Wie viele die Zeit ihres Heiles unnütz zubringen

Wie lange willst du die Zeit deines Heiles unnütz zubringen!

1. „Wie lange willst du noch den wilden Tieren nachjagen und die Zeit deines Heiles so unnütz zubringen?“ Also fragte Christus der Herr den Hubert. An dich stelle ich die nämliche Frage: Wie lange willst du noch die Zeit deines Heiles so unnütz zubringen? Sieh, die gegenwärtigen Tage deines Lebens sind Tage deines Heiles; das ist, solche Tage, welche dir von Gott gegeben werden, dein Heil zu wirken. Du hast bisher so viele Tage unnütz angewendet; weil du sie nicht zu jenem Ziele und Ende gebraucht hast, zu welchem sie dir gegeben wurden. Wie lange willst du aber so fort fahren? Hat Gott nicht schon lange genug auf deine Bekehrung gewartet? Hast du nicht zu fürchten, daß er auch zu dir spreche, was er zu Hubert sagte: „Ich sage dir, wenn du dich nicht bald zu einem besseren Leben bekehren wirst, so wirst du in die Hölle hinab fahren.“ Merke wohl! – „Bald.“ Gott der Herr hat eine gewisse Zahl der Sünden bestimmt, welche er von dir erdulden wird; eine gewisse Zahl der Gnaden und der Tage deines Lebens, welche er dir verleihen wird. Wie groß diese Zahl sei, weißt du nicht. Bei einigen Menschen ist sie groß, bei anderen klein. Erfüllst du das Maß der Sünden, ohne daß du dich besserst: so wirst du sterben: und in deinen Sünden zugrunde gehen. Ist die Zahl der Gnaden oder der Tage deines Lebens erfüllt, so wirst du keine anderen Gnaden mehr von Gott bekommen, du wirst ferner keine Zeit haben, zu leben und dein Heil zu wirken. Gott wird dich sterben lassen und auf ewig von von sich verstoßen. Ist es dir nun ernst, der Hölle zu entgehen, so folge dem heiligen Hubert nach, beginne gleich deine wahre Besserung. Heute gibt dir Gott noch Zeit und Gnade; ob er dir diese morgen geben wird, weiß ich nicht. „Man muss daher“, sagt der heilige Ambrosius, mit der Gnade Gottes ohne Verzug wirken.“ – „Wir ermahnen euch“, schreibt der heilige Paulus, „daß ihr die Gnade Gottes nicht vergeblich empfanget; denn er spricht: ich habe dich in der angenehmen Zeit erhört, und an dem Tage des Heiles habe ich dir geholfen. Sieh, jetzt ist die angenehme Zeit; sieh, jetzt ist der Tag des Heiles!“ (2. Kor. 6, 1. 2.) Wer empfängt aber die Gnade Gottes vergeblich? Der heilige Anselm sagt: „Derjenige, der mit derselben nicht wirkt, oder der durch seine Trägheit macht, daß die empfangene Gnade müßig sei und seine Wirkung nicht habe.“

2. Demütige dich mit dem heiligen Hubertus, der gegen das Ende seines Lebens also sprach: „Die Ankunft meines Richters ist nahe; aber meine Lampe ist nicht angefüllt mit Tugend und guten Werken. Es brennt in ihr (in meinem Herzen) nicht das Licht der Liebe Gottes und des Nächsten, wie es sein sollte, um der Ankunft des Richters würdig entgegen eilen zu können. Ich fürchte mich vor einem Worte: „Gib Rechenschaft von deiner Haushaltung!“ (vom Gebrauch der Zeit deines Lebens!) Was werde ich vor dem gerechten Richter antworten, womit mich entschuldigen können? Euch, die ihr meiner Leitung anvertraut seid, werde ich, wenn ihr würdig befunden werdet, den auserwählten beigezählt zu werden, dem Richter vorstellen und sagen: Siehe, Herr! Die sind es, die aus Liebe zu dir gegen die Versuchungen gestritten und mit deiner Gnade gesiegt haben!“ –
aus: Wilhelm Auer, Kapuzinerordenspriester, Goldene Legende Leben der lieben Heiligen Gottes auf alle Tage des Jahres, 1902, S. 891 – S. 892

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