Über die wahrhafte Gegenwart Jesu Christi im hl. Abendmahl
Gegen diese Ketzerei (Anm. des Berengar) schrieb nun Lanfrank eine Schrift über die wahrhafte Gegenwart Jesu Christi im heiligen Abendmahl, worin er hauptsächlich aus den Zeugnissen der ältesten Kirchenväter dartut, daß die katholische Kirche jederzeit an dieser Lehre festgehalten hat. Ich will nur Einiges aus dieser Schrift Lanfranks anführen, weil es unvergängliche Wahrheit ist, welche nie alt oder schwach wird.
„Wir glauben, daß die auf dem Altar durch priesterliches Amt konsekrierten irdischen Substanzen unaussprechlich, unbegreiflich, wunderbar durch Wirkung der Allmacht verwandelt worden in das Wesen des Leibes Christi, während die Gestalt und andere Eigenschaften des Brotes und Weines zurückbleiben, damit die es empfangen nicht zurückgeschreckt werden und die Gläubigen um so größeren Lohn des Glaubens verdienen. Diesen Glauben hat die katholische Kirche, welche über den ganzen Erdkreis verbreitet ist, von alten Zeiten bis auf den heutigen Tag festgehalten – gemäß dem Wort des Herrn im Evangelium: „Nehmet hin und esset, dieses ist mein Leib, der für euch hingegeben wird“, und: „Dies ist der Kelch meines Blutes, das Geheimnis des Glaubens, das für euch und für Viele vergossen wird werden zur Vergebung der Sünden.“
Du sagst vielleicht: „Ich sehe Anderes, wie kann ich glauben, daß ich Christi Leib empfange?“ Wir haben Beispiele, woran man sehen kann, daß die Benediktion eine größere Gewalt hat als die Natur, indem durch die Benediktion die Natur selber umgewandelt wird. Moses hielt einen Stab in der Hand, warf ihn hin und der Stab ist zur Schlange geworden. Er ergriff die Schlange wieder und sie ist in die Natur des Stabes zurück gekehrt. Du siehst also hier, daß durch die in dem Propheten weilende Gnade die Natur sowohl der Schlange als des Stabes umgewandelt wurde. Dasselbe geschah auch, da alles Wasser in Ägypten in Blut verwandelt wurde, und dann auf das Wort des Propheten die Natur des Wassers wieder zurück kehrte. Wenn aber schon die Benediktion eines Menschen so viel bewirkte, daß sie die Natur umänderte, um wie viel Größeres muss die göttliche Konsekration ausrichten, wo die Worte des Herrn und Erlösers selbst wirken; denn jenes Sakrament, welches du empfängst, wird durch Christi Wort zu Stand gebracht. Man liest von der Erschaffung der Welt: „Er sprach und es ward, er befahl und es war da.“ Wenn also das Wort Christi aus Nichts das machen konnte, was vorher nicht existierte – wird er nicht das, was existiert, in das verwandeln, was vorher nicht da war?
Die Jungfrau Maria hat gegen die Ordnung der Natur den Heiland geboren, und dieser Leib, der gewandelt wird, ist der Leib aus der Jungfrau. Was fragst du also nach der Ordnung der Natur bei dem Leib Christi, da gegen die Ordnung der Natur der Herr selbst aus der Jungfrau geboren ist? Und gerade dieses wahre Fleisch und Blut Christi, welches von der Jungfrau kommt, empfangen wir im Sakrament: Solches bekennen freudig alle Christen, Lateiner, Griechen, Armenier oder welcher Nation sie angehören mögen. Wenn nun der Glaube der allgemeinen Kirche falsch wäre, so hätte es niemals eine katholische Kirche gegeben, oder sie wäre zu Grund gegangen; dann wäre auch das Wort Christi nicht wahr: „Siehe, ich bin bei euch alle Tage bis an das Ende der Welt.“ Wer aber ein Glied der Kirche sein will, darf nicht vom Glauben und Bekenntnis der Kirche sich absondern; die Kirche auf der ganzen Welt bekennt aber, daß Brot und Wein auf dem Altar auf unbegreifliche und unaussprechliche Weise verwandelt werde in die Substanz von Fleisch und Blut. Und dieses Fleisch Christi ist höher als alle erschaffenen Substanzen, und übertrifft in unendlicher Hoheit alle Geschöpfe. Obschon jedoch sein Fleisch auf Erden wahrhaft gegessen wird, und sein Blut wahrhaft getrunken, so verweilt er dennoch ganz und lebendig im Himmel zur Rechten des Vaters bis zur Vollendung der Zeiten, wie der Apostel Andreas sagt. Wenn du fragst, in welcher Art dieses geschehen könne, so gebe ich einfach zur Antwort: Es ist ein Geheimnis des Glaubens; es ist heilsam, zu glauben – aber unnütz, es ergründen zu wollen. Der rechtschaffene Christ will lieber den göttlichen Geheimnissen jetzt Glauben schenken, damit er einstens zu dem Lohn des Glaubens gelange, als den Glauben bei Seite setzen und umsonst sich abmühen, das zu begreifen, was nicht begriffen werden kann.“. –
aus: Alban Stolz, Legende oder der christliche Sternhimmel, Bd. 3 Juli bis September 1872, S. 16 – S. 18