Das Pontifikat von Martin V. (1417-1431)

Der Papst trägt das Kreuz Christi, von Christus glorreich empfangen; es zeigt das Leiden der Päpste und zugleich der Kirche

Die Auflehnung gegen die Statthalter Jesu Christi

Das Pontifikat von Martin V. (regierte von 1417 bis 1431)

Das Pontifikat von Martin V.: Porträt des Papstes

Mit Freude und Jubel war die Wahl Martins nicht bloß in Konstanz, sondern in der ganzen Christenheit aufgenommen worden. Die Kirche, aus dem unseligen Schisma errettet, besaß ein allgemein anerkanntes Oberhaupt und ein Oberhaupt, das die Sympathien aller auf sich vereinigte.

1368 zu Rom geboren, einer der ersten römischen Adelsfamilien entstammend, zeichnete sich Martin V. durch die vortrefflichsten Eigenschaften des Geistes und des Charakters aus. Er besaß bedeutende Kenntnisse, war nüchtern und mäßig und hatte durch Sittenreinheit, Einfachheit wie freundliches Wesen die allgemeine Achtung gewonnen. Nach dem Schluss des Konzils von Konstanz 1418 beeilte er sich, ohne sich weder von Sigismund, der ihm eine Stadt in Deutschland zum Aufenthalt anbot, noch von den Franzosen, die ihn nach Avignon ziehen wollten, zurückhalten zu lassen, nach Italien aufzubrechen.

Allenthalben wie im Triumph aufgenommen, verweilte er einige Zeit in Mantua, hernach in Florenz. Daselbst warf sich ihm Balthasar Cossia (Johann XXIII.) abermals zu Füßen, dessen Befreiung Martin erwirkt hatte. Der Papst nahm ihn liebevoll auf und ernannte ihn zum Kardinal-Bischof von Tusculum. Cossa starb aber bald darauf, am 22. Dezember 1419. Es wurde ihm ein kostbares Grabmal von Cosino di Medici im Baptisterium von Florenz gesetzt. Gregorovius schreibt: „Dieses Grab ist der Markstein einer bedeutungsvollen Epoche im Leben der Völker: das Monument der großen Kirchenspaltung und zugleich das letzte Grab eines Papstes außerhalb von Rom.“ –
aus: Andreas Hamerle C.Ss.R., Geschichte der Päpste, III. Band, 1907, S. 496

Die Kunde von dieser Wahl wurde allgemein mit lebhafter Freude aufgenommen; denn der neue Papst besaß die herrlichsten Eigenschaften. Er war energisch und unerschrocken und verband damit die größte Klugheit mit der zartesten Milde… Sechs Päpsten war er als Ratgeber zur Seite gestanden und hatte also hierin eine Ähnlichkeit mit dem berühmten Papst Gregor VII. Der heilige Vater war vor seiner Erhebung Berichterstatter bei Papst Urban VI., Gesandter bei Bonifaz IX., Kardinal bei Innozenz VII. Und ein treuer Freund des Papstes Gregor XII.

An den Verhandlungen der Kirchenversammlung in Konstanz hatte er den lebendigsten Anteil genommen. Demnach erhielt das Steuerruder der Kirche eine erfahrene Hand; ein kundiger Führer leitete das vom Sturm gepeitschte Schifflein Petri. Papst Martin war der fähigste Mann, die Kirche nach einer sturmbewegten, schrecklichen Zeit in ruhige Bahnen hinüber zu leiten. Er war zur größten Nachgiebigkeit bereit, so weit es die Rechte des obersten Hirten der Christenheit gestatteten, die er nicht aufgeben durfte. Er genoss die Freude, dass selbst seine Gegner die Versöhnung mit ihm suchten. Auch der Gegenpapst Balthasar Cossa kam zu ihm. Martin wies ihm unter den Kardinälen einen vorzüglichen Platz an und bewirkte dadurch, dass ein so ehrgeiziger Mann im Frieden starb.

Die eingerissene Unordnung zu heben, war nun die Hauptsorge des Papstes Martin. Mit den einzelnen Völkern schloss er besondere Verträge. Der Kirchenversammlung von Konstanz erwies er alle Verehrung. Er schrieb: „Wir wollen, dass man unverletzlich alles beobachte, was die Versammlung in Bezug auf den Glauben beschlossen hat, aber nicht das, was in anderer Beziehung vorgekommen ist.“ Er unterscheidet in seiner Bestätigung der Beschlüsse der Versammlung sehr genau; denn jene Versammlung hat auch viele verkehrte Wege eingeschlagen.

In Konstanz hatte es verschiedene Parteien gegeben, aber die Liebenswürdigkeit des neuen Papstes versöhnte sie alle. Nur in einem Punkt war der heilige Vater unbeugsam. König Sigismund wollte ihn mit sich nehmen, damit er von Deutschland aus die Kirche regiere; Frankreich bot ihm sein verführerisches Avignon an; Martin aber sprach:

„Der Heilige Stuhl des Papstes ist in Rom. Die Tyrannen haben das Eigentum der Kirche beschädigt, Rom ist durch Hunger, Pest, Aufstände und Kämpfe auf das Äußerste erschöpft. Die Denkmäler, die Kirchen der Märtyrer liegen im Schutt oder sind nahe daran einzustürzen. Rom ist das Haupt aller Kirchen. In Rom muss der Papst wohnen, in Rom am Steuerruder der Kirche stehen.“ Der edle Martin war bemüht, am Grabe des heiligen Petrus dem Papst wieder das Ansehen zu geben, das jetzt in der Zeit der Auflehnung so sehr bedroht war.

Als im April des Jahres 1418 die Kirchenversammlung in Konstanz geschlossen war, verließ der Statthalter Christi im Mai die Stadt und ging nach Schaffhausen und Genf. Dort hielt er sich drei Monate auf, um gleichsam von einem Mittelpunkt aus Italien, Frankreich und Deutschland zu beobachten. In dieser Zeit empörten sich die Böhmen, weil man den Irrlehrer Hus verbrannt hatte. Der Papst sandte seine Boten ab, welche jenem Volk den Frieden bringen sollten.

Doch die irregeleiteten Böhmen hörten weder die Stimme der Vernunft, noch die ihres Vaters. Durch blutige Kämpfe fingen sie an, Elend und Not und Unheil zu stiften. Aufruhr und Empörung waren die Früchte der falschen Lehre. Der alte König Wenzel starb aus Ärger und Verdruss, während die Aufrührer überall Schrecken und Entsetzen verbreiteten. Die Bewohner der an Böhmen angrenzenden Länder sprachen noch nach Jahrhunderten von den Gräueln und Schandtaten dieser Rotten. Wie es gewöhnlich bei den Irrlehrern geht, entzweiten sie sich schließlich untereinander und lieferten sich gegenseitig blutige Schlachten.

Der Papst verließ nun Genf und ging nach Italien. Über Mailand erreichte er Florenz, wo er im Februar des Jahres 1419 mit einem unbeschreiblichen Glanz und Jubel empfangen wurde. In der Marienkirche sprach er zur glänzenden Versammlung und segnete sie. Doch er sehnte sich, nach Rom zu kommen. Allmählich gelang es dem heiligen Vater, durch Waffengewalt und kluge Unterhandlungen den größten Teil des Kirchenstaates zurückzuerobern. Im September des folgenden Jahres verließ er Florenz und kam endlich gegen Ende des Monats in Rom an. In der Kirche zur heiligen Maria empfingen ihn die Stadtvertretung und die Bürger, welche ihn im feierlichen Zug zum Vatikan führten.

Freilich fand Papst Martin die ewige Stadt in einem beklagenswerten Zustand. Allein er verstand es, durch Sparsamkeit, Klugheit und Milde überall neues Leben zu erwecken. Die Gegenwart des Papstes hob den Mut der hinsterbenden Stadt. Geld kam wieder in Umlauf, der Feldbau entfaltete seine Schätze, die Fremden kamen, wie in den glücklichsten und ruhigsten Zeiten der Vergangenheit. Die allgemeine Begeisterung der Römer verlieh dem Papst den Ehrentitel: „Vater des Vaterlandes“.

Er baute die verfallenen Kirchen und Stadtteile wieder auf, verbesserte die Sitten und stiftete Frieden. Um in die Stadt ein neues Leben zu bringen, wohnte er abwechselnd im Vatikan, in Maria Schnee und später auch im Innern der Stadt, nahe bei der Kirche der heiligen Apostel, in einem seiner Familie gehörigen Hause. Das tat ein Papst aus Liebe zu seinen Untertanen, die kaum die Fahne der Empörung verlassen hatten.

Es war in Konstanz beschlossen worden, in fünf Jahren wieder eine Kirchenversammlung zu berufen. Der heilige Vater eröffnete darum eine solche am 23. April des Jahres 1423 in Pavia; als aber hier die Pest ausbrach, verlegte er dieselbe nach Siena. Dort wurde die Versammlung im Juli desselben Jahres in aller Feierlichkeit wieder eröffnet und die Lehre des Wiclif und Hus verurteilt. Doch waren die Väter nicht sehr einig.

Der Papst selbst widmete alle seine Kraft dem Wohl der Kirche und der Heilung der Wunden, welche Rom in der Zeit des Streites waren geschlagen worden. Immer mehr Teilnehmer der Versammlung verließen aber die Stadt Siena, entmutigt durch die Erfolglosigkeit ihrer Bemühungen. Im Februar des folgenden Jahres wurde die Stadt Basel am Rhein als Versammlungsort gewählt.

Im Jahre 1425 sollte ein Jubeljahr gefeiert werden. Allein die Teilnahme war keine sehr große, wie früher bei solchen Gelegenheiten; denn die Pest herrschte in Italien, und Kriege waren ausgebrochen, während Böhmen in hellem Aufruhr stand. Frankreich und England rangen im blutigen Kampf um die Herrschaft. Im Morgenland dehnte der Türke seine Macht täglich weiter aus.

Am 20. September des Jahres 1431 ging Papst Martin zur ewigen Ruhe ein. Die Welt den Frieden zu geben, war sein Bestreben gewesen. Über dreizehn Jahre hatte er mit Glück und Klugheit regiert. Den Irrlehrern war er ein entschiedener Gegner, der wahren Wissenschaft ein treuer Beschützer. Er wurde tief betrauert von den Römern, deren Stadt er dem Untergang entrissen hatte. –
aus: Chrysostomus Stangl, kath. Weltpriester, Die Statthalter Jesu Christi auf Erden, 1907, S. 569 – S. 572

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