Lexikon für Theologie und Kirche
Stichwort: Sabbat
Sabbat, der durch das Gebot vollkommener Enthaltung von der Arbeit gekennzeichnete 7. Wochentag der Israeliten.
I. Das Arbeitsverbot. Wird im Dekalog Ex. 20,10 die Enthaltung von jeglicher Arbeit strengstens gefordert, so werden Ex. 34,21 besonders die Ernte- und Feldarbeiten verboten; dagegen ist Ex. 23,12 und Dt. 5,12ff. Die Rücksicht auf die Dienenden und auf das Vieh betont. Die Einzelvorschriften sind hervorgegangen aus dem Bestreben, das Gebot der Arbeitsenthaltung möglichst vollkommen zu beobachten. Man durfte am Sabbat kein Manna sammeln, nicht backen und kochen (Ex. 16,22ff), kein Feuer anzünden (Ex. 35,3); ja man sollte nicht einmal seine Behausung verlassen (Ex. 16,29). Der Sabbatschänder sollte mit dem Tode bestraft werden (Ex. 31, 14f; 35,2); daher wird der Mann, der am Sabbat Holz sammelt, gesteinigt (Nm. 15,32ff). –
In der vorexilen Zeit wurde das Ruhegebot nicht so streng aufgefasst; wenigstens war es nicht auffällig, an diesem Tage eine Reise zu unternehmen (2. Kg. 4,23f). Die Handelsgeschäfte sollten am Sabbat wie am Neumond (Am. 8,5) ruhen. Übertretungen waren jedoch vor wie nach dem Exil nicht selten (Jer. 17,19ff; Neh. 13,15ff). Um so strenger war die Einhaltung des Ruhegebotes in der Makkabäer-Zeit, wo man nicht einmal wagte, sich gegen feindliche Angriffe zu verteidigen (1. Makk. 2,31ff; 2. Makk. 5,25ff; 6,11). als sich dieser Rigorismus praktisch als unhaltbar erwies, gestand man wenigstens das Recht der direkten Notwehr gegen den angreifenden Feind zu, aber man durfte den Feind nicht in den Sabbat hinein verfolgen (1. Makk. 2,41; 2. Makk. 8,26).
Zur Zeit Christi galt es sogar als verboten, am Sabbat Ähren zu pflücken (Mt. 12,1f), zu heilen (Mt. 12,10; Lk. 13,14; Joh. 9,16) oder sein Bett zu tragen (Joh. 5,10). Um einer Verletzung des hl. Tages vorzubeugen, musste am vorausgehenden Tag alles zubereitet werden, weshalb dieser Rüsttag hieß (Mt. 27,62; Joh. 19,31 u. 42), nach Mk. 15,42 auch Vorsabbat genannt. Der Apg. 1,12 erwähnte Sabbatweg ist eine nähere Bestimmung zum Verbot, das Haus zu verlassen (Ex. 16,29).
Im Talmud sind diese pharisäischen Sabbat-Bestimmungen noch mannigfach detailliert. Die Mischna erklärt allein 39 Hauptarbeiten als biblisch verboten. Christus bezeichnete sich als den „Herrn des Sabbat“ (Mt. 12,8) und machte dieser Sabbat-Knechtschaft ein Ende. Der Sabbat war durch besondere Opfer ausgezeichnet (Nm. 28,9f; Ez. 46,4f); in den Synagogen fand Gottesdienst mit Lesung und Erklärung von Schrifttexten statt (Lk. 4,16ff). Nach rabbinischer Vorschrift war der Sabbat auch äußerlich zu ehren durch gut Essen und trinken (3 Mahlzeiten statt der sonst üblichen 2) und schöne Kleidung. –
Das Christentum ersetzte den Sabbat durch den Sonntag; nur einige Sekten halten am Sabbat fest (Sabbatharier). Siehe den Beitrag: Der Sabbat und der Sonntag der Christen
II. Über den Ursprung des Sabbat macht das Alte Testament keine näheren Angaben. Nach dem Schöpfungsbericht Gn. 1-2,3 ist die Siebener-Periode ein Grundgesetz der Weltordnung, das schon bei der Erschaffung von Gott beobachtet wird, der den 7. Tag segnet und heiligt (Gn. 2,3); darum muss auch Israel ihn heiligen (Ex. 20,8-11). Am Sabbat fällt deswegen auch kein Manna (Ex. 16,22ff). Eine eigentliche Einsetzung des Sabbat wird jedoch nicht erwähnt. Die Heraushebung des je 7. Tages geht wohl sicher in die nomadische Zeit Israels zurück und hängt mit der Orientierung nach den Mondphasen zusammen.
Sieben ist im Alten Testament vorzugsweise die heilige Zahl und wird als Gesamtheit, Fülle erklärt. Mit dem Kult der 7 den Alten bekannten Planeten hat die Heiligkeit dieser Zahl aber nichts zu tun; insbesondere hängt die Enthaltung von der Arbeit nicht mit dem Unglücksplaneten Saturn zusammen. Der ganze israelitische Festkreis ist nach Siebenheiten geordnet. Das Ruhen am 7. Tage ist speziell israelitisch. Die babylonischen Siebenertage (7.,14.,19., 21., u. 28. Monatstag) waren Trauer- und Bußtage, denen gegenüber der biblische Sabbat sich ganz selbständig ausgestaltete. Der Zusammenhang mit dem babylonischen sabattu (15. Monatstag, Vollmondstag, etymologisch unerklärt!) ist unsicher; sachlich besteht ein großer Unterschied. –
Das Sabbatjahr, Erlass- oder Freilassungsjahr genannt, ist das 7. Jahr, in dem nach Lv. 25, 1-7 das Feld nicht besät und der Weinberg nicht beschnitten werden durfte; nach Dt. 15,1f. musste am Ende von 7 Jahren der Gläubiger das seinem israelitischen Volksgenossen gewährte Handdarlehen erlassen; Dt. 15,12 gebietet, daß dem israelitischen Sklaven, der sich seinem Volksgenossen verkauft hat, im 7. Jahr die Freiheit zurück gegeben werde; nach Ablauf von 7 Jahren sollte am Laubhüttenfest dem Volk das Gesetz vorgelesen werden (Dt. 31,10f). Jedes 7. Sabbatjahr (49. bzw. 50. Jahr) sollte als Jubeljahr (Halljahr) begangen werden. –
aus: Michael Buchberger, Lexikon für Theologie und Kirche, Bd. IX, 1937, Sp. 48 – Sp. 50