gewählt, versteckte sich in einer Höhle; dort wird er jedoch gefunden und überredet, die Wahl als Papst anzunehmen; man sieht ihn in abweisender Haltung sitzen

Nach dem Tode des Papstes Pelagius 590 wurde er einstimmig zu dessen Nachfolger erwählt. Sein Weigern und Sträuben halfen ihm nichts. Er floh verkleidet aus Rom und verbarg sich in Höhlen. Als aber eine Lichtsäule den Suchenden seinen Aufenthaltsort kundgab, sah er darin Gottes Willen und übernahm die schwere Bürde.

Der heilige Papst Gregor der Große auf einer Prozession durch Rom; über der Engelsburg sieht er einen Engel stehen sowie rechts und links von diesem viele weitere; bei Gregor sieht man Jungen, die ein Bild der Muttergottes tragen

Gerade um die Zeit, als Gregor zum Papst gewählt worden, herrschte in Rom noch die Pest, welche auch seinen Vorgänger, Papst Pelagius II., hinweg gerafft hatte. Da forderte der Heilige das Volk zur Buße auf, um den Zorn Gottes zu besänftigen. Das Volk hörte auf seine Stimme und zog haufenweise unter Gebet und Tränen von einer Kirche in die andere. Um nun in diese Bittgänge des Volkes Ordnung zu bringen, verordnete der Heilige, daß sich die Gläubigen in sieben Chöre teilen, in Prozession von verschiedenen Kirchen zugleich ausgehen und in der Muttergottes-Kirche „Major“ genannt, zusammen treffen sollten. Er selbst führte die Prozession der Geistlichen an, und als dieselbe bei dem Grabmal des Kaisers Hadrian vorbei zog, sah Gregor auf der Spitze desselben einen Engel stehen, der zum Zeichen, daß Gottes Zorn besänftigt sei und die Peste aufhören werde, ein Schwert in die Scheide steckte, woher dieses Grabmal, das wie ein Schloß gebaut war, den Namen Engelsburg erhielt. (Ott, Legende von den lieben Heiligen Gottes, S. 385)

Sorge um Einheit und Rechtgläubigkeit

Als Papst entfaltete Gregor eine großartige apostolische Tätigkeit zuerst dadurch, daß er die noch Getrennten zur Einheit mit der Kirche zurückzuführen suchte, dann aber auch dadurch, daß er die alten wie die neu auftauchenden Irrtümer energisch und mit Erfolg bekämpfte. Noch als Nuntius in Konstantinopel trat er dem Patriarchen Eutychius, der es bestritt, daß wir in demselben Leib auferstehen werden, mit solchem Nachdruck und Erfolg entgegen, daß derselbe bald darauf dem Tod nahe, mit der einen Hand die andere faßte und zu den Umstehenden sagte: „Ich bekenne, daß ich in diesem Leib auferstehen werde.“ Seine apostolische Tätigkeit bewies Gregor ferner durch den Eifer, mit welchem er die Autorität des römischen Stuhles wahrte und dem Hochmut der Patriarchen von Konstantinopel entgegen trat, die immer wieder von neuem sich den widerrechtlichen Titel „eines allgemeinen Bischofs“ beilegten und dadurch einen Keil in die Einheit der Kirche hinein zu treiben versuchten.

Während Gregor den Papst das Haupt des Glaubens, den Stellvertreter des hl. Petrus, nennt, welchem die oberste Leitung der Kirche anvertraut ist, nennt er sich selbst, um den Stolz der Patriarchen von Konstantinopel zu brechen: „Knecht der Knechte Gottes“. Als Apostel bewies sich der Heilige schon zur Zeit, wo er noch als Mönch (Abt) im Kloster lebte. Bekannt ist die Erzählung seiner Begegnung mit angelsächsischen Sklaven zu Rom. Als er eines Tages über den Marktplatz in Rom ging, sah er daselbst mehrere Jünglinge von schöner Gestalt zum Kauf feilgeboten. Ihre lieblichen Gesichtszüge erregten Gregors Interesse; er fragte nach ihrer Herkunft: Auf die Antwort: Es sind „Angli“, erwiderte er: „Die Angli müssen Angeli (Engel) werden“. Es ging ihm nämlich tief zu Herzen, daß diese anglischen Sklaven und ihre Nation noch Heiden waren. Gregor faßte daher den Plan, nach Britannien (England) zu reisen, um an der Bekehrung der Angelsachsen zu arbeiten. Schon hatte er in Begleitung einiger Mönche mit Zustimmung und unter dem Segen des Papstes Pelagius II. Rom heimlich verlassen, als das Volk sich erhob und den Papst drängte, den bereits auf dem Weg Befindlichen zurück zu rufen. War so sein Lieblingswunsch vereitelt, so konnte er als Papst diesen in anderer Weise erfüllen. Im Jahr 596 zieht eine Schar von 40 Mönchen aus Rom durch Gallien, überschifft den Kanal und gelangt zum König von Kent, Ethelbert. Augustin steht an der Spitze dieser Schar. Gregor hatte sie entsendet. Nach kurzer Frist bat der edle König um die Taufe. Eine fromme Frau half getreulich mit: Bertha, des Königs Gemahlin. Zehntausend Angelsachsen wurden am Weihnachtsfest des Jahres 597 getauft. Rasch verbreitete sich der Glaube über das ganze Land.

Eifer in Reformierung von Klerus und Volk

Brennenden Eifer entwickelte der Papst in Reformierung von Klerus und Volk. Infolge der verheerenden Völkerwanderungen und der Glaubens-Streitigkeiten war ein arger Verfall des religiösen und sittlichen Lebens eingetreten. Soll eine wirkliche Reform zustande kommen, ist ein pflichttreuer und sittenreiner Klerus erste Bedingung. Denn „der Ruin des Volkes“, betont Gregor, „rührt von den schlechten Dienern des Heiligtums her.“ Daher war es des Papstes unablässiges Bemühen, durch Verordnungen wie durch belehrende Schriften seeleneifrige Bischöfe, fromme Priester und musterhafte Ordensleute heranzubilden. Er entsetzte die Kleriker, welche sich durch Kauf (Simonie) in den Besitz kirchlicher Würden gesetzt hatten oder durch unsittliches Leben den Gläubigen zum Ärgernis gereichten. Weil würdige Feier des Gottesdienstes ein vorzügliches Mittel ist, die Religion und Sittlichkeit des Volkes zu fördern, so ordnete er das Missale (Messbuch) und veranstaltete eine Neuausgabe desselben, auch stellte er das Buch (Rituale) zusammen, welches die Gebete und Zeremonien bei Spendung der Sakramente enthält. Sodann regelte er den Kirchgesang (Choral), welcher nach ihm der gregorianische genannt wird, und dichtete selbst mehrere kirchliche Hymnen. Er richtete eine Sängerschule ein und bestimmte für sie hinreichende Einkünfte. Schon als Mönch und Abt hatte er die Knaben im Gesang unterrichtet.

Das christliche Leben suchte der seeleneifrige Papst zu heben durch zahlreiche belehrende und ermunternde Predigten, die er an die Gläubigen richtete, wie durch salbungsvolle Schriften, die er der Nachwelt hinterließ. Durch sein Beispiel bekräftigte er die Vorschriften, die er diesbezüglich dem Klerus gab, so daß dieser umso bereitwilliger sich dem religiösen Unterricht des Volkes widmete.

Papst Gregor der Große – Anwalt des Volkes

Nicht minder groß steht Gregor da als Anwalt des Volkes. Im Jahre 593 unternahm der Langobardenkönig Agilulf einen Kriegszug gegen Rom. Als dieser sich zur Bestürmung der Stadt anschickte, trat ihm der Papst wie einst Leo dem Attila entgegen und redete ihm so zu Herzen, daß er Langobarde sein Vorhaben aufgab und abzog. Er gewann immer mehr Einfluß auf diese wilden Eroberer zugunsten des unterworfenen Volkes in Italien durch die Heiligkeit seines Lebens, welche die Langobarden mit höchster Achtung erfüllte. Noch mehr wuchs der Einfluß Gregors durch Theodelinde, die katholische Gemahlin des Königs (eine bayerische Prinzessin), die es über Agilulf vermochte, den neu geborenen Sohn Adelwald katholisch taufen zu lassen und der er die eiserne Krone schenkte.

Die eiserne Krone, die im Innern aus einem Kreuzigungsnagel Christi besteht; die Erklärung ist unter der Krone geschrieben

Den Adel seiner Gesinnung bewies Gregor, als Kaiser Mauritius in Konstantinopel ihn aufforderte, er möge sein Ansehen dazu benutzen, daß sich die Langobarden gegenseitig aufrieben. Der Papst erklärte, daß, wenn er sich hätte in die Kämpfe der einmischen wollen, das Volk in der größten Verwirrung zerstreut worden wäre. Aber weil er Gott fürchte, scheue er sich an dem Mord irgend eines Menschen teilzunehmen. Den griechischen Kaisern ruft er das ernste Wort zu: „Schauet hin, o Kaiser, auf das gepreßte und niedergedrückte Volk und richtet es auf!“ Für das Volk setzt sich Gregor energisch ein gegen die kaiserlichen Beamten, die dasselbe durch ihre Habsucht und Geldgier aussogen; er enthüllte dem Kaiser deren Ungerechtigkeiten. Und als das wenig fruchtete, rief er gegen diese Räuber die Vermittlung der Kaiserin an und appellierte an ihr edles Herz. –

Den Königen der neuen katholischen Völker, dem der Angelsachsen, dem der Westgoten in Spanien, wie denen im Frankenreich schärfte er nachdrücklich ein, ihre Untertanen in Milde und Gerechtigkeit zu regieren, indem er ihnen das Wort der Schrift zuruft: „Gerechtigkeit erhebt das Reich, die Sünde aber macht elend die Völker.“ So war Gregor in des Wortes edelster Bedeutung ein Volksmann.

Papst Gregor der Große – Wohltäter der Armen

Er war aber auch ein Wohltäter der Armen. Die Sorgfalt, die er ihnen bewies, läßt sich nicht beschreiben. Innige Teilnahme bewahrte er den Sklaven, immer bemüht, ihr hartes Los zu mildern und ihre Befreiung zu erleichtern. Gefangene kaufte er los, so viele er konnte, Bischöfe forderte er auf, zu diesem Ende selbst heilige Gefäße zu veräußern. Den Bauernstand suchte er zu heben und die Lage der Landbewohner zu verbessern. Von den Armen, die seiner Hilfe bedurften, hatte er eigene Verzeichnisse angelegt. Täglich pflegte er persönlich arme Pilger zu speisen und selbst zu bedienen. Besonders zärtliche Fürsorge wendete er verschämten Armen zu; in Schonung ihres Ehrgefühls war er von rührender Zartheit. –

Als eines Tages ein armer Mann in Rom tot auf der Straße gefunden worden war, legte sich Gregor, in der Furcht, der Arme möchte Hungers gestorben sein, ein mehrtägiges Fasten auf, zur Buße, als trüge er Schuld am Tode dieses Unglücklichen. Bei all dieser Tätigkeit war der Papst meistens leidend, ja die letzten vier Jahre fast beständig ans Bett gefesselt und von heftigen Schmerzen heimgesucht.

Dessen ungeachtet regierte er vom Bett aus mit nimmermüdem Eifer die Kirche Gottes und widmete mit weltumspannendem Blick seine Sorgfalt den Angelegenheiten des Gottesreiches, wie den Bedürfnissen einer armen Witwe. Die 844 Briefe, welche wir von ihm besitzen, geben uns ein Zeugnis von der Weite und Teilnahme seines Herzens. So hat dieser große Papst gewirkt 14 Jahre auf dem Stuhl Petri.

Papst Gregor der Große – ein Kirchenlehrer

Er lebt fort in seinen zahlreichen Schriften, die ihn in die Reihe der vier größten Kirchenväter des Abendlandes stellen, und trägt mit Recht den Ehrennamen eines Kirchenlehrers. In seinen Werken, die vier Foliobände ausmachen, ist er Zeuge, Ausleger und Begründer der christlich-katholischen Wahrheit wie des religiösen Lebens und der christlichen Vollkommenheit.

Bossuet faßt das Leben dieses Papstes in die Worte: „Dieser große Papst bezähmte die Langobarden, rettete Rom und Italien, das die Kaiser nicht mehr schützen imstande waren, wies den aufkeimenden Hochmut der Patriarchen von Konstantinopel in die geziemenden Schranken, erleuchtete durch seine Lehre die Kirche, regierte den Orient und das Abendland mit eben so viel Kraft als Demut und gab der Welt ein vollendetes Beispiel echt kirchlicher Regierung.“ Durch Linderung der sozialen Not, durch seinen kräftigen Schutz der Stadt Rom, durch sein kluges und energisches Auftreten hatte Gregor tatsächlich sich zum stillschweigend anerkannten politischen Oberhaupt der Stadt gemacht und die weltliche Herrschaft des Papsttums angebahnt. –
aus: Andreas Hamerle C.Ss.R., Geschichte der Päpste, I. Band, 1907, S. 192 – S. 197

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