Lexikon für Theologie und Kirche

Stichwort: Passah

Passah oder Pascha (nach Ex. 12,27 richtig von rasch, d. h. schonend vorüber gehen), jährliche Wiederholung des ersten Passah in Ägypten zur Erinnerung an die Verschonung der israelitischen und Tötung der ägyptischen Erstgeburt und den darauf folgenden Auszug (Ex. 12,12-14, 24-27; Nm. 33,3f; Dt. 16,1 u. 6). Daß diese geschichtliche Begründung erst späteren Ursprungs sei, widerspricht gesunder Quellenkritik, ebenso die seit Wellhausen immer wieder vertretene Meinung, Passah sei ursprünglich ein Hirten- oder sonst ein Natur- oder Stammesfest gewesen. Auch das Opferfest Ex. 3,18 u. ö. ist nach Zweck und Feier vom Passah verschieden. –

Der Vorschrift Ex. 12,21-23 für das erste Passah, nach V. 24-27 Vorbild des Jahresfestes, gehen Bestimmungen voraus, (Ex. 12,1-14), die sich z.T. erst aus dem Jahresfest erklären. Später wurde das Ritual erweitert und geändert. Ob die Bestimmungen Ex. 12,43-51; Nm. 9,6-14 und besonders Dt. 16,1-8 mosaisch sind, ist auch katholischerseits umstritten. Jedenfalls haben sich ältere Bräuche bis in die spätere Königszeit erhalten ((2. Chr. 30,5; 2. Kg. 23,22). –

Das Passah, nach Ex. 12,27; 34,25 und dem Ritus ein Opfer, wurde gefeiert am Abend des 14. des 1. Monats (Ex. 12,16 u.ö.), d.i. Abib (März/April) (Ex. 13,4 u.ö., nachexilisch Nisan; über ausnahmsweise Termin-Verlegungen vgl. Nm. 9,10-12; 2. Chr. 30,15. Das Lamm, ebenfalls Passah genannt, nach Ex. 12,5 Schaf oder Ziege, nach Dt. 16,2 auch Rind, musste fehlerlos, männlich und 1jährig sein, am 10. Nisan abgesondert (nicht mehr in neutestamentlicher Zeit), am 14. abends von der ganzen Versammlung der Israeliten (Ex. 12,6), später von den Leviten (2. Chr. 30,17; 35,6 u. 11; Esr. 6,20), nach Dt. 16,2 u. 6 am Zentral(?)-Heiligtum geschlachtet, sein Blut nach älterem Ritus vom Hausvater mit Ysopbüschel an die Türpfosten und Oberschwellen gestrichen, später vom Priester an den Altar gesprengt werden. Zum Opfermahl vereinigte man sich, allenfalls mit dem Nachbarn, zu Hause familien-, später am Ort des Heiligtums gruppenweise entsprechend der zum Verzehren eines Lammes nötigen Zahl (nach Josephus mindestens 10). Alle Israeliten mussten daran teilnehmen, Nicht-Israeliten nur, wenn sie beschnitten waren (Ex. 12, 43-49); Frauen waren später nicht verpflichtet (vgl. Dt. 16,16 mit 16,1-6). Das Lamm, nach Dt. 16,7 zu kochen (später als ungenauer Ausdruck für braten gedeutet), musste nach Ex. 12,8ff 46 unzerstückelt, mit ungebrochenen Knochen am Feuer gebraten, reisefertig, in Eile, mit ungesäuerten Broten und bitteren Kräutern verzehrt, etwaiger Überrest vor dem Morgen verbrannt werden. –

Auf das Abends mit dem 15. Nisan beginnende Mahl folgte unmittelbar das 7tägige Fest der ungesäuerten Brote (Mazen, Azyma), weshalb Passah Ex. 12,18; Dt. 16,1-6 u. 16 u.ö. in letzteres eingerechnet ist. 7 Tage durften, unter Strafe der Ausrottung, von allen Israeliten und Nicht-Israeliten nur ungesäuerte Brote gegessen werden (Ex. 12,15 u. 19; 13,3 u. 6f u. ö.). Am 1. Tag, dem nach Sonnenuntergang des 14. anhebenden 15. Nisan, sowie am 7. war heilige Festversammlung (Ex. 12,16; Lv. 23,7f; Nm. 28,18), zu der nach Ex. 23,17; 34,23; Dt. 16,16 nur die Männer verpflichtet waren; Dt. 16,6 verlegt, die erste vor auf auf das Passah. Am 1. und 7. Tag war außer der Bereitung des Essens jede Arbeit verboten (Ex. 12,16 u. ö.)… –

In neutestamentlicher Zeit wurden die Schaf- und Ziegenlämmer am 14. nachmittags, wo man sich der Speise enthielt, am Tempel geschlachtet, das Mahl, bei dem man lag, nach Sonnenuntergang bis Mitternacht in den Häusern Jerusalems gruppenweise gehalten. Hierzu mussten auch die Ärmsten und Frauen 4 Becher Wein (zusammen ca. 1/8 l) trinken. Unter Gebeten folgte auf den 1. Becher Genuß von Bitterkräutern, in Salz- oder Essigwasser getaucht, nach Auftragen des Osterlammes die Mischung des 2. Bechers, Osterbelehrung (Hagada), 1. Teil des kleinen oder ägyptischen Hallel (Ps.113f (hebr.)), der 2. Becher, Genuss von Mazzoth und in Fruchtmus getauchten Bitterkräutern, das eigentliche Mahl, der 3. Becher, beim Füllen des 4. Bechers der 2. Teil des Hallel (Ps. 115-118 (hebr.)), der 4. Becher.

Das denkwürdigste Passah war das von Christus mit seinen Aposteln gefeierte (Abendmahl). Zum Fest konnten die Juden sich vom römischen Landpfleger einen Strafgefangenen frei bitten (Mk. 15,6; Mt. 27,15; Joh. 18,39). Nach Zerstörung des Tempels 70 n. Chr. hörte das Schlachten des Passahlammes auf. An Stelle des Opfermahles (nach dem 2. Becher) findet eine Abendmahlzeit statt; der übrige rituelle Rahmen ist bis heute im wesentlichen geblieben. Zum Schluß wird u. a. noch Ps. 136 (hebr.), nach jüdischer Tradition das große Hallel, gesungen… –

Das Osterlamm ist ein Typus Christi (1. Kor. 5,7; Osterpräfation); die Erfüllung des Typus wurde noch besonders durch den Zeitpunkt des Opfertodes Christi, die Verbindung des eucharistischen Mahles mit dem Passah und den Hinweis auf Ex. 12,46; Nm. 9,12 in Joh. 19,36 deutlich gemacht. Die Mazzoth sollten frisch, rein, zu einem heiligen Leben ermahnen; der aus dem Haus zu entfernende Sauerteig (Ex. 12,15 u. ö.) symbolisierte wegen der Gärung die Sünde (vgl. 1. Kor. 5,6-8; Mk. 8,15 u. Parall.; Gal. 5,9); in der rabbinischen Literatur versinnbildet der Sauerteig den „bösen Trieb“, bei Philo die vollkommene geistige Nahrung, Mk. 8,15 die Gesinnung der Pharisäer und des Herodes, Lk. 12,1 die Heuchelei der Pharisäer, Mt. 16,6 u. 11f die Lehre der Pharisäer und Sadduzäer, Mt. 13,33 und Lk. 13,20f die intensive Lebenskraft des Gottesreiches. –
aus: Michael Buchberger, Lexikon für Theologie und Kirche, Bd. VII, 1935, S. 994 – S. 996

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