Die guten Hirten auf dem Stuhl Petri
Der heilige Papst Damasus I. (regierte von 366-384)
Er war Spanier, aber wahrscheinlich in Rom um das Jahr 304 geboren und zierte den heiligen Stuhl achtzehn Jahre und einige Monate. Es zeichneten ihn aus Eifer für die Reinheit der Lehre Jesu, Stärke des Charakters, weise Umsicht und Unbescholtenheit des Wandels; er muss unter die Zahl der vorzüglichsten Nachfolger des heiligen Petrus gerechnet werden. Schon als Knabe diente er, ausgezeichnet durch Frömmigkeit, Fleiß und Enthaltsamkeit unter den Geistlichen an der Kirche des heiligen Laurentius und wurde sehr früh Diakon und Priester. Bei der Verbannung des Papstes Liberius schwur auch er mit vielen andern, solange Liberius lebe, keinen andern als Papst anzuerkennen. Er soll auch mit Liberius in die Verbannung gegangen sein; er kehrte aber bald wieder nach Rom zurück und nahm auch nach der Rückkehr des Papstes großen Anteil an der Regierung der Kirche. Nach dem Tode des Papstes Liberius berief Gott den Mann von sechzig Jahren am 1. Oktober des Jahres 366 zur höchsten Würde in der Kirche.
Um diese Zeit war die römische Kirche schon sehr reich und besaß glänzende Einkünfte. Deshalb wurde das oberste Hirtenamt in der Kirche das Ziel von Männern, die sich nur von Ehrgeiz und Habsucht leiten ließen. Ein solcher war der Diakon Ursinus. Er ließ sich zum Bischof weihen und wollte den rechtmäßigen Papst verdrängen. Darum schmeichelte er dem niedrigen Volk, stürmte in die Kirche des heiligen Julius und richtete dort ein fürchterliches Blutbad an. Das war gewiss nicht der Geist eines Nachfolgers des heiligen Petrus. Der rechtmäßige Papst Damasus durfte nicht vom Platz weichen; denn das Wohl und Heil der Kirche standen auf dem Spiel. Da trat der kaiserliche Beamte Juventius ins Mittel und vertrieb den Friedensstörer samt seinem Anhang aus der Stadt.
Auf Veranlassung des Kaisers wurde gegen alle jene Bischöfe, die es mit dem Gegenpapst gehalten hatten, Untersuchung eingeleitet. Der Gegenpapst musste in die Verbannung gehen. Trotzdem setzten seine Anhänger die Unruhen noch einige Zeit fort und schmähten gegen den rechtmäßigen Papst. Auch Ursinus hatte sich vom Kaiser die Erlaubnis zur Rückkehr nach Rom wieder erbeten, ruhte aber nicht eher, Zwietracht und Aufruhr zu erregen, als bis er zum zweiten Mal verbannt, mit seinen Anhängern im November des Jahres 367 nach Gallien verwiesen wurde. Papst Damasus aber rechtfertigte sich auf einer Kirchenversammlung in Rom gegenüber den Anschuldigungen, welche die Anhänger des Ursinus gegen ihn erhoben hatten. Der Papst suchte auf alle Weise die Abtrünnigen zur Kirchengemeinschaft zurück zu führen; es gelang ihm auch, die heftigsten Gegner wieder zu versöhnen und die Einheit in der Kirche wieder herzustellen.
Auf dem kaiserlichen Thron des großen Konstantin saß zur Zeit Valentinian. Mit Mitregenten für das weite Reich nahm er seinen Bruder Valens an, da die fortwährenden Einfälle der benachbarten Völker in das römische Reich dies forderten. Allein dieser Valens war ein Anhänger der arianischen Irrlehre und richtete im Morgenland eine große Verwirrung an. In Rom erregte die Strenge des Papstes wiederholte Unzufriedenheit. Kaiser Valentinian hatte im Jahre 370 ein Gesetz erlassen gegen die Bestrebungen einiger Geistlichen, die zum Schaden der rechtmäßigen Erben von den Reichen Schenkungen an die Kirche erreichen wollten. Papst Damasus unterstützte die Ausführung dieses Gesetzes mit allem Eifer. Bald jedoch waren auch diese Unruhen beseitigt und der Papst konnte seine ganze Aufmerksamkeit auf seine allgemeinen Hirtenpflichten verwenden.
Der heilige Papst Damasus sorgte mit allen Kräften für die Verbreitung des wahren Glaubens. Als ein Arianer Auxentius sich mit Gewalt des bischöflichen Stuhles in Mailand bemächtigt hatte, versammelte der Papst zweimal seinen Kirchenrat in Rom. Auf einer dritten römischen Kirchenversammlung verurteilte der Papst mehrere Irrlehren, besonders diejenige, in der behauptet wurde, daß der heilige Geist mit dem Vater und Sohn nicht die gleiche göttliche Würde besitze, sondern ein Geschöpf Gottes sei. Ausdrücklich erklärte der Papst, daß nur ein Gott in den drei Personen angebetet werden dürfe. Nur sehr spät wurden diese Erklärungen des Papstes im Morgenland bekannt, wo alles unter einer erdrückenden Tyrannei des Kaisers Valens seufzte.
Kaum war der Patriarch von Konstantinopel als Irrlehrer überführt und verurteilt, als ein gewisser Apollinaris zu lehren anfing, der Sohn Gottes sei wahrer Gott gewesen, aber nicht wahrer Mensch, weil er keine menschliche Seele hatte. Statt der Seele, die beim Menschen den Leib beherrscht, regierte den Leib Jesu Christi seine Gottheit. Diese neue gefährliche Irrlehre verurteilte die dritte Kirchenversammlung, welche der heilige Damasus in Rom hielt.
Erst im Jahre 380 kam für den Papst eine bessere Zeit. Die kaiserlichen Brüder Valentinian und Valens starben bald nacheinander. Gratian, der 19-jährige Sohn des ersteren, hatte Einsicht genug, daß er der Regierung des Reiches allein nicht gewachsen sei, und wählte den Spanier Theodosius mit Mitkaiser. Unter diesem wahrhaft christlichen Fürsten lebte die römische Welt das letzte Mal auf. Theodosius erkannte, daß alle Schwankungen von einer Partei zur andern verderblich seien und trat sogleich mit aller Entschiedenheit für das römisch-katholische Christentum ein.
Sogleich trat der Papst der von Kaiser Theodosius berufenen Kirchenversammlung im Jahre 381 in Konstantinopel bei. Es war die zweite große allgemeine Kirchenversammlung. Der arianische Patriarch von Konstantinopel wurde abgesetzt und an seiner Stelle Nectarius ernannt. Die Arianer wurden wiederum verurteilt, ebenso der Irrlehrer Macedonius.
Während der Papst die Freude hatte, das Morgenland wieder zum alten Glauben zurück kehren zu sehen: tauchte in Spanien eine neue Irrlehre auf, deren Stifter Priscillian war. Er predigte gegen die Ehe und gegen die Gottheit Jesu. Gegen den Willen des Papstes mischte sich der Staat ein, so daß es sogar zum Blutvergießen kam. Wir haben hier im Jahre 385 das erste Beispiel, daß ein Irrlehrer hingerichtet wurde, wogegen sich in der christlichen Welt ein allgemeiner Unwille erhob. Besonders vom heiligen Bischof Ambrosius von Mailand, Martinus von Tours und dem nachfolgenden Papst Siricius wurde diese Tat scharf getadelt.
Aus dem, was wir über das Wirken des heiligen Papstes Damasus angeführt haben, geht hervor, daß er ein glaubensfester Verteidiger der Wahrheit war. Er war selbst ein Gelehrter und besaß ein ungewöhnliches Wissen; er berief den heiligen Hieronymus nach Rom und nahm ihn zu seinem vertrauten Ratgeber. Dieser Mann war unstreitig der größte gelehrte seiner Zeit.
Papst Damasus setzte ein solches vertrauen in ihn, daß er ihm die Abfassung der päpstlichen Sendschreiben übertrug, die an die Bischöfe des Morgenlandes geschickt werden sollten. Ferner beauftrage der Papst den heiligen Hieronymus, eine genaue Übersetzung des Neuen Testamentes der Heiligen Schrift aus dem Griechischen in das Lateinische zu übernehmen. Der heilige Hieronymus übersetzte zuerst die vier heiligen Evangelien und verbesserte aus dem Alten Testament die Psalmen.
Papst Damasus hat sich die Anerkennung und den Dank der Mit- und Nachwelt verdient, daß er die glänzenden Talente des heiligen Hieronymus in solcher Weise verwertete.
Von diesem Papst an wurde auch das Kirchenjahr endgültig mit den drei großen Festabschnitten Weihnachten, Ostern und Pfingsten einheitlich im Morgen- und Abendland gefeiert. Reich an guten Werken und Verdiensten starb Papst Damasus nach einer 18-jährigen Regierung am 11. Dezember des Jahres 384. –
aus: Chrysostomus Stangl, kath. Weltpriester, Die Statthalter Jesu Christi auf Erden, 1907, S. 82 – S. 86