Die Sekte der Adventisten – Die ‚Sieben-Tage-Adventisten‘
Vorbemerkung: Wie bei der Sekte der Zeugen Jehovas handelt es sich bei den Siebenten-Tags-Adventisten um eine Sekte mit absurden religiösen Vorstellungen. Auch sie hat ihre Ausbreitung seit 1945 nach eigenen Angaben enorm gesteigert. Aus diesem Grunde ist auch über diese Sekte ein Beitrag des römisch-katholischen Theologen Otto Karrer aus dem Jahr 1942 hier abgedruckt.
I.
Unter Adventismus im allgemeinen versteht man die Erwartung des unmittelbar bevorstehenden Abbruchs der Weltgeschichte im Kommen Christi zum Weltgericht. Ob dabei zwischen der zweiten Wiederkunft und dem Endgericht ein sogenanntes Millenium, d. i. ein tausendjähriges Zwischenreich unter Christi Herrschaft, eingeschaltet wird, oder ob sogleich der ewige Schauplatz anstelle des irdischen trete, ist nicht entscheidend. Bezeichnend ist die Behauptung des allgemeinen Umbruchs für eine nächste und bestimmbare Zeit.
Die Grundzüge des Adventismus sind spätjüdisch
Die Grundzüge des Adventismus sind nicht christlichen Ursprungs, sondern sind spätjüdisch. In den letzten Jahrhunderten vor Christus war bereits alles Bezeichnende vorhanden. Die Drangsale des jüdischen Volkes unter der babylonischen, syrischen und römischen Herrschaft gaben der prophetischen Verheißung von der messianischen Neuordnung diese phantasievolle Wendung: der Messias werde als Weltenrichter kommen und gleich die Heidenvölker in einem umfassenden Gericht vernichten, um Israel zu erlösen. Eine Menge von geheimen Offenbarungen stiegen wie vulkanische Dämpfe aus dem unruhigen Boden der Sehnsucht auf. Ihr literarischer Niederschlag ist uns in manchen Schriften der Zeit erhalten und herausgegeben in deutscher Übersetzung von Paul Rißler, Altjüdisches Schrifttum außerhalb der Bibel, 1928.
Es kommen vor allem in Betracht das Buch Henoch, Buch der Jubiläen, Testament der 12 Patriarchen, Psalmen Salomons, Himmelfahrt Moses’, Baruch-Apokalypse, 4 Esra, eine große Zahl von rabbinischen Sprüchen und sibyllinischen Weissagungen auf jüdischem Boden (vgl. die Sammlung des Materials bei Strack-Billerbeck, Kommentar zum N. T. aus dem jüdischen Schrifttum, Exkurs 29/30).
Alles, was später in Zukunftsbildern erscheint, ist hier schon vorhanden: die Weissagungen großer Wehen, Natur- und Völkerkatastrophen, Erschütterungen des Himmels, Kommen des Menschensohnes auf den Wolken, tausendjähriges Reich, Antichrist, jüngster Tag, Auferstehung der Toten, Endgericht über die Völker, neuer Himmel und neue Erde.
Die Berechnung dieser Ereignisse konnte trotz vieler Warnungen jüdischer Schriftgelehrter nie unterdrückt werden. Mit Einteilungen der Weltgeschichte in 6 oder 7, auch 10 oder 12 Perioden, kam der Adventismus des Judentums zu Endterminen von verschiedenem Datum. Die einen errechneten schon das Jahr 240 und wurden enttäuscht; andere kamen mit Hilfe Daniels auf das Jahr 68 n. Chr. — aber das war dann die Nähe der nationalen Katastrophe, während gerade die Feinde triumphierten. Die Unentwegten vermuteten einen Fehler in der Berechnung und hatten so Zeit, es von neuem zu versuchen. Schließlich protestierten die besten Lehrer gegen den Unfug und erklärten jeden des messianischen Heils verlustig, der sich auf solche Berechnungen einlasse (s. Strack-Billerbeck 1.c.).
Die heutigen Adventisten sind wenig von geschichtlichen Kenntnissen berührt
Unsere heutigen Adventisten haben gewiss keine Ahnung davon, wo ihre Väter zu suchen sind. Auch ihre geistigen Führer, man spürt es in allem, sind wenig von geschichtlichen Kenntnissen berührt. Sie meinen, nur den Spuren Jesu und der neutestamentlichen Geheimen Offenbarung zu folgen. Das ist aller Ehren wert. Die Wirklichkeit aber ist ganz anders:
Jesus knüpfte naturgemäß in Seiner Verkündung an die verbreitete Erwartung an, um durch diesen Urwald von Prophezeiungen aller Art der neuen Erkenntnis Bahn zu weisen. Elias, der vor dem Weltgericht kommen soll, ist schon da gewesen in der Person Johannes des Täufers (Mt. 17,9 ff.). Das erwartete Reich Gottes ist tatsächlich nahe (Mt. 4, 17), ist mitten unter euch, ist in euch selbst (Lk. 9,27).
Es wird auch sichtbar in Erscheinung treten: Noch in dieser Generation, noch während manche von Seinen Zuhörern leben, wird der Menschensohn kommen (Mt. 10, 23), das heißt nach der Erklärung bei Lukas und Markus: wird das Gottesreich kommen mit Macht (Lk. 9,27; Mk. 8,39), ja: »von nun an werdet ihr den Menschensohn zur Rechten der Kraft Gottes sitzen und auf den Wolken des Himmels kommen sehen« (Mt. 26, 64).
So sieht Ihn auch der sterbende Stephanus als den himmlischen Sieger zur Rechten Gottes (Apg. 7, 56), desgleichen allenthalben der Seher der Geheimen Offenbarung, der im Anschluss an die Endverheißungen Jesu (Mt. 24) von der Glaubensgewissheit durchdrungen ist, dass der erhöhte Herr von nun an herrschen und endgültig Seinen Sieg erweisen wird: für die Erkenntnis aller am jüngsten Tag —, aber diesen zu wissen, hat der Vater allein sich vorbehalten Mk. 13, 32).
Wie man sieht, ist das in Wirklichkeit eine Verwandlung der alten Erwartungen. Es wird noch näher davon die Rede sein.
Die Judenchristen waren noch stark befangen in alten adventistischen Vorstellungen
Wie schwer selbst die Jünger umlernen konnten, geht daraus hervor, dass sie noch auf dem Weg zur Himmelfahrt dem Herrn die Frage nach der nahen Neuordnung der Dinge stellten. Sie bekamen dieselbe, nur noch persönlichere Antwort: »Euch steht es nicht zu, Zeiten und Termine (oder Zeitumstände) darüber zu erforschen« (Apg. 1,7). Und hofft doch auch Paulus in seiner Frühzeit, zum Unterschied von 2 Tim. 4, 6 ff. — wenn er auch längst keine Behauptung darüber aufstellen will —, daß er den jüngsten Tag noch selbst erleben werde (1. Thess. 1,14 ff.).
Wie verständlich ist es da, dass die Masse der Judenchristen noch stark im Banne der alten adventistischen Vorstellungen befangen war. Die altjüdischen geheimen Offenbarungen wurden auch in ihren Reihen gelesen und stellenweise bearbeitet, und die Verfolgungen förderten naturgemäß die Hoffnung auf den plötzlichen Umschwung.
So erwarteten schon die Thessalonicher mit solcher Inbrunst den nahen Umbruch, dass manche von ihnen es für sinnlos hielten, noch den gewohnten Beschäftigungen nachzugehen (2 Thess. 3, 6 ff.). Paulus musste sich gegen die Berufung auf ein angebliches Wort von ihm wenden (1. c. 2, 2). Ebenso finden sich in manchen urchristlichen Schriften Spuren der Enderwartung für die nächste Zeit: in der sog. Zwölfapostellehre, in den sog. Clementinischen Briefen, im Hirt des Hermas usf.
In manchen urchristlichen Schriften finden sich Spuren der Enderwartung
Das »Sendschreiben der Apostel«, eine Schrift gegen Mitte des 2. Jahrhunderts auf christlichem Boden entstanden, aber von Sonderanschauungen durchsetzt, denkt an die Zeit »zwischen Pfingsten und dem Fest der ungesäuerten Brote« des Jahres 150 als Endtermin. Andere, wie die »Himmelfahrt des Isaias«, schildern nicht nur mit der Geheimen Offenbarung den Antichrist in den Zügen Neros, sondern sehen in ihm den Vorboten des nächstbevorstehenden Umschwungs. Privatoffenbarungen wollen die Prophetinnen Maxilla und Priska der montanistischen Sekte um 160 empfangen haben, um zu verkünden: nach 5 Jahren werde es geschehen, und zwar in dem kleinasiatischen Städtchen Pepuzza.
Ähnlich war es bei der 1000-Jahrfeier des Römerreichs, anno 244 — wegen der »1000 Jahre« des Friedensreichs. Auch Augustinus war einmal im Bann dieses Gefühls gestanden, aber machte sich davon frei und schrieb an seinen Freund Hesychius: »Schon viele vor uns haben das Ende der Zeit für nahe gehalten und haben sich getäuscht, und vielen wird es auch künftig ebenso ergehen«. Er hat Recht behalten.
Das Jahr 1000 n. Chr. war wieder ein kritisches Jahr, da man den Schlüssel der Zahlensymbolik für die »1000 Jahre« des Reiches Christi in der Geh. Offenbarung verloren hatte — wo doch schon bei den Juden oft 6 oder 7 oder 360 Tausend Jahre statt jener »Tausend« im gleichen Sinne stehen: für die »Fülle der Zeiten«, für die ganze unberechenbar lange »Endzeit«. Viele weitere Beispiele mittelalterlicher Prophezeiungen hat der Historiker I. Döllinger in seinen »Kleinere Schriften« zusammengestellt.
Es waren neben Schwarmgeistern auch heilige Männer und Frauen, die unter den Eindrücken der Welt- und Kirchengeschichte und von der Sehnsucht nach der Enderlösung auf ein irriges Geleise geführt wurden. Man denkt bei alldem an das Wort des Propheten: »Meine Gedanken sind nicht eure Gedanken, und wie der Himmel höher ist als die Erde, so sind meine Gedanken höher als eure Gedanken« (Is. 55, 8).
Beispiel zweier mittelalterlicher Weissagungen, auf die sich Adventisten berufen
Nur zwei dieser mittelalterlichen »Weissagungen« sollen besonders erwähnt werden, nicht weil sie einen Wert hätten, sondern weil sie gelegentlich bis in die Gegenwart auftauchen und Unfug stiften. Ich meine nicht die angeblich von der hl. Odilia stammenden; denn sie hat keine Prophezeiungen hinterlassen, die alten Biographien schließen es vollkommen aus.
Umso eindrucksvoller für kindliche Gemüter könnte die sog. »malachianische Weissagung« sein, angeblich im 12. Jahrhundert von dem irischen Priester Malachias verfasst — noch vor kurzem berief sich ein Adventisten-Prediger auf diese angeblich katholische »Weissagung«. Darin wird die Reihenfolge der Päpste von 1143 an mit symbolischen Stichworten für die einzelnen angeführt. Da die Liste natürlich begrenzt ist, käme man unter der Voraussetzung, daß es sich um eine Weissagung handelte, zu dem Ergebnis, daß nur noch 6 bis zum Weltende übrig blieben — immerhin genug für uns, um wie die früheren noch den Tod erleben zu müssen!
Aber abgesehen davon, dass wir so im Widerspruch mit der Bibel stünden, die eine Berechnung ausschließt, hat man schon längst erkannt, daß die angebliche »Weissagung« ein Machwerk aus dem Ende des 16. Jahrhunderts ist und eine rein zeitgeschichtliche Absicht verfolgte. Dementsprechend sind auch die Symbole für die früheren Päpste recht gut getroffen, während die folgenden einen Unsinn ergeben, näherhin: zufällig einmal passen, bei den andern aber lächerlich sind.
Ebenso unbrauchbar ist die angebliche Weissagung von dem »Kommenden großen Monarchen«, einem üblen Gemisch von politischer Tendenz mit religiöser Phantasterei, vor dem man sich nur schämen muss, dass solche Mätzchen von einem Geistlichen unter das Volk gesetzt werden konnten. Die Buchhandlungen führen m. W. anständigerweise das Machwerk nicht mehr.
Die adventistische Stimmung in Europa schwappte auch nach Amerika
Um »Sekten« aber, wohlverstanden, handelt es sich bei alledem nicht. Wenn manche Fromme der alten Zeiten einen adventistischen Anflug zeigen, so kann man sie kaum dafür tadeln. Es war ein Missverständnis der Bibel, das solange harmlos ist, als es bei der adventistischen »Hoffnung« bleibt und man aus persönlichen Gefühlen keinen Glaubenssatz macht, gar, um sich mit Berufung auf solche »höhere Eingebungen« aus der kirchlichen Glaubensgemeinschaft zu lösen. Häretisch ist nur das starrsinnige Festhalten an Sondermeinungen, die Offenbarungs-Wahrheiten widersprechen, mit der Tendenz, sich abzusondern und die Kirche der Jahrhunderte, der unter der apostolischen Leitung der Geist der Wahrheit in Sachen des Heils verheißen ist, als Opfer »satanischer Verführung« oder als »Antichrist« hinzustellen.
Zu bemerken ist noch, dass auch im Protestantismus von Zeit zu Zeit adventistische Zukunftsberechnungen aufgetaucht sind, von der Reformation bis zur Gegenwart. So war in einer Adventisten-Versammlung kürzlich von der adventistischen Bewegung des »Prälaten Bengel« die Rede — die neugierigen katholischen Zuhörer sollten offenbar durch den Titel irregeführt werden, an einen katholischen Theologen zu denken. Es handelt sich um den schwäbischen protestantischen Prälaten und Konsistorialrat, der 1752 in Stuttgart gestorben ist.
Im Schrecken der napoleonischen Kriege griff die adventistische Stimmung in Europa nach Art einer Epidemie um sich und griff auch nach Amerika über, und von dort stammen fast alle modernen Sekten: Baptisten, Mormonen, Adventisten mit Sabbatisten, und die Ernsten Bibelforscher.
II.
Der Gründer der adventistischen Sekte
Nach dieser geschichtlichen Vorbereitung kommen wir zu der Sektengruppe, die mit dem Namen »Adventisten« auftritt.
Ihr Gründer ist der Farmer William Miller vor etwa 100 Jahren. Als Jüngling ungläubig, »bekehrte« er sich mit 34 Jahren zu den Baptisten, in deren Kreis besonders Daniel und die Geh. Offenbarung gelesen wurde. Man las aufs Geratewohl. Die schwierigsten Bücher erklärt ein Farmer aus dem Stegreif nach seiner frommen Empfindung und schreibt dem Hl. Geist zu, was ihm bei der Lesung einfällt… .
Allmählich reift so in Miller die Überzeugung, daß »die Neuordnung nahe« sei. Bei Daniel 8, 14 ist von der »Reinigung des Tempels« nach 2300 Tagen die Rede — es ist dies eine andere Stelle und andere Zahl als die von Russel, dem Gründer der Bibelforscher, benutzte von 1335 Tagen bei Daniel 12,12, wo die Zeit des geduldigen Harrens bis zur Befreiung umschrieben ist. Die Erklärung Millers hat gegenüber dem Bibelforscher-Haupt den einen Vorzug, daß sie zeitlich früher kam; im übrigen ist sie genau so von Bibelstudien und Kenntnis der biblischen Zeitgeschichte unberührt.
»Der Tempel bedeutet die Welt«, erklärt Miller; und »Tag« bedeutet Jahr (anderswo, je nachdem man’s braucht, stehe ein »Tag« für tausend Jahre). Und da Miller genau weiß, wann Daniel gelebt hat, was bis heute sonst kein Schriftgelehrter weiß, so kann er den Ansatzpunkt der 2300 Tage = Jahre genau bestimmen und kommt so auf das Jahr 1844 als das Jahr des Weltgerichts!
Die Prophezeiung erregte gewaltiges Aufsehen, zumal eine Vision noch das Datum präzisierte: 21. März 1844. An diesem Tag standen Tausende von biederen Amerikanern auf freiem Feld und starrten erwartungsvoll gen Himmel. Es geschah nichts. Ein kluger Freund entdeckte nachträglich einen Rechenfehler (auch das ist nichts Neues): das neue Datum lautet: 22. Oktober 1844. Wiederum die gleiche Erwartung und Enttäuschung. Mit Millers Adventismus schien es aus zu sein.
Die Sendung der Adventisten: Rom als Antichrist zu entlarven
Aber siehe! Unerhofft tat sich ein Ausweg auf. Durch die Vision einer Frau.
Ellen White hatte lange für den armen Miller nach einem rettenden Ausweg gesucht, und eines Tages stand es in hellem Licht vor ihren Augen: Daniels »Tempel« ist nicht der Tempel, wie die Juden meinten, und ist nicht die Welt, wie Miller meinte, sondern ist der Himmel! Im Himmel geschehe die Reinigung, und zwar an dem von Miller ganz richtig genannten Stichtag — nur eben unsichtbar. Man kann es nicht kontrollieren! An diesem Tag ist Christus ins Allerheiligste des Himmels eingegangen, um es in einem großen »Untersuchungsgericht« zu reinigen.
Wie? Den Himmel »reinigen«? Ja, von der großen Sünde da unten, zu der sich die Christen vom römischen Antichrist betören ließen, indem sie statt des Sabbats den Sonntag feierten. Dieser Unfug ist von Christus am 22. Oktober ausgefegt worden: »Tempelreinigung«! Die Adventisten haben deshalb auf Erden eine Sendung: Rom als den Antichrist zu entlarven und den Sabbat zu predigen.
III.
Die Sekte der Siebenten-Tags-Adventisten
Es gibt heute verschiedene Gruppen von Adventisten. Die zu Ellen White halten, nennen sich »Siebten-Tags-Adventisten« (Sabbatisten). Sie arbeiten bei uns am rührigsten. Verschiedene Schriften der Schwester White — recht erbaulich im übrigen, ferner von Conradi und anderen, nebst Zeitschriften, wie »Herold der Wahrheit«, »Schweizer Familienfreund«, »Christliche Hausfrau«, werden im Volk verbreitet. Frommes und Giftiges ist gemischt. Die geistige Bildung der Verkünder ist sehr bescheiden, von den Zuläufern zu schweigen. Wir hätten keinen Anlass, uns mit ihnen zu befassen, würden nicht ihre Schriften mit einer Menge fanatischer Angriffe und Entstellungen, insbesondere gegen die katholische Kirche, in den Häusern kolportiert.
Die persönliche Frömmigkeit der guten Leute soll nicht geschmälert werden. Sie glauben an die Schrift, Dreifaltigkeit, Taufe, Abendmahl, Gebet; sie lehren Gottes- und Nächstenliebe, leben einfach, sorgen für die Armen — von denen manche allerdings auch wieder zu andern Unterstützungs-Gruppen wechseln, Auch haben sie Eifer für Erziehung und Mission und bringen erhebliche Opfer für ihre Sache.
Ihr Besonderes ist 1. die Lehre vom nahen, sichtbaren Weltgericht nach jenem unsichtbaren Untersuchungs-Gericht im Himmel; 2. das Gebot der Rückkehr zum Sabbat; 3. Leugnung der gottgeschaffenen Unsterblichkeit des Menschen: die Begnadeten kommen in den Himmel, die andern werden vernichtet, ohne Hölle; 4. Verwerfung der Kindertaufe und Forderung des Tauchbads — all dies wie gesagt, mit besonderer Gehässigkeit gegen das Katholische.
IV.
Würdigung der Siebenten-Tags-Adventisten
1. Zur Leugnung der Unsterblichkeit und der Hölle
Nach den Adventisten ist der Mensch auch der Seele nach keineswegs unsterblich, sondern wie das Tier vergänglich, und nur durch die Erlösungsgnade gebe es ein ewiges Leben für die Auserwählten. Jesus aber sagt bei Matth. 10, 28: »Fürchtet nicht diejenigen, die wohl den Leib, nicht aber die Seele töten können. Fürchtet vielmehr den, der Seele und Leib ins Verderben stürzen kann«. Der Text unterscheidet den sterblichen Leib von der unvergänglichen Seele und lehrt — wie übrigens auch andere Texte, z. B. vom reichen Prasser (Lk. 16, 19ff.) — das Fortleben der Seele auch der Verworfenen im »ewigen Feuer, das dem Teufel und seinen Engeln bereitet ist« (Mt. 25, 41).
Während die Adventisten die Vernichtung der Bösen anstelle der Hölle lehren, spricht der Herr schon bei den angegebenen Stellen vom Gegenteil. Ferner bei Markus (9, 44 u. 48) vom »unauslöschlichen Feuer« und dem Ort »wo der Wurm nicht stirbt und das Feuer nicht erlischt«. Die Stelle ist wörtlich aus Isaias 66, 24 entnommen (1). Offensichtlich ist der Zustand der Qual, also gerade nicht das Erlöschen im Nichts bezeichnend.
(1) Die Ausführung zu diesem Punkte ist dieselbe wie im entsprechenden Abschnitt (VII) über die Höllenlehre der Ernsten Bibelforscher.
Die Sekte spekuliert auf die Gefühle des Menschen
Auch in der Geheimen Offenbarung heißt es von den Bösen nicht: sie werden vernichtet werden, sondern es heißt vom Teufel wie auch vom »Tier« und vom »Lügenpropheten«, d. h. vom Anhang der gottfeindlichen Mächte: »Sie werden gepeinigt Tag und Nacht bis in alle Ewigkeit« (20, 10).
Aber man spekuliert nicht ungeschickt auf das menschliche Gefühl. Auch der gläubige Mensch wird an Bibelworte denken von der Liebe Gottes, der alles schuf und »nichts hasst von dem, was Er geschaffen hat« (Weish. 11, 25) und »will, daß alle Menschen selig werden« (1 Tim. 2, 4); und das Ziel der Erlösungsmacht Christi sieht der hl. Paulus erreicht, wenn dem ewigen Vater »alles unterworfen« ist, indem »der Sohn auch selbst unter Dem ist, der Ihm alles unterstellt hat, so daß dann Gott alles in allem ist« (1 Kor. 15, 27).
Über Gottes Gerechtigkeit und Liebe siehe den Text im Beitrag über die Zeugen Jehovas: Gottes Gerechtigkeit und Gottes Liebe gehören zusammen.
2. Zur nahen Wiederkunft Christi
a. Man vermeidet es heute, sich auf Termine festzulegen. Gebrannte Kinder fürchten das Feuer.
Aber es war der Ursprung des Adventismus — der Ursprung ein Wahn, also nicht gerade der Hl. Geist.
Entscheidend war dabei eine »Vision«. Die Vision einer Frau. Gewiss, einer frommen Frau; aber es haben wahrlich genug fromme Frauen Visionen aus ihrem Unterbewussten gehabt und sich getäuscht. Ellen White suchte damals in schwerer Lage nach einem rettenden Ausweg aus der Enttäuschung. Erlebnisse, die aus solchen seelischen Wurzeln kommen, erheischen größte Vorsicht. Die Adventisten aber haben bis heute ihre wesentlichen Sonderlehren auf jene Vision abgestellt: sowohl den »Adventismus« als solchen wie den »Sabbatismus«, sowohl die Behauptung vom allernächst hereinbrechenden Endgericht wie von der göttlichen Verpflichtung auf den Sabbat für alle Völker und Zeiten.
Aber zunächst, was soll man sich unter einem jenseitigen »Untersuchungs-Gericht« vorstellen? Eine protokollarische Aufnahme des verfehlten irdischen Tatbestands der Sonntagsfeier? Durch einen Gott, der erst »untersuchen« muss, um festzustellen?
Und was stellt er dabei angeblich fest? Dass seine Christenheit, der er den Geist mitgegeben und bis zum Ende verheißen hat, in entscheidend wichtigem Punkte vom Geist verlassen sei? Lieber Gott, verzeih — wenn die Gesamtkirche bis zur Adventisten-Sekte so daneben ging, so musst Du den Prozess gegen die Verheißung Jesu, bzw. gegen Dich selber führen! Wir haben uns dann nur geirrt, Du aber hast uns belogen, die wir Dir glaubten!
Die Berufungen der Sekte auf ‚ihren‘ heiligen Geist muten sonderbar an
Aber wir glauben an Christi Wort und glauben deshalb, dass es von Mr. Miller und seiner Prophetin und seinem Anhang ein wenig komisch ist (um nicht mehr zu sagen), dass sie gegen das ganze, 1900 Jahre alte Christentum erst den rechten Hl. Geist empfangen hätten. Durch eine Vision! Welche Quelle ist wohl zuverlässiger: die Vision des Farmers (der sich nachweislich täuschte) und seiner Prophetin (die sich in ihrer Herzensnot ins Unkontrollierbare flüchtete) — oder der Gesamtglaube der christlichen Jahrhunderte mit seinen überragenden Geistesmännern und Heiligen, an der Schrift und an dem Herzen der Mutterkirche gebildet! Hiergegen muten uns die Berufungen der Miller und White auf »ihren« Heiligen Geist ein wenig sonderbar an.
Wir haben keine Schwierigkeiten anzunehmen, dass der Hl.Geist auch in Andersgläubigen wirken kann und wirkt. Wir denken nämlich, ein frommes Leben, besonders von Getauften, aber auch wo immer sonst, sei von Ihm gewirkt. In allem, was sie der christlichen Wahrheit gemäß aus lauterem Herzen glauben und leben, und wo nicht bewusster Widerspruch, Auflehnung gegen Gottes Stimme sie leitet, ehren wir sie als fromme und gute Menschen, ohne sie deshalb als Quelle oder Norm christlicher Wahrheit anzusehen.
Wo ein objektiver Widerspruch gegen die Glaubenslehre der apostolischen Kirche vorliegt, denken wir eher an unverschuldeten Irrtum als an Bosheit — wir hoffen und wünschen, es möchte nur ein Irrtum sein. Aber den Irrtum als Waffe gegen die Wahrheit weisen wir mit apostolischer Entschiedenheit zurück.
Bei den Adventisten kann sich der ‚Heilige Geist‘ auch irren
Wenn ein Miller aus »seinem« Heiligen Geist erklärt: »Der Tempel ist die Welt« — und dann korrigiert er sich um der Vision von Miß Ellen willen und erklärt, »ihr« Heiliger Geist habe ihr gezeigt: »Der Tempel ist der Himmel« — so finden wir das, Gott helfe uns, ein wenig sonderbar.
Und wenn dann der beiden gemeinsame »korrigierte« Hl. Geist sich gegen den verheißenen Gesamtgeist der christlichen Jahrhunderte kehrt, so wird uns ihr Anspruch dadurch nicht verlässlicher. Und gar, wenn »ihr« Hl. Geist ihnen Tag und Stunde prophezeit, wo doch Jesus gesagt hatte: »Tag und Stunde weiß niemand« (Mk. 13: 32) so halten wir uns lieber an Jesu Wort. Und wenn »ihr« Heiliger Geist, sich wieder korrigierend, wenigstens die »ungefähre« nahe Zeit der letzten Wiederkunft weissagt, wo Jesus uns erklärt hatte: »Es ist überhaupt nicht eure Sache, es steht euch nicht zu, die Zeiten und Zeitumstände zu erforschen, die der Vater in Seiner Macht festgesetzt hat« (Apg. 1,7) — so wissen wir, wo wir besser daran sind.
Weissagungen über das Ende der Welt ist Ablenkung vom christlichen Geist
Grundsätzlich scheint uns die Frage angebracht, ob es denn überhaupt im Sinn der Religion gelegen sei, und nicht vielmehr ein müßiges Spekulieren, ein Bedürfnis nach Erregung der Gemüter, eine listig plumpe Ablenkung vom christlichen Geist, sich mit irgendwelchen Weissagungen über das so und so nahe Ende abzugeben.
Das Endgericht kommt einmal — aber ob die letzten Dinge für den einzelnen etwas früher oder später kommen, ob sie für den einzelnen jeweils in seinem gewissen und nahen (wenn auch nicht voraus berechenbaren) Tode kommen oder mit einem allgemeinen Umsturz der Dinge, ist für das christliche Leben vollkommen gleichgültig. Die Religion Christi lehrt uns, an die verheißene Enderlösung zu glauben, ohne dem Ratschluss neugierig vorgreifen zu wollen. Sie lehrt uns, unterdessen ehrfürchtig Gott zu dienen und sich der praktischen Aufgabe zuzuwenden, »den Glauben in Liebe auszuwirken« (Gal. 5, 6), zu wirken, »solange es Tag ist« (Joh. 9, 4), auf daß das Reich Gottes in uns komme, die Herrschaft Gottes in uns und unseren Mitmenschen verwirklicht werde.
Was für einen Unterschied macht es für religiösen Lebensernst und Glaubenshoffnung, zu wissen, ob unser Leben etwas früher oder später, auf diese oder jene Weise ans Ziel der Ewigkeit komme? Es schließt auf alle Fälle mit einem baldigen irdischen Ende. Ob für mich und die andern Zeitgenossen, wie bisher für die Menschen alle, der Reihe nach, oder für uns alle zusammen in einem gemeinsamen Rutsch, ob im Tode oder ohne Tod in einer gemeinsamen Verwandlung: ist für unser Heil vollkommen gleich. Gerade auch diese letztere Doppelmöglichkeit hat Paulus für gleichgültig für unser wesentliches Leben erklärt (1 Thess. 4, 15).
Wir hoffen vielleicht (wie er damals noch hoffte), wir möchten nicht sterben, — aber wir verlieren nicht das mindeste, wenn wir sterben, ehe der Jüngste Tag kommt. Wahrscheinlich sterben wir tatsächlich früher! und unser Tod ist Erlösung zu höherer Stufe; so glauben, so hoffen wir.
Der christliche Glaube hat Ernst und Trost zugleich
Dieser Glaube hat Ernst und Trost zugleich. Ernst für irdischen Sinn: »Du Tor, noch heute Nacht kann Gott deine Seele fordern« (Lk. 12, 20) — Trost für lebendig Gläubige: »Hebet die Häupter auf: eure Erlösung ist nahe« (Lk. 21, 28).
Alle Gleichnisse, die in der Endrede Jesu bei Matthäus 25 eingeschaltet sind — vom wachsamen Hausvater, von den Jungfrauen, von den Talenten — mahnen zu Wachsamkeit und Bereitschaft für die ungewisse Stunde der Heimberufung der einzelnen, und im Rahmen dieses Ganzen erscheint das Weltgericht als Abschluss, um zu bedeuten: einmal wird für alle die ganze Weltzeit vorüber sein — wann, weiß niemand! — und wir alle werden im ewigen Licht vor der Majestät Gottes, des richtenden und erlösenden, sein.
b. Aber es gibt doch »Zeichen« des Wiederkommens Christi?
Naturkatastrophen, kosmischer und irdischer Art, Katastrophen unter dem Einfluss von Sonne, Mond, Überflutungen, Vereisungen, Erdbeben, Hungersnöte, entsetzliche Kriegszüge über Länder und Kontinente hin — haben die Menschheit, soweit wir wissen, von Zeit zu Zeit begleitet, und es spricht alles dafür, dass es immer so sein werde. Wie könnten wir solches als Zeichen für das Weltende nehmen? Für welches »Kommen Christi« sind denn solche Wehen in seinen Zukunfts-Weissagungen »Zeichen«?
Vom Kommen des Messias in der Heiligen Schrift
Vom Kommen des Messias (des Menschensohnes) wird in der Schrift in verschiedenem Sinne gesprochen:
1. Auf ein erstes Kommen des Messias haben von je die Propheten hingewiesen, und im Hinblick auf sie verkündet Jesus: »Das Gottesreich ist nahe« und ist »in euch« (Mt. 4, 17; Lk. 17, 21). Dies war das erste Kommen (für uns).
2. Sein Wiederkommen im Geiste verheißt er z. B. bei Matthäus 16, 28: »Wahrlich, einige von denen, die hier stehen, werden den Tod nicht kosten, bis sie den Menschensohn kommen sehen in Seinem Reich«.
Denn was bedeutet dieses »Kommen oder »Wiederkommen« Christi? Markus (9, 1) und Lukas (9, 27) erklären es — wie um den jüdischen Apokalypsen den Boden zu entziehen: »Wahrlich, einige von denen, die hier stehen, werden den Tod nicht kosten, bis sie das Reich Gottes kommen sehen mit Macht« — mit andern Worten: Noch die Zeitgenossen Jesus werden es erleben, dass das Reich Gottes, das Er verkündet hat, trotz aller Hindernisse sich siegreich Bahn bricht. Und darin wird sich die Herrschaft des erhöhten Christus offenbaren, wie Er es auch vor dem Hohepriester bekräftigt hat:
»Von nun an werdet ihr den Menschensohn zur Rechten der Kraft Gottes sitzen und auf den Wolken des Himmels (das heißt in göttlicher Macht) kommen sehen« (Mt. 26, 64). Also die göttliche Macht des Erhöhten wird sich offenbaren; Sein Kommen, Seine Gegenwart in der Kraft des Geistes wird durch Seine Jünger wirken; und es wird ein Gericht sein über die Welt zur Scheidung von Glaube und Unglaube, von Christ und Antichrist durch alle Zeiten.
Mit andern Worten: Die »Zeichen«, von denen man spricht, die Wehen der Menschheitsgeschichte durch äußere Katastrophen und geistige Verwirrungen der Falschpropheten, sind Begleiterscheinungen, unter denen sich das immerwährende geistige Kommen Christi zur Scheidung und zum Gericht der Menschen vollzieht. Und wenn der Sieg Christi und Seines Reiches im irdischen Laufe nur für die Augen des Glaubens sichtbar ist — im Licht der Ewigkeit, am Jüngsten Tag, wird er allen offenbar werden.
Das neugierige Prophezeien des Jüngsten Tages ist nicht mit den Abmahnungen Jesu vereinbar
3. Denn schließlich gibt es ein letztes Kommen Christi, die Vollendung jenes zweiten, immerwährenden Kommens und Gerichtes. Dies letzte vollzieht sich im Weltgericht des Jüngsten Tages. Es ist von Jesus in einem Gemälde mit volkstümlichen Farben geschildert: Sie werden zu Seiner Rechten und zu Seiner Linken stehen, die einen zur Seligkeit, die andern zur Unseligkeit. Aber »Zeit und Stunde«, »Zeiten und Zeitumstände« dieses allgemeinen Abschlusses und Übergangs in »den neuen Himmel und die neue Erde« für die ganze Menschheit zu erforschen, zu berechnen, darüber zu spekulieren oder zu prophezeien, »ist nicht eure Sache«: ihr habt anderes zu tun, »ihr sollt meine Zeugen sein«: das Reich Gottes in euch und in der Welt zu verwirklichen.
Die Geheime Offenbarung wiederholt die Endreden des Herrn und überträgt sie in geheimnisvoll leuchtende Bildstreifen, deren Erklärung man z. B. in meiner Ausgabe finden kann (Verlag Benziger, 2. Aufl. 1940). Auch da beziehen sich die »Zeichen« durch das Buch hin bis gegen das Ende auf das »zweite Wiederkommen« im Geiste, in der Geschichte des Reiches Gottes. Es sind Zeichen, die uns mahnen, dass wir in Seiner Gegenwart stehen und vor Seinem Angesicht die Kämpfe und Bewährungen bestehen sollen, die das ewige Schicksal eines jeden bestimmen, und dass wir uns im Glauben an den endgültigen Sieg des Reiches Gottes durch keine äußeren Erschütterungen verwirren lassen.
Dies allein hat einen religiösen Sinn. Das neugierige Ausschauen und Prophezeien aber, das Gruselnmachen wegen angeblich demnächstigen Jüngsten Tag ist weder religiös (weil einfach natürliches Erschauern vor dem Ungewissen) — noch ist es mit den Abmahnungen Jesu zu vereinbaren, die uns auf vernünftige praktische Aufgaben zu unserem Heil hinweisen, von denen wir uns durch nichts sollen ablenken lassen — und wären es »Prophezeiungen« noch so frommer Menschen, die da sagen: »Hier ist Er oder dort — glaubet es nicht!« (Mt. 24, 23), sondern denket: Wo ein Aas ist, sammeln sich die Geier« (1. c. 38).
siehe dazu die Beiträge:
- Ort und Zeit der Wiederkunft Christi
- Apokalyptische Schau Jesu Christi
- Weissagung Jesu vom Ende der Welt
Die Verwerfung des Sonntags durch die Adventisten
3. Zum Sabbatismus.
Diese Spezialität des Hauptflügels der Adventisten wird mit besonderer Glaubenswut in der Polemik nach außen, und zugleich mit pathetischer Feierlichkeit vor den »andächtigen Gläubigen«, verkündet.
Die Verwerfung des Sonntags geht, wie gesagt, geschichtlich auf die Vision der Ellen White zurück, Sie »schaute im Geist«, wie Christus den Abfall der Kirche zum Sonntag, wofür das Papsttum verantwortlich sei, ins »Vorgericht« oder »Untersuchungsgericht« nahm!
Die Verwerfung des Sonntags geht auf die ‚Vision‘ von Frau White zurück
a. Wann der »Abfall« erfolgt sei, wird in verschiedenen adventistischen Äußerungen verschieden angegeben: Durch Kaiser Konstantin, sagt der »Herold der Wahrheit« (54, 4). — Daran ist nur richtig, dass dieser Kaiser im Jahre 321 den Sonntag teilweise zum staatlichen Ruhetag machte, sofern an ihm keine Gerichts-Sitzungen sein sollten und den christlichen Soldaten der Gottesdienst freigegeben wurde. Hingegen macht der »Christliche Hausfreund« (29. Okt. 31) das Konzil von Laodicea, »im Jahr 364«, verantwortlich. — In Wirklichkeit weiß man das Jahr des Konzils nicht; zwischen 343/81 muss es gewesen sein. Vor allem aber, all diese Daten für die Einführung des Sonntags sind eine bare Lächerlichkeit für jeden, der vom alten Christentum eine Ahnung hat. Wir werden den Sachverhalt gleich sehen.
Wenn vollends der Schweizer Adventisten-Prediger A. Rupp in der genannten Nummer des »Christl. Hausfreund« pathetisch erklärt: »Die rechte Gemeinde wird bedingt durch die wahre Lehre. Der Unterschied im Gehorsam zwischen der rechten Gemeinde Gottes und den übrigen Gemeinden ist in einem, und zwar im Sabbatgebot, zu beobachten« — so befremdet dieser erstaunliche Satz umso mehr, wenn man im folgenden liest, wie großzügig die »Heiligung« des Sabbats sich von der alten Gesetzlichkeit unterscheidet:
wird doch ein schöner Spaziergang durch Feld und Wald als Ersatz für überlieferte Formen angepriesen — wenn nur die Arbeitsruhe gehalten wird und nicht der »heidnische« Sonntag. Denn die Arbeitsruhe am Sabbat habe Gott selbst für alle Völker und alle Zeiten geboten, und zwar im Paradies; habe doch Gott selbst in Seiner Schöpfertätigkeit den Sabbat geheiligt durch Seine Ruhe nach dem Sechstagewerk (1. c.). Wie steht es damit?
Zunächst hat das Alte Gesetz, auf das man sich beruft, unter »Sabbatruhe« doch noch etwas mehr verstanden als einen schönen Spaziergang bei Enthaltung von knechtlicher Arbeit. Die Urchristen aber unter apostolischer Anleitung haben den Sonntag, den sie in Ablösung des Sabbats einführten, zwar nicht gerade unbedingt mit »Arbeitsruhe« gefeiert (das wäre für die kleine Minderheit in Juden – wie in Heidenstädten auch gar nicht möglich gewesen), und vor allem: es ist ihnen gar nicht eingefallen, den Tag des Herrn und seine Heilighaltung mit dem alttestamentlichen Gesetz zu begründen — und weder den Kirchenvätern, noch sonst jemand bis ins Mittelalter, ist solches eingefallen.
Wohl aber feierten sie den Tag des Herrn durch das gemeinsame Brotbrechen der Gläubigen, durch die Feier des christlichen Gottesdienstes — wir kommen darauf zurück.
Wie ist es mit dem Sabbat und seiner angeblich allgemeinen Verpflichtung?
b. Aber vorerst, wie ist es mit dem Sabbat und seiner angeblich allgemeinen Verpflichtung?
Als Abraham aus dem alten Kulturgebiet von Chaldäa auszog, brachte er von dort einen Kalenderbrauch mit, der jeweils den 7., 14., 21. Tag im Mondzyklus hervorhob. Die Auswanderer reihten die Siebener-Perioden fortlaufend aneinander — darin bestand der Unterschied der Zählung gegenüber dem heidnischen Mutterland. Zum formellen Gesetz für Israel wurde dann diese Ordnung durch Moses erhoben, und zwar mit zweifacher Begründung an verschiedenen Stellen:
erstens, es tue Sklaven und Tieren gut (5 Mos. 5, 14): das ist die soziale Begründung; zweitens mit religiöser Begründung (2 Mos. 20,8 ff.; 31, 17): es solle nicht nur der Menschenfreundlichkeit des einzelnen überlassen oder empfohlen sein, sondern es habe zu gelten im Namen Gottes. Um dieses dem Sinnesmenschen in die Vorstellungskraft zu prägen — denn Bilder sind für den einfachen Menschen einprägsamer als bloße Paragraphen —, verwendet der Gesetzgeber sehr geschickt das poetische Bild vom Sechstagewerk:
»Sechs Tage schaffte Gott, am 7. ruhte Er«. Ein schönes Motiv in religiöser Volkspoesie — aber es würde sofort lächerlich, würde es buchstäblich von Gott verstanden, wie die Adventisten belieben (sie sind darin tatsächlich lächerlich), als schaffe Gott wirklich 6 Tage und ruhe dann und lasse Seine Welt nun laufen! Nein, nicht so, sagt Jesus, sondern »der Vater schafft allezeit« (Joh. 5, 17) — und selbstverständlich ist’s für Ihn keine Plage, daß Er dann nachher feiern müsste.
Der Sabbat ist nur für die Juden verpflichtend
An sich hätte Moses (bzw. Abraham) den Anfang der abrollenden Siebener-Reihen mit einem andern Tag anfangen können. Mit welchem er anfing, war vollkommen gleich; aber mit einem musste er halt anfangen, und dann lief es halt so weiter! Die tatsächliche Periodisierung hängt ursprünglich mit den Mondphasen zusammen (auch der hl. Paulus wusste das: wir kommen in der Besprechung von Gal. 4, 4 ff. darauf). Und die junge Christenheit hatte gute Gründe, als sie aus dem Judentum auszog und eine neue Gemeinde bildete, vom jüdischen Sabbat abzugehen und das ganze gesetzliche Drum und Dran für bedeutungslos für das Heil zu erachten:
I. Das Gesetz selbst erklärt ja den Sabbat nur für Juden verpflichtend (2 Mos. 31, 17): »Für alle Zeiten soll der Sabbat ein Zeichen zwischen mir und den Israeliten sein« — genau so, wie die Beschneidung ein Bundeszeichen Jahves mit Seinem Volk sein sollte (1 Mos. 17, 10 ff.). Nichtjuden, die im Lande wohnten, sollten nicht an das jüdische Gesetz gebunden sein; die sich aber beschneiden ließen, sollten wie Volljuden gelten (2 Mos. 12,48 f.). Also nicht einmal auf das alte Gesetz können sich die Adventisten berufen — es sei denn, sie erklären auch die Beschneidung und das ganze gesetzliche alte Testament für allgemein verbindlich. Vor solcher Konsequenz könnte man wenigstens in gewissem Sinn den Hut ziehen!
II. Noch weniger kann man sich auf das Neue Testament berufen. Neuerdings scheinen Adventisten-Prediger zur Erkenntnis gekommen zu sein, dass »der Papst« oder »Konstantin« oder »das Konzil von Laodicea« nicht mehr für das »Verbrechen« am Sabbat verantwortlich gemacht werden können. In einem öffentlichen Vortrag erklärte kürzlich ihr Sprecher: »Seit Jesus Christus gestorben ist, feiern die Katholiken den ersten Tag der Woche und nicht den Sabbat«, und er zitiert ganz richtig zum Beleg u. a. Apostelgeschichte 18, 4. Danach sind also die Apostel die »Verbrecher« gewesen.
Die Lehre der Adventisten widerspricht der Lehre Christi über den Sabbat
Dementsprechend lautet die weitere Erklärung: »Die Wirklichkeit ist Jesus Christus, an den wir uns zu halten haben. Mit dem Tode von Jesus Christus ist das Evangelium beendigt. Was die Kirche weiter aufschreibt, hat für uns keinen Wert. Jesus lehrte in den Synagogen; Jesus Christus hat den Sabbat für alle Zeiten festgehalten« (!). Beweis? Apg. 13, 14! Da wird nämlich erzählt, dass auch der Apostel Paulus auf seinen Missionsreisen am Sabbat in Antiochien (Pisidien) in die Synagoge ging — wie man schon von je wusste, um da »zu fischen«, d. h. den versammelten Juden und Proselyten (Gästen aus dem Heidentum) die neue Heilsbotschaft zu verkünden!
Wollen wir uns zunächst erinnern, dass Christus im Bewusstsein, als Sohn Gottes über Abraham (Joh. 8, 53 ff.), über dem alten Gesetz (siehe z. B, Mt. 5, 27 ff.; 19, 8 f.), über dem Tempel und seinem Opferdienst (Mt. 24, 2) und als »Herr des Sabbats« auch über dem Sabbat steht (Mt. 12, 8; Mk. 2, 28; Lk. 6, 5); dass Er ebenso, wie Er das Stiftungssymbol des Alten Bundes, die Paschafeier, durch das neue Paschaopfer des Abendmahles ersetzen konnte, grundsätzlich schon damit alle alten Bundesgesetze außer Kurs gesetzt hat und dementsprechend das andere Bundeszeichen der Beschneidung durch die Taufe ersetzte.
Schon auf dem Höhepunkt Seines Wirkens hat Er Seine göttliche Herrschafts-Stellung gegenüber dem Alten Testament in der Verklärung Seinen Jüngern dargestellt:
Moses und Elias erscheinen an Seiner Seite in der Rolle von Dienern und Bezeugern Seiner göttlichen Vollmacht über die Repräsentanten des Gesetzes und des Prophetentums. Man vergleiche die Erklärung des Hebräerbriefes: »Er (Christus) nimmt eine höhere Stellung als Moses ein. Moses war der treue Diener des Hauses, Christus aber steht als Sohn über Seinem Hause« (3, 3 u. 6). Mit der »vollkommenen Macht«, die ihm »im Himmel und auf Erden gegeben ist«, schickt er seine Boten aus (Mt. 28, 18), nachdem Er ihnen gesetzgebende und richterliche Kraft mit der Sanktion des Himmels in der neuen Gemeinde verliehen hat (Mt. 18, 18).
Mit dem Apostelkonzil zu Jerusalem hat für Christen der Sabbat keine Bedeutung mehr
Die Apostel haben auch hinsichtlich des Sabbats davon Gebrauch gemacht. Gewiss gingen sie anfangs in den Tempel und hielten die Sabbatruhe — eine Selbstverständlichkeit für geborene Juden im Judenland, solange ihnen daran gelegen sein musste, die Juden, statt sie tödlich zu beleidigen, zu gewinnen. In die Synagogen gingen sie im Anfang, wie gesagt, um die Gelegenheit wahrzunehmen, die versammelten Juden und sonstige Gäste mit der neuen Botschaft bekannt zu machen (Apg. 17, 2; 18, 4). Aber als mit der ersten Verbreitung des Evangeliums auch unter Heiden die grundsätzliche Ablösung des Alten Bundes und Gesetzes in Erscheinung treten musste, war es für sie selbstverständlich, dass sie die entsprechende neue Ordnung zu verfügen die Vollmacht hatten:
Das Apostelkonzil stellte es klar heraus, dass für Bekenner Christi weder Sabbat noch sonst welche alttestamentliche Ordnung Heilsbedeutung hat: Sowenig wie die Beschneidung dürfe der Sabbat als Auflage für Christen in Betracht kommen: »Es hat dem Hl. Geist und uns gefallen, euch keinerlei Last aufzulegen außer folgenden notwendigen Stücken: Enthaltung von Götzenopfern, Blut von Ersticktem und Unzucht« (Apg. 15, 29). Nichts mehr von Sabbat, sowenig wie von Beschneidung!
Für Christen gilt weder Sabbat noch Beschneidung
Demgemäß sehen wir die Apostel mit ihren Gemeinden die christliche Sonntagsfeier der Eucharistie begehen: »Am ersten nach dem Sabbat waren sie zum Brotbrechen zusammen, heißt es Apg. 20, 7 von der jungen Gemeinde in Troas. So erscheint auch 1 Kor. 16, 2 die Kollekte am »ersten Wochentag« — natürlich weil da zum Gottesdienst alle zusammenkamen. In der Geh. Offenbarung 1, 10 ist der »Tag des Herrn« ausdrücklich genannt, als bekannte christliche Einrichtung vorausgesetzt: »Am Tag des Herrn« hatte Johannes sein Gesicht, das zur Niederschrift Anlass gab.
Damit stimmt überein die ausdrückliche Anweisung der sog. »Zwölfapostellehre«, der ältesten Kirchenordnung noch aus der apostolischen Zeit: »Am Tag des Herrn versammelt euch zum Brotbrechen und Danksagen und bekennet einander eure Verfehlungen, auf daß euer Opfer rein sei« (c. 14). Das ist weder Sabbat, noch bloßer Spaziergang in Wald und Flur!
Die Versteifung auf den Sabbat ist widerchristlicher Judaismus
Ebenso bezeichnet Ignatius von Antiochien (gest. 107) die Versteifung auf den Sabbat, die anscheinend in judenchristlichen Kreisen noch nicht allgemein überwunden war, als widerchristlichen Judaismus (Magn. 9).
Im Barnabasbrief, einer urchristlichen Epistel um das Jahr 110, heißt es im Kap. 15: »Die wahre Heiligung des Sabbats besteht darin, daß wir durch Gnade gerechtfertigt sind. ‚Eure Neumonde und Sabbate aber (ihr Juden), kann ich nicht ausstehen’, spricht Isaias (1, 13). Seht, wie es gemeint ist: Nicht die Sabbate, die ihr macht, gefallen mir, sondern der Sabbat, den ich gemacht habe, der Anfang einer neuen Ordnung. Deshalb feiern wir auch den folgenden Tag zu unserer Freude, weil an ihm Jesus von den Toten auferstand.« — Frage: Kommt der Sabbat von »Konstantin« oder wird er mit etwas »Heidnischem« begründet?
Aber das Urchristentum geht ja die Adventisten nichts an, sagen sie neuerdings, nachdem die älteren Ladenhüter nicht mehr ziehen. Sie wollen »sich nur an Jesus Christus halten«! Jedoch, durch wen wissen sie von Jesus Christus, wenn nicht das Urchristentum die Bibel von Jesus niedergeschrieben, gegen Fälschungen geschützt und in den Kanon gesammelt hätte, d. i. in die offizielle Sammlung der christlichen Schriften?
Auf Barnabas oder einen anderen Schriftsteller des Urchristentums außerhalb des biblischen Kanons verweisen wir nur als Zeugen des apostolischen Glaubens, bzw. der apostolischen Einrichtungen — und als solcher wird er vom Adventisten-Prediger nicht mit der Bemerkung »erledigt«, er habe in naturkundlichen Dingen eine alte Fabel über das Geschlecht der Hyänen berichtet. Er wird dadurch nicht unglaubwürdiger, wenn er das erwähnte Zeugnis über die apostolische Sonntagsfeier und ihre Begründung überliefert!
Kurz danach hat Justin in der öffentlichen Apologie an den Kaiser eingehend den Gottesdienst der Christen, die Eucharistiefeier = Messe, an ihrem heiligen Tag beschrieben: »An dem Tage, den man (in der Umgangssprache) den ‚Sonntag‘ nennt, findet eine Versammlung aller statt… .« Wie man sieht, passt er sich in der Benennung des Tages den heidnischen Adressaten an, aber die Feier des Tages selbst begründet er christlich: »Weil Jesus Christus, unser Erlöser, an diesem Tag von den Toten auferstanden ist.« Es scheint uns ein wenig einfältig, wenn sich Adventisten über die »heidnische« Benennung des Sonntags (»Tag der Sonne«) aufregen, die doch gewiss keine Verführung zum heidnischen Sonnenkult einschließt.
Übernahme von Namen aus vorchristlicher Ära ist kein Verrat am Christentum
Man kann es allenfalls begreifen, wenn manche in den Übergangszeiten vom Heidentum zum Christentum ein gewisses Unbehagen spürten, weil man die Benennung der Wochentage nach den alten Natursymbolen oder heidnischen Gottheiten (Sonntag, Montag, Dienstag usf.) auch in der christlichen Umgangssprache beibehielt; so ließ sich z. B. Caesarius v. Arles in seinen Predigten noch kritisch darüber aus.
Aber wenigstens, als der ursprüngliche Glaube an die Naturgottheiten überwunden war, konnte sich kein Vernünftiger noch mit Recht daran stoßen. So wenig es ein Verrat am Christentum war, wenn man die Personennamen oder Flurnamen aus der vorchristlichen Ära nicht verbannte! Warum protestieren die Adventisten nicht auch dagegen? Wir denken, auf Namen kommt schließlich wenig an, wenn die Sache, nämlich die Feier des Sonntags in christlichem Geist, gehalten wird.
Aber kommen wir noch einmal auf Paulus zurück. Bekanntlich ist sein Galaterbrief gegen judaisierende Gesetzeschristen gerichtet, die in Versuchung waren, sich von den Juden den Sabbat und die Beschneidung als heilsnotwendig aufschwätzen zu lassen. Demgegenüber führt der Apostel aus (4, 4 ff.):
»Als wir noch unmündig waren (unter dem Gesetz), mussten wir Sklavendienst leisten den Elementen der Welt… Nun aber hat Christus die losgekauft, die einst dem Gesetz unterstanden, damit wir an Kindes Statt angenommen seien… Wie könnt ihr euch jetzt, wo ihr Gott erkannt habt, noch den kraftlosen und armseligen Weltelementen zukehren?« Und er erklärt es: »Ihr haltet ja Tage (Sabbate) und Monate (Neumondfeste), Festzeiten und Jahre (Sabbat- und Jubeljahre). Ich fürchte für euch, daß ich mich vergeblich für euch gemüht habe.«
Dem kosmisch gebundenen Kult steht der Geist des Christentums ablehnend gegenüber
Die Erklärer, von denen ich hier die sachkundigsten katholischen und protestantischen nachschlage (Steinmann, in der kath. Bonner Bibelkommentar, 98 f. — Lietzmann, Handbuch 2, 16; Zahn, Gal. 2, 197), führen dazu folgendes aus:
Das mosaische Gesetz band die religiöse Betätigung an Stoffliches, an äußere Dinge, an »Elemente der Welt«, sofern nicht nur die Festordnung durch den Mondlauf und die Sabbatfeier von Abend zu Abend vom Sonnenstand bedingt (und ursprünglich vom Mondzyklus angeregt) war, sondern auch sämtliche Kultusvorschriften bezogen sich auf stoffliche Gegenstände, Orte, Zeiten, körperliche Zustände.
Diesem kosmisch gebundenen Kult steht der Geist des Christentums ablehnend gegenüber, und Paulus setzt solche Gebundenheit an die »Elemente der Welt« direkt in Parallele zum Kult der Heiden (Gal. 4, 8 f.). Dem gegenüber stellt er die lapidaren Sätze der christlichen Heilsbotschaft: »Wir aber wissen, daß der Mensch nicht durch Gesetzeswerke, sondern durch den Glauben an Christus gerechtfertigt wird… O ihr Unverständigen, wer hat euch betört?« Im Kolosserbrief verwahrt er sich noch einmal gegen jeden Rückfall ins Judaistische: »Es hat euch niemand zu bekritteln wegen Speise oder Trank oder wegen eines Festes oder in Sachen des Neumondfestes oder der Sabbate!« (2, 16). O ihr guten »biblischen« Sabbatisten!
Taufalter und Taufritus bei den Siebenten-Tags-Adventisten
4. Zum Taufalter und Taufritus
a. Zur Verwerfung der Kindertaufe
Selbstverständlich wandte sich die urchristliche Predigt an Erwachsene. An solche spricht Petrus in der Pfingstpredigt (Apg. 2). Immerhin steht schon hier: »Lasse sich jeder von euch taufen; denn für euch gilt die Frohbotschaft und für eure Kinder«. Wir möchten nicht behaupten, er habe geradezu an Säuglinge gedacht, aber wenigstens an solche Kinder, die einigermaßen etwas verstehen, wenigstens daß sie sich ihren Eltern anschließen und von nun an zur Kirche Christi gehören.
An mehreren Stellen des Neuen Testamentes ist von Neubekehrten berichtet, dass sie sich mit ihrem ganzen Hause, d. h. ihrer ganzen Familie taufen ließen, so von Lydia »mit ihrem ganzen Haus« (Apg. 16, 15), so vom Kerkermeister zu Philippi »mit all den Seinigen« (Apg. 16, 33), so vom Synagogen-Vorsteher von Korinth »mit seinem ganzen Hause« (18, 8), so von Stephanas »mit seiner Familie« (1 Kor. 1, 16). Es ist doch einigermaßen wahrscheinlich, dass in solchen Fällen auch Kinder dabei waren, jedenfalls sind sie nicht ausgeschlossen!
Im Kolosserbrief (2, 11) wird die Taufe der Beschneidung parallel gesetzt als »Beschneidung in Christus«. Da legt es sich nahe, dass an Kleinkinder mitgedacht sei, da ja das Verglichene, die Beschneidung als Bundeszeichen der alten Heilsgemeinde, schon an Kleinkindern vollzogen wurde.
Dies umso mehr, als die Taufe auch schon von Kleinkindern einen religiösen Sinn hat: als Tilgung der Erbschuld und als Eingliederung in die Familie der Heiligen.
Wenn es 1 Tim. 3, 4 f. von den geistlichen Vorstehern heißt, sie sollen ihre Kinder in edler Zucht und Frömmigkeit aufziehen, dass es ein Bild im kleinen ihres Waltens in der Gemeinde sei, so ist doch wohl anzunehmen, dass die Kinder getauft seien. Freilich von einer Vorschrift, sie schon im unmündigen Alter zu taufen, wissen wir aus der apostolischen Zeit nichts. Aber noch sicherer ist, dass es kein Verbot, geschweige denn eine Ungültigkeits-Erklärung der Kleinkinder-Taufe gab — die Adventisten aber tun so, als könnten sie sich auf allerlei berufen, und das ist nichts weiter als eine sektiererische Sonderbündelei.
Eine verpflichtende Regelung im frühen Christentum gab es nicht
Aus der alten Kirchengeschichte können wir erkennen, dass es zunächst eine verpflichtende Regelung in der Sache nicht gab:
I. Im westlichen Christentum ist die Kindertaufe schon früh Brauch geworden:
Irenäus, dessen Jugendbeziehungen in den Johanneskreis zurückreichen, schreibt in seinem Werk gegen die Häresien (11. 33): »Alle werden durch Christus (in der Taufe) wiedergeboren zu Gott: Säuglinge, Kleinkinder, Reifende, Jünglinge, Erwachsene« — nach dem Zusammenhang: weil sie alle zur Heilsfamilie gehören und deshalb auch deren Gliedschaftszeichen haben sollen. Das war in der 2. Hälfte des 2. Jahrhunderts.
Tertullian ist ein Hauptzeuge für das nordafrikanische Christentum um 200. Er äußert sich an einer Stelle (De bapt. 18) kritisch über den Brauch der Säuglingstaufe, und meint, man würde besser zuwarten, bis sie etwas von Christus verstehen. Aber gerade seine Kritik setzt den bestehenden Brauch voraus; und an anderer Stelle gibt er selbst einen Hauptgrund für die frühzeitige Kindertaufe an: Jeder Mensch komme »befleckt« zur Welt, und »ohne Wiedergeburt aus dem Wasser und dem Hl. Geist kann ein Mensch nicht ins Himmelreich kommen, nicht geheiligt sein« (De. an. 39/41). Damit hebt er seinen Einwand selbst wieder auf.
Origenes von Alexandrien nennt den Brauch der Kleinkinder-Taufe in verschiedenen seiner Schriften eine apostolische Überlieferung (so in Lev. 8, 3; in Luk. 14; in Röm. 5, 9, d. i. zwischen 233 und 245); auch er begründet es mit der Erbsünde.
Sein Zeitgenosse, Bischof Cyprian von Karthago, will den Brauch der Kleinkinder-Taufe als Gesetz verstanden wissen, wiederum wegen der Erbsünde (Ep. 64),
II. Im griechischen Osten neigen angesehene Vertreter der Kirche dazu, zu warten, bis die Kinder den heiligen Akt in etwa verstehen. So meint der Kirchenvater Gregor v. Nazianz, die Kleinkinder sollen zwar in Todesgefahr getauft werden; sonst aber scheine es ihm besser, bis etwa zum 3. Jahr zu warten (Taufrede, or. 40,28). Bekanntlich war das Aufschieben der Taufe im 4. Jahrhundert sehr verbreitet — aber im allgemeinen nicht aus religiösem Motiv, sondern weil manche es vorzogen, zunächst noch in größerer Freiheit zu leben, oder weil den Eltern, die z. T. noch aus dem Heidentum stammten, nicht viel an der christlichen Erziehung gelegen war.
Dass man auch aus ehrbaren Überlegungen bis zum Erwachen der Vernunft gewartet hätte, ist uns also nur für das 4. Jahrhundert im Osten ausdrücklich bezeugt.
Die christliche Begründung für die Kindertaufe
Nirgends aber hat man die Kindertaufe als etwas Ungehöriges verworfen. Ihre Empfehlung ging im 3. Jahrhundert da und dort in eine Vorschrift über und schließlich in eine allgemeine verpflichtende Regel, als solche vom Trienter Konzil (V. 4) feierlich bekräftigt.
Die Begründung ist klar:
1. Aus der Bibel legt sich die Kindertaufe nahe, und eine Missbilligung ist da nirgends angedeutet.
2. Als Empfehlung, wenn auch noch nicht als Gesetz, ist der Brauch nach verlässlichen Zeugen apostolisch.
3. Die Tilgung der Erbschuld und die Zugehörigkeit zur Familiengemeinschaft der Gläubigen ist zweifellos innere Begründung genug; es kommt hinzu, dass so das religiöse Leben aus dem Glauben in der Erziehung von vorne herein die objektive Grundlage in der sakramentalen Wiedergeburt hat.
4. Wer die Gültigkeit der Kleinkinder-Taufe bestreitet, muss folgerichtig behaupten, es sei so ziemlich die ganze Christenheit durch die Jahrhunderte gar nicht gültig getauft — eine Absurdität für jemand, der an Christus und Seine immerwährende Gegenwart in der Glaubensgemeinde unter apostolischer Leitung glaubt.
Siehe dazu den Beitrag:
b. Zum Taufritus (Taufe durch Untertauchen oder Übergießen)
Das Symbol des Untertauchens und Auftauchens ist an sich das Nächstliegende, um das neue Leben anstelle des alten darzustellen (Röm. 6, 4 ff.) ; und Sakramente sind ja ganz allgemein »Zeichen«, die etwas Heiliges darstellen und das Dargestellte zugleich bewirken: in diesem Falle das neue Leben in der Kindschaftsgnade. Aber, selbst nach dem adventistischen »Christl. Hausfreund« (1936, 16) bedeutet die Taufe auch »Abwaschen der Sünde«, Reinigung — mit andern Worten: dieselbe Sache kann sowohl als »Neugeburt« wie als »Tilgung der Sünde« bezeichnet werden — und als Zeichen passt dem entsprechend sowohl das Unter- und Wiederauftauchen wie die Abwaschung (Übergießung).
Daraus ergab sich von selbst schon in der apostolischen Zeit die eine oder andere rituelle Weise, je nach den äußeren Verhältnissen. Man kann sogar schon bezweifeln, ob bei der ersten Massentaufe von Jerusalem alle die 3000, die am Pfingsttag getauft wurden (Apg. 2, 41) durch das Tauchbad gingen. Man kann dies auch bezweifeln von der ganzen Familie des philippischen Kerkermeisters, die sich in raschem Entschluss noch in der Nacht an Ort und Stelle, d. h. im Hause, taufen ließ (Apg. 16, 33).
Die sog. »Zwölfapostellehre», in der apostolischen Zeit geschrieben, führt ausdrücklich als Regel an: »Nachdem ihr entsprechende Unterweisung erteilt habt, taufet auf den Namen, des Sohnes und des Hl. Geistes in fließendem Wasser (durch Untertauchen). Hast du solches nicht zur Verfügung, so gieße das Wasser dreimal über das Haupt« (c. 7.). Das war die Kirchenordnung in Provinzen apostolischer Gründung (Syrien, Palästina).
Im Kirchenrecht der katholischen Kirche sind beide Formen zugelassen
So wurde es auch in den folgenden Jahrhunderten gehalten. In den Ostkirchen bis heute. Im Westen war die Regel auch noch bis tief ins Mittelalter das Untertauchen; die alten Baptisterien (Taufkapellen) erinnern daran. Es ist heute noch der Ritus z. B. der Mailänder Kirchenprovinz,. Die irischen Missionare im christlichen Neuland, Angelsachsen, Altgermanien, tauften im allgemeinen ebenso; in St. Gallen z. B. war es noch z. Zt. Walahfried Strabos im 10. Jahrhundert der Brauch; Thomas v. Aquin kennt das Untertauchen als die gewöhnliche Form. Allmählich wurde es seltener und kam der andere Ritus mehr zur Geltung. Im heutigen Kirchenrecht (Can. 758) sind beide Formen zugelassen mit der Bemerkung, man halte sich an das örtliche Herkommen.
Warum auch nicht? Warum sich auf eine Art jüdischer Gesetzlichkeit versteifen wollen, eine Art »Sklavendienst an den Elementen«, da die Symbolik in beiden Formen sinnvoll und durch apostolischen Brauch anerkannt ist? »Neues Leben« oder »Reinigung, Abwaschung des Alten« bedeutet ja sachlich dasselbe.
Niemand wird den Adventisten ihre Form verwehren — unchristlich ist nur die sektiererische Sonderbündelei von Menschen, die vom Urchristentum offenbar nichts wissen, wenn sie die Gültigkeit der Kindertaufe oder das Übergießen bestreiten und die Bibel in ihrer Verheißung der immerwährenden Gegenwart Christi in der Gemeinde Seiner Gläubigen anscheinend gar nicht ernst nehmen.
Für die Adventisten ist die katholische Kirche der Antichrist
Daher rührt es ja auch, daß sie sich für rechthaberische Kaprizen auf ihr besonderes Bibelverständnis berufen und die Kirche als »Antichrist« ausgeben — wo sie doch ihre Bibel selbst nur von dieser verlästerten Kirche haben! Man möchte ihnen sagen: Ihr wisst ja von Christus, von der Taufe und allem andern, nur durch die Kirche; sie hat euch die Bibel übermittelt — sie, die ihr den »Antichrist« scheltet. Zieht doch immer erst Handschuhe an, ehe ihr die Bibel anrührt! Es ist ja ein schmutziges Buch: durch euren »Antichrist« für die Nachwelt gesammelt, geschützt und überliefert! Vom Teufel oder seinem Werkzeug ein Buch entgegen nehmen und es dann als Quelle göttlicher Offenbarung verehren, scheint uns nicht eben sehr geistreich!
Das christlich Unmögliche ist immer schon da, wenn man in religiöser Theorie und Praxis das Grundgesetz Christi nicht ernst nimmt, wonach die Seinen die Einheit pflegen sollen als Ausdruck wahrer Liebe, wonach sie nur innerhalb der apostolischen Gemeinschaft sich als Glieder Christi nach Seinem Willen und in Seinem Sinne erkennen können (Joh. 17, 11 ff.; 21, 15 ff.; 1 Kor. 13, 1 ff.; Apg. 4, 32; 2 Tim. 1, 6 ff.; 4, 1 ff., usf.).
aus: Otto Karrer, Über moderne Sekten, mit Imprimatur 1942, S. 43 – S. 81
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