Lexikon für Theologie und Kirche
Stichwort: Apostelkonzil
Apostelkonzil, 1) zu Antiochia, scheint als Tatsache behauptet bei Innozenz I. in einem Brief an Bischof Alexander von Antiochia (Jaffé n. 310); wird ausdrücklich zitiert von Gregor v. Pisinunt (vgl. Akten des 2. Nicänums v. Jahre 787; Mansi XII 1018), bekannt seit der Entdeckung der von Gregor zitierten Akten durch Turrian im 16. Jahrhundert. Seine 9 Kanones enthalten Bestimmungen der Urapostel für die Heidenmission. Sie betreffen den Christennamen, die christliche Mission, Sittenvorschriften. Es ist jedoch eine Fälschung aus dem 5. Jahrhundert unter Anlehnung an Gal. 2,11ff u. Apg. 11,22ff).
2) zu Jerusalem, auch Apostelkonvent genannt (vgl. Apg. 15; Gal. 2), fand ums Jahr 50 statt. Die Streitfrage war: Sind die Heidenchristen zu beschneiden und haben sie demgemäß das Mosaische Gesetz zu beobachten? Diese grundsätzliche Frage fand ihre grundsätzliche Erledigung durch das Aposteldekret. Zum historischen Verständnis erwäge man:
1) Jesus und seine Jünger haben sich im allgemeinen treu im Rahmen des alttestamentlichen Gesetzes bewegt;
2) die erste Heidenaufnahme durch Petrus (der sogenannte Korneliusfall) galt als Ausnahme;
3) diese Ausnahme wurde durch die große paulinische Heidenmission zur Regel erhoben.
Dadurch musste die obige Streitfrage entstehen und einen grundsätzlichen Charakter annehmen. Dies geschah im paulinischen Missionszentrum Antiochia. Das Grundsätzliche kam in der Entscheidung von Jerusalem zum Ausdruck. Daneben aber waren den Heidenchristen 4 Enthaltungen (sog. Jakobusklauseln) eingeschärft, die dem „Burgfrieden“ in den Gemeinden dienen sollten. Die daraus sich ergebende Entwicklung ist durch folgende Momente bestimmt:
1) Das Verhältnis der Judenchristen zu Beschneidung und Gesetz war auf dem Konzil nicht berührt;
2) die Judenchristen und namentlich die „Eiferer“ konnten sich um so fester an Moses und das Gesetz halten, je freier die Heidenchristen davon grundsätzlich waren;
3) die daraus entspringenden Schwierigkeiten mussten sich praktisch im brüderlichen Verkehr (Tisch-Gemeinschaft, Agape, Eucharistie) auswirken.
Daß dies geschehen ist, beweist der Konflikt des Paulus mit Petrus in Antiochia (Gal. 2,11-15), auch antiochenischer Streitfall genannt. Hier zog Paulus die praktischen Folgen aus dem grundsätzlichen Spruch von Jerusalem. Die hier angedeuteten Entwicklungs-Linien zeigen, daß alle Umstellungs-Versuche der Kapitel 13-15 der Apg. hinfällig sind; daß Apg. 15 sein Gegenstück in Gal. 2 hat; daß der Tag von Antiochia praktisch über den von Jerusalem hinaus führte. –
aus: Michael Buchberger, Lexikon für Theologie und Kirche, Bd. I, 1930, Sp. 566
siehe auch den Beitrag: Die Bedeutung des Apostelkonzils