Lexikon für Theologie und Kirche
Stichwort: Laubhüttenfest oder Sukkot
Dirk Jansz van Santen: Jüdisches Laubhüttenfest, Bibelillustration (1682)
Laubhüttenfest, so genannt nach seiner geschichtlichen Beziehung (Lv. 23, 34; Dt. 16, 13; Makk. 1, 18; Joh. 7, 2 u. Josephus), nach seiner landwirtschaftlichen Bedeutung „Fest der Einsammlung“ (Ex. 23, 16; 34, 22), das letzte der 3 jüdischen Haupt-Feste, gefeiert am Zentralheiligtum 15. – 21. des 7. Monats (Tischri), also im Herbst, zur Zeit der Tag- und Nachtgleiche (Josephus, Antiqu. 3, 10, 4), nach beendeter Obst-, Öl- und Weinernte. Es will an das Wohnen der Israeliten in Hütten während des Zuges durch die Wüste erinnern und für die Jahresernte danken, ist also ein Fest der Anerkennung der in Vergangenheit und Gegenwart sich offenbarenden Fürsorge Gottes und demgemäß ein Freudenfest (Lv. 23, 39-43; Dt. 16, 16; Neh. 8, 17).
Sabbat-Charakter hatte nur der 1. Tag.
Man wohnte während der Festtage in Laubhütten, die auf den Dächern, Straßen und freien Plätzen, für Priester und Leviten in den Vorhöfen des Tempels errichtet wurden (Lv. 23, 40, 42; Neh. 8, 16f.). Durch Ausdeutung von Lv. 23, 40 entstand später die Sitte, beim Erscheinen im Heiligtum in der Linken den Ethrog (eine Zitrone), in der Rechten den Lulab (einen Strauß aus einem Palmblatt, 3 Myrten- und 2 Weidenzweigen) zu tragen.
Die „Vier Arten“ (hebräisch ארבעת המינים arba’at ha-minim) Etrog (Citrus medica), Myrtenzweige (Myrtus communis), Lulav (Phoenix spec.) und Bachweidenzweige (Salix purpurea), v. l. n. r.
Ferner ging man damit in feierlicher Prozession unter Hosannarufen um den mit Bachweiden geschmückten Brandopfer-Altar, während der ersten 6 Tage je 1mal, am 7. Tage 7mal, weshalb dieser das große Hosianna heißt. Ursprung und Bedeutung dieses Ritus sind unbekannt. Die vorgeschriebenen Opfer waren zahlreicher als an anderen Festen (Nm. 29, 12-34). Während der Darbringung der Opfer wurde das große Hallel gesungen. In Sabbatjahren wurde an jedem Tag dem Volk das Gesetz vorgelesen (Dt. 31, 10-13; Neh. 8, 18). Zu den 7 Tagen kam ein achter, der 22. Tischri, als Schlussfeier (Azereth), ebenfalls mit Sabbatcharakter (Lv. 23, 36 u. 39).
Da man an diesem Tage nicht mehr in Laubhütten wohnte, keinen Lulab trug und auch nur einfache Opfer vorgeschrieben waren (Nm. 29, 35-38), ist dieser nicht als Schluss des Laubhüttenfestes, sondern aller Jahresfeste anzusehen. –
In nachexiler Zeit finden sich 2 weitere, die Freuden des Festes erhöhende Zeremonien. An jedem der 7. Festtage fand beim Morgenopfer eine Wasserlibation statt, welche einige als Bitte um Segen für die neue Saat, andere wohl richtiger als Erinnerung an das Wunder der Wasserspendung in der Wüste auffassen. Sie deutet aber auch auf das vom Erlöser zu erwartende Heil hin (vgl. Is. 44, 3; Ez. 36, 25; Joel 3, 18). Die größte Freude herrschte, wenn nach dem Abendopfer des 1. Festtages im Frauenvorhof eine Illumination stattfand, von der ganz Jerusalem erhellt ward.
Zugleich führten vornehme Männer einen religiösen Fackeltanz auf, während die Leviten auf den 15 Stufen, die vom Vorhof der Männer in jenen der Frauen hinabführten, unter Musikbegleitung die Stufenpsalmen (Gradualpsalmen) sangen. –
Das Laubhüttenfest war zu keiner Zeit israelitisches Neujahrsfest, wie die kritische Schule annimmt (vgl. P. Volz, das Neujahrsfest Jahves, 1912). „Der Ausgang des Jahres“, an dem es nach Ex. 34, 22 gefeiert werden soll, bedeutet das Ende des landwirtschaftlichen Jahres, den Abschluss der Ernte. –
Die heutigen Juden feiern das Laubhüttenfest vom 15. – 23. Tischri. Die 2 ersten Tage sowie der 8. (Azereth) und 9. Tag (Tag der Gesetzesfreude) sind ganze Feiertage. Die Gebete und Gebetsordnung enthält der Machsor. –
aus: Michael Buchberger, Lexikon für Theologie und Kirche, Bd. IV, 1932, Sp. 328
Das letzte der drei Hauptfeste war das Laubhüttenfest. Es hatte ebenfalls wie das Paschafest eine doppelte Beziehung, eine historische und eine rein natürliche; die erstere war aber wie beim Paschafest die Hauptsache und ist angedeutet durch die Benennung Fest der Hütten, Hüttenfest (Lv. 23, 34); auf letztere bezieht sich die Benennung: Fest der Einsammlung (Ex. 23, 16).
Das Fest war nämlich zunächst eingesetzt zum Andenken an das Wohnen der Israeliten in Zelten während ihrer Wanderungen durch die Wüste unter Moses (Lv. 23, 42f). Denn das (hebräische Wort) bedeutet nicht gerade nur Hütten oder Laubhütten, sondern wird auch für Zelte gebraucht, z. B. 2. Sam. 11, 11, und während die Wohnungen der Israeliten in der Wüste nach Lv. 23, 42f. Hütten sind, heißen sie Lv. 14, 8, Nm. 16, 27, Dt. 1, 27 Zelte.
Aber nicht einfach nur jenes Wohnen in Zelten war es, was das Fest immer neu in Erinnerung bringen wollte, sondern die ganze Lage Israels zu jener Zeit, wo es ohne festen Wohnsitz und sicheren Aufenthaltsort dem Land der Verheißung erst entgegen zog und dasselbe unter Gottes Führung endlich auch erreichte. Gerade auf diese Führung und oft wunderbare Erhaltung und Schirmung des Volkes durch Gott war das Hauptabsehen bei dem Volk gerichtet, daher das bei dessen Einsetzung nachdrücklich hervorgehobene: „Ich habe sie in Hütten wohnen lassen – – ich, der Herr, euer Gott.“
Jene Zeit in ihrem Unterschied von der Gegenwart soll ihnen dadurch lebhaft vor Augen gerückt werden, dass sie dieselbe einem charakteristischen Merkmal nach gleichsam aufs Neue durchleben, um desto mehr zum Dank für die damalige Erhaltung des Volkes und seine endliche Einführung in den ruhigen Besitz des verheißenen Landes gestimmt zu werden. …
Während dieser Tage mussten die Hebräer in Hütten wohnen, in Betreff welcher es heißt: „Nehmet euch am ersten Tag Früchte von schönen Bäumen, Palmzweige und Äste von dick belaubten Bäumen und Bachweiden etc.“ (Lv. 23, 40). Dass damit das Material zu den Hütten genannt sei, nicht aber, wie die Rabbinen wollen, zu dem Büschel, den jeder Israelit in der Hand trug, erhellt aus 2. Esdras 8, 15, welche Stelle zugleich zeigt, dass die pentateuchische Vorschrift später nicht exklusiv verstanden wurde. Das Tragen eines Büschels aus Weiden, Myrten und Palmzweigen in der rechten und einer Zitrone in der linken Hand wird erst in der Mischna erwähnt (Succah. 3, 1 sqq.).
Dieses Fest war das größte und fröhlichste, und es wurden die acht tage hindurch außer den freiwilligen Opfern der einzelnen Israeliten noch viele Festopfer gebracht. Am ersten Tag wurden 13 Stiere, 2 Widder, 14 jährige Lämmer nebst den erforderlichen Speis- und Trankopfern als Brandopfer und ein Ziegenbock als Sündopfer dargebracht; an den folgenden sechs Tagen blieben die Opfer dieselben, nur mit dem Unterschied, dass von den Rindern jeden Tag eines weniger genommen wurde; am achten Tag aber bestand das Brandopfer nur noch in einem Stier, einem Widder und sieben jährigen Lämmern nebst de zugehörigen Speis- und Trankopfern, und dazu kam ein Ziegenbock als Sündopfer.
In jedem Sabbatjahr musste während dieses Festes dem ganzen Volk und den in Palästina wohnenden Fremdlingen durch die Leviten das Gesetz vorgelesen werden (Dt. 31, 10-13).
An jedem der sieben Festtage, am achten nicht mehr (Succah. 4, 1), fand zur Zeit des Morgenopfers eine eigentümliche Libation statt: ein Priester holte in einem goldenen Krug aus der Quelle Siloë drei Log Wasser, nahm Wein dazu und goss beides in zwei an der westlichen Seite des Altars befindliche Röhren aus. Zugleich wurden musikalische Spiele ausgeführt, und die Mischna sagt, wer die Freude des Schöpfhauses nicht gesehen, habe keine Freude gesehen (Succah. 5, 1). –
aus: Wetzer und Weltes Kirchenlexikon, Bd. 4, 1886, Sp. 1441 – Sp. 1442
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