Heiliger Karl Borromäus Erzbischof

Jesus Christus mit seinen Heiligen, die ihm Verehrung zollen und ihn anbeten

Heiligenkalender

4. November

Der heilige Karl Borromäus, Erzbischof von Mailand

Im Jahre 1538 wurde zu Arona, einem Städtchen an dem so herrlichen Langensee, der gräflichen Familie ein zweiter Sohn Karl geboren. Die Freude über seine Geburt war um so größer, da eine mächtige Lichtsäule, welche zwei Stunden lang das Zimmer der Mutter wunderbar erleuchtete, eine außerordentliche Zukunft des Kindes vorbedeutete. Schon den Knaben zierte ein stilles, frommes Wesen und ein ehrerbietiger Ernst im Dienst Gottes. Die sehr religiösen Eltern pflegen diese glücklichen Anlagen durch die sorgsamste Erziehung, gestatteten ihm nach der damaligen Sitte, schon frühzeitig priesterliche Kleidung zu tragen und schickten ihn nach der ersten Schulbildung zu Mailand auf die Universität Pavia, damit er dort die Rechte studiere: er aber wendete sich bald der theologischen Wissenschaft zu. Weil er eine etwas schwere Zunge hatte und sehr streng das Stillschweigen übte, beurteilte man ihn für einen Schwachkopf. Allein während er mit Riesenkraft die Versuchungen, in welche ihn sein hoher Adel, sein großer Reichtum, sein jugendliches Alter mitten hinein stellten, bekämpfte und die Lehren des Evangeliums von der Demut und Selbstentsagung genau befolgte, machte er so glänzende Fortschritte in den Wissenschaften, daß er mit der Doktorwürde beider Rechte 1559 ins Vaterhaus zurück kehrte.
Im gleichen Jahr bestieg der Bruder seiner Mutter den päpstlichen Stuhl unter dem Namen Pius IV. Die ganze Familie war darüber hoch erfreut, nur Karl blieb sehr ernst und ging zur heiligen Beichte und Kommunion, um für seinen Oheim, den neuen Statthalter Christi, zu beten – so hoch ehrte er schon damals das Oberhaupt der heiligen, katholischen Kirche.

Der Papst berief bald den hoffnungsvollen Neffen nach Rom und ernannte ihn – den 23jährigen Jüngling – nacheinander zum Präsidenten des Staatsrates, zum Erzbischof von Mailand und zum Kardinal, trotz seiner Weigerung, seiner Bitten und Tränen. Diese große und schnelle Erhebung erregte zuerst vielfachen Unwillen und beißenden Spott; aber bald verstummte die Aufregung vor der Überzeugung, daß Pius IV. sehr weise gehandelt und der heiligen Kirche durch die Erhebung des Neffen eine unschätzbare Wohltat erwiesen habe. Denn Karl bewies eine gewaltige Geisteskraft, eine seltene Geschäftstüchtigkeit und ein so praktisches Talent in seinem hohen Wirkungskreis, daß man ebenso sehr über seine Leistungen staunte, als seine prunklose Einfachheit, seine demütige Bescheidenheit und unergründliche Herzensgüte bewunderte. Er wendete die ganze Kraft seines Geistes und die Macht seines innigen Gebetes dem großen, unsterblichen Werke zu: das schon zweimal abgebrochene Konzil zu Trient zu vollenden und dessen Entscheidungen zum Wohle der tief erschütterten Kirche ins Leben zu setzen. Ihm gebührt das ruhmwürdige Verdienst, daß die Christenheit den römischen Katechismus besitzt, ein Werk, welches Gelehrsamkeit, Genauigkeit und Kürze mit schöner, fließender Schreibart in sich vereint. Sein höchstes und wichtigstes Verdienst um die katholische Kirche jedoch besteht darin, daß er der Erste war, der alle Beschlüsse und Anordnungen des Konzils von Trient in seiner ganzen erzbischöflichen Provinz zur Ausführung brachte, und hierin allen andern Bischöfen der Welt als aufmunterndes Vorbild voran leuchtete.

Sein Erzbistum, das 15 Bistümer, 2200 Kirchen, 3200 Priester, 150 Klöster umfaßte und seit achtzig Jahren fast keinen Erzbischof mehr gesehen hatte, sondern nur von Stellvertretern versehen worden war, lag tief darnieder. Der Gottesdienst war ohne Würde, die Kirchen ohne Zierde, die Priester ohne Eifer, die Ordensleute ohne Regel, die göttlichen und kirchlichen Gesetze ohne Achtung, die Sakramente ohne Empfänger, das Volk ohne Sittlichkeit, der Adel ohne Tugend. Der Protestantismus und die Kriege hatten auch in Italien die Leidenschaften aufgewühlt, Zwietracht entzündet und Rohheit entzügelt.

Karl`s Herz blutete ob dieser Verwilderung; er war nicht länger in Rom zurück zu halten. Er eilte nach Mailand, versammelte sogleich die Bischöfe der Provinz um sich und gab ihnen bewunderungswürdige Anleitungen über die Beobachtung der Beschlüsse des Konzils, über die Verbesserung der Geistlichkeit, über die Feier des Gottesdienstes und den Unterricht in der christlichen Lehre. Dann begann er die Verbesserung im eigenen hause, entsagte allen Benefizien, mit denen ihn der Papst beschenkt, überließ die großen Familiengüter seinen Verwandten gegen billige Entschädigung, verminderte die Zahl der Diener und Beamten, hielt und bezahlte sie gut, forderte aber strenge Ordnung und musterhaften Wandel, speiste mit ihnen am gleichen Tisch, betete mit ihnen in der Hauskapelle. Erst später, als er nur mehr Brot, Wasser und Gemüse genoss, speiste er allein.

Gleichzeitig stiftete er auf eigene Kosten (mit mehr als 60000 Dukaten) ein großes Seminar zur Heranbildung der Priester in Mailand, richtete mehrere Knabenseminarien ein, belebte allenthalben die ehrwürdige Majestät des Gottesdienstes, verbot den Geistlichen den Besitz mehrere Pfründen, die anstößige Teilnahme an Schauspielen und Tänzen, schrieb ihnen die echt priesterliche Kleidung vor und stellte die Missbräuche ab, welche sich in die Kirchen und Klöster eingenistet hatten.

Diese scharfen Maßregeln bewirkten eine ungeheure Aufregung: von allen Seiten ertönte Murren und Widerspruch, Berufung auf alte Bräuche und Privilegien, Klagen über Willkür und Tyrannei, ja man ging bis zu Mordversuchen. Als der Heilige eines Abends mit den seinigen in der Kapelle betete, schoss ein eingeschlichener Priester auf ihn. Auf den Knall verstummte Gebet und Gesang; Angst lähmte Alle; Karl gab ein Zeichen, daß alle knien bleiben sollten, und vollendete ruhig das Gebet. Anfangs hielt er sich tödlich verwundet und opferte Gott sein Leben auf; allein bei der Untersuchung ergab es sich, daß die Kugel ihm nur das Chorhemd und die haut am Rücken geschwärzt hatte und dann zu Boden gefallen war. Karl tat sein Möglichstes, um den Mörder vor gerichtlicher Verfolgung zu retten. Eines Tages erhielt er einen Brief mit dem Bedeuten, daß er ihn schnell lese, weil eine Verschwörung darin angezeigt sei; er aber warf ihn ins Feuer mit den Worten: „Ich will nicht, daß meine Liebe gegen irgend eines meiner Schäflein erkalte.“ Er bewahrte stets einen heitern Gleichmut, kluge Besonnenheit und duldende Nachsicht ohne Pflichtverletzung: er war nie bitter bei Rügen und Verweisen, milderte die Schärfe seines Eifers durch herzliche Sanftmut, blieb aber unerschütterlich fest gegenüber öffentlichen Unordnungen; dort kannte er keine Menschenfurcht.

Unbeschreiblich hart waren seine Anstrengungen auf den Visitationsreisen bis in die rauesten Berge hinauf, wo er oft, Steigeisen an den Füßen, den Bergstock in der Hand, den Bündel auf dem Rücken – klettern musste. Seine Schritte begleitete Segen und Trost; er predigte – oft im Tage zwei und dreimal – hörte Beichten, besuchte die Kranken, beschenkte die Armen, redete freundlich und liebreich mit Allen. Die Katholiken der Schweiz verdanken seiner Visitation 1570 sehr große Wohltaten: er erwirkte den Tagsatzungs-Beschluss, daß keine nicht-katholischen Lehrer in katholischen Schulen angestellt werden, keine nicht-katholischen Beamten zur Entscheidung in Religionssachen ermächtigt seien, und die katholischen Kirchen den Staatsschutz genießen sollten; er bewog den Papst Gregor XIII., den ersten Nuntius (päpstlicher Gesandte) in die Schweiz zu schicken; er brachte die Jesuiten nach Freiburg; er bewahrte Graubünden vor dem gänzlichen Abfall und stiftete in Mailand das Schweizer-Kollegium zur Abhilfe des Priestermangels.

Bei der im Jahre 1571 herrschenden Hungersnot überschwemmten die Land- und Bergbewohner Mailand und forderten Brot; das Elend stieg von Tag zu Tag. Karl teilte Alles aus, was er hatte und zuletzt noch sich selbst, d.h. Er, der Grafensohn, der Erzbischof, der Kardinal – er selbst bettelte von Haus zu Haus, von Tür zu Tür Almosen für die Hungernden!

Im Jahre 1576 war ein heiliges Jubiläum. Sein und seiner Priester Eifer freute sich über die herrlichen Früchte, welche die Buße des Volkes brachte. Bald darauf kam ein österreichischer Prinz nach Mailand und hielt sich daselbst einige Zeit auf, bevor er nach Spanien weiter reiste. Ihm zu Ehren wurden Festlichkeiten gegeben. Da lebte der frühere Leichtsinn des Volkes, seine Lust nach Spiel und Tanz, Theater und Schwelgerei in voller Bösartigkeit wieder auf. Vergebens waren alle Bitten, Warnungen, Verbote des Erzbischofs; er kündigte die Strafe Gottes, die Pest, an. Schon im August 1576 begann die Pest ihre fürchterliche Ernte in Mailand. Der Statthalter, der Prinz, der reiche Adel – flüchtete sich, die rat- und kopflosen Beamten baten den Erzbischof, die Sorge für die Stadt zu übernehmen.

Und er tat es, er weihte durch ein Gelübde Leib und Leben dem Volk. Er ordnete allgemeine Gebete und Bittgänge an, die er barfuß, mit einem Strick um den Hals, einem großen Kreuz in der Hand begleitete: er predigte täglich, traf weise Anordnungen, rief Priester zu Hilfe, sogar aus der Schweiz, und war Tag und Nacht tätig, Kranke zu besuchen, Sterbende zu trösten, die Jammernden zu ermutigen. Weil alle Geschäfte und Gewerbe stockten, wurde die Not der Armen und Taglöhner immer größer. Der Heilige teilte Alles aus: Geld, seine Kardinalskleider, die Hausgeräte samt dem Bett, sogar die Vorhänge von den Fenstern und die Tapeten von den Wänden, um die Nackten zu kleiden. Solches Beispiel wirkte: die Reichen wurden auch freigebig, die Frauen schickten ihre goldenen Ketten, Ringe, Armbänder, daß er Brot und Kleider dafür beschaffe. Diesen Trost verbitterte ihm wieder die Verstocktheit Vieler, welche der tollsten Schwelgerei und Ausschweifung sich hingaben, unter dem teuflischen Vorwand, das schütze sie vor der Krankheit. Ende Dezember, wie es der Heilige voraus gesagt, verschwand die Pest, nachdem sie 25000 Personen und 150 Priester dahin gerafft hatte.

Karl strengte sich an, die Tränen der Hinterlassenen zu trocknen; er stiftete ein großes Krankenhaus, eine Anstalt für Waisen und mehrere Vereine zu wohltätigen Zwecken, während er von dem zurückkehrenden Statthalter und andern Vornehmen den schändlichsten Undank erntete.

Im Jahre 1584 erkrankte er während der geistlichen Exerzitien auf dem Berge Varalli, eilte nach Mailand zurück und endete sein so kostbares Leben allzu früh am 4. November, erst 46 Jahre alt. Sein heiliger Leib ruht in einer herrlichen Gruft des weltberühmten Domes zu Mailand. Das Volk verehrte schon längst seinen „Retter“ als Heiligen, bevor ihn Papst Paul V. 1610 auf den Altar erhob. Seine hinterlassenen Schriften füllen fünf Foliobände. –
aus: Otto Bitschnau OSB, Das Leben der Heiligen Gottes, 1881, S. 821 – S. 824

Tags: Heilige

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