Lexikon für Theologie und Kirche
Stichwort: Günther
Günther, Anton, Begründer der sogenannten Wiener theologischen Schule und des Güntherianismus, *17.11.1783 zu Lindenau (Böhmen), †24.2.1863 zu Wien; studierte Philosophie und Rechte in Prag (Schüler Bolzanos) und (auf Rat des hl. Klemens Maria Hofbauer) Theologie in Raab; 1821 Priester, 1822-24 Jesuitennovize, 1824 bis 1863 Privatgelehrter in Wien, bis 1848 Zensor der philosophischen und juristischen Schriften. Tiefgehend beeinflußt von Friedrich von Schlegel und Anton Müller einerseits, Descartes und der Wiener medizinischen Schule (Ph. Hartmann) anderseits, unternahm des Günther, unterstützt von seinem Freunde Papbst, in der Sprache des deutschen Idealismus die katholischen Mysterien im menschlichen Geiste zu rekonstruieren. Aus Furcht vor einer Gefährdung seiner Philosophie durch einen Konflikt mit der kirchlichen Autorität und in der Hoffnung auf eine Professur in Wien schlug er die Rufe nach München (durch Vermittlung von Görres und Sailer), Bonn (als Nachfolger von Hermes), Breslau und Tübingen aus. Er veröffentlichte 1824-54 zahlreiche aphoristisch-sarkastisch-humoristisch gehaltene philosophisch-theologische Schriften, die bald hervorragende Anhänger um ihn scharten, aber auch viele Gegner fanden und 8.1.1857 nach mehrjährigen Verhandlungen indiziert wurden (unter ehrenvoller Anerkennung der edlen Persönlichkeit und reinen Absicht Günthers). Günther unterwarf sich, durch seine Freunde Kardinal Schwarzenberg und J.E. Veith bewogen, blieb aber verbittert.
aus: Michael Buchberger, Lexikon für Theologie und Kirche, Bd. IV, 1932, S. 748