Papst Innozenz III. Seine Sorge für den wahren Glauben
Während die Statthalter Christi mit den Tyrannen in Rom und später mit den deutschen Kaisern einen Kampf auf Leben und Tod zu bestehen hatten, hörte man wenig von Irrlehren. Gott wollte es eben nicht zulassen, daß die Kirche in dieser Zeit auch noch den Schmerz erlebte, gegen die Lüge kämpfen zu müssen.
Der Kampf gegen die Waldenser und Albigenser
Kaum war aber die Freiheit errungen, als im südlichen Frankreich und ebenso in Italien neue Irrlehrer unter dem Namen Waldenser und Albigenser auftraten. Wir wissen aus dem Leben des heiligen Gregors VII. und seiner Nachfolger, daß die weltlichen Fürsten Geistliche anstellten, die weder gut unterrichtet, noch sittenrein waren. Diese konnten und wollten dem Volke nicht predigen.
Ein Kaufmann Waldus sah dieses und fing nun selbst ohne Erlaubnis des Bischofs zu predigen an und mit seinen Genossen ein Leben der Armut und Sittenreinheit zu führen. Weil er aber den Segen Gottes und den Auftrag seines Stellvertreters auf Erden nicht hatte, vermischte er mit seinen Verbesserungen bald falsche Lehren und schadete so dem wahren Glauben. Er schmähte über das heilige Sakrament der Beichte, verlangte von den Geistlichen, sie sollten ihr Vermögen weggeben, schaffte die heilige Messe in der lateinischen Sprache ab und lehrte große Irrtümer über das allerheiligste Sakrament des Altares. Verschieden von den Waldensern sind die Albigenser oder Katharer.
Der Ursprung dieser Irrlehre muss in Asien und zwar am Euphrat gesucht werden. Die Albigenser sind die Erben jener Irrtümer geworden, welche einmal die Manichäer bekannt, gelehrt und verteidigt hatten. Diese wurden zwar stets bekämpft, aber nie vollkommen ausgerottet. Weder die Kirche noch die weltliche Obrigkeit konnte diese Albigenser dulden, um so weniger, als sie sehr eifrig bemüht waren, ihre Laster zu verbreiten. Anfangs versuchten die Päpste die Irrlehre durch geistliche Mittel auszurotten und sendeten Missionare in jene Gegenden. Als dieses nichts fruchtete, wurden die Irrlehrer feierlich aus der Kirche ausgeschlossen. Allein sie achteten den Fluch der Kirche nicht. Das Übel nahm so zu, daß schließlich in Frankreich allein über tausend Städte von dem Irrtum angesteckt wurden. Die Albigenser wurden so zu einer wahren Pest für die menschliche Gesellschaft und drohten alle Ordnung zu vernichten. Mit Gewalt fielen sie über die rechtgläubigen Katholiken her und verfolgten sie. Dies war für Papst Innozenz III. ein Fingerzeig, daß er alle Kraft anwenden müsste, um dem Übel Einhalt zu tun.
Nochmals wurden Missionare in die Gegenden geschickt, wo die Albigenser hausten. Die Missionare baten, da der Erfolg ein geringer war, selbst den Papst, ihnen die Rückkehr zu gestatten. Innozenz ermunterte sie aber, auszuharren, um die Verirrten zu gewinnen. Allein die Irrlehrer hörten nicht auf die Stimme der Wahrheit, sondern ermordeten einen zu ihnen geschickten Missionar.
Da ließ der heilige Vater den Kreuzzug gegen die Mörder und Empörer predigen. Unter Anführung des Simon von Montfort, der bereits als Kreuzfahrer in Palästina sich ausgezeichnet hatte, begann der neue Kreuzzug. Da auf beiden Seiten mit der größten Erbitterung gekämpft wurde, verloren viele ihr Leben. Doch siegten die Katholiken. Die Fürsten, welche es mit den Irrlehrern gehalten hatten, verloren ihre Länder, die der tapfere Montfort erhielt.
Die Feinde der Päpste nehmen wegen dieses Kreuzzuges Veranlassung, Papst Innozenz für das vergossene Blut verantwortlich zu machen. Allein solche Ankläger scheinen die Albigenser nicht zu kennen, die ärger hausten als die Sarazenen. Ist ein Kreuzzug gegen sie unerlaubt gewesen, so waren alle Kämpfe gegen die Türken unerlaubt, was wohl kein vernünftiger Mensch behauptet. Papst Innozenz war in seinem vollsten Recht; denn er ergriff das einzig wirksame Mittel, um in Europa das Christentum zu erhalten.
Ungerechte Kritik an Papst Innozenz III.
„Aber es kamen doch viele Grausamkeiten vor“, sagen die Gegner des Papstes. Der heilige Vater wäre für sie verantwortlich, wenn er sie befohlen hätte. Das tat er aber nicht. Eigentlich hätten die Könige von Frankreich und Deutschland die bedrohte Ordnung in Europa schützen sollen. Weil sie es nicht taten, so griff eben der Papst selbst ein. Jene Werkzeuge, deren er sich bediente, ergingen sich aber ohne seine Zustimmung und Billigung in vielen Grausamkeiten. Dafür kann man also den heiligen Vater nicht verantwortlich machen. Krieg führen musste der Papst; denn das Treiben der Irrlehrer hätte einen Umsturz und eine Unordnung herbeigeführt, deren Folgen niemand hätte absehen können. Das Volk sah aber den Papst als den obersten Wächter der bestehenden Ordnung an und verlangte, daß er im Kampfe gegen den Umsturz vorangehe. Würden alle Fürsten, alle Richter mit der Milde und der gleichen Schonung gegen die Angeklagten vorgehen, wie Innozenz getan hat, so dürfte die Weltgeschichte wenig Grausamkeiten zu verzeichnen haben.
Segensreiche Ordensgründungen
Papst Innozenz wußte noch ein anderes wirksames Mittel gegen die Irrlehren wohl zu schätzen, nämlich die religiösen Ordens-Genossenschaften. Diese verbesserten die Sitten der Geistlichkeit und gaben durch ihr Gelübde der Armut und Enthaltsamkeit und des Gehorsams gegen den Papst das beste Beispiel. Der heilige Franziskus von Assisi gründete den Orden der Franziskaner und erhielt im Jahre 1210 vom Papst Innozenz die Bestätigung und Erlaubnis zur Bußpredigt. Im Jahre 1198 bestätigte der heilige Vater auch die Genossenschaft der Spitalbrüder vom heiligen Geist und gab ihr im Jahre 1204 das neue, großartige Spital San Spirito in Rom. Gleiche Bestätigung erhielt vom Papst der Orden der Humiliaten in Mailand, der Dreifaltigkeitsorden zur Loskaufung der christlichen Gefangenen aus den Händen der Sarazenen, der Ritterorden des heiligen Benedikt von Avis und der Orden der Schwertritter von Livland. Ebenso war Papst Innozenz eifrig tätig für Verbesserungen in verschiedenen Benediktinerabteien. –
aus: Chrysostomus Stangl, kath. Weltpriester, Die Statthalter Jesu Christi auf Erden, 1907, S. 473 – S. 476