A B C D E F G H I J K L M N O P Q R S T Ü V W Z

Lexikon für Theologie und Kirche

Stichwort: Strauß

Strauß, David Friedrich, freigeistiger protestantischer Theologe, * 27.1.1888 zu Ludwigsburg (Württ.), † 8.2.1874 ebd. Im Seminar zu Blaubeuren war F. Chr. Baur sein Lehrer. Winter 1831/32 kam er zu Berlin in persönliche Beziehung mit Hegel und Schleiermacher. Nach kurzer Tätigkeit als Vikar wurde Strauß 1832 Repetent am Tübinger Stift. Als Interpret Hegelscher Anschauung hielt er mit großem Beifall philosophische Vorlesungen an der Universität Tübingen. Äußere Umstände nötigten ihn, seine Arbeit auf das theologische Gebiet einzuschränken und jetzt vollendete er innerhalb eines Jahres sein „Leben Jesu, kritisch bearbeitet“ (2 Bde, 1835/36; 1904), das mit einem Schlag den 27jährigen berühmt machte, aber ihn um seine Stellung brachte. Auch die 1839 schon vollzogene Berufung als Professor nach Zürich musste unter dem Druck der öffentlichen Meinung rückgängig gemacht werden, trotzdem Strauß in „Zwei friedliche Blätter“ (1839) und in der 1838/39 hrsg. 3. Auflage des „Lebens Jesu“ seine radikale Stellungnahme beträchtlich modifizierte und so mit eigener Hand, wie er sagte, in sein gutes Schwert Scharten schlug. Die 4. Auflage von 1840 und die Schrift „Die christliche Glaubenslehre in ihrer geschichtlichen Entwicklung und im Kampf mit der modernen Wissenschaft dargestellt“ (2 Bde, 1840/41) zeigen wieder den alten radikalen Standpunkt. Seine unglückliche Ehe mit der Sängerin Agnes Schebest wurde 1847 getrennt. Seitdem führte Strauß ein unstetes Wanderleben, das aber schriftstellerisch überaus fruchtbar war. Außer biographische Arbeiten, so über Reimarus (1862), Hutten (3 Bde, 1858/60, 1895), Voltaire (1870/71, n. A. 1907), schrieb er unter dem Eindruck des Lebens Jesu von Renan sein „Leben Jesu, für das deutsche Volk bearbeitet“ (1864, 1902) und gegen Schleiermacher „Der Christus des Glaubens und der Jesus der Geschichte“ (1865). „Der alte und der neue Glaube“ (1872, 1904) und „Ein Nachwort als Vorwort zu der neuen Auflage meiner Schrift: der alte und der neue Glaube“ (1873) bilden das letzte Stadium in seiner theologischen Entwicklung. Sie endet mit der vollen Verneinung des Christentums und bietet als Ersatz unter dem Einfluss von Darwin und Haeckel einen ästhetisch aufgeputzten Materialismus. Die Bedeutung von Strauß liegt in der Anwendung der Mythentheorie auf das Leben Jesu, die indes heute allein schon durch die völlig anders gewordene Beurteilung der Evangelien als Quellen des Lebens Jesu überwunden ist. Nach Strauß ist das Leben Jesu, wie es die Evangelien erzählen, das Ergebnis der mehr oder minder absichtslos dichtenden Sage, die ihre Nahrung aus der alttestamentlichen Prophetie und Messiashoffnung zieht und sich um den geschichtlichen Jesus als ihren Kern kristallisiert hat. Für die theologische Wissenschaft hat seine nur zersetzende, nie aufbauende Arbeit einen bleibenden Wert insofern, als er allen Versuchen, das Wunder durch Umdeutung in natürliche Vorkommnisse aus dem Leben Jesu zu entfernen, ein Ende gemacht hat.

Strauß, Jakob, Reformationstheologe, ein ingestümer, demagogischer Heißsporn, * um 1480/85 zu Basel, † um 1532; Dr. theol. Zu Freiburg i. Br. Seit 1521 predigte er in Berchtesgaden, in Schwaz und Hall in Tirol lutherisch besonders gegen die Beichte, wirkte, als „Spitzgeist“ aus Hall verjagt, 1522 vorübergehend zu Kemberg in Sachsen und zu Wertheim a. M., war seit 1523 Prediger zu Eisenach. Er agierte im Sinne Karlstadts gegen die Messe, gegen Bilder und Fegefuer, verteidigte die Priesterehe und bekämpfte aufreizend und darüber in Streit mit Luther geratend jeden Zins als Wucher. Schließlich wurde er wegen angeblicher Teilnahme am Bauernkrieg verhaftet. Ende 1525 wurde er Stiftsprediger in Baden-Baden, wo er in den Abendmahlsstreit eingriff und zur Verteidigung der Gegenwart Christi in der Eucharistie 1526/27 zwei Traktate gegen Zwingli und Ökolampad schrieb. 1532 soll er zur katholischen Kirche zurück gekehrt sein.-
aus: Michael Buchberger, Lexikon für Theologie und Kirche, Bd. IX, 1937, Sp. 859 – Sp. 860

Tags: Protestantismus
Buch mit Kruzifix
Origenes
Buch mit Kruzifix
Schopenhauer

Weitere Lexikon-Einträge

Buch mit Kruzifix

Jakobus der Jüngere

Lexikon für Theologie und Kirche Stichwort: Jakobus der Jüngere Jakobus der Jüngere (minor), gleichfalls Apostel, hat seinen Beinamen hauptsächlich nur deswegen erhalten, weil er von den Zebedäiden Jakobus unterschieden werden sollte; da dieser der Ältere als Bruder von Johannes genannt…
Buch mit Kruzifix

Restitutionsedikt

Lexikon für Theologie und Kirche Stichwort: Restitutionsedikt Restitutionsedikt, von Kaiser Ferdinand II. am 6.3.1629 erlassen auf der Höhe der kaiserlichen Waffenerfolge im Dreißigjährigen Krieg in ausdrücklicher Anerkennung des im langen Streit um den Augsburger Religionsfrieden von den katholischen Ständen verfochtenen…
Buch mit Kruzifix

Freimaurerei

Lexikon für Theologie und Kirche Stichwort: Freimaurerei Freimaurerei, kosmopolitische Vereinigung zur individuellen sittlichen Veredelung und zur Schaffung eines allgemeinen Menschheitsbundes auf Grundlage des Humanitätsprinzips und absoluter Toleranz und mit Hilfe geheimer ritueller Handlungen als symbolischer Mittel zur seelischen Erfassung und…
Buch mit Kruzifix

Jesuiten

Lexikon für Theologie und Kirche Stichwort: Jesuiten Jesuiten. Der Name Jesuit, im 15. Jahrhundert = „frommer Mann“, Anfang des 16. Jahrhunderts = „Betbruder“, bezeichnete erst als Spottname, dann schon im 16. Jahrhundert einfachhin die Mitglieder der Gesellschaft Jesu (Societas Jesu,…
Buch mit Kruzifix

Macedonius

Lexikon für Theologie und Kirche Stichwort: Macedonius Macedonius, semiarianischer Bischof von Konstantinopel. Ursprünglich Brokatweber, lange Diakon der Kirche von Konstantinopel, bei der Wahl des Paulus arianischer Gegenkandidat, bei der Wahl, nach dem Tod des Eusebius von Nikomedia wirklicher Gegenbischof des…

Weitere Lexikon-Beiträge

Buch mit Kruzifix

Mormonen

Irrlehren
Lexikon für Theologie und Kirche Stichwort: Mormonen Mormonen, nordamerikanische Sekte, gegründet 1830 in Fayette (Neuyork) durch Joe Smith, von dem sie in Wesen und Lehre ihr eigenartiges Gepräge erhielt. Die Sekte bildet einen straff organisierten Kirchenstaat mit theokratischer Verfassung. Im Namen Gottes regieren 3 Apostel (Nachfolger der 3 Säulenapostel Petrus, Jakobus und Johannes) als erste…
Buch mit Kruzifix

Fideismus

Irrlehren
Lexikon für Theologie und Kirche Stichwort: Fideismus Fideismus, auch Symbolofideismus, nannte sich die Anschauung der Professoren der 1877 gegründeten Pariser protestantischen theologischen Fakultät Louis Aug. Sabatier und Eugène Ménégoz (1838-1921) über das Verhältnis von Glaube und Dogma. Um die Religion dem modernen Menschen wieder nahe zu bringen und die Kluft zwischen der reformierten Orthodoxie und…
Buch mit Kruzifix

Aufklärung

Irrlehren
Lexikon für Theologie und Kirche Stichwort: Aufklärung Aufklärung als geschichtliche Erscheinung ist die theoretische und praktische Tendenz, von der christlichen Offenbarung und Kirche und allem, was mit ihr zusammen hängt, als einer „Verfinsterung des Geistes“ sich frei zu machen und nur einen Glauben, den an die sola ratio, anzuerkennen. Im Laufe der Religions-Geschichte haben fast…
Buch mit Kruzifix

Harnack

Lexikon für Theologie und Kirche Stichwort: Harnack Harnack, Adolf v., bedeutendster protestantischer Theologe Deutschlands seit Schleiermacher, anerkannter Führer des liberalen Protestantismus, Lehrer einer ganzen Generation von Geistlichen und Professoren, ein Mann von internationalem Ansehen, überaus fruchtbarer und vielseitiger Schriftsteller, der weit über sein Fach hinaus zu Fragen der geistigen Kultur, des sozialen Lebens, der Organisation…
Buch mit Kruzifix

Beza

Calvinisten
Lexikon für Theologie und Kirche Stichwort: Theodor von Beza Beza (eigentlich de Bèze), Theodor, Mitarbeiter und Nachfolger Calvins, * 24.6.1519 im burgundischen Städtchen Vézelay, † 13.10.1605 zu Genf; frühzeitig in Orléans und Bourges durch seinen Lehrer, den schwäbischen Humanisten Melchior Wolmar, mit dem Protestantismus bekannt gemacht. In Paris, wo er seine juristischen Studien fortsetzte, führte…
Buch mit Kruzifix

Schleiermacher

Irrlehren
Lexikon für Theologie und Kirche Stichwort: Schleiermacher Schleiermacher, Friedrich Ernst Daniel, der einflußreichste protestantische Theologe des 19. Jahrhunderts und bis zur Gegenwart bedeutender Philosoph der romantischen Richtung, wirkungsvoller Kirchenpolitiker, der für die Trennung von Staat und Kirche, für die preußische Union und gegen die Agende sich einsetzte, und eindrucksstarker Prediger, * 21.11.1768 zu Breslau, †…