Antichristliche Tätigkeit Verhöhnung

Die antichristliche Tätigkeit – Verhöhnung der Menschwerdung

Doch in dem Bemühen des Teufels, irgendeine menschliche Gestalt anzunehmen, liegt noch ein anderer, bedeutend tieferer Sinn. Sich zu verhüllen und den Menschen durch die entfachte Eigenliebe vom Sein zu entfernen, ist nur ein Ziel des Teufels, wir möchten sagen, das anthropologische Ziel, da sein Objekt nur der Mensch ist. Gleichzeitig aber verfolgt der Teufel mit seiner Verstellung und Verhüllung einen anderen Zweck, den wir als theologischen bezeichnen könnten, weil dieser sich auf Gott, vor allem auf Christus bezieht…

Der Teufel ist Feind Gottes nicht nur dadurch, daß er über seine Werke zu zerstören sucht, sondern auch dadurch, daß er über seine Taten spottet und sie stets verhöhnt. Christus, sein Leben und sein Werk sollen durch diese satanische Spöttelei und Verhöhnung in erster Linie getroffen werden. Durch die Erneuerung der göttlichen Werke stellt sich Christus dem Teufel grundsätzlich in den Weg und hindert ihn damit, sein zerstörerisches Ziel zu erreichen. Darum greift dieser vor allem Christi Taten an. Spott und Verhöhnung dienen ihm dabei als geeignete Mittel. Daraus können wir schließen, daß auch der Verhüllung des Teufels die Absicht, zu verhöhnen, zugrunde liegt, daß dieser „Vater der Lüge“ die Daseinsweise des Menschen auch dazu annimmt, um irgend etwas an Christus ins Lächerliche zu ziehen.

… Wie Christus will auch der Teufel die menschliche Natur annehmen, das menschliche Schicksal teilen und dadurch die Menschwerdung des Logos nachäffen. Um all das aber verhöhnen zu können, wählt er nicht die tragischen Tiefen des Menschen, in denen das Gottesbild als sein Urbild ruht, sondern gerade die alltägliche Oberfläche mit ihrem Aberglauben und ihren bürgerlichen Wünschen… Der Teufel versteckt sich hinter der menschlichen Natur nicht nur, um dadurch an den Menschen heran treten zu können, sondern auch, um die Menschwerdung des ewigen Logos zu karikieren…In der Verhöhnung der Menschwerdung des Logos und seiner durch die Auferstehung verklärten menschlichen Natur liegt der tiefste Sinn – jenes theologische Ziel – der satanischen Verhüllung und Verstellung.

Es scheint, daß die Offenbarung auch nichts anderes als eben dieses satanische Sichverstecken im Sinn hat, wenn sie uns von einem Tier, das sich von der Erde erhebt, erzählt (vgl. Offb. 13, 11). Das erste Tier, das aus dem Meer auftauchte, war zu Tode verwundet. Aber um diese Todeswunde zu heilen, erhob sich ein anderes Tier von der Erde selbst. Es wirkte große Zeichen und verführte die Bewohner der Welt (vgl. Offb. 13, 13). Die von Christus erlöste Menschheit begab sich wieder in die Sklaverei der Götzen, denn sie betete das Bild des ersten Tieres an. An dieser Stelle veranlaßt uns der hl. Johannes, über das Wesen des zweiten Tieres nachzudenken. „Wer Einsicht hat, berechne die Zahl des Tieres“, sagt er und fügt erklärend hinzu: „Es ist eines Menschen Zahl – numerus enim hominis est“ (13, 18).

Wenn wir also die Zahl jenes Menschen berechnen könnten, würden wir auch die Zahl, d. h. den Namen des zweiten Tieres erraten. Und fürwahr, es wurden viele Versuche in diesem Sinn gemacht; leider schlugen sie alle fehl. Die Offenbarung hat uns die Zahl jenes eigenartigen Menschen verschwiegen, und darum blieb auch der Name des Tieres ein Geheimnis. Eines aber hat uns die Offenbarung trotzdem gesagt, nämlich: die Zahl des Tieres ist die des Menschen. Und das ist das Wesentliche. Mag der Name jenes Menschen im dunkeln bleiben, wir wissen doch, daß der Träger dieses Namens, d. h. der Verkünder und Helfer des zweiten Tieres, Mensch ist. Das zweite Tier erscheint in der Geschichte angetan mit menschlichen Zeichen, versteckt hinter menschlichen Taten, verkörpert im menschlichen Leben. Der Mensch ist die Gestalt des unter dem Symbol des zweiten Tieres in der Geschichte wirkende Teufels.

Deswegen weist die Offenbarung sinnvoll darauf hin, daß das zweite Tier sich von der Erde erhebt, nicht vom Meer wie das erste. Die Erde ist ja unser Daseinsraum. Deshalb ist uns alles, was aus ihr entsteht, nah und annehmbar bzw. erträglich. Wenn also das Tier sich von der Erde erhebt, erhebt es sich in der Tat von unserem gesamten Dasein, wird uns dadurch verwandt, von uns angenommen und angebetet. Wir glauben seinen Worten, denn wir glauben, uns selbst reden zu hören. Wir errichten ihm Altäre in unseren Tempeln, den wir glauben, dadurch unserer Technik und Kunst, Wissenschaft und Philosophie, Wirtschaft und Gesellschaft, im allgemeinen unserem ganzen Kulturleben Ehre zu erweisen.

Wie Christus seine Menschwerdung durch die sichtbar auf der Erde wirkende Kirche in Raum und Zeit entfaltet, so sucht auch sein Widerpart sich in den Gestalten des irdischen Lebens zu verkörpern und damit Raum und Zeit ins eine Gewalt zu bekommen. Mit Hilfe der Erde, d. h. unseres Daseins selbst, will er sein Reich errichten, ein Reich, das dem von Christus errichteten möglichst ähnlich sein soll. Die Offenbarung bemerkt, daß das zweite Tier „zwei Hörner wie ein Lamm“ hatte, obwohl es „wie ein Drache“ redete (13,11). Diese Bemerkung ist sehr aufschlussreich. Das Wesen des Tieres, durch das Wort ans Licht gebracht, zeigt seinen satanischen Charakterzug. Doch die irdische Gestalt überdeckt das Satanische in ihm, und von außen gesehen, erscheint es sogar Christus ähnlich. Seine Entstehung aus der Erde ermöglicht es ihm, die Menschwerdung des Logos nachzuäffen und dadurch „die ganze Gewalt des ersten Tieres“ auszuüben (vgl. Offb. 13, 12). Der Antichrist, der unter der Gestalt des Tieres „von der Erde“ in der Geschichte erscheint, ist der gefährlichste Feind der erlösten Menschheit, weil er sich unkenntlich macht. Im Bild des zweiten Tieres, das sich von unserem irdische Dasein erhebt, erreicht die satanische Verstellung historische Ausmaße und zugleich apokalyptische Perspektiven. –
aus: Antanas Maceina, Das Geheimnis der Bosheit, 1955, S. 83 – S. 91

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