Seliger Lanfrank von Bec Erzbischof

Jesus Christus mit seinen Heiligen, die ihm Verehrung zollen und ihn anbeten

Heiligenkalender

3. Juli

Der selige Lanfrank Erzbischof von Canterbury

Der selige Lanfrank stammte aus einem vornehmen italienischen Geschlecht und widmete sich zuerst der Rechtswissenschaft; allein diese genügte seinem strebsamen Geist nicht, er wollte sich sozusagen mit allen Wissenschaften zugleich befassen. Er wanderte über die Alpen, nahm seinen Wohnsitz in einer Stadt der Normandie und errichtete hier eine Gelehrtenschule. Allein der Mensch it in die Länge niemals zufrieden, wenn er nicht in Gott allein sein Genüge sucht; hat man einen Herzenswunsch erreicht, so steigt nach einiger Zeit wieder ein Verlangen auf nach anderem und größerem. So ging es auch mit Lanfrank. Er gab seine Schule wieder auf und wanderte nach Rouen, wahrscheinlich um einen größeren Wirkungskreis in dieser Stadt zu finden.

Auf der Reise dahin kam Lanfrank bei anbrechender Nacht in einen Wald und wurde von Räubern angefallen. Diese plünderten ihn aus, banden ihm die Augen zu und die Hände auf den Rücken, führten ihn von dem Weg ab in ein dickes Waldgebüsch und verließen ihn dann. Zuerst jammerte Lanfrank über sein Unglück: dann wollte er beten, konnte aber nicht, weil er über seinem Eifer in den Wissenschaften das Beten vernachlässigt hatte. Nun machte er das Gelübde, wenn ihm Gott jetzt aus seiner Not helfe, wolle er ein anderes Leben anfangen und nur noch Gott dienen.

Da es gegen Tag ging, hörte er Leute in der Nähe vorüber gehen und rief um Hilfe. Nachdem diese ihn aufgefunden hatten, banden sie ihn los und führten ihn auf den Weg. Lanfrank erklärte, er wolle in ein ganz armes, geringes Kloster eintreten, ob keines der Art in der Umgegend sei? Sie zeigten ihm nun den weg nach Bec, wo gerade ein ganz ärmliches Kloster errichtet werden sollte. Er traf den Abt an mit eigenen Händen an dem Bau arbeiten. Lanfrank begehrte nun als Mitglied in den Orden aufgenommen zu werden, was ihm auch ohne Schwierigkeit zugestanden wurde, nachdem man ihm die Ordensregeln zu lesen gegeben und er versprochen hatte sich daran zu halten.

Lanfrank brachte nun drei Jahre in dem Kloster zu, der Welt verborgen und vergessen der Welt, und verwendete all` seine Zeit auf Lesung gottseliger Schriften und auf Gebet. Ungeachtet seiner außerordentlichen Gelehrsamkeit zeigte er sich demütig wie ein Schulknabe; als er einmal während des Essens vorlas, so begehrte der Prior, Lanfrank solle ein Wort, das er ganz richtig ausgesprochen hatte, anders aussprechen. Obschon nun der Prior ungelehrt war, während Lanfrank die meisten Gelehrten der damaligen Zeit übertraf, so las er ohne Widerrede das Wort unrichtig nach der Anweisung des Priors; denn eine lange Silbe kurz aussprechen, hielt er für keine Sünde, wohl aber seinem rechtmäßigen Obern nicht gehorchen.

Da es allmählich in der Welt bekannt wurde, daß Lanfrank im Kloster zu Bec sei, kamen Schüler aus Frankreich, Deutschland und Italien, um bei ihm zu lernen; auch der hl. Anselm nahm bei ihm Unterricht. Allein viele Mönche im Kloster führten keineswegs ein geregeltes Leben und waren deshalb dem gelehrten und streng gesitteten Lanfrank aufsässig. In solcher Gesellschaft ferner zu leben war ihm zuwider; er hatte ein Verlangen, ganz als Einsiedler zu leben. Er sagte zwar Niemanden etwas von seinem Vorhaben, um sich aber darauf vorzubereiten, ließ er sich täglich nichts als Kräuter vom Koch geben und verzehrte dieselben. Während nun Lanfrank mit dem Gedanken das Kloster zu verlassen umging, erschien dem Abt Herluin in der Nacht ganz weiß gekleidet ein Knabe seiner Verwandtschaft, welcher kürzlich gestorben war. Herluin erschrak nicht im Geringsten, sondern sprach: „Was hast du, mein Sohn, wie geht es dir?“ Der Knabe antwortete: Mir geht es gut, weil ich durch Gottes Barmherzigkeit und deine Fürbitte frei bin von aller Pein. Aber Gott hat mich zu dir geschickt, um dir zu sagen, daß, wenn du nicht Vorsicht brauchst, du nächstens den Lehrmeister Lanfrank nicht mehr haben wirst.“ Dann teilte die Erscheinung dem Abt mit, was Lanfrank im Sinne habe, und verschwand. In aller Frühe ließ der Abt nun jenen kommen und beklagte sich über sein Vorhaben. Lanfrank, im höchsten Grad erstaunt, fragte, wie der Abt solches wissen könne, worauf ihm dieser die Erscheinung erzählte und ihn inständig bat, ihn nicht zu verlassen. Lanfrank wurde nun vom Abt zum Prior ernannt und ihm alle Sorge und Gewalt über das Kloster übergeben, um bessere Ordnung einzuführen.

Diesmal wollte, ein anderes Mal sollte Lanfrank gehen; aber das eine blieb verhindert wie das andere. Der Herzog der Normannen hatte nämlich den großen Verstand und Einsicht Lanfranks wohl erkannt, und brauchte ihn deshalb in den wichtigsten Angelegenheiten als Ratgeber. Wahrscheinlich erregte dieses Neid und Verleumdung, so daß Lanfrank beim Herzog angeschwärzt und des Landes verwiesen wurde, zugleich wurde dem Kloster am Besitztum großer Schaden getan. Lanfrank bekam ein Pferd, das wegen eines unbrauchbaren Fußes arg hinkte, und begegnete damit dem Herzog und grüßte ihn und sprach: „Wenn du mich bald aus dem Land haben willst, musst du mir ein besseres Pferd geben.“ Der Herzog sagte halb lachend: „Wer wird aber auch von seinem Richter, der ihn gerade verurteilt hat, noch Geschenke begehren?“ Dieses veranlaßte Lanfrank dem Herzog in der Art seine Unschuld überzeugend nachzuweisen, daß dieser seine Übereilung erkannte, den Lanfrank wieder zu Gunsten aufnahm und dem Kloster allen Schaden reichlich zu ersetzen versprach.

Später reiste Lanfrank nach Rom im Auftrag des Herzogs. Dieser hatte nämlich eine Tochter des Grafen von Flandern geheiratet, die in zu nahem Grade verwandt war, weshalb die Ehe vom Papst als unzulässig erklärt wurde. Lanfrank erwirkte nun seinem Landesherrn Dispens unter der Bedingung, daß der Herzog ein Mannskloster und die Herzogin ein Frauenkloster stifte, in welchem Tag und Nacht Gott verehrt und für das Seelenheil der Stifter gebetet würde. Solches geschah, und der Herzog setzte dem von ihm errichteten Kloster zu Caen Lanfrank als Abt vor. Hier gründete Lanfrank nun auch eine gelehrte Schule und verfaßte einige berühmte Schriften, und nun zogen wegen seiner Person zahlreich die Schüler nach Caen, welche vorher in Bec studiert hatten, und die Gelehrtenschule des Lanfrank wurde ein wahrer Pflanzgarten von Äbten und Bischöfen.
Unterdessen wurde er in der Stadt Rouen zum Erzbischof gewählt, weigerte sich aber aus Demut standhaft, diese hohe Würde anzunehmen. Dennoch konnte er einer noch höheren Stelle nicht entgehen. Sein Herzog Wilhelm hatte nämlich im Jahr 1066 England erobert und wurde daselbst zum König gekrönt. Die Bischöfe und übrige Geistlichkeit in England war aber damals ein dummes Salz geworden, teils unwissend, teils ungesittet. Da es nun dem neuen Regenten daran gelegen war, im Lande Ordnung zu schaffen, so berief er den Mann seines größten Vertrauens, Lanfrank, zum Primas der englischen Kirche, zum obersten Bischof. Allein dieser weigerte sich die hohe Stelle anzunehmen, selbst dann noch, als der Papst den Wunsch äußerte, er möge sich dazu verstehen. Der König bewog nun den Abt Herluin in Bek, dem Lanfrank vermöge des früher gelobten Gehorsams zu befehlen, sich zum Erzbischof von Canterbury weihen zu lassen. Nun fügte er sich, obschon ungern und bekümmert, und reiste nach England.

Hier bot nun Lanfrank alle seine Kräfte auf, um einen besseren Zustand herbei zu führen. Durch Errichtung von gelehrten Schulen und Herstellung der kirchlichen Zucht verbesserte er die Geistlichkeit, baute Kirchen, Klöster, Spitäler, Versorgungshäuser für Arme und fremde. Er hielt einige Kirchenversammlungen, um in Gemeinsamkeit mit den übrigen geistlichen Vorstehern heilsame Anordnungen zu machen. Bei seinen großen Einkünften lebte er für seine Person höchst sparsam und arm, hingegen war er gegen Andere außerordentlich freigebig. In einzelnen Fällen zeigte er selbst die prophetische Gabe Zukünftiges voraus zu erkennen. In der alten Nachricht über sein Leben heißt es: „Wer kann würdig beschreiben seine helle Weisheit, seinen Scharfsinn, die Güte seines Herzens, die Rechtschaffenheit seines Tuns, die Reinheit seiner Seele? Er war angenehm durch Heiterkeit, bescheiden in Demut, freigebig im Almosen, katholisch im Glauben, ein Wiederhersteller der christlichen Religion, eine Stütze der Armen, ein Pflegevater der Waisen, ein Trost der Witwen. Mit diesen und andern Tugenden geschmückt, hat er den Glauben durch recht Leben bewahrt, und den Lauf durch gut Sterben beschlossen. Denn es kann nicht bös sterben, wer gut gelebt hat.“

Außer diesem gottseligen Leben ist es auch noch etwas anderes, weshalb Lanfrank in der katholischen Kirche bis auf den heutigen Tag in ansehen steht. Es lebte nämlich in Frankreich ein leichtsinniger und eitler Domherr, Namens Berengar. Dieser wollte Aufsehen erregen und sich berühmt machen, indem er einen Widerspruch gegen die katholische Kirche aufstellte und zwar in der heiligsten Lehre, in der vom hl. Abendmahl. Er leugnete in öffentlichen Schriften die Wandlung oder wahrhaftige Gegenwart Christi in der hl. Hostie – ganz in gleicher Weise, wie später die Stifter der protestantischen Kirchenzertrennung, Luther, Calvin und Zwingli, die Wandlung geleugnet haben. In ähnlicher Weise, wie diese, schimpfte er auch über den Papst, und wußte sich viele Anhänger zu verschaffen, selbst Bischöfe hielten zu ihm. Gegen diese Ketzerei schrieb nun Lanfrank eine Schrift über die wahrhafte Gegenwart Jesu Christi im hl. Abendmahl, worin er hauptsächlich aus den Zeugnissen der ältesten Kirchenväter dartut, daß die katholische Kirche jederzeit an dieser Lehre festgehalten hat. –
aus: Alban Stolz, Legende oder der christliche Sternhimmel, Bd. 3 Juli bis September 1872, S. 12 – S. 16

Tags: Heilige

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