Lexikon für Theologie und Kirche
Stichwort: Feste bei den Juden: I. Feste der Juden im Altertum
Außer dem Sabbat, dem Festabschluss einer jeden Woche, und den Neumonden, den Festen zu Beginn eines jeden Monats, ordnete das mosaische Gesetz zunächst noch drei jährliche Hauptfeste an, während welcher alle männlichen Israeliten beim Heiligtum zu erscheinen hatten: das Paschahfest, das Pfingstfest und das Laubhüttenfest (Ex. 23, 17; Deut. 16, 16f).
Diese Feste tragen den gemeinsamen Namen (sich im Kreise drehen, tanzen), als Tage religiöser Erhebung und Freude und (von bestimmen, festsetzen), als Tage gottesdienstlicher Zusammenkünfte des Volkes beim Heiligtum. Letztere waren zugleich ein Zusammenkommen mit Gott, weshalb auch die Stiftshütte selbst (Zelt der Zusammenkunft) genannt und diese Benennung dahin erklärt wird, dass der Herr dort mit dem Volk zusammen kommen und mit ihm reden werde (Ex. 25, 21f; 29, 42f; 30, 6; Num. 17, 4).
Dass die Israeliten während ihrer Versammlungen beim Heiligtum keinen feindlichen Einfall in ihr Land zu befürchten haben würden, wurde ihnen im voraus ausdrücklich verheißen (Ex. 34, 24), und es ist bemerkenswert, dass der erste bekannte Fall, wo die Teilnahme an solcher Festfeier Schaden brachte, bereits in die Zeit fällt, da sie den Heiland verworfen hatten (Jos. Bell. Jud. 2, 19, 1).
Der gemeinsame Hauptcharakter dieser Feste war (…) das Ruhen von jeglicher Arbeit (Lev. 23, 7. 8. 21. 25. 36.; Num. 28, 18. 25f.; 29, 1. 12. 35), aber dieses Ruhen nicht als bloßes Nichtstun, sondern mit Rücksicht auf das Ruhen Gottes nach vollendetem Schöpfungswerk (Ex. 20, 8 bis 11) als symbolische Teilnahme an dieser Ruhe, die sich in Abkehr vom Irdischen, in geistiger Erhebung zu Gott und ungeteiltem Streben nach Einigung mit ihm kund gab. Daher bezeichnen schon die alten Rabbinen die Sabbatfeier als ein Vorbild der künftigen Seligkeit (Schöttgen, Hor. Hebr. I, 042 sq.), und das Ruhen am Sabbat wird zugleich als ein Heiligen desselben bezeichnet (Ex. 20, 8).
Dies gilt in gleicher Weise auch von der Ruhe an allen übrigen Festen, … (Lev. 23, 24. 39). Weil aber die leibliche Festruhe nur stattfindet, damit sich der Mensch um so ungehinderter mit seinen ewigen Angelegenheiten beschäftigen und mit Gott in engere Beziehung treten könne, so macht sich dieses natürlich bei dem lokalen Vermittlungspunkt zwischen Gott und seinem Volk, beim Heiligtum, am meisten bemerklich in erhöhter Feierlichkeit des heiligen Dienstes durch Darbringung besonderer und zahlreicherer Opfer.
Die Zeitbestimmung jener Feste geschieht wieder mit Rücksicht auf das Ruhen Gottes am siebenten Tage, und es ist deshalb dabei, wie schon bei der Festsetzung des Sabbats, die Siebenzahl maßgebend, die ohnehin als Symbol der Verbindung Gottes mit der Welt und insbesondere seines Bundes mit dem auserwählten Volk galt (Bähr, Symbolikdes mos. Cultus I, 187 ff).
So beginnt das Passahfest nach zweimal sieben Tagen des ersten Monats, und siebenmal sieben Tage später wird das Pfingstfest gefeiert, während das Laubhüttenfest, sowie auch das Versöhnungsfest und das Anfangsfest des bürgerlichen Jahres in den siebenten Monat fällt. Endlich haben diese Feste teils eine rein natürliche, teils eine historische Beziehung, teils beide zugleich. –
aus: Wetzer und Weltes Kirchenlexikon, Bd. 4, Sp. 1436 – Sp. 1437
Für „Fest“ im religiösen Sinn hat die Bibel 2 Ausdrücke. Ersteres bedeutet die Fest- und Kultuszeit, und kann so von allen Festen gebraucht werden mit Ausnahme der Sabbate und Neumonde; letzteres ist die Festfreude, Festfeier und wird vorzugsweise bei den 3 Hauptfesten angewendet. Diese waren zugleich die Wallfahrts-Feste, da sich an ihnen die Männer beim Heiligtum des Herrn versammeln sollten (Ex. 23, 17; 34, 23; Dt. 16, 16). Wochenfest ist der Sabbat; rein weltlichen Charakter tragen die Neumonds-Feier; mit der Jahreszeit gegen die Hauptfeiertage.
Man unterscheidet Feste mit strenger Sabbatruhe (Sabbat und Versöhnungstag), solche, an denen nur Arbeiten verrichtet werden dürfen, die direkt zur Bereitung des Speisegenusses gehören (die sonstigen hohen Feiertage), und Halb-Feste ohne Gebot der Arbeitseinstellung (die Neumonde und nachexilischen Feste).
Die Reihenfolge
1) der hohen Feste ist folgende:
Das Passah begann am Abend des 14. Abib (später Nisan) und dauerte 7 Tage. Am 16. Nisan wurde die Erstlingsgabe der Zerealien (Gerste) geopfert: nach der Mischna eine Mehloblation im Maße von Omer, daher die nun folgende Zeit bis Pfingsten auch Omer-Zeit heißt. Am gleichen Abend begann die Zählung der 7×7 Tage (Lv. 23, 15) oder Omer-Zählung, worauf am 50. Tag (Pfingsten) das „Fest der Wochen“ folgt, das Dankfest für die Weizenernte (Ex. 34, 22).
Das nächste Fest ist der Neumond des 7. Monats (Lv. 23, 24), Anfang des kirchlichen, später auch des bürgerlichen Jahres (Neujahr). In diesem 1. Tag war der ganze Monat geheiligt (Röm. 11, 16), der zu den vorhergehenden 6 Monaten in ähnlichem Verhältnis steht (Monatssabbat) wie der Sabbat zu den 6 Wochentagen. Der 10. Tag des gleichen Monats ist der Versöhnungstag (Lv. 23, 27), ein strenger Fast- und Ruhetag.
Den Abschluss des Festzyklus bildet 5 Tage später das Laubhüttenfest (Lv. 23, 34, auch „Fest des Einsammelns“, Ex. 23, 16), das Dankfest für die Obsternte und Weinlese, womit sich die historische Beziehung Lv. 23, 41 u. 43 vereinigte.
Die 3 Haupt-Feste kennzeichnen sich noch deutlich als alte Ernte-Fest, die aber, und darunter vorzugsweise das erste (Erinnerung an den Auszug aus Ägypten; Ex. 12, 21 ff.), durch die hinzukommenden religions-geschichtlichen Momente eine höhere Weihe und Bedeutung erhalten haben. Eine Eigentümlichkeit sämtlicher biblischer Feste ist ihre Regelung ach der Siebenzahl als der von Gott selbst geheiligten Zahl (Gn. 2, 2 u. 3), worauf Philo und die Väter wiederholt hinweisen. Der Sabbat, der 7. Wochentag, erweitert seinen Kreis im 7. Monat zum Monatssabbat, im 7. Jahr zum Sabbatjahr, 7×7 Jahren zum Jobeljahr.
7 Wochen nach Ostern trifft Pfingsten; Neujahr, Versöhnungstag und Laubhüttenfest fallen in den 7. Monat; das erste und letzte Fest dauern je 7 Tage, die Summe sämtlicher Festtage ist wieder 7. –
2) Als Halbfeste gelten nach dem mosaischen Gesetz die Neumondsfeste. Nachexilisch sind Purim und Chanukka oder das Fest der Tempelweihe. Ferner werden genannt: das Fest des Holztragens zum Brandopferaltar am 15. Ab, das Fest der Erinnerung an die Heldentat der Judith (Jdt. 16, 31 Vulg.), an den Sieg über Nikanor am 13. Adar (1. Makk. 7, 48; Josephus, Antiqu. XII, 10.5), an die Reinigung der Burg Sion durch Simon (1. Makk. 13, 52), an die Wiedereinbringung des hl. Feuers durch Nehemias (2. Makk. 1, 18).
3) Als besondere Feste der alexandrinischen Juden finden sich erwähnt ein Fest zur Erinnerung an die Übersetzung der Thora (Philo, Vita Mos. II 140), ein solches zur Erinnerung an die Rettung vor den Elefanten unter Ptolemäus VII (Josephus, C. Ap. II, 5; nach 3. Makk. 6, 36 irrig unter Ptolemäus IV.)
Die Bestimmung der Monatsanfänge (Neumonde), wovon wieder die Festsetzung der Feiertage abhing, gehörte zu den Hauptfunktionen des Synedriums. Da man darauf sah, dass die Feste möglichst am gleichen Tag wie in Palästina begangen würden, so verständigte man die benachbarten Gemeinden vom Eintritt des neuen Monats durch Boten und Feuersignale.
Die Juden der Diaspora konnten jedoch nicht rechtzeitig benachrichtigt werden. Daher bildete sich der Brauch, mit Ausnahme des Versöhnungstages zweifelshalber statt des gebotenen einen Festtages deren 2 zu feiern, um so sicher zu sein, dass man den richtigen treffe. Dies wurde nach der Zerstreuung fast allenthalben beibehalten, … –
aus: Michael Buchberger, Lexikon für Theologie und Kirche, Bd. III, 1937, Sp. 1015 – Sp. 1017
Siehe auch den Beitrag auf Wikipedia Stichwort Liste jüdischer Feste