Heiligenkalender
3. November
Der heilige Hubert Bischof von Lüttich
Der heilige Hubert, dessen Fest die Kirche am dritten November feiert, war der Sohn des Herzogs Bertrand von Aquitanien, geboren 656. In den ersten Jahren wurde er zu aller Frömmigkeit angeleitet; als er sich aber an dem Hof des Königs Theodorich III. von Neustrien und nachher des Reichsverwesers Pippin von Heristal eine geraume Zeit aufgehalten hatte, ließ er sich von weltlichen Eitelkeiten gänzlich einnehmen und verlor alle Lust zur Andacht. Auf Verlangen Pippins verehelichte er sich mit Floribana, der sehr tugendhaften Tochter des Grafen Dagobert, änderte aber seine Lebensweise nicht. Im Spielen und in Lustbarkeiten bestand seine ganze Beschäftigung. Das Jagen und Herumschweifen in den Wäldern liebte er überaus und verschwendete mit demselben die edle Zeit. Die heilige Oda, eine Schwester der Mutter Huberts, welche ihn in den ersten Jahren sorgfältig erzogen hatte, betrübte sich deshalb sehr und bat Gott täglich um seine Bekehrung. Ihr Gebet wurde endlich erhört; denn als Hubert einst auf der Jagd einen großen Hirsch aufgetrieben hatte, setzte er demselben eiligst nach. Endlich blieb der Hirsch stehen, wandte sich um, und Hubert sah mit größter Verwunderung zwischen dem Geweih ein Kruzifixbild, aus dessen Munde er ganz deutlich diese Worte vernahm: „Hubert! Hubert! Wie lange willst du noch den wilden Tieren nachjagen und die Zeit deines Heiles so unnütz zubringen? Ich sage dir: wenn du dich nicht zu einem besseren Leben bekehren wirst, so wirst du in die Hölle hinab fahren!“ Hubert stieg gleich bei dem ersten Anblick des Gekreuzigten eilends vom Pferd, warf sich auf die Erde nieder und hörte diese Worte ganz zitternd und mit äußerst bewegtem Gemüte an. Dann rief er wie ein zweiter Saulus aus: „Herr! Was willst du, daß ich tun soll?“ Der Gekreuzigte gab zur Antwort: „Gehe nach Maastricht zum Bischof Lambertus. Dieser wird dir sagen, was du tun sollst!“
Hubert, durch die letzten Worte etwas getröstet, doch durch die schreckliche Androhung der Hölle ganz erschüttert, bereute mit vielen Tränen sein bisheriges müßiges Leben, und ohne wieder nach Hause zurück zu kehren, begab er sich sogleich zu dem heiligen Lambertus, fiel vor ihm nieder und weinte so bitterlich, daß er kaum ein Wort hervor bringen konnte. Lambertus fragte ihn, was die Ursache dieser Tränen sei, und was er von ihm verlange? Hubertus erzählte, was ihm widerfahren sei, und bat den heiligen Bischof demütigst, ihm zu zeigen, was er tun solle, damit er nicht ewig verloren ginge. Der heilige Bischof munterte ihn auf, ermahnte ihn zu einer ernstlichen Beichte und gab ihm, nachdem er diese abgelegt hatte, Vorschriften für das künftige Leben. Hubert kehrte dann auf Befehl des Lambertus wieder nach hause zurück, erzählte zwar seiner Gemahlin nicht das mindeste von dem, was ihm begegnet war, zeigte aber durch sein ganz neues, bußfertiges Leben, daß er ein ganz anderer Mensch geworden. Sein einziges Verlangen ging dahin, die Welt gänzlich zu verlassen, Gott vollkommen zu dienen. Dieses zu erfüllen, gab ihm der frühzeitige Tod seiner Gemahlin die beste Gelegenheit an die Hand; denn Gott rief dieselbe aus diesem sterblichen Leben ab, als sie einen Sohn zur Welt gebar, der Floribert genannt wurde.
Hubert erkannte die allweise Anordnung Gottes, ging zu seinem heiligen Lehrer und offenbarte ihm den Vorsatz, ein Einsiedlerleben zu führen, damit er die Sünden seines vorigen Lebens besser abbüßen und Gott dem Herrn ruhiger dienen könnte. Lambert lobte sein Vorhaben und unterrichtete ihn, wie er sich in der Einöde verhalten sollte, erteilte ihm dann den heiligen Segen und ließ ihn ganz getröstet von sich. Bei der Rückreise vernahm Hubert, daß sein Vater tödlich erkrankt sei. Daher eilte er zu demselben und stand ihm bis ans Ende bei. Durch des Vaters Tod wurde Hubert Erbe des ganzen Herzogtums; er übergab seinem Bruder sein Söhnlein und das Herzogtum; all sein Hab und Gut teilte er unter die armen aus und behielt nur so viel, als zum standesgemäßen Unterhalt seines Sohnes nötig war. Auf diese Weise machte sich Hubert von allem Zeitlichen los und frei; er ging in jenen Wald, wo er die vorerwähnte Erscheinung gehabt hatte, und führte da sieben Jahre lang ein recht strenges und heiliges Leben.
Am Ende der sieben Jahre fühlte er einen innerlichen Antrieb, nach Rom zu wallfahren. Mit Einwilligung des heiligen Lambert reiste er als armer Pilger dahin und besuchte mit großer Andacht die Kirchen und Begräbnisstätten der Heiligen. Während sich Hubert zu Rom aufhielt, wurde der heilige Lambert, weil er die Unzucht des Königs von Frankreich nach seiner Pflicht rügte, in der Kirche grausam um das Leben gebracht. Ein Engel erschien in der gleich darauf folgenden nacht dem Papst Sergius, zeigte ihm den Tod des Lambertus an und befahl ihm, dessen Schüler Hubert, welchen er am folgende Tage in die Kirche der Apostel gehen sehen würde, zum Nachfolger desselben zu ernennen. Der Papst erwachte, ging in die Kirche, und als er Hubert in der Kleidung eines Pilgers hinein gehen sah, rief er ihn zu sich und fragte ihn, wer er sei und woher er komme? Hubert antwortete, er wäre ein Jünger des Bischofs Lambertus, sein Name sei Hubert; die Absicht seiner Reise sei die Besuchung der heiligen Orte. Der Papst verlangte nicht mehr zu wissen, sondern nahm Hubert bei der Hand, führte ihn zum Grabe des heiligen Petrus und sprach zu ihm: Lambertus, dein Lehrer, ist von den Gottlosen umgebracht, von Gott aber im Himmel schon gekrönt worden, und du sollst sein Nachfolger sein.“ Der demütige Diener Gottes entschuldigte sich zwar auf alle mögliche Weise: allein der Papst zeigte ihm den bischöflichen Stab, dessen sich der heilige Lambertus bedient hatte; denn der Engel, dessen erwähnt wurde, hatte ihn zum Wahrzeichen und zur Bestätigung seiner Aussage dem Papst eingehändigt. Diesen übergab er Hubert und zeigte ihm den göttlichen Willen an, dem man sich nicht widersetzen dürfte. Hubert mußte gehorchen; er empfing von dem Papst selbst die geistlichen Weihen und kehrte 695 als Bischof von Maastricht wieder zurück.
Ehe er in dieser Stadt ankam, hatte Gott der Herr dessen Wahl und Weihe schon geoffenbart; deshalb ward er von dem ganzen Volk mit Freuden empfangen und von der Geistlichkeit auf den bischöflichen Thron gesetzt. Der erste Vorsatz des neuen Bischofs war, sein Leben vollkommen nach dem Beispiel seines heiligen Lehrers Lambertus einzurichten. Hubert verlegte seinen bischöflichen Sitz nach Lüttich und kam seinem Vorsatz auf das vollkommenste nach. Auch übertrug er von Maastricht dahin den Leib des hl. Bischofs Lambert, welcher als Märtyrer verehrt wurde. Der apostolische Eifer, von dem sein Herz brannte, begnügte sich nicht, die ihm anvertrauten Schafe mit Worten und Beispielen zu weiden, sondern trieb ihn auch an, die Abgötterei, welche in den benachbarten Orten noch herrschte, gänzlich zu vertilgen. Er hatte große Verfolgungen dabei zu erdulden, wie wir aus folgenden Worten schließen können, die er nach der Bekehrung der Heiden sprach: „Meine Sünden sind die Ursache, daß ich der Märtyrerkrone nicht für würdig befunden wurde.“
Nachdem der heilige Hubert viele tausend Seelen zu Christus bekehrt und seinem Bistum als ein heiliger Bischof bei dreißig Jahre vorgestanden war, wurde er von Gott zur ewigen Belohnung abgerufen. Ein Jahr zuvor vernahm er durch eine göttliche Offenbarung die Zeit seines Todes. Er sah zugleich in einer Verzückung die Glorie, welche ihm im Himmel zubereitet war. In seiner letzten Krankheit bemerkte er nach dem Empfang der heiligen Sakramente, daß eine große Zahl höllischer Geister, die ihm entsetzlich drohten, sich seinem Bett nähern wollte. Er verlangte Weihwasser, besprengte sich und sein Bett mit demselben und verjagte die höllische Schar. Danach wendete er seine Augen zum Himmel, betete das apostolische Glaubensbekenntnis samt dem Vaterunser und gab seinen Geist auf den 30. Mai im Jahre 727. Die Kraft der Fürbitte dieses Heiligen zeigt sich noch heutzutage vorzüglich an denen, welche von wütenden Hunden oder anderen Tieren gebissen werden. Auch ist er Patron der Jäger. –
aus: Wilhelm Auer, Kapuzinerordenspriester, Goldene Legende Leben der lieben Heiligen Gottes auf alle Tage des Jahres, 1902, S. 888 – S. 890