Lexikon für Theologie und Kirche
Stichwort: Joseph von Arimathäa
Joseph von Arimathäa, im Neuen Testament ein reicher und frommer Israelit, dem das Vorrecht zufiel, Jesu die letzte Ehre zu erweisen. Er wird zum Unterschied von Anderen nach seinem Geburtsort genannt; das neu-testamentliche Arimathäa aber ist identisch mit dem alttestamentlichen Ramatha (1.Mach. 11,34), einer Stadt auf dem Gebirge Ephraim, die sonst Ramathaim oder Ramathaimsophim (1. Sam. 1,1), bei Josephus (Antt. 5,10, 2, ed. Naber) Armatha oder (ib. 9,6,1) Aramatha, auch (ib. 4,7,4) Arimamum heißt. Joseph war einer wahren Israeliten, welche auf die Ankunft des Messias sich vorbereiteten (Mark. 15,43). Er war ein „angesehener Ratsherr“, also Mitglied des hohen Rates, hatte aber für das Vorgehen gegen Jesum nicht gestimmt (Luk. 23,51). Nachdem gleichwohl Jesus zum Opfer gefallen war, benutzte er seine angesehene Stellung, um von Pilatus sich den Leichnam des Herrn zur Bestattung zu erbitten, und bekannte sich damit als Anhänger des Herrn, während er früher seinen Glauben an denselben verborgen gehalten hatte (Joh. 19,38). Weil er jedoch Matth. 27,57 ausdrücklich Jünger heißt, macht ihn die Tradition zu einem der 72 Jünger, welche Jesus aussandte; doch steht dies mit der Angabe des hl. Johannes in Widerspruch. Um das Jahr 63 soll er von dem Apostel Philippus zur Predigt des Evangeliums nach Großbritannien gesendet worden sein und Glastonbury gegründet haben; diese Angabe ist besonders auf englischem Boden bewahrt und fortgepflanzt worden; s. Skeat, Joseph of Arimathie (early English Text Society), London 1871. Die Hochachtung, welche die Evangelisten diesem Manne beweisen, hat in der Kirche noch lange nachgewirkt. Ausführlich beschäftigt sich mit seiner Person das apokryphe Evangelium des Nikodemus, und im späteren Mittelalter ist er der Held der Gralssage. Er soll von Pilatus das Gefäß erhalten haben, in welchem Jesus das heilige Abendmahl einsetzte. In diesem nämlichen Gefäß habe er Blutstropfen aufgefangen, welche bei der Abnahme Jesu vom Kreuz noch aus dessen Wunden rannen, und habe es später mit nach Britannien genommen, so daß sich hierdurch die Verknüpfung der Gralssage mit der Artussage erklärt. Im 9. Jahrhundert sollen seine Reliquien nach Italien gebracht worden sein; auf Anstehen des Kapitels von St. Peter zu Rom, das einen Arm des heiligen Mannes zu besitzen behauptet, wurde sein Name ins Martyrologium Romanum zum 17. März aufgenommen, während kein anderes Verzeichnis ihn enthält. (AA. SS. Boll. Mart. II, 507). –
Quelle: Wetzer und Welte`s Kirchenlexikon, Bd. 6, 1889, Sp. 1865 – Sp. 1866