Das Kreuz und der Halbmond
Das Pontifikat von Papst Pius IV. (regierte von 1559 bis 1565)
Infolge der beim Tod Pauls IV. eingetretenen Verwirrungen in Rom dauerte das Konklave nahezu vier Monate, bis endlich, am 24. Dezember 1559, die Stimmen der Kardinäle sich auf Johannes Angelus Medici vereinigten, der den Namen Pius IV. annahm. Er hatte in Mailand 1499 das Licht der Welt erblickt, studierte anfangs Medizin und die Rechte, kam unter Klemens VII. nach Rom und wurde von Paul III. zum Erzbischof, später zum Kardinal ernannt. Ein Freund der Künste und Wissenschaften und eine sanfte Natur, wollte er durch Milde erreichen, was sein Vorgänger durch Strenge anstrebte. Die Schwierigkeiten, in die der Vorgänger sich mit den Habsburgern verwickelt hatte, suchte Pius auszugleichen, was ihm auch gelang. (Hamerle, Bd. III, S. 552-553)
Dieser Papst war der Sohn eines Zolleinnehmers in Mailand und wurde am 31. März des Jahres 1499 geboren. Wegen kriegerischer Unruhen wandte er sich nach Vollendung seiner Studien nach Rom und wurde durch den Papst Klemens VII. mit wichtigen Ämtern betraut. Im Jahre 1545 wurde er Erzbischof von Ragusa, vier Jahre darauf Kardinal. Für die erste und wichtigste Aufgabe seiner Regierung hielt es Papst Pius, die Kirchenversammlung zu Trient zu Ende zu führen. Im Dezember des Jahres 1563 fand dort auch wirklich die letzte Sitzung statt. (1)
Über diese herrliche und ewig denkwürdige Versammlung äußert sich ein katholischer Schriftsteller mit folgenden Worten: „Während die mächtigen, weltlichen Fürsten vergeblich sich abmühten, den Glauben in Schutz zu nehmen und die eingerissenen Missbräuche zu bessern, vollbrachten einige schwache Päpste das ruhmvolle Werk einer großartigen Kirchenversammlung. Über dieselbe kamen alle erdenklichen Prüfungen: Pest und Krieg, Aufruhr und Schmähung; aber kein Hindernis konnte die Päpste von ihrem Eifer abbringen. Aus der Mitte unruhiger Sitzungen gingen Beschlüsse hervor, die an Weisheit und Mäßigung nicht ihresgleichen haben. Die tiefsten Fragen unseres Glaubens wurden mit staunenswerter Klarheit gelöst. Jedes Wort bekräftigte eine Wahrheit und widerlegte einen Einwurf, wahrte eine Freiheit und verurteilte einen Irrtum.“
Die in Trient gefaßten Beschlüsse wurden dem heiligen Vater vorgelegt und von ihm bestätigt. Der Papst bemühte sich eifrig, die Wissenschaft zur höchsten Blüte zu bringen. Zu diesem Zweck versammelte er an verschiedenen Abenden die gelehrtesten Männer um sich, um um sich mit ihnen über schwierige Fragen zu besprechen. Die weisesten Männer aus allen Teilen der Erde tauschten hier die geistigen Schätze ihres Wissens aus. So besorgt Pius für die Religion und für die Wissenschaft war, so vergaß er doch nicht, was er als weltlicher Fürst seinen Römern schuldig war. Er beförderte den Handel, verschaffte den armen Arbeit durch schöne Bauten und sorgte für gutes Wasser.
Dem habsburgischen Kaiserhaus freundlich gesinnt, erteilte der heilige Vater Ferdinand I. die Anerkennung als Kaiser. Eine solche Tätigkeit schützte ihn aber nicht gegen den Hass zahlreicher Gegner. Im Anfang des Jahres 1565 bildete sich eine Verschwörung gegen das Leben des Papstes, die geplante Tat kam aber nicht zur Ausführung.
Noch in demselben Jahr fiel der heilige Vater in eine schwere Krankheit. Kaum verbreitete sich die Kunde davon, da eilten der heilige Kardinal und Erzbischof Borromäus von Mailand und der heilige Philippus Neri herbei, ermahnten den Papst, nur daran zu denken, wie er würdig vor Gott trete. In den Armen dieser beiden Heiligen verschied er am 9. Dezember des Jahres 1565 im siebenundsechzigsten Jahr seines Alters mit den Worten: „Nun, o Herr, entläßt du deinen Diener im Frieden.“ –
aus: Chrysostomus Stangl, kath. Weltpriester, Die Statthalter Jesu Christi auf Erden, 1907, S. 628 – S. 630
(1) Einen hohen Glanz auf das Pontifikat Pius‘ IV. wirft die Wiedereröffnung und der glückliche Abschluss des Konzils von Trient. Die Einberufung desselben erfolgte im Jahr 1560, der Zusammentritt sollte im folgenden Jahr geschehen, fand aber erst 1562 statt. Überallhin wurden Legaten gesandt, um zur Beteiligung am Konzil einzuladen. Der Legat Delfini sagte zu den in Augsburg versammelten deutschen Fürsten: „Der Papst ist tief bekümmert um die Wohlfahrt des edlen deutschen Volkes. Darum ladet er alle ein zur brüderlichen Beratung und Entscheidung dessen, was not tut. Die Protestanten sollen nicht bloß gehört, sondern auch in allen billigen Dingen berücksichtigt werden. Was gut und löblich ist, soll genehmigt, was verwerflich ist, soll verworfen, was allen so notwendig ist, die Spaltung soll aufgehoben, die Eintracht der Kirche soll hergestellt werden.“
Die Protestanten wollten nichts davon wissen und antworteten mit Ausflüchten oder Schmähungen. Das Konzil wurde mit der 17. öffentlichen Sitzung wieder aufgenommen und mit der 25. öffentlichen Sitzung am 4. Dezember 1563 zum Abschluss gebracht. Es ist das größte und weit tragendste Werk in der Geschichte der Kirche vom Apostelkonzil an bis auf die Gegenwart…
Pius IV. war über den glücklichen Abschluss des Konzils hoch erfreut und bestätigte dessen Entscheidungen am 26. Jänner 1564. Sofort machte sich der Papst ans Werk, die Beschlüsse des Konzils in Ausführung zu bringen. Er forderte die Bischöfe auf, sich in ihre Sprengel zu begeben, schrieb das aus den Dekreten des Konzils entnommene Glaubensbekenntnis vor, verordnete die Reform des Kirchengesanges, erließ eine Verordnung über das Lesen verbotener Bücher und ließ ein Verzeichnis derselben anfertigen. Für mehrere deutsche Länder gewährte er die Kommunion unter beiden Gestalten, jedoch kam dieselbe bald außer Übung. Das Volk sah ein, daß es der Ehrfurcht des heiligsten Sakramentes mehr entspricht, wenn die Kommunion unter Brotsgestalt allein gespendet wird. Die Forderung einzelner Fürsten, die Priesterehe zu gestatten, wies Pius IV. entschieden zurück. In Rom errichtete er das römische Seminar zur Heranbildung würdiger und gelehrter Priester. Die Konzils-Entscheidungen wurden nach und nach von den katholischen Regierungen angenommen. So konnte Pius mit dem Bewusstsein, ein großes Werk glücklich zum Abschluss gebracht und einen mächtigen Anstoß zum neuen Aufschwung des kirchlichen Lebens gegeben zu haben, die Augen schließen. –
aus: P. Andreas Hamerle C.Ss.R., Geschichte der Päpste III. Band, 1907, S. 553 – S. 557