Lexikon für Theologie und Kirche
Stichwort: Priscillian
Priscillian, spanischer Häretiker, 385 wegen Magie, nicht wegen Häresie, zu Trier vom Gegenkaiser Maximus hingerichtet, was von kirchlicher Seite aus, besonders von Martin von Tours, verurteilt wurde. Priscillian verdankt sein Fortleben in der kirchen-geschichtlichen Literatur fast ausschließlich dem Umstand, daß man ihn fälschlich für den ersten Ketzer hielt, der um seiner religiösen Meinungen willen den Tod erlitt; denn weder sein theologisches System noch seine schriftstellerische Leistungen rechtfertigen ein solches Interesse. Priscillian hat lediglich gnostisch-manichäische Irrlehren, die Markus aus Memphis in Spanien einschleppte, übernommen. Die kirchliche Gemeinschaft wollte er zuerst nicht verlassen, versuchte vielmehr, indem er sich den Schein der Heiligkeit und Wissenschaftlichkeit gab und seine Irrtümer in rechtgläubige Wendungen einkleidete, die gnostisch-manichäische Häresie und die Folgerungen daraus für das praktische Leben dem Organismus der Kirche einzuträufeln. Die Gefahr für die spanische und südgallische Kirche war um so größer, als es Priscillian, der als Laie mit Forderungen strenger Aszese begonnen hatte, gelang, Priester und sogar Bischof von Avila zu werden, geweiht von seinen Gesinnungs-Genossen, den Bischöfen Instantius und Salvian. Dadurch wuchs sein Ansehen, und viele Zeitgenossen ließen sich von ihm täuschen. Zur Blüte gelangte die priscillianische Bewegung erst nach dem Tode ihres Stifters und sein angebliches Martyrium verschaffte ihm leidenschaftliche Anhänger, besonders in Galläzien. Mit der Synode von Braga 561 scheinbar vernichtet, haben sich die Ideen Priscillians sowohl in Spanien als auch im südlichen Gallien noch lange erhalten; Adoptianismus und Albigenser sind deren letzte Ausläufer.
Die Trinitätslehre ist modalistisch; Christus, die Engel, die Seele sind gnostische Emanationen; der Teufel ist Prinzip alles Bösen, von ihm stammt der Leib, auch Donner, Blitz, Unwetter, Dürre; die Ehe wird verdammt, außer-eheliches Zusammenleben mit Frauen gestattet, die Auferstehung geleugnet.
Den äußeren Verlauf des Priscillianismus in seinen Anfängen schildert Sulpicius Severus (Chronik II 46/51) aus eigener Anschauung. –
aus: Michael Buchberger, Lexikon für Theologie und Kirche, Bd. VIII, 1936, Sp. 479 – Sp. 480