Lexikon für Theologie und Kirche
Stichwort: Valentinian
Valentinian, weströmische Kaiser
Valentinian I., * 321 zu Cibalae (Niederpannonien), Sohn des ehemaligen Befehlshabers Gratianus, nach Jovians Tod am 24.2. 364 in Nicäa von den Truppen zum Kaiser ausgerufen, überließ kurz darauf seinem jüngeren Bruder Valens den Osten und behielt selbst den Westen des Reiches, mit der Residenz in Mailand. Valentinian sicherte die Rhein- und Donaugrenze besonders gegen Alemannen und Quaden. Überzeugter Christ, hatte er schon als Tribun unter Julian das Opfer abgelehnt. Dem Heidentum gewährte er im ganzen Religionsfreiheit. 368 verfügte er, daß Geistliche in Sachen des Glaubens und der Disziplin nur von ihresgleichen gerichtet werden könnten. Er bekannte sich zum Nicaenum, war aber auch gegen die Arianer duldsam: die homöischen Bischöfe von Mailand, Aquileja, Sirmium usw. blieben in ihrem Amt. Doch bestätigte und begrüßte er nach dem Tod des Auxentius die Wahl des Ambrosius und richtete nach der Synode von Sirmium 375 ein Schreiben an Bischöfe des Ostens für die Gleichwesentlichkeit. Im Streit um das Papsttum zwischen Damasus und Ursinus verbannte er diesen und verwies ihn, als nach der Gestattung der Rückkehr sich Ursinus neuerdings gegen den Papst wandte, nach Köln. 23.8.367 hatte er Gratian, den 8-jährigen Sohn seiner ersten Gattin Severa, als Mitregenten angenommen; aus der 2. Ehe mit Justina stammte Valentinian II. Auf einem Feldzug gegen die Quaden starb Valentinian am 17.11.375 zu Bregetio östlich von Komorn.
Valentinian II., * Ende November 371 wohl zu Mailand, nach dem Tode des Vaters (s.o.) am 22.11.375 als Kaiser erklärt und von seinem älteren Bruder Gratian als Mitregent anerkannt. Nach dem Tode Gratians (383) beließ ihm der Usurpator Maximus durch das Eintreten des Theodosius und Ambrosius die Herrschaft über Italien, Illyrikum und Afrika. Er residierte zu Mailand und Aquileja. Valentinian gewährte dem Heidentum Duldung, lehnte aber 384, beeinflußt von Ambrosius, die Bitte der römischen Senatspartei um Wiederaufstellung des Altares der Viktoria im Sitzungssaal des Senats und um Wiedergewährung der staatlichen Kultusgelder ab. Unter der Einwirkung seiner Mutter Justina neigte er anfänglich dem Arianismus zu, sprach 23.1.386 den Homöern volle Gleichberechtigung mit der nicänischen Kirche zu und verlangte bald darauf, daß die katholischen Kirchen im Reich ihnen abzutreten seien; aber die in Mailand schon 385 begonnene und 386 wiederholt versuchte Durchführung scheiterte am Widerstand des Ambrosius und der Katholiken. 387 wurde Valentinian durch Maximus aus Italien vertrieben und floh zu Theodosius. Nach dessen Sieg über Maximus kehrte er 388 mit Theodosius nach Mailand zurück, schloß sich nun noch inniger an Ambrosius an, beschwor auch das Nicaenum. Später bestimmte ihm Theodosius Vienne zur Residenz und den Franken Arbogast zum Berater. In der Entzweiung mit diesem rief Valentinian Ambrosius zu Hilfe, um zugleich die Taufe zu empfangen, wurde aber vorher von Arbogast ermordet am 15.5.392. Ambrosius hielt bei Ankunft der Leiche in Mailand seine Rede de obitu Valentiniani, in der er c. 53 die Begierdetaufe erwähnt.
Valentinian III., Flavius Placidus. * 419 als Sohn des Konstantius und dessen Gattin Galla Placidia, wurde nach dem Tod seines Vaters (421) zum Nobilissimus erhoben und nach dem Tode des Honorius (423) Oktober 425 mit Zustimmung des Theodosius II. von Ostrom in Rom mit dem Purpur und Diadem bekleidet. Die Vormundschaft und Regentschaft führte bis zu ihrem Tod (450) seine Mutter, mit der Residenz in Ravenna. Von ihr, wie von ihren Ratgebern war der schwächliche, zu Ausschweifungen neigende Kaiser abhängig. 437 vermählte er sich mit Eudoxia, der Tochter Theodosius II. Unter Valentinian ging die Provinz Afrika an die Vandalen, Britannien an die Angeln und Sachsen verloren. Doch stützte Aëtius, der Ratgeber der Kaiserin, das Reich noch, namentlich durch seinen Sieg über Attila 451. Valentinian beschenkte die Laterankirche mit einem silbernen Tabernakelbau über dem Hochaltar und die Confessio S. Petri mit einem Schmuckbau. Auf Bitten Leos des Großen richtete er Februar 450 an Theodosius II. ein Schreiben wegen der Räubersynode von Ephesus und der Abhaltung einer neuen Synode (Leo, Ep. 55), das freilich ohne Erfolg blieb. Sein Reskript (an Aëtius) vom 5.7.445 betonte in Unterstützung Leos I. gegen die Bemühungen des Erzbischofs Hilarius von Arles um ein unabhängiges gallisches Patriarchat, daß niemand etwas gegen die Autorität des römischen Stuhles unternehmen dürfe: „dadurch werde der Friede gewahrt, wenn die Gesamtheit ihren Leiter anerkenne“. 454 ermordete Valentinian den Aëtius, wurde aber 16.3.455 selbst von dessen Freund Petronius Maximus in Rom nieder gestoßen, der die Kaiserkrone an sich riß und Valentinian`s Gemahlin Eudoxia zwang, ihn zu ehelichen.
aus: Michael Buchberger, Lexikon für Theologie und Kirche, Bd. X, 1938, S. 480-481