Gründung des Kirchenstaates unter Stephan III.

Der Papst trägt das Kreuz Christi, von Christus glorreich empfangen; es zeigt das Leiden der Päpste und zugleich der Kirche

Die Päpste werden unabhängige Fürsten

Gründung des Kirchenstaates unter Papst Stephan III.
(regierte von 752-757)

Römer von Geburt, hatte er frühzeitig seinen Vater verloren und war am päpstlichen Hof erzogen worden. Als er gewählt wurde, war der Diakon. Von ihm wird berichtet, daß er die Kirche geliebt, ihre Überlieferungen mit großer Festigkeit bewahrt und das Wort Gottes mit Kraft verkündet habe. Er war, heißt es ferner, allzeit bereit, Armen, Witwen und Waisen zu helfen. Gleich bei Beginn seines Pontifikates stellte er zu Rom vier alte Hospitäler wieder her, gründete ein fünftes für 100 Arme und errichtete noch zwei außerhalb der Stadt, bei der Kirche des hl. Petrus. Das wichtigste Ereignis, das unter diesem Papst eintrat, war

Die Gründung des Kirchenstaates

Rom mit dem umliegenden Gebiete stand noch unter der Herrschaft der griechischen Kaiser, während den größten Teil Italiens die Langobarden im Besitz hatten. Die griechischen Kaiser jedoch herrschten über Rom mehr dem Namen nach als wirklich und tatsächlich.

In wie weit sie noch eine Macht in Italien besaßen, bedienten sie sich derselben wohl zur Bedrückung, nicht aber zum Schutz der Untertanen. Wohl aber waren seit dem Einbruch der Barbaren in Italien die Päpste zu wiederholten Malen die Retter der schwer bedrängten Stadt. Nachdem die Langobarden gegen Ende des 6. Jahrhunderts Italien größtenteils erobert hatten, waren es die Päpste erst recht, die sich des schutzlosen Roms und der unter den Oströmern stehenden Bewohner Italiens mit väterlicher Liebe annahmen, während die Kaiser nichts taten, oder auch nicht helfen konnten. Wir sahen, wie Justin II. auf die Bitten des Papstes Benedikt I. erwiderte, er könne nicht helfen. Etwas später erklärte der Statthalter Decius von Ravenna, er könne das nächst liegende Gebiet nicht schützen, um so weniger könne er an Rom denken.

Pelagius II. nannte die Lage der Stadt und des Gebietes von Rom eine trostlose und verzweifelte, wenn der Kaiser nicht Hilfe sende; diese Hilfe blieb aus. Daher waren die Päpste seit dieser Zeit auf sich selbst angewiesen und vielfach genötigt, teils durch Bitten, teils durch Versprechen oder Geldspenden, teils durch Anwerbung von Truppen Rom und die Umgebung zu schützen. Schon Gregor I. der Große konnte vom Papst sagen, „daß man zweifeln möge. Ob er das Amt eines Hirten oder eines weltlichen Fürsten verwalte“. Solchen Einfluß hatten die Bischöfe von Rom auf die öffentlichen Verhältnisse in Rom und Italien bereits erlangt.

Als unter Gregor III. Rom von Luitprand belagert, in der äußersten Bedrängnis sich befand, wandte sich der Papst im Namen des Volkes an Karl Martel um Schutz und Hilfe. Auf dieses hin hob Liutprand die Belagerung auf. Die Gefahr war aber nicht vorüber. Papst Zacharias allein vermochte sie zu beschwören und Luitprand wie seinen Nachfolger Rachis von ihren Eroberungs-Plänen abzuhalten. Nun wollte Aistulf, Bruder und Nachfolger Rachis, die Absichten seiner Vorgänger zur Ausführung bringen. Bereits hatte er Ravenna und andere Plätze Mittelitaliens besetzt und dort selbst der griechischen Herrschaft ein Ende gemacht; nur bedrohte er das römische Gebiet. Dem Papst Stephan III. gelang es durch eine Gesandtschaft und viele Geschenke, einen Frieden auf 40 Jahre zu schließen. Aber schon nach Monaten brach Aistulf den Frieden und wies eine neue Gesandtschaft schnöde zurück. Der Papst sandte Briefe und Boten nach Konstantinopel mit der dringenden Bitte, der Kaiser möge, wie er oft verheißen, Italien mit einem Heer zu Hilfe kommen und seine Macht wieder herstellen; aber Konstantin V. tat nichts; er schien auf seine Herrschaft in Italien zu verzichten und ließ seine dortigen Untertanen schutzlos. Stephan hielt Bitt- und Bußprozessionen in der Stadt.

Papst Stephan III. steht vor Pippin, der auf seinem Königsthron sitzt; hinter dem Papst sieht man einen Bischof und einen Mönch; hinter Pippin seine Ratgeber

Nach neuen, vergeblichen Unterhandlungen mit Aistulf, der den Römern mit Tod und Verderben drohte, wandte sich der Papst in der äußersten Bedrängnis an Pippin. Dieser schickte Boten. Mit diesen zog Stephan, körperlich leidend und unter den Tränen der Römer, zuerst an den Hof von Pavia. Da alle Bitten nutzlos blieben, begab sich Stephan auf die Weiterreise. Unter vielen Mühsalen gelangte er über die Alpen. Der Empfang des Papstes bei Pippin war überaus großartig. Das Ereignis war ja unerhört. Der König ging ihm mit Frau und Kindern, sowie mit allen Großen des Reiches entgegen, warf sich vor dem Papst auf die Erde und führte eine Strecke Weges sein Pferd am Zügel. Im Kloster St. Denys salbte Stephan Pippin und seine zwei Söhne als Könige der Franken und verlieh ihnen als Beschützer der römischen Kirche den Titel „römische Patrizier“. Pippin verlangte von Aistulf, daß der römischen Kirche ein bestimmtes Gebiet abgetreten werde. Auf Aistulfs Weigerung zogen die Franken vor Pavia. Darüber erschreckt, versprach Aistulf unter einem Schwur, Pippins Forderung zu erfüllen.

Kaum aber war das Frankenheer abgezogen, so wurde er wortbrüchig und griff sogar Rom an. Nun erschien Pippin abermals, besiegte die Langobarden und übertrug mittels einer eigenen Schenkungs-Urkunde, die er am Grab der Apostelfürsten niederlegte, die eroberten Gebiete als ewiges Besitztum dem apostolischen Stuhl (756).

Das ist der Anfang des Kirchenstaates, welcher seither das Patrimonium St.Petri (das Erbe des hl. Petrus) genannt wurde. Kaum war Aistulf bezwungen, so kamen Gesandte aus Konstantinopel und verlangten unter dm Anerbieten wertvoller Geschenke von Pippin die Herausgabe der den Langobarden abgenommenen und der römischen Kirche übergebenen Besitzungen. Entschieden wies Pippin dieses Ansinnen zurück mit dem Bemerken: Die Franken hätten ihr Blut nicht für die Griechen, sondern für den hl. Petrus vergossen, und um alles Geld der Welt würde er niemals das dem apostolischen Stuhl gemachte Versprechen zurücknehmen.

So wurde der Papst ein unabhängiger, selbständiger, zugleich weltlicher Fürst. Seine weltliche Herrschaft gründet sich auf die heiligsten Rechtstitel. Der erste ist die Schenkung. Pippin hatte im gerechten Krieg den Besitz, den man Petrus vergabte, gewonnen; daher hatte er auch das Recht, das Erworbene zu verschenken, und der, dem es gegeben wurde, es anzunehmen. Der zweite Titel, eine Sache rechtmäßig zu erwerben, tritt ein, wenn der Besitzer Verzicht leistet, sie preisgibt. Die Kaiser von Konstantinopel hatten die Pflicht, ihre Untertanen zu schützen. Sie taten es nicht, gaben dieselben vielmehr preis. Dadurch hatten diese das Recht, in ihrer Not sich einen Herrn zu wählen, der sich ihrer annahm. Das taten die Päpste.

In solcher Weise war Papst Stephan III. der erste selbständige weltliche Regent von Rom geworden. Unter ihm besiegelte Bonifatius seine großartige Missions-Tätigkeit durch den glorreichen Martertod… Im Jahre 757 folgte ihm Papst Stephan in die Ewigkeit, nach einem mühevollen, aber Ruhm gekrönten Pontifikat. –
aus: P. Andreas Hamerle C.Ss.R., Geschichte der Päpste I. Band, 1907, S. 232 – S. 235

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