Mormonen

Lexikon für Theologie und Kirche

Stichwort: Mormonen

Mormonen, nordamerikanische Sekte, gegründet 1830 in Fayette (Neuyork) durch Joe Smith, von dem sie in Wesen und Lehre ihr eigenartiges Gepräge erhielt.
Die Sekte bildet einen straff organisierten Kirchenstaat mit theokratischer Verfassung. Im Namen Gottes regieren 3 Apostel (Nachfolger der 3 Säulenapostel Petrus, Jakobus und Johannes) als erste Präsidentschaft, unter ihnen der Präsident als höchste Autorität, darunter das Apostelkollegium, die Siebzig, Patriarchen, Hohenpriester und Ältesten. Außer dieser Verwaltungs-(Melchisedech-) Priesterschaft, deren Mitglieder nur alten Mormonen-Familien entnommen werden, besteht die Aarons-Priesterschaft für Lehre, Sakramenten-Empfang und Seelsorge mit Bischöfen, Priestern, Lehrern und Diakonen. Ferner gibt es Frauen-Hilfsvereine, Fortbildungs-Vereine für die Jugend usw. – Die Glaubenslehre der Mormonen gründet auf einem primitiven, materialistischen Polytheismus. Aus der geistigen Urmaterie entstand Urgott, der zahllose intelligente, aber unvollkommene Wesen zeugte, die, nachdem sie „durch das Heiligtum des Fleisches hindurch gegangen“ waren, Götter der verschiedenen Welten wurden und neue Wesen zeugten (in unserer Welt die Menschen), die ihrerseits nach Abschluß der Entwicklung im Fleisch zu Göttern werden. Höchste Aufgabe des Menschen ist deshalb, möglichst viele menschliche Leiber zum Dasein zu bringen, um dadurch den unentwickelten Göttersöhnen und Göttertöchtern die Möglichkeit der Entfaltung und Vollendung zu bieten. Die Forderung der Polygamie ist also mit der Gotteslehre der Mormonen grundsätzlich verbunden. Die Erbsünde wird geleugnet, der Sühnetod Christi im Rahmen der Gesamtlehre anerkannt, Verrichtung guter Werke streng gefordert, die Taufe nur an herangewachsenen (meist 8jährigen) Kindern und nur durch Untertauchen vollzogen, jede von Nicht-Mormonen gespendete Taufe für ungültig erklärt, die stellvertretende Totentaufe gelehrt und die Notwendigkeit eines von Christus eingesetzten Priesterstandes betont. Außer Taufe werden Abendmahl und Handauflegung (zum Empfang des Hl. Geistes) als Sakramente betrachtet. Die Offenbarung ist mit Christus nicht abgeschlossen, sondern dauert durch die Mormonen bis zum Ende der Tage. Die Sekte vertritt den Chiliasmus. – Der Gottesdienst trägt einen munteren und volkstümlichen Zug. – Die kulturellen Leistungen in Urbarmachung des öden Salzseegebietes und Erziehung breitester Massen, zum großen Teil verkommener Menschen, zu geregeltem Leben und geordnetem Staatswesen (Alkohol und Rauschmittel sind verboten) verdienen Anerkennung. –

Religiös betrachtet ist die Sekte ein Gemisch von gnostisch-alt-heidnischer Götterlehre, islamitischen Vielweiberei, jüdischer Theokratie, rationalistisch-protestantischer Bibeldeutung und katholisierender Verfassung mit einem Einschlag von amerikanischem Nationalismus und angelsächsischer Zähigkeit.

aus: Michael Buchberger, Lexikon für Theologie und Kirche, Bd. VII, 1935, S. 330-331

Buch mit Kruzifix
Menschensohn
Buch mit Kruzifix
Ausschließungsrecht

Weitere Lexikon-Einträge

Buch mit Kruzifix

Molinos

Lexikon für Theologie und Kirche Stichwort: Molinos Molinos, Miguel de, Verfechter eines extremen Quietismus, *1628 zu Muniesa, südlich v. Saragossa, †1696 zu Rom. Eine wenigstens in ihren Anfängen tief innerliche, fromme Persönlichkeit, mild, freundlich, leutselig, dabei in der patristisch-scholastischen Theologie…
Lexikon für Theologie und Kirche Stichwort: Faber Faber, Frederick William, aszetischer Schriftsteller, * 28.6.1814 zu Calverly in Yorkshire; † 26.9.1863 zu London; studierte zu Oxford, empfing 1839 die anglikanische Ordination, wurde Hauslehrer und 1843 Pfarrer von Elton; arbeitete an einer…
Buch mit Kruzifix

Gürtelbruderschaften

Lexikon für Theologie und Kirche Stichwort: Gürtelbruderschaften Gürtelbruderschaften, religiöse Vereinigungen, deren Mitglieder gemäß Psalm 17,33 u. 40; Lk. 12,35 usw. zum Zeichen ihrer Verbundenheit mit Gott und den betreffenden Heiligen, der Abtötung und Buße (vgl. Cilicium) sich gürten: 1) Erzbruderschaft…
Buch mit Kruzifix

Blutampullen

Lexikon für Theologie und Kirche Stichwort: Blutampullen Blutampullen (Blutgläser, ampullae sanguinolentae; phiolae cruentae, rubricatae; vgl. Art. Ampullen), kleine schalen- oder flaschenförmige, im innern oder am Verschluss von Katakomben-Gräbern gefundene Gläser mit rotem Niederschlag, den man als Märtyrerblut ansah und als…
Buch mit Kruzifix

Leviratsehe

Lexikon für Theologie und Kirche Stichwort: Leviratsehe Leviratsehe (lateinisch levir = Schwager), Schwagerehe, die Ehe, die der Bruder eines ohne männliche Nachkommen verstorbenen Ehemannes mit dessen Witwe eingehen mußte. Das Recht der Leviratsehe bestand schon zur Zeit der Patriarchen und…

Weitere Lexikon-Beiträge

Buch mit Kruzifix

Archelaus

Lexikon für Theologie und Kirche Stichwort: Archelaus Archelaus, Sohn Herodes‘ des Großen, hatte mit seinem Bruder Antipas eine Samariterin Namens Malthace zur Mutter und war gleich diesem seinem Bruder in Rom erzogen worden (Jos. Antt. 17, 1, 3; 10, 1). nach dem zweiten Testament des Herodes (in dem ersten hatte er Antipas zum alleinigen Erben…
Buch mit Kruzifix

Moloch

Lexikon für Theologie und Kirche Stichwort: Moloch Moloch (= Schande) statt Melek (=König) in hebräischer, oder Malk, Milk in phönizischer Aussprache), semitische Gottheit, die dem kanaanitischen Baal, dem ammonitischen Milkom und dem moabitischen Chamos entspricht. Ihr wurden Menschenopfer (besonders Kinder) datgebracht. Obgleich solche Opfer den Israeliten unter Todesstrafe verboten waren (Lv. 18, 21; 20, 2-5),…
Buch mit Kruzifix

Heidenchristen

Lexikon für Theologie und Kirche Stichwort: Heidenchristen Heidenchristen nennt man die Gläubigen aus dem Heidentum der frühchristlichen Zeit. Der erste Heidenchrist war der durch Philippus (Apg. 8,22ff) bekehrte äthiopische Eunuch. Größere Bedeutung kommt der Bekehrung des heidnischen Hauptmanns Kornelius durch Petrus (Apg. 10) zu. Das zeigt die Notwendigkeit der Verteidigung des Vorganges durch Petrus in…
Buch mit Kruzifix

Pietismus

Lexikon für Theologie und Kirche Stichwort: Pietismus Pietismus von pietas=Frömmigkeit; Name zunächst Spottbezeichnung, wahrscheinlich 1675 in Hessen-Darmstadt aufgekommen, jene praktisch-religiöse Bewegung im deutschen Luthertum des 17. und 18. Jahrhunderts, die das Christentum durch pflege des im gottseligen Verhaltens sich betätigenden Glaubens zu erneuern suchte. Sein Ziel war die Kirchenreform durch Vertiefung und Verlebendigung der persönlichen…
Buch mit Kruzifix

Philister

Lexikon für Theologie und Kirche Stichwort: Philister Philister (…), eine im Alten Testament oft genannte Völkerschaft, welche den Israeliten Jahrhunderte lang den Besitz des Westjordanlandes und die nationale Selbständigkeit streitig machte. Der Etymologie nach waren die Philister die Bewohner des nur bei den Dichtern des Alten Testamentes genannten Landes Pelescheth, des späteren Palästina, d. h.…
Buch mit Kruzifix

Nero

Lexikon für Theologie und Kirche Stichwort: Nero Nero, römischer Kaiser, * 15.12.37 zu Antium, wurde nach der Heirat seiner Mutter Julia Agrippina, einer Enkelin des Kaisers Augustus, mit Kaiser Claudius von diesem 25.2.50 adoptiert und gelangte13.10.54 nach dessen Tod 17jährig auf den Thron. Seine Regierung war anfangs unter dem Einfluß seines früheren Erziehers Seneca und…